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Dr. Ruth Polleit Riechert: Kunst kaufen

Von Dr. Oliver Everling | 7.Februar 2022

Die Niedrig- oder Minuszinspolitik hat viele Menschen auf die Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten gebracht. So finden auch Kunstwerke immer häufiger ihre Käufer. Online Kunstmärkte wie die von Artnet oder Weng Fine Arts erlebten nicht zuletzt wegen der Pandemie einen wahren Boom.

Dennoch bleiben die Kunstmärkte weit hinter ihrem Potenzial zurück. Der Markt für hochpreisige Kunst wird von Profis oder Superreichen dominiert, die zwar zu beeindruckenden Auktionsergebnissen beitragen, nicht aber die volle Wertschöpfung reflektieren, die von Kunstschaffenden ausgeht. Dazu bedarf es der Erschließung breiterer Anleger- und Sammlerkreise, denn zu viele Menschen fühlen sich verunsichert in der Wahl von Kunstwerken, die auch als Geldanlage geeignet wären.

„Dieses Buch ist für Sie – und für alle Menschen, die ihr Leben mit Kunst verschönern und bereichern möchten“, schreibt Dr. Ruth Polleit Riechert in ihrem neuesten Buch „Kunst kaufen“, einem Sachbuch aus dem renommierten Springer-Verlag mit dem Untertitel „Den Kunstmarkt verstehen, Wissen aufbauen und klug investieren“. Die Autorin bringt als bekannte Experten beste Voraussetzungen mit, um aus Studium, Promotion und vielen Jahren internationaler Tätigkeit im Kunstmarkt und im Marketing der Finanzindustrie ihre Kenntnisse zur Verfügung zu stellen.

„Es gibt Werke, die sich als Inflationsschutz anbieten und die ihrem Besitzer zudem eine gewisse Wertsteigerung in Aussicht stellen. Aber es gibt auch Kunst, die das nicht leisten kann“, warnt die Expertin, für die das Thema „Kunst als Kapitalanlage“ zu einem Kompetenzschwerpunkt wurde. „Aber beim Kunstkauf sollte es nicht ausschließlich nur ums Geld gehen“, so ihr Rat, denn es geht ihr auch darum, dem Leser „Kunst als Bereicherung ihres Lebens zu entdecken“.

Ihr Buch ist in fünf Kapitel gegliedert plus einem Anhang mit Glossar und Register. Im ersten Kapitel erfährt der Leser, welche positiven Effekte die Pandemie auf den Kunstmarkt hatte und welche Bedenken durch die Digitalisierung aufgelöst werden. Außerdem setzt sich die Autorin mit verschiedenen Annahmen zum Kunstmarkt kritisch auseinander. Kunst brauchten z.B. nicht immer teuer zu sein, sondern es kann schon sogar Auflagenkunst von weltweit bekannten Künstlern für unter 5000 € geben, und Unikate junger Künstler liegen sogar meist unterhalb dieser Schwelle.

Nicht nur, wer in Kunst den Werterhalt sucht, sollte sich vor Fälschungen hüten. Fälschungen sind aber keineswegs eine Besonderheit anonymer Käufe im Internet. Dr. Ruth Polleit Riechert berichtet vom Aufschwung der Fälschungen im 20. und 21. Jahrhundert. Die nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie vorangetriebene Digitalisierung des Marktes hat aber „zur Verbesserung des Informationsaustausches und der Preistransparenz zum Vorteil von Kunstinteressenten, Künstlern und Händlern“ geführt.

Im zweiten Kapitel steigt die Autorin tief in den Kunstmarkt ein, stellt die Spieler vor und erklärt, wie die Preise entstehen. Außerdem werden Kunstformen und Begriffe erklärt, von klassischen Ölgemälden über digitale Kunst zu Kryptokunst und NFTs. Hier lernt der Leser, warum beispielsweise Künstler ihre Werke üblicherweise nicht direkt in eine Auktion geben, und welche preisbildenden Faktoren zu beachten sind. Im Schnellverfahren wird der Leser hier auch ein wenig zum Kunsthistoriker gemacht, denn er lernt die Stilepochen und klassischen Ausdrucksformen kennen. Zugleich zeigt sich hier die Vielfalt möglicher Sammelgebiete.

