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Mehr Insolvenzen durch Ölpreisverfall?

Von Dr. Oliver Everling | 16.Mai 2018

Auch in Zeiten niedriger Preise sollen die Rohstoffmärkte Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten bieten, argumentiert Shawn Driscoll, Portfolio Manager, Global Natural Resources Equity Strategy. „Rohstoffinvestments bieten häufig einen effektiven Schutz gegen Inflation – und auch gegen Deflation“, so Driscoll. Historisch betrachtet verliefen die Performance von Rohstoffaktien etwas gegenläufig zur allgemeinen Entwicklung an den Aktienmärkten. Damit biete der Sektor Möglichkeiten zur Diversifizierung und wirke als Ausgleich zum schwachen Abschneiden der globalen Aktienmärkte. Aufgrund der negativen Korrelation mit dem Dollar könnten Rohstoffe zudem zur Währungsdiversifizierung genutzt werden. „Während bei einem starken Dollarkurs Rohstofftitel richtig zu kämpfen haben, tendieren sie bei einem schwachen Dollarkurs dazu, besonders gut zu performen“, so der Experte.

Auch wenn Rohstoffaktien laut Driscoll dem Gesamtaktienmarkt hinterherhinkten, könnten attraktive Anlageergebnisse erzielt werden. „Wir erwarten zwar nicht, dass der Energiesektor die globalen Aktienmärkte über einen längeren Zeitraum hinweg hinter sich lassen wird, aber wie vor kurzem gab es immer wieder Zeiten, während denen die Energiepreise und Energietitel aufgrund verschiedener Katalysatoren zulegten.“ Sogar zwischen 1986 und 1999 gab es signifikante Preissteigerungen, obwohl der Zeitraum für Rohstofftitel eher herausfordernd war. Aufgrund der möglichen Diversifizierungsvorteile sei eine gewisse Allokation in Rohstoffe im Portfolio daher sinnvoll.

Entgegen den Beobachtungen weiterer Marktteilnehmer geht Driscoll in Zukunft von sinkenden Preisen aus: „Trotz der zuletzt hohen Nachfrage befinden wir uns seit geraumer Zeit in einem Überangebot am Markt, befeuert durch den starken Anstieg der Fördermengen sowie der Produktivität der US-amerikanischen Schieferölförderung. Die Zahl der Explorationen und Bohrungen in den USA hat seit Mitte 2016 dramatisch zugenommen. Zudem setzt der aktuelle Ölpreis zusätzliche Anreize für weitere Bohrungen.“ Der Portfolio Manager erwartet, dass sich die Preise für US-amerikanisches Rohöl wie der Sorte West Texas Intermediate langfristig bei durchschnittlich 40 bis 50 US-Dollar pro Barrel einpendeln werden.

Für 2018 ist Driscolls Ausblick daher verhalten. Die Schätzungen für die US-Produktion seien zu niedrig. „Bei einer pauschalen Gewinnschwelle im Bereich von 50 US-Dollar je Barrel und weniger wird die für eine nachhaltige Erholung des Ölpreises notwendige Angebotsreduktion nicht einfach zu erreichen sein“, bekräftigt Driscoll. „Sobald die Ölpreise oberhalb des für die Produktion notwendigen Anreizpreises liegen, ist es sehr einfach, den Markt zu sättigen. Das Angebot nimmt zu, die Nachfrage geht zurück, und im nächsten Moment stehen wir bei einem Preis von 30 US-Dollar pro Barrel“, so Driscoll. Für dieses oder das kommende Jahr sei das eine greifbare Möglichkeit. Da sich die Technologien tiefgreifend geändert haben und Produzenten schnell preisgünstigen Nachschub herbeibringen, sei das die Zukunft des Öls, bekräftigt er. Der Portfolio Manager verweist zudem auf den zwanzigjährigen Bärenzyklus der 1980er bis 1990er-Jahre, dem das gegenwärtige Szenario für die Öl- und Rohstoffpreise stark ähnele. „Wie damals hängt die Entwicklung am Auftauchen kurzzyklischer, risikoarmer und nicht-OPEC-Produktion von nordamerikanischem Schieferöl. Und bislang wurden erst weniger als zehn Prozent des vorhandenen Öls gewonnen. Auch die Kostenkurve fällt auf globaler Ebene.“ Der zu erwartende Preisverfall könnte daher zu mehr Insolvenzen führen.

Themen: Rohstoffrating, Unternehmensrating | Kommentare deaktiviert für Mehr Insolvenzen durch Ölpreisverfall?

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