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China erzwingt Verlagerung analytischer Schwerpunkte
Von Dr. Oliver Everling | 19.April 2010
Auf der 23. Feri Frühjahrstagung der Feri EuroRating Services AG „China und die übrigen BRIC-Staaten haben eigentlich die Welt gerettet“, sagt Eberhard Weiß, Vorstand der Ratingagentur aus Bad Homburg. Die wirtschaftliche Bedeutung der Staaten in der Weltwirtschaft habe sich deutlich verändert.
Weiß legt eine aussagekräftige Tabelle über die relative Bedeutung der größten Volkswirtschaften der Welt in Relation zu den USA auf. Setzt man die USA auf 100 und stellt deren Sozialprodukt die anderen Staaten gegenüber, werden die Verschiebungen der Kräfteverhältnisse deutlich. 1970 machte China nur 9 % der USA aus. Erst nach 2000 habe sich dies dramatisch verändert. „Erst nach 2000 sind sie hoch geschlossen“, weist Weiß nach. Noch 2000 war China mit nur 12 % von USA anzusetzen, in 2010 aber mit 38 %. „Die Welt war vorher eine andere.“
Die deutsche Volkswirtschaft war 1970 mit 19 % noch mehr als doppelt so groß als die der Volksrepublik China, in 2010 ist Deutschland zwar relativ zu den USA stärker als damals, aber mit 23 % weit weniger bedeutsam als China. Japan fiel von 54 % in 1990 auf 34 % ab. Nach den USA ist China nach seiner Analyse die bedeutendste Volkswirtschaft der Welt, so dass sich auch die analytischen Ansätze verändern müssen, um die wirtschaftliche Prognosen abgeben zu können.
Gleich, ob man Indien, Brasilien, Spanien oder Russland betrachtet – für alle diese Staaten traten die entscheidenden Veränderungen nur in den letzten 10 Jahren ein, unterstreicht Weiß. Dies spiegele sich auch in den Wachstumsraten der Regionen in den letzten beiden Jahren wieder, da USA, Westeuropa und Japan Einbrüche verzeichneten, während diese in China, auch sonst in Asien und in Südamerika schnell aufgeholt wurden.
Betrachtet man monatliche Veränderungsraten für den realen Export, zeigt sich ein interessantes Bild weltweit sowie für die industrialisierten Länder: Die Schwellenländer hatten weit geringere Einbrüche im Export zu verzeichnen als die industrialisierten Länder. „Ganz erstaunlich ist aber, dass die USA wieder da sind“, sagt Weiß, „und Dr. Rainer Rau habe das ja jahrelange gepredigt, dass die Dynamik der USA nicht unterzukriegen sei.“ Weiß löste auf der 23. Feri Frühjahrstagung erstmals Dr. Rainer Rau ab, der bislang den Einführungsvortrag auf der Flaggschiffveranstaltung der Feri hielt.
„Die Regierung in China weiß über ihre Wirtschaft sehr gut Bescheid, sie wird zentral gesteuert“, berichtet Weiß. Man befürchte in China, dass zurzeit eher „zu viel Power“ in der Wirtschaft sei. „Die zentrale Steuerung funktioniert eigentlich recht gut“, erkennt Weiß an und räumt mit überholten Klischees auf: „In China fahren ganz neue Autos, die Fahrräder sind weg.“
Der Export werde in China nicht mehr so stark wachsen wie früher. Die Orientierung Chinas nach innen, auf die Binnennachfrage nehme zu. „China trete nicht mehr mit der Vehemenz als Konkurrenz auf den Weltmärkten auf, aber der Import nehme zu“, macht Weiß auf eine Nachfrage hin klar. Dadurch steigert sich der Import, also die Exportchancen für andere Staaten. „Ich sehe das insgesamt positiv.“
„Obwohl der private Verbrauch mit einem unglaublichen Tempo wachse“, sagt Weiß, „sei der Abstand zu den Industrieländern eher noch größer geworden.“ Eigentlich gilt für alle BRIC-Länder, dass diese irgendwie eigentlich zentralistische Systeme, die darauf angewiesen sind, dass sich die Lebensqualität der Menschen in diesen Ländern deutlich verändert. Die Regierungen seien darauf angewiesen, dass es ihrer Bevölkerung von Jahr zu Jahr deutlich besser gehe. „Die Chinesen verhalten sich fast lehrbuchmäßig“, sagt Weiß mit Blick auf deren Strategien des Machterhalts.
China könne eine Aufwertung vertragen, wenn die Inlandsnachfrage zunehme. Aufwertung dämpfe auch die Inflation. „Die Aufwertung wird kommen, davon sind wir fest überzeugt“, sagt Weiß. Eine solche Politik gehe nicht nur mit Kopieren, wie man es den Chinesen vorwerfe. Das habe man auch schon bei den Japanern gesehen. „China ist heute der Retter von Japan“, zeigt Weiß anhand des Exports Japans nach Regionen auf, da der Export nach China den in die USA oder nach Westeuropa überholt habe.
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