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Lehren aus der Finanzkrise fürs Rating
Von Dr. Oliver Everling | 23.November 2012
„Dass Ratingagenturen zu spät kommen oder krisenverschärfend wirken, davon kann maximal nur eines von beidem richtig sein“, sagt Axel Angermann aus der Geschäftsleitung der Feri EuroRating Services AG in einer Podiumsdiskussion mit Spitzen der deutschen Ratingbranche auf der Jahresversammlung des Bundesverbandes der Ratinganalysten und Ratingadvisor e.V. in Mainz. Prof. Dr. Ottmar Schneck, Dekan der European School of Business und langjährig Vorstandsmitglied des BdRA, moderierte die Diskussion.
Gefragt nach dem angeblichen Vorhaben der Politik in Europa, eine „Europäische Ratingagentur“ zu gründen, zerstreut Angermann die Hoffnung, dass es damit ernst gemeint sei. Eine Europäische Ratingagentur könne sich neben den bereits vorhandenen Anbietern ja praktisch nur dadurch profilieren, dass sie noch kritischer über die Verschuldungskrise der Staaten urteile. Daran könnten aber die betroffenen Politiker kein echtes Interesse haben. Eine Europäische Ratingagentur wäre praktisch gezwungen, den Finger noch weiter in die Wunde zu legen. Einer neuen Europäischen Ratingagentur gibt Angermann daher keine Hoffnung.
Wenn Ratingagenturen mit ihren Ratings „zu spät“ kommen, also zu spät herunterstufen, können sie Krisen nicht ausgelöst haben, denn dann ist die Krise bereits eingetreten. Wenn umgekehrt Ratingagenturen an der Krise „schuld“ sein sollen, dann müssten sie vor Eintritt der Krise heruntergestuft haben, also eher zu früh als zu spät agieren. Insbesondere in der aktuellen Verschuldungskrise in den Ländern der Eurozone kann das Länderrating der Agenturen nicht krisenverschärfend gewirkt haben.
Ralf Garrn, Geschäftsführer der Euler Hermes Rating GmbH aus Hamburg, will die Kritik an Ratingagenturen auf die Bereiche der Ratingbranche isoliert wissen, in denen den Ratingagenturen tatsächlich Versäumnisse vorzuwerfen waren. Diese lagen nicht in Deutschland, sondern in den strukturierten Finanzierungen und Verbriefungen aus den USA. Ratingagenturen in Deutschland hatten mit diesen Ratings nichts zu tun.
„Wir sind sehr froh, dass es die Ratingagenturen gibt“, sagt Prof. Dr. Rainer Kalwait, Mitglied des Vorstands der Risk Management Association e.V. Mit Blick auf die Kritik an den Ratingagenturen kommentiert Kalwait, dass schon in der Antike der Überbringer schlechter Nachrichten bestraft wurde. Kalwait weist allerdings darauf hin, dass das Bezahlsystem in Kritik gerate sei, nach dem Ratingagenturen Aufträge von den Emittenten und Banken entgegennehmen, die ein Interesse an guten Ratings haben.
Dieter Pape, Aufsichtsratsvorsitzender der URA Rating Agentur AG in München und erster ehemaliger Vorsitzender des BdRA, berichtet wie auch die Vertreter anderer Ratingagenturen von der Bedeutung der qualifizierten Ausbildung der Ratinganalysten. So wird auch bei der Ratingagentur in München die Qualifikation als Certified Rating Analyst gesucht.
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