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Lex Greensills Privatflugzeug verbindet
Von Dr. Oliver Everling | 15.April 2021
„Bis zum Jahr 2019 sei die größte Einnahmequelle der Bank nach dem Zinsergebnis die Leasinggebühren, die die Bank von der Muttergesellschaft für die Finanzierung der Privatflugzeuge des Firmengründers Lex Greensill erhielt“, zitiert Wirtschaftsredakteur Stephan Maaß von der „Welt“ aus den Kommentaren der Schweizer Independent Credit View AG (I-CV). Lex Greensill ließ sich demnach seine teuren Steckenpferde aus Bremen finanzieren.
Die Schwäche für ein aufwändiges Hobby, das Fliegen von Privatflugzeugen, hat der skandalumwitterte Lex Greensill mit dem Initiator des Berliner Geschäftsschemas gemeinsam, das die Erteilung eines Ratings A- für die Greensill Bank AG, also die Klassifizierung der Einlagen bei der Greensill Bank mit „Anlagequalität“ und damit die Milliardenverluste ermöglichte. Auch für den Kopf der „Scope Group“ ist das Fliegen eines privaten Flugzeugs die treibende Passion eines lange gepflegten Hobbys, das ihn mit Freunden verbindet.
Den Berliner Initiator der „Scope Group“ irritiert es bei der Wahl seines Hobbys dabei wenig, dass seine Unternehmungen Verluste machen – und zwar seit der Insolvenz 2002 der von ihm zuvor gegründeten „Fondscope AG“ in den letzten zwei Jahrzehnten. Falls es für ein Typo gehalten werden sollte: Jahrzehntelange Verluste, nicht jahrelange Verluste. Mit den „guten“ Ratings wird nur für wenige Beteiligte außerhalb der Agentur das Geld verdient; die handels- und steuerrechtlichen Verluste mindern die Abgabenbelastung und immunisieren das System. Kritische Fragen werden durch Prominente und altgediente Politiker ausgeblendet.
Maurice Thompson brachte als Aufsichtsratsvorsitzender die Greensill Bank nicht zum Fliegen. Nur ein gutes halbes Jahr nachdem die Greensill Bank noch mit A- von der Berliner Agentur beurteilt wurde, mussten insbesondere deutsche Kommunen – da nicht einlagengesichert – Millionenverluste hinnehmen und sogar selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Schadensersatz gegen die Scope Ratings GmbH oder sogar gegen den von der „Scope Group“ als „Ankerinvestor“ bezeichneten, kapitalmarktaktiven Milliardär durchzusetzen, wird durch ein Mehr-Schichten-Modell verhindert.
Maurice Thompson vertrat nicht nur die Aktionärsinteressen von Lex Greensill im Aufsichtsrat des in Havarie geratenen Bremer Kreditinstituts, sondern wurde sowohl als Aktionär, als auch als Beirat der Berliner Ratingagentur tätig.
Nach Bekanntwerden des Skandals wurde Maurice Thompons Bild, sein Name und seine Funktionen dank- und würdigungslos aus dem für eine Ratingagentur nicht nur in Europa, sondern sogar weltweit einmaligen, komplizierten System der „Scope Group“ gelöscht. Seitdem ist er in der „Scope Group“ weder im „Honorary Board“, „Board of Trustees“, „Advisory Board“, „Supervisory Board“, „Executive Board“, „Management Board“, „Rating Committee“ oder sonst unter den „Ambassadors“ mehr zu finden.
Während Maurice Thompson kommentarlos verschwand, bleibt es bisher beim Aufsichtsratsvorsitzenden der Scope SE & Co KGaA, Georg Graf Waldersee, der zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der in den Wirecard-Skandal verwickelten Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist. Hier wie dort führt er gegen hohe Vergütungen die „Aufsicht“ über jahrlange Verluste in mehrstelliger Millionenhöhe.
Die Agentur des Berliner Hobby-Fliegers, die „Scope Ratings GmbH“, erteilte erst 2019 ein Rating A- für die Greensill Bank und hielt es bis 17. September 2020 aufrecht – ein Rating gleichauf mit dem der namhaftesten deutschen Banken. „Ein Rating mit Geschmäckle“, wie die Börsen-Zeitung berichtete.
Die Zusammenhänge zu durchschauen, war bis kurz vor der Bankinsolvenz jedoch nicht so einfach, wie es manche Kommentatoren nun behaupten. Nach der EU-Verordnung über Ratingagenturen dürfen nur solche Unternehmen „Credit Ratings“ verbreiten, die zuvor eine Registrierung durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA erlangt haben. Die Greensill Bank hatte aber dafür gesorgt, dass nur die Ratingagentur aus Berlin, an der der Vertreter von Lex Greensill sowohl im Beirat als auch im Kreis der Gesellschafter saß, überhaupt ein Rating publizierte.
Nur ein Auftrag wie der der Stadt Münster in Westfalen, ein „privates Rating“ zu erstellen, konnte Geldanlegern die Widersprüche zur tatsächlichen Situation der Greensill Bank aufdecken. Durch das EU-weite Verbot der Veröffentlichung anderweitiger Meinungen und den mangelnden Auftrag der Greensill Bank an andere autorisierte Ratingagenturen, ein alternatives Urteil zu erstellen und zu veröffentlichen, konnten sich Anleger nur an dem Rating der Agentur des Berliner Hobbypiloten orientieren.
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