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Europas Perspektiven in der Diskussion
Von Dr. Oliver Everling | 1.Juli 2013
Prof. Dr. Lüder Gerken (CEP), Alexander Graf Lambsdorff (MdEP), Olli Rehn und Prof. Dr. Gesine Schwan von der Humboldt Viadrina disktuieren unter der Moderation von Holger Steltzner über die „Perspektiven für Europa“ im Rahmen des Symposiums zu Ehren von Prof. Dr. Hans Tietmeyer. Die Veranstaltung wurde von der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft organisiert.
„Kern unseres Modells ist eine automatische Schuldenschnittregel“, erläutert Gerken. „Wenn man erst wartet, bis die Insolvenz erreicht wird, kommt es zu erratischen Zuckungen an den Finanzmärkten. Der Referenzwert müsste deutlich unter dem Schuldentragfähigkeitslevels liegen, z.B. 90 % des BIP würde einen Schnitt von 10 % zur Folge haben.“ Gerken will außerdem das Schlupfloch der Target-Salden schließen. Die Kriterien des Stabilitäts- und Wachstumspaktes seien dann nicht mehr länger von der bisherigen Relevanz, denn Renditeforderungen und Zinsen würden bei Annäherung an die Schuldenschnittregel automatisch nach oben gehen.
Rehn will an der Vorstellung festhalten, dass Griechenland ein einzigartiger Fall war. Der Ansteckungseffekt habe aber gezeigt, wie sorgfältig neue Regeln überdacht werden müssten. Das geplante Freihandelsabkommen mit den USA wird durch die Abhöraktion und Spionage der USA belastet. „Ich war traurig und besorgt, als ich die Nachrichten darüber hörte“, kommentiert Rehn und hält die Aufklärung der Sachverhalte für unabdingbar.
Alexander Graf Lambsdorff, Mitglied des Europäischen Parlaments, lebte in den USA zum Zeitpunkt des 11. September 2001. Terrorbekämpfung sei unabdingbar, aber Lambsdorff findet klare Worte der Ablehnung der Aktion aus den USA. Nun müsse in abhörsicheren Räumen geplant werden.
Prof. Dr. Gesine Schwan beklagt, dass viel zu wenig über die Soziale Marktwirtschaft nachgedacht werde. Der Neoliberalismus, der keineswegs Deregulierung gemeint habe, sondern Regluierung durch den Staat, wollte einen Rahmen durch den Staat für die Wirtschaft schaffen. „Die sozialstaatlichen Kompetenzen sind in der EU aber bei den Nationalstaaten belassen“; kritisiert Schwan.
Wenn die Verschuldung trotz Stabilitätspolitik steige, dann müsse man sich mit den empirischen Fakten neu auseinandersetzen. Schwan will bei der parlamentarischen Kontrolle ansetzen, indem eine Verschränkung europäischer und nationaler Ebene erreicht werde. Schwan will keine Rechtsregeln, von denen man absehen könne, dass sie nicht eingehalten würden.
„Seit John Locke haben wir den Grundsatz der Herrschaft des Rechts, der Rule of Law“, sagt Gerken, nur könne es nicht sein, dass Recht gebrochen werden. Es gehe auch um permanente Verletzungen des Stabilitäts- und Wachstumspaktes. Gerken bezweifelt, dass der Pakt die notwenidge Schärfe erreichen werde.
Graf Lambsdorff zeigt auf, warum Europapolitik nicht einfach nur das Einhalten von Regeln sein könne, denn es gehe um Ausgleich von Interessen. „Ein einfaches Regelwerk wird der Komplexität Europas nicht gerecht“, warnt Graf Lambsdorff. „Frankreich ist ein großes Problem und Frankreich und Deutschland dürfen nicht auseinanderdriften, dafür ist Frankreich viel zu wichtig.“ Der Ansatz müsse klar sein, die Kommission habe den Druck auf Frankreich aufrechtzuerhalten. „24 % sind in Frankreich, 74 % in Deutschland mit der Politik ihrer Regierung in Europa zufrieden.“
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