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Eine Schlacht gewonnen, ein Krieg verloren
Von Dr. Oliver Everling | 21.April 2022
Der Krieg in der Ukraine könnte aus der Perspektive des Nachhaltigkeitsratings zu einem Pyrrhussieg führen, wenn die Ukraine zwar verteidigt, Russland aber von der Weltgemeinschaft der Staaten abgekoppelt wird.
Mikhail Sukhov, Generaldirektor von Analytical Credit Rating Agency (ACRA), wird auf der Plenarsitzung der Kommersant Publishing House-Konferenz „ESG-Wiedervereinigung: Neue Prioritäten für eine nachhaltige Entwicklung unter Einschränkungen“ sprechen, meldet die russische Ratingagentur aus Moskau. Kommersant ist eine russische Tageszeitung, die dem Oligarchen Alischer Usmanow gehört.
Die Agenda der Konferenz ist bemerkenswert, da sie eine Abkopplung Russlands von den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen andeuten könnte. Immerhin sprechen zu diesem Thema Pavel Sorokin, erster stellvertretender Energieminister der Russischen Föderation, Ilya Torosov, erster stellvertretender Minister für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation, Vladimir Senin, Vorsitzender des Expertenrates für nachhaltige Entwicklung und grüne Finanzierung der Staatsduma der Russischen Föderation oder auch Maria Vasilkova, Abgeordnete der Staatsduma der Russischen Föderation, Mitglied des Ausschusses der Staatsduma der Russischen Föderation für Industrie und Handel.
„Vor dem Hintergrund der Sanktionsbeschränkungen wird die bis vor kurzem an westlichen Standards orientierte Agenda für nachhaltige Entwicklung überarbeitet“, berichtet ACRA. „Aber die Prinzipien und Ziele nachhaltiger Entwicklung sind zu tiefgreifend und vielschichtig, um selbst bei einer gebrochenen Integration mit westlichen Standards zunichte gemacht zu werden. Gerade jetzt sind diese Prinzipien von besonderer Bedeutung und werden auf ihre Festigkeit getestet. Die Unternehmenslenker müssen gemeinsam mit Staat und öffentlichen Institutionen nicht nur die aktuellen Prioritäten im Bereich der nachhaltigen Entwicklung vor dem Hintergrund sich entwickelnder Krisentrends bestimmen, sondern auch die Quellen und Instrumente für ihre Finanzierung.“
An die Stelle des Schockzustands der Wirtschaft trete eine Zeit der Anpassung und neuer Entwicklungsmöglichkeiten. Auf der Konferenz sollen folgende und weitere Fragen beantwortet werden: „Was ist erforderlich, um das russische ESG-Modell neu aufzubauen und neu zu starten? Welche Vision haben Unternehmen und Regulatoren von einer solchen Zukunft? Wer finanziert den erklärten Kurs der Großkonzerne in Richtung Dekarbonisierung und technologische Umrüstung? Wie wird das neue Modell der nachhaltigen Unternehmensentwicklung dazu beitragen, die Bemühungen zu synchronisieren, um die akute Phase der Wirtschaftskrise zu überstehen, die Wirtschaft an neue Realitäten anzupassen und ein Erholungswachstum einzuleiten? Welche Maßnahmen sollten Regulierungsbehörden, Unternehmensleitungen und ihre Mitarbeiter ergreifen, um die Risiken des Kontrollverlusts über Organisationen, Umweltbelastungen und Destabilisierung der Gesellschaft zu minimieren?“
Während sich die Teilnehmer der Konferenz zwar offenbar um Schadensbegrenzung bemühen, stellt sich die Frage, ob eine vom Westen gewonnene politische Schlacht um die Ukraine einen verlorenen ökologischen Krieg um das Weltklima bedeuten könnte.
Der Bruch der Bundesministerin des Auswärtigen, Annalena Baerbock, mit den Idealen ihrer Partei Bündnis 90/Die Grünen und ihrer Fraktion („Wir stehen für Frieden, Abrüstung und kooperative Sicherheit“), könnte daher wesentlich mehr bedeuten als lediglich eine Hinwendung zur Militarisierung der Politik und hin zur Aufrüstung: Zu Russland und zu Russen werden unter deutscher Federführung vielfältige Beziehungen gekappt, obwohl gerade der Klimawandel konzertiertes Handeln erfordert.
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