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Jede Planung ist falsch

Von Dr. Oliver Everling | 28.August 2008

Kernstück jeder zukunftsorientierten Unternehmensbewertung ist die Prognose der in der Zukunft erzielbaren finanziellen Überschüsse. Die Planung soll mehrere Jahre umfassen. Planung und Prognose von Zukunftsdaten fallen umso leichter je näher zum Bewertungsstichtag die Planungszeiträume liegen. Die Planung erfolgt daher in mehreren Phasen. „Für Zwecke einer Plausibilitätsüberprüfung sind auch die finanziellen Ergebnisse in der näheren Vergangenheit und jene zum Stichtag der Bewertung zu betrachten“, stellt Dr. Werner Albeseder klar, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Unternehmensberater, geschäftsführender Gesellschafter der Prime Communication & Corporate Finance – Consulting GmbH, Wien (www.prime.co.at).

Zukunftsergebnisse zu planen bzw. die in der Zukunft erzielbaren Überschüsse zu prognostizieren stellt stets eine große Herausforderung dar. „Planung bedeutet, den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen“ lautet ein oft zitierter Spruch, der wahlweise Winston Churchill oder Peter Ustinov zugeschrieben wird. Albeseder: „Und tatsächlich ist praktisch jede Planung, gemessen an der später eintretenden Wirklichkeit, falsch. Die Frage ist nur, wie falsch. Damit wird aber ein Grundproblem der Unternehmensbewertung angesprochen.“ Bewertungen beruhen heutzutage durchgängig auf Plandaten. Wie gesagt, sind alle Planungen falsch. „Sind folglich auch alle Bewertungen falsch? Gemessen an der späteren Wirklichkeit, ist dies wohl zu bejahen“, sagt Albeseder. Im übrigen gibt es auch nicht nur eine mögliche Darstellung der Wirklichkeit, weil Bilanzierungs- und Bewertungsregeln Spielräume offen lassen, die individuell genutzt werden. Nicht einmal ein Messen an der sogenannten späteren Wirklichkeit liefert daher verlässliche Ergebnisse über das Zutreffen der Planannahmen. Albeseder: „Sind Unternehmensbewertungen also sinnlose Übungen?“

Trotz der kritischen Anmerkungen sind Unternehmensbewertungen dennoch sinnvoll, argumentiert Albeseder, und auch vom wissenschaftlichen Standpunkt her vertretbar. Das Ergebnis einer Bewertung darf jedoch nicht als einzig mögliche Sichtweise verstanden werden. Es ist stets zu definieren, welchem Zweck eine Bewertung dient, von welchem Szenario bei der Planung der Zukunftsergebnisse ausgegangen wurde, welche Methode angewendet und welche Parameter dabei angesetzt wurden. Albeseder: „Ganz entscheidend ist die kritische Beurteilung der vom Unternehmen vorgenommenen Planungen durch den Sachverständigen, der die Bewertung vornimmt.“

Es liegt in der Natur der Sache, dass Planungen umso leichter möglich sind, je näher zum Bewertungsstichtag sich die Planungsperiode befindet. Meistens wird die Planung in zwei Phasen vorgenommen, berichtet Albeseder. Die erste Phase umfasst die unmittelbar auf den Bewertungsstichtag folgenden drei bis fünf Jahre. Für diesen Zeitraum stehen meist mehr oder minder detaillierte Planungsrechnungen zur Verfügung. „Kritisch anzumerken ist freilich, dass die Schnelllebigkeit unserer Zeit jede Planung problematisch erscheinen lässt, wie sich etwa bei den Internetunternehmen der Jahre 1999 und 2000 besonders anschaulich gezeigt hat“, so Albeseder. Für die Planungsjahre in der zweiten Phase (d.h. für Jahre nach dem dritten oder fünften Jahr) würden üblicherweise mehr oder minder pauschale Fortschreibungen der Detailplanungen der ersten Phase vorgenommen. Albeseder: „Der Irrtum der Planung in der ersten Phase wird also durch die Fortschreibung zum Prinzip erhoben.“

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