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Drei investierbare Säulen für saubere Energie
Von Dr. Oliver Everling | 21.Oktober 2024
Seit dem Höchststand im Januar 2021 war die Performance nachhaltiger Fonds und Anlagen mit Bezug zum ökologischen Wandel enttäuschend. Doch der Investitionsbedarf zum Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens ist keineswegs gesunken. „Im Gegenteil: Der Kapitalbedarf bei einem 1,5-Grad- Szenario wird auf 5.000 Mrd. USD pro Jahr geschätzt – das entspricht einer Verdreifachung des Investitionsvolumens von 2023“, schreibt Laurent Denize, Co-CIO ODDO BHF und CIO ODDO BHF Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar. Es gehe darum, „grüne“ Investitionen nicht als Einschränkung, sondern als Chance zu sehen. Jetzt, da die Bewertungen attraktiver sind und die Unternehmen einen höheren Reifegrad aufweisen, ist es Denize zufolge sinnvoll, das Thema wieder in den Blick zu nehmen. Sauberer Strom sieht er dabei als Kernelement. Derzeit seien Energieerzeugung und -verbrauch für etwa 70% der Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix: Aktuell liegt ihr Anteil bei etwa 30%. „Bis 2030 wird dieser bei Fortsetzung der derzeitigen Ausbaupolitik voraussichtlich auf 38% ansteigen“, rechnet Denize vor. Bei Anvisieren eines Erwärmungspfads von unter 2 Grad könnte der Anteil sogar auf 57% steigen. Am schnellsten wachsen die Produktionskapazitäten für Solarenergie mit einem geschätzten jährlichen Wachstum von 18 bis 24% bis 2030.
Ausbau der Netzinfrastruktur: Nach mehreren Jahrzehnten unzureichender Investitionen in die Stromnetze treibt die beschleunigte Elektrifizierung die Infrastrukturkosten zur Stromübertragung und -verteilung stark in die Höhe. In Nordamerika und Europa ist die Infrastruktur im Durchschnitt 30 Jahre alt. Es sind jährliche Investitionen in Höhe von 400 Mrd. USD erforderlich, um zumindest die ältesten Anlagen zu erneuern (19%), bestehende Anlagen zu modernisieren (40%) und neue Infrastrukturen zu schaffen (41%).
Elektrifizierung der Nutzung: Der stark steigende Strombedarf erfordert die Nutzung sauberer Energiequellen. Der Großteil des Strombedarfs entfällt heute auf Gebäude (30%), die Industrie (30%) und den Verkehr (27%). Die rasante Entwicklung von Rechenzentren dürfte ODDO BHF zufolge die Stromnachfrage in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen lassen.
Neben der direkten Positionierung in diesen drei Bereichen bieten sich laut Laurent Denize zahlreiche Anlagemöglichkeiten entlang der Wertschöpfungskette der Elektrifizierung: Hoch- und Mittelspannungskabel, Energiespeicherlösungen, Ingenieurdienstleistungen rund um die Strominfrastruktur oder auch Kühlsysteme für Rechenzentren. Nach Angaben der US-Energiebehörde (EIA) wird sich der Energieverbrauch von Rechenzentren in den USA bis 2030 auf 9% des gesamten Strombedarfs mehr als verdoppeln. Um Engpässe zu vermeiden und den enormen CO2-Fußabdruck von KI zu verbessern, sind Microsoft und andere Technologiegiganten bereit, auch Kernenergie zu nutzen, wie der Vertrag von Microsoft mit Constellation in Bezug auf die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks Three Mile Island zeigt. Der CO2-Fußabdruck von Cloud-Hyperscalern ist laut Denize größer als erwartet: „Dies eröffnet deutliches Wachstumspotenzial für Dekarbonisierungslösungen auch jenseits der Erzeugung sauberen Stroms: saubere Energie, energieeffiziente Geräte, umweltfreundliche Materialien, Kohlenstoffabscheidung und -sequestrierung, die allesamt Investitionsmöglichkeiten in einer Vielzahl von Sektoren eröffnen.“
Ist Künstliche Intelligenz ein Instrument zur Begrenzung der globalen Erwärmung? Der Ausbau der Infrastruktur für generative KI in den USA wird in vielen Branchen erhebliche Produktivitätssteigerungen ermöglichen. Außerdem gebe es häufig unterschätzte Dynamiken, wie z.B. den Mangel an Gleichstromkapazitäten in den USA, wo bis 2025 weniger als 6 Gigawatt an Gleichstromkapazitäten entstehen, aber 10 Gigawatt an verkauften Chips für generative KI zu absorbieren seien. Auch dürfte Denize zufolge Akzeptanz für den Bau von Kernkraftwerken in der Bevölkerung und bei den Regierenden steigen.
Man sollte auf der Suche nach grünen „Perlen“ den Blick nicht nur auf die USA oder nach Asien richten. Denize verweist in seinem Kommentar auch auf den Draghi-Plan. Der ehemalige EZB-Präsident betone Europas technologische Führungsrolle in den Bereichen Nachhaltigkeit und saubere Technologien und zeige Wege auf, wie Europa sich im globalen Wettlauf um den ökologischen Wandel nachhaltig positionieren könne. „Auch Europa bietet viele Chancen. Und das Timing ist ideal: Go for Green!“, so die Überzeugung von Denize.
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