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Erste Prognose für 2017

Von Dr. Oliver Everling | 7.November 2016

Der Aufschwung der Weltwirtschaft bleibt auch im Jahr 2017 zahlreichen Risiken ausgesetzt. Die hohe Verschuldung der privaten Haushalte und vieler Staaten, politische Unsicherheiten und ungelöste Probleme im Bankensektor dämpfen weltweit Konsum, Investitionen und Handel. Diesen Befund stellt FERI über ihren gesamtwirtschaftlichen Ausblick auf das Jahr 2017. Da zudem weder die USA noch China derzeit die Kraft besitzen, die Weltwirtschaft anzukurbeln, ist mit einem insgesamt moderaten Wachstum zu rechnen. Bestimmte Märkte und Regionen und nicht zuletzt die weitere Entwicklung der Inflation besitzen jedoch Potenzial für Überraschungen.

„Der starke Dollar und ein drastischer Rückgang der Investitionen zur Erschließung neuer Ölfelder bremsten die wirtschaftliche Dynamik der US-Wirtschaft bis zur Jahresmitte 2016 ab“, berichtet Axel Angermann, Chefvolkswirt der FERI. „Diese Sonderfaktoren lassen in ihrer Wirkung nun nach. Spürbar war dies bereits im dritten Quartal 2016, als die wirtschaftliche Dynamik deutlich anzog. Insgesamt dürfte das BIP-Wachstum in den USA im Jahr 2017 wieder oberhalb von 2 Prozent liegen.“

Denkbar sei, dass die steigende Beschäftigung die Konjunktur anregt und das Wachstum über die Marke von 2,5 Prozent treibt. In diesem Fall geriete die Fed in eine schwierige Lage, weil sie mit Blick auf die eigene Wirtschaft die Zinsen schneller anheben müsste als allgemein erwartet. Gerade dies würde aber eine starke Aufwertung des Dollar mit der Gefahr neuer Turbulenzen in den Schwellenländern und negativer Rückkopplungen auf die USA auslösen.

Der chinesischen Führung sei es mit einer sehr expansiven Geldpolitik und massiven fiskalpolitischen Interventionen nach Ansicht der FERI vorerst gelungen, die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Die chinesische Wirtschaft wird deshalb im Jahr 2017 um etwas weniger als 6,5 Prozent wachsen. Die derzeit verfolgte Wirtschaftspolitik stellt allerdings einen Rückgriff auf jene Krisenbewältigungsmechanismen dar, die seit 2010 das Grundproblem der chinesischen Wirtschaft – die extrem hohe (private) Verschuldung – erst hervorgebracht haben. Der Umbau der Wirtschaft zu einem nachhaltigeren Wachstumsmodell, das vor allem auf den privaten Konsum setzt, und die Stützung bestehender Strukturen durch fortgesetzte wirtschaftspolitische Interventionen sind auf Dauer unvereinbare Ziele.

China bleibt damit das größte Risiko für die Fortsetzung des weltwirtschaftlichen Aufschwungs, urteilt Angermann. Gelingt es der chinesischen Führung nicht, Investoren davon zu überzeugen, dass sie den Strukturwandel im Griff hat, dürfte es erneut zu massiven Kapitalabflüssen kommen, die wiederum negativ auf den Rest der Welt abstrahlen würden.

In den Schwellenländern ist davon auszugehen, dass sich die moderate Erholung fortsetzt. Wichtige Länder wie Russland und Brasilien werden im kommenden Jahr wieder positive Zuwachsraten des BIP verzeichnen. Es bestehen jedoch weiterhin strukturelle Ungleichgewichte. Für deren Bereinigung ist der erforderliche politische Wille nicht überall vorhanden (Südafrika) oder zweifelhaft (Brasilien). Einige Länder kämpfen mit sich verschärfenden Ungleichgewichten (Türkei), für die ein wirtschaftlicher Einbruch, ausgelöst durch eine Zahlungsbilanzkrise, das wahrscheinlichste Szenario darstellt.

Das wirtschaftliche Wachstum im Euroraum verläuft im Jahr 2017 gemäßigt und dürfte sich aufgrund der verschlechterten Exportaussichten nach Großbritannien sogar leicht abschwächen. Sowohl außenwirtschaftlich als auch binnenwirtschaftlich fehlen entscheidende Impulse für mehr Wachstum. Probleme bereitet insbesondere die Divergenz der ökonomischen Entwicklung innerhalb des Euroraums: Frankreich und in noch stärkerem Maße Italien leiden weiterhin unter strukturellen Problemen, eine Lösung ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Hinzu kommen politische Risiken: Das Referendum in Italien im Dezember, die Wahl eines neuen Staatspräsidenten in Frankreich, die Bundestagswahl in Deutschland und die Aufnahme von Verhandlungen, die den möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU regeln sollen, erhöhen die Unsicherheiten. Die Handlungsfähigkeit der EU, die nach dem Brexit schwer angeschlagen ist, dürfte angesichts dessen ebenfalls sehr einschränkt bleiben.

In Deutschland wird der Aufschwung zwar weiterhin von einer vergleichsweise robusten Binnenkonjunktur getragen, schwächt sich aber wegen der Auswirkungen des Brexits und der schwachen Dynamik des Euroraums ebenfalls ab. Für das Jahr 2017 rechnet FERI mit einem Wirtschaftswachstum von nur noch 1,3 Prozent.

Die höheren Rohstoffpreise führen derzeit zu steigenden Inflationsraten. Dieser Prozess wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen, spätestens im Frühjahr 2017 aber an Wirksamkeit verlieren. Die schwache Wachstumsdynamik verhindert fortdauernde Inflationsimpulse mit der Folge, dass die Inflationsraten im Jahr 2017 höher liegen werden als im Jahr 2016, insgesamt aber moderat bleiben.

Überraschend höhere Inflationsraten könnten allerdings aus einer stärkeren Dynamik der US-Wirtschaft und den Auswirkungen eines stärkeren Dollar auf die Importpreise der europäischen Länder resultieren.

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