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Erholungsbremse „Protektionismus“
Von Dr. Oliver Everling | 2.Februar 2009
„Die Frage nach Werten stellt sich neu“, führt Anja Kohl, Börsenmoderatorin der ARD („Börse im Ersten“) in den 19. IIR Jahresauftaktkongress der Immobilienwirtschaft ein, der CIMMIT 2009. „Dabei spreche ich nicht von den ethischen Werten, sondern auch die Frage nach den materiellen Werten stellt sich neu“.
Holger Schmieding, Chief Economist Europe der Bank of America, braucht sich um die Lesbarkeit seiner Charts der Großveranstaltung nicht zu sorgen: Alle Indikatoren weisen nach unten, so dass die Schreckenslinien noch in der Reihe des großen Saals im Hilton Hotels deutlich zu erkennen sind. Ob schon 2009 der Aufschwung kommt, beantwortet Schmieding selbstkritisch mit dem für Volkswirte bekannten „Jein“.
Von August 2007 bis August 2008 sah es zunächst so aus, dass die Kreditkrise ohne einen wirklichen Zusammenbruch zu überstehen sei. Im September kamen nun eine Reihe weiterer Faktoren hinzu. Im März/April hatten die Märkte geglaubt, dass die Zentralbanken die Zinsen senken würden. Stattdessen gingen die Zinserwartungen um einen vollen Prozentpunkt nach oben, so dass die Banken in ihrem Normalgeschäft schwer Geld verdienen konnten – es fehlten die Transformationsbeiträge von „aus Kurz mach Lang“.
Bis August 2008 war man der Überzeugung, dass eine weiche Landung möglich sein würde. Im September wurde klar, dass der Weltwirtschaft die „harte Landung“ nicht erspart bleiben werde. „Der Wirkungskanal der Geldpolitik ist verstopft“, formuliert Schmieding. Er habe nun lange suchen müssen, um die Faktoren zu identifizieren, aus denen wieder ein Aufschwung hervorgehen könnte.
Zunächst befasst sich Schmieding weiter mit den Indikatoren: Deutlich zeichnen sich die Spuren der Subprime-Krise in der Zinsentwicklung ab. Bei den Hypothekenzinsen gebe es aber inzwischen wieder eine deutliche Entlastung. Zusätzliche Liquidität der Zentralbank werde nun auch erkennbar. Langsam öffne sich wieder der Wirkungskanal der Geldpolitik. Hilfreich sei auch die Entwicklung des Ölpreises.
Nach 1929 gab es eine Welle des Protektionismus, der die wichtigste Quelle des Wohlstands, die Weltwirtschaft, zum versiegen brachte. Viele Sektoren seien auf die eigene, nationale Volkswirtschaft konzentriert. Unternehmen, die Hilfe in Anspruch nehmen wollen, müssen sich vor nationalen Politikern rechtfertigen. Auch im Finanzgewerbe sei die Kreditvergabe im Inland weniger stark beeinträchtigt als international.
Die deutsche Wirtschaft werde „stärker einkrachen als die amerikanische“, sagt der Chefvolkswirt Europa der Bank of America. Die deutsche Wirtschaft sei stärker von offenen Weltmärkten abhängig als andere. Daher sei der Punkt, ob es einen neuen Protektionismus geben werde, sorgfältig zu beobachten.
In den USA und Großbritannien seien sowohl die Quote der Konsumentenkrediten als auch der Hypothekenfinanzierungen wesentlich höher. Dem müsse aber die höhere Verschuldung kontinentaleuropäischer Unternehmen gegenüberzustellen. Der Investitionsabschwung der Unternehmen werde daher mindestens so hoch sein wie in den USA. Obwohl deutsche Unternehmen relativ gut aufgestellt seien, wäre die Abhängigkeit von Exporten bzw. Auslandsnachfrage unübersehbar.
Schmieding legt seine Eurozone-Checkliste für den Aufschwung offen: Geldpolitik, geldpolitische Rahmenbedingungen, ZEW Indikator der Investorenerwartungen, Ifo Geschäftsklima, industrielle Aufträge und PMI Indices. Die Signale der Gelpolitik seien bereits gesichtet. Wann die anderen Indikatoren abgehakt werden können, sei die große Frage.
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