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Finanzmärkte schwenken auf S&P’s Ratings ein

Von Dr. Oliver Everling | 8.November 2012

Bis Ende der 1980er Jahre wurden von Standard & Poor’s (S&P’s) weniger als 20 Staaten geratet, die meisten davon AAA, wenige AA und kaum andere Ratings. Moritz Krämer von S&P’s erläutert, wie sich das Spektrum der erteilten Länderratings weiter auf niedrigere Kategorien aufspaltete und die Marktabdeckung durch die US-amerikanische Ratingagentur sich rasch ausdehnte. Vor 5 Jahren hatte die Eurozone ihre beste Zeit, als die Zahl der AAA und AA gerateten Staaten am größten war. Seit 2008 stürzt der Durchschnitt ab und liegt heute niedriger als vor Einführung der Währungsunion.

Krämer erläutert, wie es der Markt bis 2007 versäumt habe, Kreditrisiken ausreichend zu differenzieren und heute zur Übertreibung neigt. Griechenland habe sich z.B. zu Zinssätzen refinanzieren können, die praktisch kein Ausfallrisiko implizierten. Griechenland sei aber nie besser als A geratet worden, also von S&P’s nie als so sicher beurteilt worden, wie es offenbar die Marktteilnehmer taten. Eine niedrigere Ratingkategorie indiziert ein höheres Ausfallrisiko, das Risiko in der Kategorie A ist höher als in AA und viel höher als in AAA. Krämer kommt auf die CDS implizierten Ratings zu sprechen. Hier zeigt sich, dass sich nach den Übertreibungen der Markt an die Einschätzungen von S&P’s annähere.

„Wir haben unsere Klassifizierung mit BBB+ für Irland nicht geändert.“ Auch bei Portgual beobachtet Krämer, wie sich der Markt wieder auf die Ratings von S&P’s einstellt. S&P’s war 2009 vorsichtiger als der Markt und hat sich später nicht von der Panik mitreißen lassen, sondern blieb bei einem ausgewogenerem Urteil. Krämer fügt weitere Beispiele hinzu, insbesondere auch Italien. „Hier wollen teils populistische Bewegungen die Oberhand gewinnen“, erklärt Krämer das Phänomen, dass gezielt Verunsicherung gestreut und die guten Ratings in Frage gestellt werden.

Am Markt werden Italiens Anleihen derzeit als spekulative Papiere gehandelt, während S&P’s auch für Italien ein Rating mit Anlagequalität beibehalte. S&P’s habe begonnen, die Staatenratings herunterzunehmen, als die Staatsfinanzen unter der Oberfläche zu verrotten begannen, formuliert Krämer. Wenn es aber zu einem kompletten „Streik“ des Marktes komme, müsse dies in den Ratings ebenfalls berücksichtigt werden, denn es gehe beim Credit Rating um die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls. Daher könne S&P’s nicht ignorieren, wenn sich die Finanzierungsbedingungen der Staaten stärker verändern, als es die Veränderungen der fundamentalen Faktoren kurzfristig signalisieren.

Krämer zerstreut die Hoffnung, mit einem Austritt Griechenlands künftig billig Urlaub auf griechischen Inseln machen zu können. Schon die damit verbundenen sozialen Unruhen würden Griechenland dann nicht gerade zum bevorzugten Urlaubsziel machen. Krämer macht darauf aufmerksam, dass allein eine Lösung der Währungsfrage noch lange keine strukturellen Reformen in Griechenland auf den Weg bringe.

„Die Wachstumstreiber sind verschwunden“, analysiert Krämer mit Blick auf die Nachfragekomponenten in den Staaten der Europäischen Union. Als Irland die Eurozone 1999 betrat, war die gesamte Verschuldung von Unternehmen, privaten und öffentlichen Haushalten rund doppelt so groß wie das Sozialprodukt des Landes. Bis 2008 stieg die Verschuldung auf mehr als das Dreifache. In Deutschland dagegen blieben die Verhältnisse nahezu unverändert, mit einer rückläufigen relativen Verschuldung der privaten Haushalte. Krämer lenkt die Aufmerksamkeit auf die vergleichsweise ausgegliche Zahlungsbilanz der Europäischen Union gegenüber dem Rest der Welt. Die Ungleichgewichte hätten sich innerhalb der EU ausgeweitet. Die Probleme resultierten aus den Nettoverschuldungspositionen von Portugal, Griechenland und Irland, die Minussalden jeweils in der Größenordnung des gesamten Sozialprodukts aufweisen.

„Die fiskalischen Herausforderungen sind nicht die Ursache, sondern das Ergebnis des Verlusts an Wettbewerbsfähigkeit“, erklärt Krämer die Probleme in den hoch verschuldeten Staaten Europas. Die Zahlungsbilanzen konnten nicht ausgeglichen werden, da die Attraktivität für Investoren verloren ging und nicht mehr genügend Kapital Anlage in den betreffenden Ländern sucht.

Krämer erläutert die moralischen Risiken, mit denen sich die Politiker auseinandersetzen müssen. Wenn die Europäische Zentralbank (EZB) keine Wahl habe, als rettend einzuschreiten, gehen die Anreize für Disziplinierung verloren. Der Rettungsmechanismus des ESM sorge heute dafür, dass der Ball zuerst bei den Politikern und nicht bei der EZB liege. Krämer unterstreicht die Bedeutung, einer eindeutigen und glaubwürdigen Kommunikation in der Krise. Die Stützungsmaßnahmen der EZB seien aber an Bedingungen geknüpft. Krämer wirft daher Fragen auf, ob Portugal, Irland und Zypern vom OMT profitieren werden und Spanien oder Italien Hilfen in Anspruch nehmen werden.

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