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Ein Rückschritt für die sinnstiftenden Aspekte der Globalisierung
Von Ami de Chapeaurouge | 11.Januar 2009
„Eine zweite große deutsche Bank“ ist das Mantra der Frankfurter Globalisierungsgegner in heutigen Leitartikeln und Glossen. Wenn es Ernst wird mit der Globalisierung im positiven Sinne, wird die sich so sehr der übergeordneten nationalen Perspektive und gar der Weltläufigkeit verschriebene Frankfurter Presse ein gleichgeschaltetes lokales Kampfblatt.
Es wäre nicht nur schlimm, sondern verheerend, wenn die Kündigung von bis zu 10.000 Mitarbeitern der Dresdner Bank nicht vermieden werden könnte, bzw. der eigentliche heimliche Werttreiber des Zusammenschlusses zwischen Commerzbank und Dresdner Bank geworden wäre. Die China Development Bank (CDB) hatte in ihrem Übernahmekonzept schlüssig dargelegt, die Belegschaft der Dresdner Bank nicht anzutasten. Sie hätte der Dresdner Kleinwort in London und Frankfurt Perspektiven im Investment Banking durch die Anbindung an die Märkte in Shanghai und Hong Kong bieten können. Sie hat deutlich mehr geboten und die Absicht geäußert, auf einmal den Kaufpreis in Bar entrichten zu wollen. Jetzt ist – zur Rechtfertigung (?) – von suboptimalen juristischen Vertragsentwürfen die Rede. Das klingt wie ein unverhohlener Vorwand. Die „deutsche“ Lösung wäre zwar konzern- und aktienrechtlich nicht so anrüchig wie im März die „amerikanische“ Lösung des Verschiebens von Bear Stearns an JPMorgan Chase & Co. Aber es bleibt dennoch der Eindruck, dass in München und Frankfurt Gesichtspunkte bemüht werden, die weder betriebswirtschaftlich für die Allianz Sinn stiften, die Belange der Dresdner Belegschaft adäquat reflektieren noch die Internationalisierung des Standorts Frankfurt unterfüttern oder gar das Eigeninteresse der Allianz genügend mitreflektieren.
Offensichtlich kann und darf aktien- und konzernrechtlich die Allianz einen solchen Verkauf außerhalb einer fairen Auktion organisieren. Selbst nach der Rechtsprechung und den strengen Regeln des US Bundesstaates Delaware, wenn wir einmal für eine gedankliche Sekunde annehmen würden, dass es sich bei der Dresdner um eine unabhängige, börsennotierte Bank gehandelt hätte, hätte der Verwaltungsrat einem niedrigeren Angebot zustimmen dürfen, wenn es in einer klugen Güterabwägung zu rechtfertigen wäre. Indes ist die Dresdner eine 100%ige Tochter der Allianz und unsere Rechtsprechung zum Unternehmensverkauf im Wege der Auktion ist noch nicht so abgewogen wie die in Delaware.
Aber weg von einer solchen fiktiven juristischen Güterabwägung in die Mitte des Geschehens: Ist nach den uns eigenen Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft der Nicht-Verkauf an die CDB ein weiser Schritt? Warum die Geringschätzung des Schicksals der Arbeitnehmer? Warum die Akzeptanz des niedrigeren Kaufpreises? Wäre eine langfristige strategische Verbindung mit der CDB als Mehrheitsgesellschafter nicht eine für die Allianz sinnvollere Lösung geworden im Kampf um Marktanteile in China? Will die Allianz sich denn nicht besser als bisher in China präsentieren, wo sie gerade in den Bereichen Asset Management und betrieblicher Altersversorgung für Aktive und In-Aktive – das für die Allianz strategisch bei weitem lukrativste Expansionsfeld weltweit – weit hinter der Generali und AIG hinterherhinkt? Obschon die Allianz in Indien bereits unbestreitbar erfolgreich auf diesen Geschäftsfeldern operiert, bemüht sie sich doch anscheinend vergebens seit mehr als einem Jahrzehnt um ähnliche Marktdurchdringung und bessere Aufstellung gerade in der Volksrepublik China.
Ein Vergleich mit dem unredlichen Einstieg und rechtswidrigen Ausstieg einer taiwanesischen Gesellschaft (BenQ) bei der Siemens Mobiltelefonsparte darf wohl kaum als plausibles Gegenargument gegen die Seriosität der CDB und ihrer Absichten für einen weitgehenden Know-how Transfer des modernen Investment Banking, Kredit- und Einlagegeschäfts und der Firmenkundenanbindung ins Feld geführt werden. Wenn wir einer Öffnung auch gerade des deutschen Markts im Hinblick auf die sinnvollen Aspekte der Globalisierung das Wort reden, ist diese Entscheidung des Aufsichtsrats der Allianz schwer nachvollziehbar.
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