« INCRA und/oder Europäische Ratingagentur? | Home | Zum Eurobörsentag eine neue Anleihe »
Jürgen Fitschen schickt Unternehmen an die Börse
Von Dr. Oliver Everling | 28.Juni 2012
„Die Unternehmen der Realwirtschaft haben ihre Hausaufgaben gemacht, ihre Bilanzen in Ordnung gebracht“, sagt Ernst Padberg, Verleger und Herausgeber der Börsen-Zeitung auf dem Eurobörsentag 2012, der dem Thema der Unternehmensfinanzierung gewidmet ist. Padberg deutet jedoch an, welche Aufgaben noch von der Politik mit Blick auf die Staatsschulden zu bewältigen sind.
Die Rahmenbedingungen sind attraktiv, die Voraussetzungen sind gut für ein effektives Aufbauspiel aus der Abwehr her, sagt Padberg metaphorisch vor dem Hintergrund der aktuellen Fußballspiele. „Reformieren statt Abkassieren“, so müsse die Devise lauten. Wer vom Reformkurs abkomme, stelle sein Land oder sich selbst ins Abseits. „Weniger Doping in Form von Subventionen oder Schutz von Monopolen“, warnt Padberg und fordert nachhaltige Werteorientierung. „Was zählt, ist das Team. Nicht nur im Fußball, sondern auch in Politik, Wirtschaft und Finanz gelte, nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Leistung allein genüge nicht, sondern man müsse auch jemanden finden, der sie anerkennt.“
Viel zu spät sei in Deutschland erkannt worden, wie wichtig die Bildung von Eigenkapital für die Unternehmen ist, sagt Jürgen Fitschen, Co-Vorstitzender des Vorstands und des Group Executive Committee, Deutsche Bank AG. 1988 stand der erste Versuch vor der Tür, das Kreditgeschäft der Banken mit Eigenkapital zu unterlegen. 1999 wurde mit Basel II der Gedanke fortgeführt, dies differenzierter zu tun.
„Ich wage es nicht vorherzusagen, wann wir wieder normale Zeiten haben werden“, mahnt Fitschen zur Vorsicht bei der Einschätzung der aktuellen Finanzkrise. In jedem Fall aber werde sich das Verhältnis zwischen Banken und Unternehmen verändern. Es sei zwar schon oft vorhergesagt worden und manche hätten mit ihren Prognosen nicht recht behalten, heute stehe aber könne einer stärkeren Kapitalmarktorientierung der Unternehmen nicht mehr ausgewichen werden.
Fitschen sieht Ursachen der Krise darin, dass alte Tugenden über Bord geworfen wurden und zu sehr mathematischen Modellen der Vorzug gegeben wurde. Zurzeit werde aber eine ganze Reihe von Faktoren gleichzeitig bewegt, über deren Zusammenwirken man wenig wisse. Fitschen zeigt auf, welche Maßnahmen man schon heute einzuschätzen wisse. „Das Regelwerk verlangt von uns zu schrumpfen. Die Unternehmen und Staaten sind zu hoch verschuldet. Also müssen wir uns einschränken“, sagt Fitschen.
„Es geht nicht ohne Schmerzen. Das gilt auch für die Banken. Wenn wir das Klassenziel erreichen wollen, gibt es nur drei Möglichkeiten: Das direkt Schrumpfen, indem wir die Assets abbauden.“ Es wäre aber falsch, so Fitschen, einfach nur Kredite zu kürzen. Es sei daher nicht erstaunlich, dass das Kreditvolumen in Deutschland und auch in Europa weiter gewachsen sei. Schrumpfen bedeute nicht, weniger Kredite zu geben. Aber indirekt könne es durchaus Konsequenzen geben. Fitschen nennt Swap-Geschäfte als Beispiel.
Eine Erfindung, die eigentlich nur Gutes im Sinn hatte, das ist der Verbriefungsmechanismus, der die Verbindugn zwischen dem Bankrredit und dem Kapitalmarkt herstellen sollte, sei inzwischen eher verbrannt. „Viele haben nicht gemerkt, wie wir letztes Jahr im Oktober/November wieder einmal nahe am Abgrund waren. Eine Sorge, dass es in Europa nicht zum besten bestellt sei, habe damals zu einem radikalen Rückzug geführt.
Angesichts der Kapitalknappheit würden Banken inzwischen wieder alte Instrumente wie Akkreditive einsetzen. Darin sei kein Misstrauensbeweis, sondern nur der Versuch z.B. spanischer Banken zu sehen, Eigenkapital zu schonen. Ansonsten sieht Fitschen auch eine Rückkehr zu nationaler Ausrichtung.
Ohne die Commerzbank zu erwähnen, unterstreicht Fitschen, dass man auch in Zukunft damit rechnen müsse, dass sich manche Banken ganz aus bestimmten Geschäftsfeldern verabschieden. Wenn das Knowhow nach Singapore oder Hongkong verschwunden sei, sei es kaum erstaunlich, dass sich auch das Bankgeschäft zum Beispiel für die Werften nach Asien verlagere.
Fitschen sieht nach wie vor große Vorteile gegenüber anderen Alternativen für den Bankkredit. Die Frage sei aber, ob er ausreichend zur Verfügung stehen werde. Wachstum gehe damit einher, bei Banken genügend Kapital zu bilden. „Insofern ist es klug, dass die Unternehmen sich ab einer bestimmten Größenordnung bemühen, einen besseren Finanzierungsmix hinzubekommen.“ Hier sei Hausarbeit von jedem CFO zu leisten. Fitschen tritt der irrigen Vorstellung entgegen, die Bank müsse ein Interesse an einer Abhängigkeit des Kunden von seiner Bank haben. „Wir wollen das nicht“, macht Fitschen unmissverständlich klar, denn die Bank fühle sich viel wohler, wenn auch der Kunden noch über alternative Finanzierungsquellen verfüge.
Damit leitet Fitschen auf die Bedeutung des Börsentags über: Neben dem Bankkredit müssen Unternehmen weitere Finanzierungsquellen suchen. Dazu gehöre auch die Börse mit ihren Möglichkeiten. Fitschen sieht bei den Unternehmen eine zunehmende Bereitschaft, sich auf den Märkten und geeigneten Plattformen wie der Börse zu öffnen.
Themen: Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Jürgen Fitschen schickt Unternehmen an die Börse
Kommentare geschlossen.