« | Home | »

Gelingt der IVG in 2009 das Comeback?

Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 18.Februar 2009

Nach einer Umfrage unter Immobilienexperten wird das Jahr 2009 durch Finanzierungsprobleme, Notverkäufe, Abwertungsbedarf und Insolvenzen geprägt sein. Nun stellte sich die Frage, ob der Pessimismus bereits in den Kursen der Immobilienaktien hinreichend eskomptiert ist oder nicht. Als sicher gilt, dass sich Gesellschaften, die sich auf Gewerbeimmobilien und den Development-Bereich fokussiert haben, ein weiteres schwieriges Jahr bevorsteht. Dazu zählt auch die IVG. Ob die kriselnde Gesellschaft im laufenden Jahr das Comeback einleiten kann, wird zum Großteil davon abhängen, ob es ihr gelingt, die hohe Verschuldung zurückzuführen, die künftige Finanzierung sicher zu stellen und Portfolios werterhöhend zu verkaufen. Das kapitalintensive Geschäftsmodell kommt dem neuen Management vor allen in Zeiten der Finanzmarktkrise sicher nicht entgegen. Die restriktive Kreditvergabe der Banken setzt den Immobiliengesellschaften gleich doppelt zu, da sie einerseits selbst davon betroffen sind, und andererseits die Anzahl potentieller Immobilieninvestoren stark abnimmt, welche in der Vergangenheit den Erwerb oftmals über Fremdkapital finanziert hatten. Der IVG-Kursverlauf in 2008 lässt allerdings den Schluss zu, dass es nicht wenige Marktteilnehmer gibt, die der IVG nicht zutrauen, den hohen Schuldenberg abzubauen und die kurz- bis mittelfristige Refinanzierung zu bewerkstelligen. Die Verschuldungssituation und die Liquiditätslage des Unternehmens ist bedrohlich. Bei einem Eigenkapital von weniger als zwei Milliarden Euro belaufen sich die Finanzverbindlichkeiten auf sechs Milliarden Euro.

Statt den von Investoren erhofften Verkauf, wurden die Kavernen in einen hauseigenen Fonds übertragen im Rahmen eines Asset Deals übertragen und institutionellen Fonds zur Zeichnung angeboten. Laut IVG wird der Fonds zwischen 2008 und 2014, entsprechend der Fertigstellung der noch zu errichtenden Kavernen, insgesamt etwas mehr als 1,7 Mrd. für das Paket, davon 836 Mio. Euro, im laufenden Geschäftsjahr zahlen. Vor Steuern beträgt das Ergebnis 273 Mio. Euro, der Cash-Zufluss beläuft sich auf 598 Mio. Euro. Die Frage ist hierbei, zu welchem Preis die Kavernen bewertet worden. Laut dem ehemaligen CEO soll der Verkehrswert 1,4 Mrd. Euro betragen haben.

Hohe Finanzschulden, aber dennoch überlebensfähig? Die Finanzschulden der IVG Immobilien AG betragen zum dritten Quartal 6,1 Mrd. Euro, wobei das Unternehmen zurzeit über weitere ungenutzte Kreditlinien in Höhe von ca. 1,25 Mrd. Euro verfügt. Da innerhalb der nächsten 12 Monate allerdings gleichzeitig Bankkredite in Höhe von 1,2 Mrd. Euro auslaufen, ist davon auszugehen, dass zumindest ein Teil der bisher ungenutzten Linien dafür in Anspruch genommen wird. Laut Unternehmensangaben wird dem Unternehmen eine Verschuldungsquote nach bankspezifischer Berechnung in Höhe von 75 % zugestanden, so dass man mit einer Quote in Höhe von aktuell 59 % über genügend Spielraum verfügt. Entscheidend für eine Verschlechterung der Verschuldungsquote wären vornehmlich zwei Faktoren, nämlich zum einen die Höhe der Finanzschulden und zum anderen die Werthaltigkeit des Immobilienportfolios, da eine dortige Wertminderung zur Folge hätte, dass der Fremdkapitalanteil im Verhältnis steigt, so dass sich letztendlich auch die Verschuldungsquote erhöht. Weite Fragen drehen sich darum, ob IVG über genug Liquidität verfügt, um die Zinszahlungen zu gewährleisten. Andernfalls könnte das LTV-Ratio auf 90% oder mehr steigen.

Der hohe Abschlag zum Net Asset Value zeigt, dass viele Investoren auch in diesem Jahr mit hohen Abschreibungen bzw. Wertkorrekturen auf das Immobilienportfolio rechnen. Derzeit beträgt die Marktkapitalisierung des MDAX-Unternehmens nur noch auf rund 500 Mio. Euro. Gleichwohl besteht mit Blick auf den derzeitigen Kurs bei 4,35 Euro nur wenig Spielraum nach oben. Stärkere Kursavancen sind wegen der kritischen Bilanzrelationen nicht zu erwarten. Die seit Dezember zu verzeichnenden  Kurssteigerungen dürften vielmehr auf den Einstieg des Hedgefonds Blacksmith zurückzuführen sein, der seinen Anteil an IVG auf 3,01% erhöht hat. Ungeachtet der Tatsache, ob der Fonds diese Position nur aus Tradingaspekten hält, ist das gegenwärtige Bewertungsniveau nur zur rechtfertigen, wenn die Gesellschaft den Kapitalmarkt in 2009 nicht beanspruchen wird und den Kostenblock bis 2010 deutlich zurückführen (ca. 30 Mio. Euro) kann (Bull Szenario). Andernfalls (Bear Szenario) – also im Falle einer Kapitalerhöhung und Kostenersparnissen von nur etwa 5 %, sind maximal Kurse bis 2 Euro drin. Im schlechtesten Fall, also wenn die Refinanzierung scheitert und der Abschreibungsbedarf höher als erwartet ausfällt, ist eine Pleite des Unternehmens nicht auszuschließen.

