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Der Draghi-Crash
Von Dr. Oliver Everling | 24.Juni 2017
Wer wie Dr. Markus Krall die Welt aus der Perspektive des Allianz-Konzerns, aus der Perspektive von Top-Consultingfirmen wie Boston Consulting Group, McKinsey, Oliver Wyman, Roland Berger oder Goetz Partners sowie als Vorstand einer Rückversicherungsgesellschaft gesehen hat, weiß um die Zusammenhänge der europäischen Wirtschaft und Politik. Dr. Markus Krall legt mit seinem Buch „Der Draghi-Crash: Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt“ einen Buchtitel vor, der ihn zum Namensgeber einer drohenden Wirtschaftskatastrophe macht, die in die Geschichtsbücher eingehen könnte.
Ein Buch zur Geldpolitik erreicht gewöhnlich nur einen engen Zirkel von fachlich interessierten Lesern. Anders bei diesem Titel von Dr. Markus Krall: Bei diesem Buch können beim Leser Tränen fließen – einerseits wegen seiner gelungenen und treffenden Komik, andererseits weil die Ignoranz der (noch) führenden Eliten in Europa so tragisch ist. Krall spart nicht mit spöttischen Bemerkungen und beißender Kritik, rüttelt auf und weist aber auch den Weg aus der drohenden Krise.
Die im Regulierungseifer nach der Finanzkrise gemaßregelten Banken wurden nicht stabilisiert, sondern stehen heute auf einem unsichereren Fundament als je zuvor, so seine Analyse. Die Planwirtschaft des Geldes kombiniert sich in Europa mit einem gefährlichen Glauben an das politisch beförderte Märchen vom Marktversagen. Durch teure und kaum aussagefähige Stresstests wird zudem die Illusion von Sicherheit genährt.
Krall zeigt die Wirkungen von Nullzinsen auf die Finanzstabilität auf. Indem Mario Draghi seine Geldpolitik fortsetzt, kommt es nicht nur zu gewaltigen Vermögensverschiebungen innerhalb Europas, sondern auch zur Zerstörung der Kreditsystems durch die Erosion der Ertragskraft der Banken und der Qualität ihrer Kreditportfolien. Krall macht sich in seinem Buch die Mühe, möglichst prägnant und für jedermann verständlich die Zusammenhänge so zu erklären, dass die aus diesen zu ziehenden Schlussfolgerungen offensichtlich werden.
Deutschland ist unter der Politik der EZB zu einem hoch spekulativen Hedgefonds mutiert, der für das Land ein Verlustrisiko von 2.000 Mrd. Euro birgt. „Würden Sie“, fragt Krall den Leser, „Herrn Draghi als Anlageberater beschäftigen?“ Der politische Wille, im Interesse des Friedens in Europa alles für die Erhaltung des Euros und des Europäischen Währungssystems zu opfern, treibt die historisch wohl riskanteste Spekulation der Menschheitsgeschichte.
Anders als manche Untergangsautoren lässt Krall aber den Leser nicht mit den Problemen alleine, sondern zeigt plausible Lösungsansätze auf: Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit der Euro-Staaten durch einen Debt-for-Equity Swap, Wiederherstellung der Risikotragfähigkeit der Banken, Stabilisierung der Pensionskassen und Lebensversicherungen und Reparatur der fehlgeschlagenen Governance des Euro. Das alles erscheint heute – noch – machbar, setzt aber einen neuen politischen Konsens in Europa voraus. Werden Deutschlands politische Eliten den Weckruf hören?
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