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Commerzbank – Gleichung mit Unbekannten
Von Dr. Oliver Everling | 1.September 2008
Die Commerzbank wird für 9,8 Mrd. Euro die Dresdner Bank übernehmen und damit am oberen Ende der von Analysten erwarteten Preisskala, berichtet Finanzanalyst Karl-Heinz Goedeckemeyer von den aktuellen Ereignissen. Abzüglich der Risikoabdeckung spezieller ABS-Anlagen der Dresdner Bank in Höhe von bis zu 975 Mio. Euro beträgt der Kaufpreis netto 8,8 Mrd. Euro. Mit einem Preis-/Buchverhältnis von 1,1 bewegt sich der Kauf dennoch im Rahmen.
Die Transaktion wird in zwei Schritten durchgeführt. In einem ersten Schritt erwirbt die Commerzbank bis spätestens Anfang 2009 mindestens 60,2 % der Dresdner Bank-Anteile. Finanziert wird der Deal durch die Ausgabe von 65,4 Mio. Aktien im Zuge einer noch nicht genau terminierten Kapitalerhöhung (ca. 3,4 Mrd. Euro) im Verbindung mit einer Anleihe sowie einer Barkomponente von rund 1,6 Mrd. Euro. Zusätzlich verkauft die Commerzbank wesentliche Teile der Asset Management-Aktivitäten (cominvest) für 700 Mio. Euro an die Allianz. Danach wird die Commerzbank 60,2 % und die Allianz 39,8 % der Aktien der Dresdner Bank halten. Im zweiten Halbjahr 2009 erfolgt der zweite Schritt indem die Dresdner auf die Commerzbank im Verhältnis 1:1,29 bis 1:1,56 verschmolzen wird. Da die Allianz darüber hinaus noch weitere Commerzbank-Anteile bekommt, wird sich deren Beteiligung auf zwischen 29,3 % – 30,4 % erhöhen, wobei der Versicherer zugesichert hat, das Anteilsverhältnis auf unter 30 % zu schrauben. Trotzdem dürften die Aktionäre der Allianz nicht begeistert sein, dass der Versicherer auf einem beträchtlichen Anteil an der neuen Bank sitzen bleibt. Hier droht der Allianz wegen des gesunkenen Buchwerts noch eine Abschreibung in Milliardenhöhe, berichtet Goedeckemeyer.
Die Commerzbank strebt Synergien von rund 5 Mrd. Euro an, davon 3,5 Mrd. operative Synergien und 1,4 Mrd. Euro infolge der Kapitalfreisetzung durch Risikoreduktion. Die Kostensynergien sollen sich auf rund 1,9 Mrd. Euro belaufen, was etwa 40 % der für 2009 geschätzten Kostenbasis der Dresdner entspricht. Der Großteil der Synergien wird jedoch erst in den Jahren 2010 (44%) und 2011 (82%) eingefahren werden, so Goedeckemeyer. Auf etwa 2 Mrd. Euro sollen sich auch die Restruktuierungskosten belaufen.
Ab 2011 sollen sich die Effizienzgewinne dann positiv auf den Gewinn auswirken, für 2009 und 2010 erwartet das Management noch einen negativen Effekt. Die mittelfristig angestrebte Zielrendite von 15 % nach Steuern hat der Vorstand bei 15 % belassen. Zugleich wird eine Kernkapitalquote von ca. 7,6 % im ersten und 7-8 % nach dem zweiten Schritt anvisiert.
Entgegen der Erwartung wurde die Investmentbank Dresdner Kleinwort nicht separat verkauft, sondern die Bank als Ganzes. Dresdner Kleinwort hat insbesondere durch Abschreibungen im Zusammenhang mit der Immobilienkrise der Dresdner in letzter Zeit hohe negative Gewinnbeiträge beschert. Offensichtlich war es im derzeitigen Marktumfeld nicht möglich, die operativ schwache Dresdner Kleinwort an einem Investor zu verkaufen. Daher ist die Absicht der Commerzbank, die Investmentbank nicht zuletzt durch Freisetzung von mehr als 2.000 Bankern deutlich downzusizen, folgerichtig und konsequent, urteilt Goedeckemeyer. Als Konsequenz daraus dürften die Erträge der Investmentbank um 60 %, das entspricht einer Reduktion (Dis-Synergien) von 1,1 Mrd. Euro, abschmelzen.
Insgesamt sollen 9.000 Mitarbeiter, davon 6.500 in Deutschland (sozialverträglich) abgebaut werden. Es bleibt allerdings abzuwarten, so Goedeckemeyer, ob im Zuge der Transaktion nicht noch mehr Stellen gestrichen werden müssen, denn zum einen werden sich die widrigen Bedingungen an den Kapitalmärkten wohl auch in 2009 nicht grundlegend ändern, zum anderen kommt dieser Deal in einer Zeit, wo die konjunkturelle Verlangsamung Deutschland spürbar erfassen wird.
Des Weiteren wird die erwartete Gewinnssteigerung auch davon abhängigen, meint Goedeckemeyer, inwiefern Überlappungen vor allem in den Konzernzentralen und den Front- und Back Offices-Abteilungen weitreichend abgebaut werden können. Wenn es dem Management darüber hinaus gelingt, die Investmentbank in dem Bereich Corporate & Markets erfolgreich zu integrieren und profitabel zu gestalten und darüber hinaus das schwächelnde Immobiliensegment durch Abbau von Risikopositionen wieder auf Kurs zu bringen, könnte in Deutschland eine überaus starke Retail- und Mittelstandsbank entstehen, wobei insbesondere die Segmente Privat- und Geschäftskunden, Mittelstandsbank (Marktanteil:11-13%) und das Osteuropageschäft sich als wesentliche Wachstumstreiber erweisen dürften. Somit besteht die Chance, neben der Deutschen Bank einen weiteren nationalen Champion zu kreieren, der auch international mitspielen kann, analysiert Goedeckemeyer. Abgesehen von Bernd Knobloch, der aus dem Vorstand ausscheiden wird, werden alle Commerzbank-Vorstände ihre derzeitige Position weiter bekleiden.
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