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Fluch oder Segen des Trennbankengesetzes
Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2013
„Segen für die deutsche Wirtschaft ist das Trennbankengesetz mit Sicherheit nicht“, gibt Dr. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des Bundesverbandes deutscher Banken im MontagsMeeting des eff European Finance Forum in Frankfurt am Main preis. Das Gesetz sei durch den Versuch der Bundesregierung entstanden, einige Kritikpunkte der Opposition zu entkräften. Dies ist offenbar auch gelungen, denn immerhin ging das Gesetz auch durch den Bundesrat.
Kemmer kämmt durch die zahlreichen Gesetze, die seit Ausbruch der Finanzkrise die Banken belasten. „Viele Dinge, die vor der Finanzkrise gelaufen sind, waren so nicht in Ordnung. Wir haben viele Gesetzesvorhaben aktiv unterstützt“, erläutert Kemmer den „Regulierungsstrom“ seit G 20 in Washington im November 2008. Das Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen, verabschiedet am 7. Juni 2013, sei aber eigentlich ein alter Hut. Über Trennbankensysteme wird seit Jahrzehten diskutiert.
Es sei nicht sinnvoll, in Nostalgie zu schwelgen, wie schön es doch zur Zeit des Trennbankensystems in den USA gewesen sei. Das Gesetz will Kemmer an den expliziten Zielen messen, nämlich der Finanzmarktstabilität, Schutz der Einlagen und Einsatz öffentlicher Mittel gering zu halten. Snaierungs und Abwicklungsplanung bei potentiell systemgefährdenden Kreditinstituten und Finanzgruppen, Abschirmung von Risiken (Abtrennung von als riskant eingestuften Geschäften vom Kundengeschäft) und Straffbewehrung von Risikomanagementpflichten von Geschäftsleitern von Banken und Versicherungen sind die Exkpunkte des neuen Trennbankengesetzes.
Allein bei HSBC würden die „Living Wills“ rund 11.000 Seiten umfassen, so sei zu hören. Kemmer positioniert die Banken mitten im „regulatorischen Overkill“. „Wenn Zeitungen titulieren, Zocker müssen künftig ins Gefängnis, und dies das Volk befriedigt, haben wir nichts dagegen“, sagt Kemmer und betont die Versachlichung der Diskussion.
Kemmer tritt der Vorstellung entgegen, man könne Bankgeschäft in „gutes“ und „schlechtes“ unterteile. Leider ließe sich vor Investmentbanken nicht einfach ein Schild auftstellen, „hier endet die Staatshaftung“. Der Liikanen-Report z.B. beschreibe die Situation durchaus richtig, komme aber leider zu falschen Schlussfolgerungen. Die Kommission arbeite an einem Legislativvorschlag „Bankenstrukturreform“. „Warum Deutschland vorpreschen musste, lässt sich nur mit dem September 2013 erklären.“
Der Trennbanken-Vorschlag erhöhe die Finanzmarktstabilität nicht und gefährde die Vorteile des Universalbankensystems: Zunahme der Komplexitätskosten, erhöhte Marktkonzentration, indirekte Vergrößerung der „too big to fail“-Problematik, Ansteckungsgefahr aufgrund von Gegenparteien, erschwertes Funding und steigende Eigenkapitalkosten. „Die Primärinstitute sind passivlastig, sie brauchen daher irgendetwas, in das sie anlegen können. Dadurch gibt es Verbindungen, die auch durch eine Trennung nicht zunichte gemacht werden können.“
Kemmer zeigt auf, dass die gesetzlich definierten Schwellenwerte überhaupt nicht mit den „bösen Geschäften“ korrelieren. So gibt es einen absoulten (100 Mrd. €) und einen relativen Wert (20 % Bilanzsumme und Bilanzsumme mindestens 90 Mrd. €). „Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben sich mit dieser Regelung den Schweiß von der Stirn gewischt“, fügt Kemmer hinzu.
Eigengeschäfte zur Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die nicht Dienstleistung für andere ist, sowie Kredit- und Garantiegeschäfte mit Hedgefonds, Dach-Hedgefonds oder deren Verwaltungsgesellschaften sowie EU-AIFs und ausländische AIFs im Sinne des KAGB-E unter bestimmten Bedingungen gehören zu den verbotenen Geschäften. „Jeder draußen scheint gegen Hedgefonds und Hochfrequenzhandel zu sein. Wenn man aber nachfragt, was denn ein Hedgefonds ist, weiß das so ganz genau niemand.“
„Es gibt ja manche Gesetzes-Gourmets, die tausend Hin- und Herverweise in den Gesetzen lieben, aber unstimmige Formulierungen sind die Folge“, warnt Kemmer und beneidet nicht die Bankenaufseher, die das alles in der Finanzdienstleistungsaufsicht umsetzen und kontrollieren müssen. Auch die Ausdehnung des erlaubnispflichtigen Eigengeschäftes sei mehr eine Sache der KWG-Gourmets.
Das Gesetz tritt in Etappen in Kraft: 31. Januar 2014, 1. Juli 2015 und 1. Juli 2016, fast schon vor der nächsten Bundestagswahl. „Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass das Gesetz noch von Europa überholt wird.“ Die MaRisk seien in wesentlichen Teilen geseztlich kodifiziert worden. Der Katalog der wichtigsten MaRisk-Vorschriften sei ins KWG aufgenommen und der Pflichtenkatalog ein bißchen erweitert worden.
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