« | Home | »

Jens Tolckmitt warnt: Immobilienmarkt und Zinswende als Prüfsteine

Von Dr. Oliver Everling | 18.März 2024

Auf der Handelsblatt Jahrestagung Bankenaufsicht 2024 hat Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VdK), deutliche Worte gefunden. Die Bankenregulierung sei administrativ kaum noch zu beherrschen, ein Problem, das auch seine Vorrednerinnen und Vorredner auf der Tagung thematisierten. Doch Tolckmitt lenkte die Aufmerksamkeit insbesondere auf die Entwicklungen am Immobilienmarkt, die für die Bankenbranche von entscheidender Bedeutung sind.

Er prognostiziert eine mögliche Stabilisierung der Preise auf dem Wohnimmobilienmarkt ab dem Sommer, während er bei den Gewerbeimmobilienpreisen keine Beruhigung vor Ende des Jahres erwartet. Angesichts dieser Situation könnten Banken gezwungen sein, ihre Risikovorsorge weiter zu erhöhen. Die Entwicklung des Immobilienmarktes sei maßgeblich vom Handeln der Europäischen Zentralbank (EZB) abhängig, deren Zinswende laut Tolckmitt viel zu spät erfolgt sei und eine unvermeidlich hohe geldpolitische Dynamik nach sich zog.

Die EZB und politische Akteure scheinen von den Folgen ihrer Zinspolitik auf die Immobilienmärkte überrascht worden zu sein – eine Tatsache, die Tolckmitt mit einiger Verwunderung zur Kenntnis nimmt.“Es überrascht etwas, dass politische Akteure, aber auch Institutionen wie die EZB das offenbar überrascht.“

Er stellt die Frage nach den richtigen Implikationen für die Bankenregulierung, die Regulierungsbehörden und die Politik. „Wir haben die Corona-Krise und andere Krisen bei stabilen Banken bewältigt“, betont Tolckmitt und fordert, dass sich die Bankenregulierung anderen Bereichen des Finanzsystems zuwenden solle, in die das traditionelle Bankgeschäft aufgrund einseitiger Regulierung zunehmend abwandert. Niemand wisse genau, was Schattenbanken sind. „Politik und Regulieren gehen den Weg, einfach weiter zu regulieren.“

Besonders kritisch sieht Tolckmitt die erhöhten Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung und die Einführung makroprudenzieller Kapitalpuffer für Klima- und Umweltrisiken, die er sachlich nicht gerechtfertigt findet. Er hebt hervor, dass seit 1988 insgesamt 5077 Regeln zur Bankenregulierung auf 50077 Seiten veröffentlicht wurden, allein für Basel III 4001 Regeln. Tolckmitt kritisiert, dass es 15 Jahre Dauerregulierung ohne nennenswerte Wirkungsprüfung gegeben hat, und mahnt zu mehr Besonnenheit und Effektivität in der regulatorischen Praxis.

Diese Aussagen werfen ein Schlaglicht auf die Spannungsfelder, in denen sich die Bankenregulierung derzeit bewegt: zwischen dem Bestreben, das Finanzsystem stabil und sicher zu halten, und der Notwendigkeit, Innovation nicht zu behindern und das Wachstum nicht zu gefährden. Die Debatte um die richtige Balance zwischen Regulierung und Freiraum für die Finanzindustrie dürfte in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.

Themen: Bankenrating, Immobilienrating | Kommentare deaktiviert für Jens Tolckmitt warnt: Immobilienmarkt und Zinswende als Prüfsteine

Kommentare geschlossen.