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Coface für strengere Regeln bei Ratingagenturen

Von Dr. Oliver Everling | 9.März 2009

Coface fordert von der Europäischen Union, bei der anstehenden Regulierung von Ratingagenturen stärker auf die statistische Qualität der Ratings zu achten. Nur die Verfahren zu regeln, reiche nicht aus, sagte der Vorstandsvorsitzende von Coface Deutschland, Benoît Claire, bei einem Pressegespräch in Frankfurt. Es müsse auch eine Erfolgskontrolle geben. Coface reagiert damit einerseits auf die Rolle von Ratingagenturen bei der Ausbreitung der aktuellen Finanzkrise. Andererseits werden die neuen Regeln, so sie von der EU beschlossen werden, auch für Coface selbst gelten. „Wir kommen mit einem neuen Unternehmensrating auf den Markt“, kündigte Claire an.

Nach Ansicht nicht nur von Coface gehören die großen Agenturen zu den Hauptverantwortlichen für die Finanzkrise. Sie hätten komplexe und hochriskante Finanzprodukte massenhaft mit Bestnoten versehen und so den Eindruck vermittelt, sie seien sicher. Ohne diese Bewertungen wäre die globale Ausbreitung der Krise nicht erfolgt. „Die Agenturen waren so ein Katalysator der Krise“, sagte Claire. „Zuverlässige Finanzratings sind aber für das Vertrauen in einer Marktwirtschaft von größter Wichtigkeit.“ Durch die Ausbreitung toxischer Wertpapiere, die unter dem Siegel guter Ratings in alle Welt verkauft wurden, sei nicht nur das Bankensystem gefährdet worden. Auch das Vertrauen zwischen den Banken und zwischen den Unternehmen sei so extrem in Mitleidenschaft gezogen worden. „Die konkreten Risiken der Papiere wurden völlig falsch eingeschätzt“, sagte Claire. „Und das hat dann dazu geführt, dass das Risikobewusstein insgesamt stark nachließ.“

In diesem Zusammenhang hat die Kommission dem Europäischen Parlament einen Regulierungsentwurf zu den Kredit-Ratingagenturen vorgelegt. Coface hat eine Verschärfung der Bestimmungen im ersten Entwurf angeregt. „Dabei geht es insbesondere darum, dass die Ratings einer Erfolgskontrolle unterzogen werden“, sagte Norbert Langenbach. Das Vorstandsmitglied von Coface Deutschland verwies darauf, dass die im ersten Regulierungsentwurf enthaltenen Verpflichtungen weitgehend den derzeitigen Verhaltenskodex der drei großen Agenturen reproduzierten. Dies habe lediglich die Steigerung der Kosten für Ratings ohne gleichzeitige Qualitätsverbesserung zur Folge.

„Finanzratings sind aber nicht einfach nur eine subjektive Meinung ohne Konsequenz“, sagte Norbert Langenbach. „Sie sind eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit der Zahlungsunfähigkeit, die sich nach objektiven Kriterien prüfen lässt.“

Eine statistische Kontrolle der Bewertungen hält Coface für unbedingt erforderlich. „Es wäre paradox, wenn den Banken im Rahmen von Basel II eine solche Überprüfbarkeit für interne Ratings abverlangt wird, nicht aber den Ratingagenturen für veröffentlichte Ratings“, sagte Benoît Claire. „Nur Leistungskontrolle kann es unmöglich machen, dass sich eine finanzielle Katastrophe, wie die AAA-Ratings toxischer Verbriefungen, wiederholt.“

Wichtig sei auch, dass Agenturen nur das bewerteten, von dem sie auch etwas verstehen. „Deshalb werden wir uns auf die Bewertung der Bonität von Unternehmen beschränken und nicht auf Finanzprodukte ausweiten“, sagte Claire. Deshalb ist eine weitere Forderung an die Regulierungsgremien, dass die Agenturen einen Nachweis über ihre Kompetenz auf dem jeweiligen Ratingsektor erbringen müssten.

Dies sieht Coface für sich selbst als gegeben. Das Unternehmen will weltweit als neuer Anbieter von Unternehmensratings antreten und mit einem deutlich preiswerteren Financial Rating auch den großen Agenturen partiell Konkurrenz machen. Basis dafür ist die Kompetenz des weltweit agierenden Forderungsspezialisten in der Beurteilung von Kreditrisiken. „Wir beobachten kontinuierlich die Finanzlage von über 50 Millionen Unternehmen in aller Welt“, sagte die Geschäftsführerin der Coface Rating GmbH, Grit Becker. Bei Coface Rating ist das neue System angesiedelt. „Diese Informationen sind die Entscheidungsgrundlage insbesondere für die Übernahme von Ausfallrisiken in der Kreditversicherung und für den Ankauf von Forderungen durch Factoring“, erläuterte Becker. Dazu erstelle das Unternehmen bereits jetzt jährlich fast 18.000 interne Ratings, die als komprimierte Bonitätsaussagen auch schon als „@rating Service“ verkauft werden.

„Die komplexen internen Ratings dienen als Basis für das neue Rating. Zudem seien bereits etliche Mitarbeiter zu Ratinganalysten aus- und weitergebildet worden. Ihre Aufgabe wird es sein, bei den Unternehmen die weiteren erforderlichen Informationen zu erheben und auszuwerten. Zusammen mit den vorliegenden Daten und in Kooperation mit den Spezialisten in der Kreditprüfung könne so mit überschaubarem Aufwand ein aussagefähiges Rating erstellt werden. „Die Tatsache, dass wir bereits über einen umfassenden aktuellen und aufbereiteten Datenbestand verfügen, erlaubt es uns, deutlich günstiger anzubieten als der Wettbewerb“, sagte Becker. Der Einstiegspreis werde voraussichtlich bei ca. einem Drittel des Standardpreises der großen drei Agenturen liegen. Derzeit werde das Verfahren und die Akzeptanz am Markt intensiv getestet, sagte die Geschäftsführerin.

Themen: Mittelstandsrating, Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Coface für strengere Regeln bei Ratingagenturen

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