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Krankenversicherte stimmen mit den Füßen ab

Von Dr. Oliver Everling | 27.Januar 2010

Knapp ein Drittel der gesetzlich Krankenversicherten ist bei Erhebung von acht Euro Zusatzbeitrag wechselbereit. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Umfrage der Kölner ASSEKURATA Assekuranz Rating Agentur GmbH unter 1072 gesetzlich Krankenversicherten. Demnach würden 29,9 % der Befragten ab einem monatlichen Zusatzbeitrag von acht Euro die Krankenkasse wechseln.

Mit der DAK hat heute erstmals eine große gesetzliche Krankenkasse verkündet, einen Zusatzbeitrag von monatlich acht Euro pro Mitglied zu erheben. Mehr als 20 Kassen haben einen Zusatzbeitrag für 2010 nicht gänzlich ausgeschlossen. Damit rückt das Thema Beitragsunterschiede zwischen den Kassen wieder stärker in den Fokus. „Dies dürfte zu Lasten des angestrebten Qualitätswettbewerbs gehen“ befürchtet Guido Leber.

Die Kassen, die einen Zusatzbeitrag erheben, riskieren, dass ihre Versicherten zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Assekurata befragte dazu online 1.072 gesetzlich Versicherte: „Ab welchem monatlichen Zusatzbeitrag würden Sie die Mitgliedschaft bei Ihrer Krankenkasse kündigen und zu einem günstigeren Krankenversicherer wechseln?“ 29,9 % gaben dabei an, bereits ab acht Euro wechseln zu wollen. Die Auswahl der Befragten repräsentiert die Altersverteilung der deutschen Bevölkerung.

„Dabei entlastet ein Zusatzbeitrag in Höhe von acht Euro pro Mitglied eine Kasse wirtschaftlich nur sehr eingeschränkt“, gibt Guido Leber zu bedenken. „Nach Gesprächen mit einigen gesetzlichen Kassen vermuten wir, dass gut ein Drittel dieses Zusatzbeitrags dem Verwaltungsakt des Beitragseinzugs zum Opfer fällt.“

Den gesetzlichen Kassen fehlen in diesem Jahr voraussichtlich fast acht Milliarden Euro. Die Hälfte davon will der Bund angesichts der Finanzkrise übernehmen. Bleibt eine Lücke von vier Milliarden. Angesichts der aktuellen Kostendynamik im Gesundheitswesen dürfte dieses Finanzloch selbst bei einer raschen Überwindung der widrigen wirtschaftlichen Verhältnisse eher größer werden.

Es ist daher davon auszugehen, dass ein Zusatzbeitrag von acht Euro nicht ausreicht. Dazu müssten fast alle Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Kasse gebeten werden. Erst dann kämen nämlich pro Jahr rund 4,8 Milliarden Euro zusammen. Zukünftig dürfte der Finanzierungsbedarf der Kassen eher noch ansteigen, so dass mittelfristig kaum eine Krankenkasse ohne den Zusatzbeitrag auskommen dürfte.

Muss eine Kasse mehr als acht Euro zusätzlich erheben, hat sie bei ihren Mitgliedern eine Einkommensprüfung vorzunehmen, wodurch sich der Verwaltungsaufwand deutlich erhöhen dürfte. „Dieser wird voraussichtlich bei sechs bis sieben Euro pro Mitglied liegen“, erklärt Assekurata-Geschäftsführer Dr. Christoph Sönnichsen. Aufgrund dieser Kosten ist davon auszugehen, dass die Kassen im zweiten Schritt von einem Durchschnittsverdiener bereits einen Zusatzbeitrag von ungefähr 20 Euro erheben müssen.

Ein Zusatzbeitrag in dieser Größenordnung ließe die Wechselbereitschaft der Kunden noch einmal ansteigen: 59,7 % wären dann willig zu wechseln. Steigt der Zusatzbeitrag sogar über 35 Euro, erhöht sich die Wechselbereitschaft auf über zwei Drittel (66,3 %). Lediglich jeder fünfte Versicherte (20,3 %) würde unabhängig von der Höhe des Zusatzbeitrages seiner Kasse treu bleiben. „Eine nähere Analyse zeigt, dass dies die Kunden sind, die generell die größte Loyalität an die jeweilige Krankenkasse aufweisen“, erläutert Dr. Christoph Sönnichsen. 13,3 % der Befragten sind noch unentschlossen. Angesichts der Wechselneigung ist nachvollziehbar, dass die Kassen das Finanzierungsmittel Zusatzbeitrag meiden. „Erhebliche Wanderungsbewegungen, die wiederum Kosten erzeugen und Verunsicherung mit sich bringen, sind nicht zu unterschätzen“, gibt Dr. Christoph Sönnichsen zu bedenken.

Kurzfristig dürften vor allem die Anbieter profitieren, die in 2010 keinen Zusatzbeitrag erheben werden. „Bei der Wahl der Kasse sollte aber nicht nur der Beitrag im Fokus stehen. Die angebotenen Serviceleistungen und Unterstützung im Krankheitsfall sind für die Kunden im Zweifelsfall wichtiger“, hebt Guido Leber hervor.

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