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Chinas Wirtschaft im Fokus: Konjunkturprogramm und globale Auswirkungen
Von Dr. Oliver Everling | 18.November 2024
Die wirtschaftspolitischen Entscheidungen Chinas stehen erneut im Rampenlicht, da der klare Wahlsieg von Donald Trump und die damit verbundene Unsicherheit weltweit Wellen schlagen. Peking hat auf die Herausforderungen mit einem beeindruckenden Programm reagiert: Ein 10-Billionen-Yuan-Konjunkturpaket soll die Lokalregierungen unterstützen – die größte Maßnahme dieser Art seit der Pandemie.
„Wird diese Unterstützung ausreichen?“ fragt Laurent Denize, Co-CIO von ODDO BHF und CIO von ODDO BHF Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar. Die Hoffnung vieler Investoren liegt auf noch konkreteren Maßnahmen zur Förderung der Konsumnachfrage. Doch die Herausforderungen gehen tiefer: Kommunale Schulden stellen eine erhebliche Belastung dar.
„Diese Schulden wirken wie unsichtbarer Sand im Getriebe der chinesischen Wirtschaft“, warnt Denize. Die angespannte finanzielle Lage der Kommunen habe weitreichende Konsequenzen: Zahlungen an Lieferanten, vor allem an Privatunternehmen, verzögern sich, Gehälter von Beamten werden verspätet ausgezahlt, und Privatunternehmen sind gezwungen, sogenannte Strafzahlungen zu leisten, um die sinkenden Einnahmen auszugleichen. Eine Umschuldung der 10 Billionen Yuan über fünf Jahre könnte nach Schätzungen des chinesischen Ministers Lan Zinsersparnisse von 600 Milliarden Yuan bringen und so Investitionen und Konsum fördern.
Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die versteckten Schulden bis 2028 von derzeit 14,3 Billionen Yuan auf 2,3 Billionen Yuan zu reduzieren. Denize sieht darin ein klares Signal, wie ernst die Regierung die wirtschaftlichen Herausforderungen nimmt: „Der außergewöhnliche Umfang dieser Maßnahmen und die begleitende Kommunikation zeigen, wie ernst die Regierung den wirtschaftlichen Abschwung nimmt.“ Ergänzende Instrumente dürften folgen, vor allem im Hinblick auf mögliche Handelskonflikte unter Trump.
Die chinesischen Aktienmärkte haben bereits auf die angekündigten Maßnahmen reagiert. Nach langer Durststrecke konnten sie im September deutliche Kursgewinne verzeichnen. Dennoch bleiben Unsicherheiten. „Wenn chinesische Aktien langfristig die Bewertungslücke zu anderen globalen Märkten schließen sollen, muss die Regierung klar aufzeigen, wie sie die strukturellen Schwächen der Wirtschaft angehen will“, betont Denize.
Besonders A-Aktien – ausschließlich an chinesischen Festlandbörsen gehandelt – könnten sich als stabiler erweisen. Nur etwa 3% dieser Aktien befinden sich im Besitz ausländischer Investoren, wodurch geopolitische Risiken sie weniger beeinflussen. „Defensive Sektoren, binnenmarktorientierte Branchen und von der chinesischen Politik gestützte Wirtschaftszweige – wie Konsum- und Investitionsgüter – könnten sich angesichts der gestiegenen Unsicherheit überdurchschnittlich entwickeln“, erläutert Denize.
Die wirtschaftlichen Entwicklungen in China haben auch direkte Auswirkungen auf Europa. „Viele europäische Industrie- und Luxusgüterunternehmen sind stark von China abhängig“, erklärt Denize. Eine anhaltende Konjunkturerholung in China könnte die Aktienkurse europäischer Unternehmen steigen lassen. Gleichzeitig bremst jedoch die Zurückhaltung der chinesischen Verbraucher aufgrund fallender Immobilienpreise das Wachstum. Besonders die deutsche Automobilindustrie bleibt stark vom China-Geschäft abhängig.
Für die europäische Chemieindustrie sieht Denize jedoch kaum positive Impulse, da China in den letzten zwei Jahrzehnten verstärkt auf Selbstversorgung bei Chemikalien gesetzt hat. „Auch ein Wachstumsprogramm wird hier nicht zu einer Rückkehr zu alten Zeiten führen“, merkt er an.
China zeigt mit seinem umfassenden Konjunkturpaket Entschlossenheit, den wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Doch der Weg zur Stabilisierung ist steinig. Während Investoren Hoffnung schöpfen, bleiben strukturelle Probleme wie kommunale Schulden ein Stolperstein. Auch Europa wird die Auswirkungen der chinesischen Wirtschaftspolitik deutlich spüren – im Positiven wie im Negativen.
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