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Diversifikation bleibt als Rezept bei Handelskonflikten

Von Dr. Oliver Everling | 17.Februar 2025

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, analysiert die aktuellen Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft und mahnt zur internationalen Streuung von Finanzanlagen. Angesichts drohender Handelskonflikte betont er: „Die deutsche Wirtschaft geht aus einer geschwächten Position heraus in eine neue Zeit, in der es in der Weltwirtschaft künftig rauer zugehen könnte.“ Besonders die Handelspolitik der USA unter Donald Trump berge erhebliche Risiken. „Trumps Kurs, die angekündigten Zollerhöhungen entschlossen und weitgehend ohne langwierige Verhandlungen durchzusetzen, birgt die Gefahr eskalierender Handelskonflikte zwischen China, den USA, dem restlichen amerikanischen Kontinent und Europa.“ Die Strafzölle auf Stahl und Aluminium seien ein Beispiel für diese Entwicklung, und weitere Zölle auf andere Industriezweige seien nicht auszuschließen.

In Deutschland werden durch die aktuelle Konjunkturschwäche strukturelle Schwächen sichtbar. „Mit der aktuellen Konjunkturschwäche treten am Wirtschaftsstandort Deutschland Schwachpunkte auf, die sich über Jahre hinweg aufgebaut haben.“ Zwar investieren Unternehmen weiterhin in Forschung und Entwicklung, doch die Investitionen in Fabriken und Produktionsanlagen sind stark zurückgegangen. „Zudem liegen die Investitionen für Maschinen und Ausrüstungen inzwischen in preisbereinigter Berechnung rund 17 Prozent unter dem Höchststand des Jahres 2020.“

Dennoch sieht Viebig keinen Grund für Pessimismus. „Dennoch stimmen wir nicht in den Kanon derjenigen ein, die zum Abgesang auf die deutsche Industrie anheben.“ Vielmehr leide der Wirtschaftsstandort unter einem Reformstau. Die Diskussion über Verbesserungen der Produktionsbedingungen komme im politischen Diskurs zu kurz. „Auch wird unserer Meinung nach im aktuellen Wahlkampf zu wenig darüber geredet, wie die unterschiedlichen Parteien die Produktionsbedingungen in Deutschland verbessern wollen.“ Dringend notwendig seien niedrigere Unternehmenssteuern sowie Maßnahmen gegen die international hohen Energiepreise, die Investitionen in Fabriken erschweren. Eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik müsse Wege finden, um Herausforderungen wie den Fachkräftemangel und die Überalterung der Bevölkerung zu bewältigen. „Dabei sind nicht Grabenkämpfe zwischen den Parteien gefragt, sondern kreative Ideen, um beispielsweise Wege zu finden, der Überalterung der Bevölkerung und dem Fachkräftemangel zu begegnen.“

Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheiten gibt es in Deutschland und Europa Unternehmen mit langfristigem Erfolgspotenzial. „Doch gerade am deutschen Aktienmarkt finden sich, wie auch anderswo in Europa, Unternehmen, die erfolgreich wirtschaften und gerade langfristig ausgerichteten Anlegern entsprechend der persönlichen Risikobereitschaft attraktive Investmentchancen bieten könnten.“ Viele deutsche Unternehmen seien international gut aufgestellt und könnten trotz erhöhter Zölle weiterhin Abnehmer für ihre spezialisierten Produkte finden. „Viele deutsche Unternehmen sind besonders stark auf die Welt ausgerichtet, erzielen einen großen Teil ihres Umsatzes im Ausland und investieren stark in die Internationalisierung ihrer Produktion.“

Abschließend betont Viebig die Bedeutung einer breit diversifizierten Anlagestrategie. „Wir sind der Meinung, dass eine internationale Streuung der Finanzanlagen weiterhin den wirksamsten Schutz vor den vielen Unwägbarkeiten in der Weltwirtschaft bietet.“ Insbesondere die US-Märkte weisen weiterhin hohe Gewinndynamik auf. „An den amerikanischen Aktienmärkten ist die Gewinndynamik nach wie vor hoch, wie die laufende Berichtssaison zeigt.“ Deutsche Anleger sollten daher ihre Investments breit streuen und nicht zu sehr auf ein einzelnes Land oder eine Region fokussieren.

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