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Der Zukunft auf der Spur

Von Dr. Oliver Everling | 8.November 2009

Die Prognos AG hat Grund zu feiern: „50 Jahre auf der Suche nach der besseren Zukunft“, so auch der Titel des ersten Beitrags von Heik Afheldt im Hauptkapitel „Orientierung in Zukunftsfragen“ des Buches von den Herausgebern Christian Böllhoff und Dr. Hans J. Barth „Der Zukunft auf der Spur – Analysen und Prognosen für Wirtschaft und Gesellschaft“. Das Buch erschien im Schaffer-Poeschel Verlag Stuttgart im Oktober 2009 (ISBN 978-3-7910-2918-4, http://www.schaeffer-poeschel.de/).

Böllhoff ist Geschäftsführender Gesellschafter und Delegierter des Verwaltungsrates der Prognos AG, Basel, mit Büros in Berlin, Bremen, Brüssel, Düsseldorf, München und Stuttgart. Barth ist Präsident des Freundeskreises Prgnos und ehemaliger Geschäftsführender Direktor der Prognos AG.

In sieben Beiträgen wird die Zeit von 1959 bis 2009 erzählt: Der schwierige Lernprozess der deutschen Gesellschaft auf Orientierungssuche, die Dauerbaustelle Gesundheitssystem, die Entwicklung der Verkehrsnachfrage, der Energieversorgung und des Klimaschutzes wie auch die Zukunftsfähigkeit von Städten und Regionen prägen die teils chronologischen, teils schlaglichtartigen Darstellungen. Originell ist das Kapitel „Visionen vor 25 Jahren: 2009 aus der Sicht von 1984″, denn hier muss sich der Leser vorstellen, wie aus der Situation von 1984 eine Prognose für das Jahr 2009 gesehen wurde.

Unkonventionell kommt die Überschrift des nächsten Hauptkapitels mit „Der Blick in die Küche“, wobei es hier um Fragen danach geht, wie etwas Neues entsteht und Innovation auch in Zukunft ein Erfolgsfaktor bleibt, um das Jahremarktsangebot der bouelvardesken Trend-Szene mit Zukunftsillusionen und Methoden einer realistischen Zukunftsforschung, warum es z.B. auch zukünftig keine fliegenden Autos gibt.

Im Prognosefenster von 2009 bis 2035 werden die Facetten Gesellschaft, Politik und Staat, Wirtschaft sowie Umwelt und Ressourcen durchleuchtet. Hier sammeln sich eine Reihe von lesenswerten Beiträgen für Ratinganalysten, die nach Ansätzen suchen, wie beispielsweise medizintechnische Innovationen und Patientenzentrierung, Leitbilder der Familienpolitik, Nachwuchsprobleme, Europas Regionen, öffentliches Management, Infrastrukturen, Strukturwandel, Zukunftstechnologien und Ressourcenmanagement zu beurteilen sein werden.

Abschließend präsentiert sich dem Leser der Rückblick eines 100jährigen Peter Felixberger aus dem Jahr 2059. Dieser lebt mit seiner 98jährigen Frau in Hamburg und ist natürlich berufstätig, wie die meisten in seinem Alter; er hilft als Life-Career-Consultant jüngeren Menschen ab 60 Jahren im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums, Abteilung Life-Career. „Früher hieß das alles Rente. Den Begriff kennen heute nur noch die Wenigsten. Im Geschichtsunterricht in der Oberstufe wir er manchmal noch erwähnt. Rente war früher eine Art Versprechen zwischen den Generationen. Nach dem Motto: Arbeite fleißig ein Leben lang, dann kannst Du Dich ab 65 in den Ruhestand begeben, mit monatlicher finanzieller Unterstützung der nächsten Generation.“ Im Jahr 2059 liegt der endgültige Zusammenbruch des deutschen Rentensystems schon fast drei Jahrzehnte zurück. Unfasslich erscheint daher, wie man 50 Jahre zuvor in 2009 noch an das System glauben konnte.

Immerhin zeigt sich Deutschland 2059 als Innovationsland, zum Beispiel mit Klimapolis, einem riesigen Forschungszentrum im Süden Münchens. In Deutschland trifft man 2059 eine Diversity-Gesellschaft an. „Vorbei die Zeiten also, als Ausländer und Migranten der Zugang vielerorts verwehrt wurde, als sie in prekäre Arbeitsplätze und Arbeitslosigkeit abgedriftet sind und als viele ausländische Jugendliche in Schule und Ausbildung noch draußen bleiben mussten.“

Felixberger erinnert an die Zeit der ideologiebefrachteten Diskussion um das Schulwesen: Längst ist das gesamten Bildungswesen privatisiert. Fächer wie Ästhetik, Desing, Mode, Medien, Ernährung und Architektur haben Latein und Mathematik verdrängt. Der Autor skizziert Deutschland als Land voller Wohlstand und Lebenskunst, als Gesundheitsland Nummer eins. Der hundertjährige Autor berichtet über die Lebenserwartungen im Jahr 2059, nach denen er mit 117 Jahren rechnen kann. Ein Neugeborenes komme bereits auf 140 Jahre Lebenswahrscheinlichkeit, wenn auch die Zahl der Pflegefälle erheblich ansteigt.

Deutschland werde ein Land sozialer Ungleichheit, auch deutsche Großstädte wie auch die entvölkerten Gebiete Ostdeutschlands kennen Ghettos mit Menschen im Abseits der Gesellschaft. Felixbeger: „Es sind Menschen, welche die negativen Auswirkungen der Individualisierung erleben (zum Beispiel Anonymität, Stress und Einsamkeit). Sie alle haben zwar mehr Wahlmöglichkeiten als früher, aber die daraus resultierenden Dilemmata verwirren sie und machen sie unglücklich.“

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