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Keine Beratung – keine Beratungsprotokolle

Von Dr. Oliver Everling | 20.April 2013

„Manche Finanzdienstleister der neuen Generation sind sich vielleicht nicht bewusst, dass sie nicht bloß eine Plattform im Internet betreiben, sondern möglicherweise eine Art ‚Geschlossener Fonds‘. Da sich bisher keine Anleger melden, wird man möglicherweise erst später wissen, wie die Dienstelstungen zu beurteilen sind“, sagt Björn Sänger, Mitglied des Deutschen Bundestages und dessen Finanzausschusses, auf dem Seminar „New Finance Generation“ in Gummersbach. Die Veranstaltung findet im Hause der Theodor-Heuss-Akademie der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit statt.

Sänger stellt auf das Phänomen ab, dass ein möglicher Anlegerschaden oft erst nach Jahren zeigt. Es liegt im Wesen neuer Geschäftsmodelle, dass es zu diesen wenig Erfahrung gibt. Jeder Nutzer neuer Finanzdienstleistungen muss sich daher selbst ein Urteil bilden, ob die angebotenen Leistungen seinen Erwartungen entsprechen werden.

Björn Sänger diskutiert unter Moderation von Christoph Pape von der Christoph Pape & Partner KG mit Dr. Herbert Walter, ehemals Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank, Dr. Ralf-Joachim Gtz, Chefvolkswirt der DVFA Deutsche Vermögensveratung AG, Marc Bernegger aus der Geschäftsleitung der Next Generation Finance Invest AG aus Zug, Schweiz, sowie Marc Mielmann, Schweiz.

„Dass die Regulierung in ihrer kumulativen Wirkung einiges behindert, ist klar und muss glattgezogen werden“, sagt Sänger auf die Frage, was durch die Regulierung auf Finanzdienstleister zukommt. „Am Ende des Tages kann man das, was man für den Verbraucherschutz getan hat, um das Verhältnis von Kunden zum (Finanz-)Berater zu regeln, in die Tonne treten, wenn der Kunde gar nicht mehr mit einem Berater spricht, sondern selbst im Internet agiert. Die häufigste Lüge ist doch die, auf die Frage. Haben Sie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden? Ja!“ Sänger zeigt die Herausforderungen auf, die durch Finanzdienstleister der neuen Generation entstehen.

Götz weist darauf hin, dass die IT bei vielen Finanzdienstleistern bereits mit der Umsetzung zwingender gesetzlicher Vorgaben befasst sei.“Die Bereitschaft des Deutschen, bevor er etwas tut, bereits Geld auf den Tisch zu legen, ist nicht sonderlich ausgeprägt“, sagt Sänger mit Blick auf die Honorarberatung. „Der Kunde zahlt doch nicht 100 € für Beratung, um anschließend eine Versicherung für 75 € im Jahr abzuschließen.“Der Kunde könne auch nicht einschätzen, ob der Berater für seinen Rat eine Stunde oder fünf Stunden benötige und die Abrechnung der Stunden gerechtfertigt ist.

„Die Honorarberatung wird nicht den durchschlagenden Erfolg bringen können, den die linke Seite sich davon erhofft“, stellt Sänger nüchtern fest. Götz fügt hinzu, dass es schon heute Honorarberatung gibt – ein Promille der Vermittler. „Es könnten ja viel mehr sein, wenn Kunden das nachfragen würden. Es hat sich offenbar nicht durchgesetzt.“ Es gebe insbesondere auch keinen systematischen Grund, dass die Honorarberatung besser sein würde. Auf dem Lande werde man sich zudem bedanken, wenn der Honorarberater dann erst einmal 150 € Anfahrtkosten abrechne.

Walter prophezeit, dass es die heutigen, verklausulierten Preismodelle nicht mehr im Jahre 2020 geben werde. „Es ist doch unmöglich, dass wir in Europa nach allen Untersuchungen mit die niedrigsten Zufriedenheitswerte von Kunden mit ihren Banken haben. Das wird so nicht bleiben.“ Je mehr Banken beim Retailkunden nichts mehr verdiene, desto mehr werde die Situation auch zum Thema für die Politik werden.

Walter zeigt auf, wie Krise, Krise, Krise es für private Anleger ungeheuer schwierig mache, die richtigen Entscheidungen zu treffen. So müsse doch befürchtet werden, dass die Politik nachziehen werde, wenn Sparer ihr Vermögen auf verschiedene Konten und Banken verteilen, um nicht an die Grenzen der Einlagensicherung zu stoßen, und die Politik eines Tages die Einlagensicherung weiter zurückdrehe. „Die Sicherheit der Einlagen wird uns auch erreichen. Das Geld einfach liegenzulassen, ist eigentlich das Unsicherste. Man muss unbedingt versuchen, Geld in irgendwelche Strukturen zu bringen, Fonds oder andere Investments.“ Walter warnt vor der Vorstellung, die Sicherheit sei für alle Banken in Europa wiederhergesetllt.

„Mir macht der Vertrauensverlust sorge. Ich habe auch kein Interesse, Wahlkampf gegen Banken zu machen. Aber am Libor war die Politik nicht beteiligt, Am Zertifikatehandel war die Politik nicht beteiligt.“ Sänger weist auf die Hausaufgaben hin, die von Banken zu leisten sind, um Vertrauen wiederherzustellen.

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