Zumindest der Aufsichtsrat scheint sich mit der Neubesetzung der Führungsebene absichern zu wollen. Nach dem Abschied des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Wolfhard Leichnitz trennte sich die IVG auch kürzlich vom Finanzvorstand Bernd Kottmann. Der Abschied von Kottmann überrascht, denn in Branchenkreisen hieß es, dass Kollmann Ambitionen auf den Chefsessel gehabt habe. Diesen hat bereits der ehemalige Telekom-Manager Gerhard Niesslein eingenommen. Laut der Pressemitteilung der IVG hieß es zwar, dass Kottmann auf eigenen Wunsch ausgeschieden sei und nach der Hauptversammlung zum 31. Mai 2009 aus dem Vorstand ausscheidet. Wahrscheinlicher ist, dass Großaktionär Sal Oppenheim nach der Absetzung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden auch das Finanzressort neu besetzen und einen Manager Ihres Vertrauens diese heikle Aufgabe übergeben wollte. Da war für Kottmann kein Platz mehr.
Als Nachfolger wurde Prof. Wolfgang Schäfers bestellt. Nach einer leitenden Funktion bei Arthur Andersen Real Estate, wo er zuletzt bis 2002 als Partner den Bereich Real Estate Corporate Finance in Frankfurt leitete, fungierte Schäfers seit 2002 als Managing Director im Bankhaus Sal. Oppenheim und war Leiter des Bereichs „Real Estate Investment Banking�??. Zusätzlich ist er seit 2004 Professor für Immobilienmanagement am IREBS Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg.

IVG-Chef Gerhard Niesslein hat kürzlich in einem Interview erklärt, dass die Kombination aus internationalen IFRS-Bilanzregeln und Eigenkapitalvorschriften nach Basel II den Immobilienmarkt bedrohe. Niesslein sieht insbesondere das IFRS-Regelungswerk als „gefährlichen Brandbeschleuniger“ und forderte [Ä]nderungen an den IFRS-Regeln. So müsse es möglich sein, zu einer Bewertung nach Anschaffungskosten zu wechseln. Auch der neue CFO Schäfers stellte die Marktbewertung von Immobilien und die prozyklische Marktbewertung für Immobilien infrage. Nach seiner Meinung sei der Markt zusammengebrochen und die Vergleichbarkeit fragwürdig. Was die Vorstände allerdings bei dieser Diskussion vergessen ist, dass sie in den guten Zeiten den Wert ihrer Objekte in den Bilanzen hochschreiben konnten. Um Vertrauen bei Anlegern zu schaffen, muss das Management gerade bei der Darstellung der ermittelten Fair Values größtmögliche Transparenz beweisen. Bei den meisten deutschen Immobilienunternehmen – dazu gehört auch die IVG – ist dies aber nicht der Fall. Da Investoren nicht in der Lage sind, die Risiken von Immobilienportfolien richtig einzuschätzen, muss das Unternehmen insbesondere in Krisenzeiten die Risiken für alle Marktteilnehmer transparent machen, auch wenn dies zu einer hohen Volatilität der Ergebnisse führt.

Nach einem geschätzten Verlust im Jahr 2008 von etwa 200 Mio. Euro dürfte das Minus im laufenden Jahr wegen der zu erwartenden Wertkorrekturen deutlich höher ausfallen.

Ungeachtet dessen wird sich das Management der IVG aufgrund der in 2009 auslaufenden Kreditlinien in Höhe von 1,2 Mrd. Euro und des voraussichtlichen Investitionsvolumens im Geschäftsbereich Development von ca. 500 Mio. Euro mächtig ins Zeug legen müssen, um die Ausgangslage zu verbessern, was um so wichtiger wird, je länger die Finanzmarktkrise und damit verbunden ein geringes Transaktionsvolumen auf den Immobilienmärkten anhält. Oberste Priorität für den neuen Vorstandsvorsitzenden Niesslein dürfte es sein, die Banken für die Verlängerung der auslaufenden Kreditlinien zu gewinnen. Der IVG Immobilien dürfte es dabei meiner Meinung nach in die Karten spielen, dass wahrscheinlich kein Bankenkonsortium ernsthaft ein Interesse daran haben dürfte einem solch schwergewichtigen Player im deutschen Immobilienmarkt lebensnotwendige Kreditlinien zu verweigern. Eine gewichtige Rolle kommt dabei sicherlich Sal. Oppenheim zu, die ihre Beteiligung an der IVG kürzlich auf 20 % aufgestockt hat. Der Großaktionär und auch der Aufsichtsrat ist gut beraten, dass Geschäftsmodell der Gesellschaft stärker zu hinterfragen.

Es ist davon auszugehen, dass der Markt vor allem in diesem Jahr zwischen risikobehafteten Gesellschaften und solchen, die über nachhaltige und solide finanzierte Geschäftsmodelle verfügen, stärker unterscheiden wird. Bei genauer Betrachtung der börsennotierten Gesellschaften gibt es durchaus eine Reihe von Immobilienunternehmen die aufgrund ihres tragfähigen Geschäftsmodells optimistisch in die Zukunft blicken könnten. Ob die IVG dazu gehören wird, bleibt abzuwarten.

Denn ob das vom Management erhoffte Comeback gelingen wird, hängt nicht nur von der künftigen operativen Performance, sondern auch von ihrer Fähigkeit ab, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Themen: Immobilienrating | Kommentare deaktiviert für Gelingt der IVG in 2009 das Comeback?

Kommentare geschlossen.