« | Home | »

Die 4-Tage-Woche im Bankwesen: Wirklichkeit oder Utopie?

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2024

Auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ sprach Carsten Graf, Vorstandssprecher der PSD Bank Braunschweig, über die Einführung der 4-Tage-Woche bei seiner Bank und deren Auswirkungen. Mit seinem Managementmotto „Langsam können andere besser!“ und der Aufforderung an die Teilnehmer „Schauen Sie mit mir durch das Schlüsselloch!“, beleuchtete Graf die Gründe und Vorteile dieser Arbeitszeitregelung.

Die 4-Tage-Woche wurde eingeführt, um die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Sie fördert die Work-Life-Balance, trägt zum Klimaschutz bei, unterstützt die Digitalisierung und KI-Vorbereitung, ermöglicht Ehrenämter und passt besser zur Familiensituation der Mitarbeiter. Die Regelung sieht vor, dass alle Mitarbeitenden immer freitags frei haben, mit Ausnahmen für Risikocontrolling und Compliance.

Die Arbeitszeit beträgt 35 Stunden pro Woche bei vollem Gehalt, verteilt auf Montag bis Donnerstag mit jeweils 8 Stunden und 45 Minuten pro Tag. Die jüngere Generation habe sehr schnell gelernt, die Stunden innerhalb des Rahmens von 16 Stunden neu aufzuteilen.

Graf betont, dass die Leistung der Mitarbeiter durch die Einführung der 4-Tage-Woche nicht nachgelassen habe. Tatsächlich wurden die Geschäftsstellen freitags geschlossen und der Kundenservice an ein externes Telefonservicecenter ausgelagert, was zu keinen negativen Kundenreaktionen geführt hat. Der Freitag war ohnehin nie der vertriebsstärkste Tag.

Die Teilzeitquote liegt bei 35 % und sei ebenso einbezogen worden wie alle anderen. Das Projekt wurde in Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden aus allen Fachbereichen, dem Betriebsrat und der Bereichsleitung entwickelt. Graf rät anderen Banken, ihre Prozesse zu verschlanken und die Arbeitszeitverteilung zu überprüfen. Er gibt zu, dass es Hürden gab, wie die Anpassung der Gleitzeitkonten und die Notwendigkeit, tarifvertragliche Bestimmungen zu beachten. Trotzdem wurde durch den Kulturwandel und das neue Mindset die Anzahl der Bewerbungen für vakante Stellen vervielfacht, unbesetzte Stellen wurden schnell besetzt und die Krankheitstage reduziert, ohne Produktivitätsverlust.

Graf berichtet von positiven Rückmeldungen der Mitarbeiter, die nun freitags persönliche Angelegenheiten erledigen können und ein echtes Wochenende genießen. Die 4-Tage-Woche wird regelmäßig im Monatsdialog mit dem Betriebsrat und durch Mitarbeiterbefragungen evaluiert, um sicherzustellen, dass sie weiterhin effektiv und vorteilhaft ist.

Carsten Graf, der seit Juli 2011 Vorstandssprecher der PSD Bank Braunschweig ist und über langjährige Erfahrung im Vertrieb und in der Personalverantwortung bei einer großen Genossenschaftsbank im Rheinland verfügt, zeigte durch diesen Vortrag eindrucksvoll, wie die 4-Tage-Woche im Bankwesen nicht nur möglich, sondern auch erfolgreich sein kann.

Themen: Bankenrating | Kein Kommentar »

Kommentare

Sie müssen eingelogged sein um einen Kommentar zu posten.