« Fiskalpolitik unter Trump | Home | Deutschland mit spekulativen Risiken »
Glück im Unglück: Warum das Scheitern der FDP an der 5%-Hürde ein Segen sein könnte
Von Dr. Oliver Everling | 5.März 2025
Das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl 2025 bedeutet für die FDP auf den ersten Blick eine katastrophale Niederlage. Schließlich hatte sie in der vergangenen Legislaturperiode als Juniorpartner in der Ampelkoalition erheblich an Zustimmung verloren und konnte sich aus diesem Abwärtstrend nicht mehr befreien. Doch betrachtet man die politischen und wirtschaftlichen Realitäten der neuen Legislaturperiode, zeigt sich, dass die FDP mit diesem Rückschlag womöglich einem noch größeren Desaster entgangen ist.
Hätte die FDP die parlamentarische Hürde genommen, wäre sie womöglich erneut als potenzieller Koalitionspartner in einer sogenannten Deutschland-Koalition mit CDU und SPD in die Regierungsverantwortung geraten. Doch während die FDP insbesondere in der Ampelregierung mit Nachdruck auf der Einhaltung der Schuldenbremse bestanden hatte, zeigen sich nun gravierende Verschiebungen in der Finanzpolitik der CDU. Während Friedrich Merz im Wahlkampf noch eine strikte Haushaltsdisziplin versprach, deutet sich nun an, dass eine unionsgeführte Bundesregierung bereit ist, höhere Schulden aufzunehmen, als es selbst die Ampelkoalition in ihren letzten Zügen noch vorhatte. Damit wäre die FDP in einer Zwickmühle gewesen: Einerseits hätte sie ihr wirtschaftsliberales Profil bewahren und weiterhin für fiskalische Stabilität kämpfen müssen, andererseits hätte sie gegen zwei weitaus größere Koalitionspartner agieren müssen, die keinerlei Interesse mehr an einer harten Haushaltsdisziplin zeigen.
Dieser Umstand hätte nicht nur das politische Gewicht der FDP in einer Koalition minimiert, sondern sie auch zum Sündenbock für eine unausweichliche Regierungskrise gemacht. Wäre sie in der Regierung, hätte sie entweder als machtloser Mahner das Nachsehen oder als kompromissbereiter Partner ihre Glaubwürdigkeit vollends eingebüßt. In beiden Fällen wäre der langfristige Schaden für die Partei enorm gewesen. So aber hat sie nun die Chance, sich in der Opposition zu regenerieren und sich für künftige Wahlen wieder als glaubwürdige Kraft für solide Finanzen und wirtschaftlichen Sachverstand zu positionieren.
Die Implikationen der neuen Finanzpolitik der Deutschland-Koalition sind jedoch weitreichender als nur parteitaktische Überlegungen. Die wahrscheinliche Aufweichung der Schuldenbremse wird sich unmittelbar auf die Kreditratings des Bundes und der Länder auswirken. Deutschland genießt bislang eine herausragende Bonität, was niedrige Zinsen auf Staatsanleihen sichert. Sollten CDU und SPD jedoch eine signifikante Neuverschuldung einleiten, könnten Ratingagenturen dies als Indikator für eine instabile Haushaltsführung werten. Besonders kritisch wäre dies für einige Bundesländer, die bereits jetzt mit angespannten Haushalten kämpfen. Steigende Zinsen auf Anleihen könnten insbesondere die Finanzlage wirtschaftlich schwächerer Länder weiter verschlechtern. Dies würde nicht nur die Refinanzierungskosten erhöhen, sondern auch Investitionsspielräume einschränken, was wiederum Wachstumsprognosen dämpfen könnte.
Der Fall der FDP unter die Fünf-Prozent-Hürde könnte sich also im Nachhinein als Glück im Unglück erweisen. Die Partei bleibt von der erdrückenden Verantwortung einer realitätsfernen Koalition verschont und kann ihre Oppositionsrolle nutzen, um ihre Positionen wieder klarer zu definieren. Gleichzeitig steht Deutschland vor einer wirtschaftspolitischen Weichenstellung, die das Finanzsystem langfristig belasten könnte. Ob die neue Bundesregierung einen nachhaltigen Kurs zwischen notwendigen Investitionen und fiskalischer Stabilität findet, bleibt abzuwarten – fest steht jedoch, dass die FDP nicht mehr für dessen mögliche Fehlentwicklungen mitverantwortlich gemacht werden kann.
Themen: Länderrating | Kommentare deaktiviert für Glück im Unglück: Warum das Scheitern der FDP an der 5%-Hürde ein Segen sein könnte
Kommentare geschlossen.