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Eine Rolle des Verschuldungsgrads von Unternehmen

Von Dr. Oliver Everling | 7.August 2024

„Hohe Qualität zeichnet sich für uns durch historische Ertragsstabilität aus. Unternehmen sollten nicht nur dann profitabel sein, wenn die Konjunktur gut läuft. Denn je stärker die Gewinne eines Unternehmens vom Konjunkturzyklus abhängen, desto volatiler sind die Erträge und damit auch der Aktienkurs“, schreibt Nils Bosse Para, Portfoliomanager des ODDO BHF Polaris Dynamic, in einem aktuellen Markkommentar. Ein entscheidendes Kriterium ist für uns, dass ein Unternehmen von strukturellen Wachstumstrends profitiert. Eine alternde Bevölkerung, die mehr Medikamente benötigt, oder hilfreiche Technologien, auf die Unternehmen aus Wettbewerbsgründen nicht verzichten können, sind zum Beispiel langfristige, manchmal Jahrzehnte prägende Megatrends. „Aktien, die von solchen Trends profitieren, bieten Schutz vor Konjunkturschwankungen und stabilere Erträge über Jahre hinweg“, fügt Bosse Para hinzu. Umsatz- und Gewinnwachstum werden dadurch besser kalkulierbar.

Angesichts der aktuell hohen Zinsen gibt es aber ein weiteres Merkmal, auf das wir derzeit besonders achten: die Verschuldung der Unternehmen. 38% der Unternehmensanleihen mit niedrigerem Kupon laufen bis 2027 aus und müssen entweder aus der Bilanz bezahlt oder von den Unternehmen durch die Ausgabe neuer Anleihen zu einem höheren Kupon refinanziert werden. Die derzeit von den Investoren geforderten Kupons sind aufgrund der Zinswende höher als in den vergangenen Jahren und erhöhen damit die Zinslast der Unternehmen. Eine höhere Zinslast drückt auf den Gewinn und lässt weniger Spielraum für Investitionen. Der Portfoliomanager von ODDO BHF AM führt aus: „In diesem Umfeld ist es ratsam, die Verschuldung des Unternehmens gering zu halten, denn ein zu hoher Schuldendienst hat schon so manches Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht“. Sehr hoch verschuldete Unternehmen schließen wir daher bei der Auswahl aus.

Bei strategischen Übernahmen kann es sinnvoll sein, einen Teil der Schulden für die Übernahme einzusetzen, was den Verschuldungsgrad kurzfristig erhöht. „Eine rasche Rückführung der Verschuldung nach der Konsolidierung des übernommenen Unternehmens ist dabei wünschenswert und ein sehr wichtiges Zeichen für die Qualität der angebotenen Produkte oder Dienstleistungen und des Managements“, so Bosse Parra. Sehr erfolgreiche Unternehmen zeichnen sich durch hohe freie Cashflows und einen hohen Bestand an liquiden Mitteln in der Bilanz aus. Diese Liquidität gibt den Unternehmen einerseits die Freiheit und Flexibilität, Konkurrenten zu übernehmen oder Aktien zurückzukaufen, andererseits können die liquiden Mittel derzeit kurzfristig verzinst angelegt werden und bieten damit sogar eine zusätzliche Einnahmequelle.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Geringe Verschuldung bedeutet geringere Zinsverpflichtungen und damit ein geringeres Risiko, in Rezessionen in die Insolvenz zu rutschen, sowie geringere Zinszahlungen, was die Rentabilität erhöhen kann. „Liquidität bedeutet Flexibilität bei strategischen Entscheidungen und Unabhängigkeit von Banken und anderen Kreditgebern“, fasst Bosse Parra zusammen. Eine geringe Abhängigkeit von der Finanzierung mache diese Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber konjunkturellen Schwankungen.

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