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Hat Blessing sein Pulver verschossen?
Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 8.August 2013
Die Commerzbank hat im zweiten Quartal ein operatives Ergebnis von 78 Mio. Euro erzielt, das ist zwar besser als im Vorquartal, wo die Bank ein Minus von 27 Mio. Euro auswies, aber bedeutend schlechter als im Vorjahreszeitraum: Hier generierte das gelbe Institut ein Ergebnis 347 Mio. Euro. Im ersten Halbjahr hat sich das Ergebnis bedingt durch die Nettozuführung zur Risikovorsorge im Kreditgeschäft (plus 30,5% auf 804 Mio. Euro) gegenüber dem Vorjahreszeitraum mit 547 Mio. Euro fast halbiert. Unterm Strich blieb ein Verlust von 51 Mio. Euro, deutlich schlechter als im Vorjahr, wo ein Gewinn von 625 Mio. Euro anfiel.
Wenn man zudem die Ergebnisse vergleichbarer Wettbewerber in Europa hinzuzieht, dann wird ersichtlich, wie schlecht die Commerzbank operativ dasteht. Ganz zu schweigen von der strategischen Positionierung, hier ist derzeit immer noch keine nachhaltige Geschäftsstrategie festzustellen. Zu oft wurde diese verworfen und Prognosen nicht eingehalten. Nun schreibt das Management um den angeschlagenen CEO Martin Blessing zum wiederholten Mal, dass die Bank das zweite Halbjahr 2013 dazu nutzen werde, die strategische Agenda weiter konsequent umzusetzen. So sollen Investitionen zur Steigerung der Ertragskraft durch das strikte Kostenmanagement finanziert werden. Hier drängt sich allerdings die Frage auf, ob man mit striktem Kostenmanagement allein auf der operativen Ebene vorankommt. Es spricht vieles dafür, dass auch dieser Strategieschwenk nicht die erhofften Effizienzsteigerungen bringen wird, denn steigende Erträge und weiteres Wachstum sind nicht nur über sinkende Kosten, sondern vielmehr über Marktanteilsgewinne zu erzielen.
So will die Commerzbank, die in ihren gut 1.200 Filialen zuletzt kaum noch Geld verdiente, bis 2015 im Privatkundengeschäft 1.800 Vollzeitstellen streichen. Daneben hat das kriselnde Institut erhebliche Umbau- und Kostensenkungsmaßnahmen angedeutet, wobei die Axt vor allem im Privatkundengeschäft angelegt werden soll. Dass nunmehr angeblich zwei Vorstände im ohnehin überdimensionierten Vorstand ihren Job verlieren sollen, ist nur reine Symbolik. Blessing hat nicht nur die Arbeitnehmer, sondern zu oft auch die Anteilseigner enttäuscht und ist mehr durch Missmanagement als durch Weitsicht aufgefallen. Falls der Vorstand abgespeckt werden soll, sollte Blessing nicht vergessen, sich selbst zu eliminieren und von Board gehen, denn dieser Manager hat sein Pulver längst verschossen.
Positiv ist immerhin anzumerken, dass im Segment Privatkunden im ersten Halbjahr 2013 rund 100.000 Kunden hinzugewonnen wurden. Gleichwohl blieb in diesem Zeitraum nur ein mickriges operatives Ergebnis von 123 Mio. Euro übrig. Noch düsterer als im Retailbanking sieht es bei der Mittelstandsbank aus, wo das operative Ergebnis mit 542 Mio. deutlich hinter dem des Vorjahres bei 874 Mio. Euro zurückging. Einziger Lichtblick war das Segment Corporates & Markets: Dank des guten Kapitalmarktumfelds und der der Marktbewertung eigener Verbindlichkeiten erhöhte sich der operative Gewinn von 77 Mio. Euro im Vorjahr auf 524 Mio. Euro.
Auch der Ausblick ist angesichts der Lasten, die das Institut mit sich rumschleppt, alles andere als verheißungsvoll. So stieg die Risikovorsorge infolge des beschleunigten Portfolioabbaus im Segment Non-Core Assets (NCA) – dort schlummert noch ein Exposure (inkl. Problemkredite) von 124 Mrd. Euro (CRE 40 Mrd. EUR, Shipping 12 Mrd. Euro) in der Kernbank. Der operative Verlust im Segment NCA betrug 473 Mio. Euro. Das Problem hierbei ist, dass die Verluste im NCA-Segment bis 2016 anhalten dürften.
Während die Kapitalquote gemäß den Basel III-Übergangsregeln mit 10,3% ganz ordentlich ist, ist das Leverage Ratio mit 4,0% zu hoch, wohl wissend, dass der Baseler Ausschuss eine Verschuldungsquote von nicht höher als 3 % vorsieht. Dazu passt, dass die Bilanzsumme lediglich um 5% auf 637 Mrd. Euro reduziert wurde und die Aufwandsquote mit 71,7% im internationalen Vergleich nach wie vor zu hoch ist. Da die Bank weiterhin mit einer strukturellen operativen Schwäche zu kämpfen hat, dürfte der Gewinnausblick weiter volatil und schwer einschätzbar bleiben. Hinzu kommt, dass ein weiterer Kapitalverzehr durch noch anfallende Verluste nicht ausgeschlossen werden kann. Insofern ist es nicht nachvollziehen, warum die Börse die Zahlen zeitweilig mit einem Kursplus von 13 % auf 7,49 Euro quittierte.
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