Warum ist es so schwierig, allgemeingültige Kriterien für gute Kunst zu definieren? Was hilft, Qualität bei Kunst und Künstlern zu erkennen? Diesen und weiteren Fragen geht die Autorin im dritten Kapitel nach: „Mit dem Wissen über die Unsicherheit darüber, was Kunst überhaupt ist, können Sie mit Sicherheit gut nachvollziehen, dass Kriterien für die Qualität von Kunst zu definieren eine noch größere Herausforderung darstellt. Kunst bleibt im Allgemeinen dann doch etwas Besonderes, schwer Definierbares.“

Gleich, ob es um digitale oder physische Auktionen geht, das Buch liefert aktuelle Einblicke in die richtigen Vorgehensweisen. Mit einigem Selbstbewusstsein skizziert die Autorin ihre bewährte Methode. „An dieser Stelle kommt das eigentliche Kernstück meiner Methode zum Tragen: die sieben Schritte zum Kunstkauf, die Sie immer und wirklich immer befolgen sollten, um eine Fehlentscheidung zu vermeiden.“ Wer sich an diese Schritte hält, sollte nicht wie bei Spontankäufen in Urlaubslaune später enttäuscht werden.

Wer als erfahrener Sammler glaubt, bereits alles zum Kunstmarkt zu wissen, wird in diesem Kapitel möglicherweise eines besseren belehrt: es geht nicht nur um die schon seit Jahren bekannten Trends digitaler Kunst, sondern auch die erst seit kurzer Zeit möglichen Anwendungen der Augmented Reality und Artificial Intelligence, Blockchain und Kryptowährungen. Hier wie auch an anderen Stellen des Buches gibt die Autorin dank ihres hervorragenden Kontaktnetzwerkes aus erster Hand Informationen durch Zitate aus ihrer Korrespondenz mit Experten weiter.

Im vierten Kapitel geht es explizit um Kunst als Geldanlage. „Kunst erzielt keine intrinsische Rendite, sie wirft keinen laufenden Ertrag ab. Darum“, folgert die Autorin, „ist der Wert von Kunst auch nur schwer zu ermitteln.“ Dennoch empfiehlt sich Kunst als Diversifikation von Portfolien, kann also Ergänzung zu Wertpapieren und Immobilien sein, um das Gesamtrisiko insbesondere gegen Inflation und Währungsabwertung zu vermindern.

Warren E. Buffett habe von sich selbst einmal gesagt, „l am not a businessman, I am an artist“. Die Autorin empfiehlt, von seinen Regeln der Kaufentscheidung zu lernen. Auch bei Kunst gelte generell: Der Gewinn liegt im Einkauf. Inspiriert von Warren E.Buffett entwickelt sie Regeln für Kunstinvestments und unterlegt diese mit unterhaltsamen und zugleich einprägsamen Bonmots der Investorlegende.

Wer Kunst als Investment versteht, muss sich auch mit der Rechtslage auskennen. „Beachten Sie, dass Sie nicht alle Rechte an einem Kunstwerk erwerben, nur weil Sie es kaufen. Kopien, egal in welchem Medium, Vermarktung, Vernichtung, andere Aufstellung, Veränderung – all dies ist in der Regel nicht erlaubt“, schreibt Dr. Ruth Polleit Riechert und verweist zur Rechtsberatung auf die Rechtsanwältin Eva Dzepina.

Wer zu diesem Sachbuch aus dem Springer-Verlag greift, für den beginnt möglicherweise eine neue Sammelleidenschaft, die sich daraus begründet, wie sehr Kunst das Leben bereichern kann. Das Vergnügen und das Lernen beginnt mit der Lektüre dieses unterhaltsam geschriebenen, aber dennoch durchweg fachlich fundierten Buches, das Lust auf mehr macht. Die Autorin ist sich der motivierenden Kraft ihrer Worte bewusst und lässt den Leser daher im fünften Kapitel nicht mit seinem Bedürfnis allein, weitere Literatur und weitere Informationsquellen zu finden. Der Leser wird hier mit allem ausgestattet, um über Jahre hinweg Freude am Sammeln und Investieren in Kunst zu entwickeln.

Themen: Kunstrating | Kommentare deaktiviert für Dr. Ruth Polleit Riechert: Kunst kaufen

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