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Der Kapital(e) Fehler

Von Dr. Oliver Everling | 11.November 2013

„Showdown – Europa am Scheideweg“ ist nicht nur ein Buchtitel, sondern auch das Thema des Vortrags von „Mr. DAX“. Dirk Müller von CASHKURS spricht erneut im MontagsMeeting des eff European Finance Forum.  Der mit über hundert Teilnehmern bis auf den letzten Platz gefüllte Saal spricht für das rege Interesse an seinem Thema.

„Er fungiert als Dolmetscher zwischen den Finanzmärkten und den Menschen draußen“, führt Dr. Udo A. Zietsch, Sprecher des Regionalvorstandes Frankfurt des eff European Finance Forum e.V., in die Veranstaltung ein.

„Ich will mich auf den wichtigsten Punkt heute Abend konzentrieren“, kommt Müller gleich zum Thema. „Ich will Ihnen eine realistische Möglichkeit vorstellen, um Probleme zu beheben. Wir sprechen darüber auf hoher politischer Ebene, CEOs und Wissenschaftlern. Vielleicht haben wir eine Möglichkeit zur Veränderung.“

„Wir sind der beste Kontinent der Welt. Wir brauchen Europa“, sagt Müllter und zählt die vielen Errungenschaften und Bedingungen in Europa auf, die diesen Kontinent einzigartig mache. Selbst in einem Thema wie dem Datenschutz sei Europa hier der einzige Kontinent, der noch glaubwürdig sei. „Wir müssen allerdings selbst dafür Sorge tragen, dass unsere Werte erhalten bleiben.“

Müller tritt der Vorstellung entgegen, dass man die Unterschiedlichkeit in Europa ausgemerzt werden müsse. Im Gegenteil: Eine chinesische Weisheit besage, dass die fünf Finger einer Hand nur deshalb perfekt zusammenwirken, weil sie unterschiedlich lang seien. „Europa hat eine große Zukunft. Aber wir haben ein großes Problem, das ist der Kern, auf den man zu sprechen kommen muss: Das Schuldgeldsystem.“

Geld entstehe ausschließlich durch Schulden, durch Kreditaufnahme. Die EZB könne soviel Geld drucken, wie sie will, es wird nicht in Umlauf kommen. Erst wenn sich eine Bank Geld leiht, gelangt Geld in den Wirtschaftskreislauf. Allen Schulden dieser Welt steht die gleiche Menge an Geldvermögen gegenüber.

Die Verschuldung sei ein weltweits Phänomen. „Selbst wir, der reiche Onkel, der ganz Europa retten soll, ist mit 285 % (2009) verschuldet.“ Müller stellt die Verschuldung der Staaten, nichtfinanzieller Unternehmen, von Haushalten und Finanzinstituten dem Bruttosozialprodukt gegenüber. Russland habe nur 71 %, China nur 159 % (jeweils 2008), weil diese Länder erst später dem Schuldgeldsystem „beigetreten“ sind.

Müller führt ein Video mit den Aussagen von Alan Greenspan zur Herabstufung der USA auf AA+ vor: „We can always print money.“ China habe deshalb trotz der riesigen Währungsreserven in US$ die USA nicht in der Hand, denn die USA könnten ihre Schulden durch wertloses Papier abtragen.

„Die Inflation hat längst stattgefunden“, warnt Müller, „die Zinsen sind lächerlich niedrig. Der Preis, der Wert, von Staatsanleihen steht im umgekehrten Verhältnis zu den Zinsen.“ Die Preise für Anleihen seien völlig übertrieben. „Wenn das Geld aus diesem Ballon herausschießt,“ fragt Müller, „wo geht es dann hin?“ Wer aus den Anleihen herausgehe, müsse Aktien, Immobilien oder sonst welche Gegenstände kaufen. Dann gebe es aber eine sehr schnelle Inflation. „Wir haben ein riesiges Inflationspotential geschaffen, das jederzeit auf die realen Märkte umschlagen kann.“

Nach dem Motto „geht nicht gibt’s nicht“ will Müller „zurück zum Ursprung“ und vermittelt grundlegende Erkenntnisse über den Wirtschaftskreislauf. Inflation, Steuern, Enteignung, Schuldenschnitt: Stets würde es zum gleichen Ergebnis kommen. Nur wenn die in Geld „gespeicherte Arbeitsleistung“ zurückgefordert werde, würde das Problem gelöst, glaubt Müller.

In der Verbesserung von Infrastrukturen sieht Müller ein riesiges Potential. „Wer im Zug oder auf der Autobahn eine Telefonverbindung halten wolle wisse, wo das Problem liegt. Im ICE ließen sich nicht einmal E-Mails bearbeiten und sicher aussenden.“ Dadurch gehe ein riesiges Produktivitätspotential verloren. Hinzu komme, dass Europa keinen Handyhersteller mehr habe usw.

Amerika hat in seiner Geschichte zwei große Schübe. Die erste war in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert mit dem Aufbau der Eisenbahnen, der zweite nach den 1950er Jahren im Ausbau des Netzes von Highways. Infrastruktur werde vor Ort gebaut, das Geld bleibe daher bei den Menschen. „In Europa haben wir einen ungeheuren Bedarf zum Ausbau der Infrastruktur.“

Müller hofft auf „viele kleine Infrastrukturfonds“, die für Private das Investment in Infrastruktur attraktiv machen. Geldvermögen würde in Sachwerte umgewandelt und damit einen Boom in der Wirtschaft auslösen, so Müller. „Die Bürger könnten ihre Verschuldung reduzieren. Der Staat hätte Entlastung auf der Sozialversicherungsseite. Die Unternehmen hätten Gewinne und senken ihre Schuldenlast. Die Bankbilanzen schrumpfen auf beiden Seiten durch Umwandlung von Geld- in Sachvermögen. Wir würden den modernsten Kontinent der Welt schaffen.“

Mit seinem Angriff auf den „kapitalen Fehler“, dem Schuldgeldsystem, bewegt sich Mr. DAX ganz in der Tradition von Moses oder des Propheten Mohammed, die jeden Zins und Geldschuld für Teufelszeug erklärten. Selbst in den islamischen Staaten haben sich jedoch nicht weniger drückende Geschäftsarten auch jenseits von Zins und Geldschulden mit realwirtschaftlichen Verpflichtungen herausgebildet, indem beispielsweise an die Stelle von Krediten Miet- und Nutzungsverträge treten.

Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Der Kapital(e) Fehler

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