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Menschen bewerten und entwickeln?
Von Dr. Oliver Everling | 19.Februar 2021
„Der Mensch ist intelligent, er kann täuschen und lügen, vieles kopieren, alles instrumentalisieren und er kommuniziert bereits als Baby niemals ohne eine Absicht. Dabei ist ihm seine Absicht nicht immer bewusst. Während sich danach rein absichtsloses Handeln in Aktivitäten ausdrücken würde, die sich selbst genügen, könnten alle anderen, vom Menschen als Subjekt mit freiem Willen beabsichtigte Aktivitäten also durchaus einer Bewertung unterliegen.“ Das schreiben Andreas Fornefett, Gerd Rupprecht und Uwe J. Schacher im Buch „Social Credit Rating“ des Springer-Verlags.
Andreas Fornefett ist Senior Advisor der plenum AG, ein Beratungsunternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main. Er ist zudem Aufsichtsratsvorsitzender der i.EPC AG, Kelkheim. Seine Schwerpunkte liegen heute in der Komplexitäts- und Risikomanagementberatung. Fornefett besitzt langjährige Erfahrung in der Entwicklung von Modellen und verfügt, nach Ausbildung zum Kriminalkommissar und Rechts- und Volkswirtschaftsstudium in Göttingen, inzwischen auch über ein breites naturwissenschaftliches Bildungsspektrum.
Gerd Rupprecht ist Vorstand der i.EPC AG, Kelkheim. Er ist zudem Gründungspartner der Rupprecht & Partner Consulting mit heutigem Sitz in Leipzig und verfügt über langjährige Erfahrung in der Initiierung und Moderation von Veränderungsprozessen als kreativem Teamprozess in verschiedenen DAX-Unternehmen und Start-Ups. Nach Studium der Volks- und Betriebswirtschaft an den Universitäten Tübingen und Augsburg war er zunächst in der Markt- und Meinungsforschung sowie Marketingberatung der Young & Rubicam Group tätig.
Uwe J. Schacher ist freiberuflicher Markt- und Sozialforscher. Die Schwerpunkte seines Forschungs- und Entwicklungsunternehmens Schacher & Partner aus Oberursel im Taunus liegen in der Konzeption und Umsetzung von Befragungen, auch mittels eigens entwickelter Testverfahren und Tools, sowie in den Bereichen Polykontexturale Logik, Strukturgenese und Sentimentanalyse. Schacher studierte in Nürnberg Soziale Arbeit und in Frankfurt Soziologie, Psychologie und Erziehungswissenschaft.
Als Träger seiner Aktivitäten in Form von bewusstem oder unbewusstem Entscheiden und Handeln (Tun oder Unterlassen) ist der Mensch Sender und direkter oder indirekter Empfänger auch seiner eigenen Signale. „Will man Einfluss nehmen auf sein Verhalten und eine gewünschte soziale Entwicklung über Bewusstseins-, Einstellungs- oder Haltungskontrolle erreichen,“ schreiben die drei Autoren, „muss man ihn als Subjekt betrachten und behandeln. Das bedeutet unter anderem ihn so zu fragen, dass er sich fragt, sprich: dass er sein Wissen hinterfragt und Bewusstsein darüber erlangt. So kann er seine Einstellung und darüber auf längere Sicht seine Haltung nachhaltig ändern oder aber sich in seinem Denken und Handeln bestätigt fühlen. Nur mittels Vorgaben, Bewertungen, Strafen oder Belohnungen lässt sich sein vom freien Willen getragenes Verhalten weder gesichert steuern noch entwickeln.“
Jede Arithmetik, Logik, Methode, jedes Regelwerk, kurz: jede Moral, besitze einen jeweils definierten Geltungsbereich, innerhalb dessen richtige oder falsche Aussagen ‚existieren‘ bzw. gutes oder böses Verhalten, Glück oder Unglück, – aber eben nicht darüber hinaus. „Deshalb helfen Bewertungen im Rahmen nur eines Bezugssystems,“ folgern die drei Autoren, „wie eben nur einer Moral, in komplexen Welten für sich kaum weiter. Um einer ethischen Gesinnung des Einzelnen im Sinne des Hinterfragens diverser Moralen unterschiedlicher Bezugssysteme, denen er angehört, gerecht zu werden, ist es als Anspruchsteller an ein gewünschtes Verhalten notwendig, zunächst selbst in den verschiedenen Bezugssystemen zu denken. Denn jedes organisierte System besitzt oder folgt seiner eigenen, teils sehr speziellen Moral im Sinne eines Regelwerks und hält für seine Mitglieder gerne die passenden Antworten parat. Fragen dekonstruieren aber nicht etwa solche Antworten. Sie binden rück, indem sie uns eigene Antworten oder die von Anderen besser verstehen lassen. Dafür stellen Wissenschaft und Praxis verschiedene Methoden zur Disposition.“
Der Beitrag Andreas Fornefett, Gerd Rupprecht und Uwe J. Schacher im Buch „Social Credit Rating“ bietet hierfür einen neuen Denkansatz bzw. eine universell über Raum und Zeit gültige Methode für die Bewertung und Entwicklung einer Organisation, hoch integriert in deren Aufbau und Abläufen. Der Blick richtet sich dabei gerade nicht ausschließlich auf die Bewertung der Einhaltung spezieller Normen, Gebote, Gesetze etc. beispielsweise durch ein Social Credit Rating oder System.
„Ergänzend finden das strukturelle Niveau der moralisch-ethischen Urteilskompetenz sowie die ethische Gesinnung von Mitgliedern oder Mitarbeitern Berücksichtigung als auch eine mit dem jeweiligen Gruppen- oder Organisationsniveau abgestimmte Umgebung sowie deren Neigungen wiederum hinsichtlich ihrer Ziele und Werte. Die Abstimmung dieser verschiedenen Niveaus und Umgebungen bedarf eines besonderen Modells,“ zeigen die Autoren auf, „wie dem im Beitrag vorgestellten mehrdimensionalen System aus vier miteinander verknüpften Koordinatensystemen, das zugleich die Grundlage für eine wirksame Organisations- und Mitgliederentwicklung durch Maßnahmen bildet, die im Beitrag beispielhaft aufgezeigt werden.“
„Das Management von Risiken kommt danach eher ohne die sonst propagierten Maßnahmen aus,“ folgern die Autoren, „wie eine Erhöhung der Kontrolldichte, Sanktionsandrohungen oder die Verstärkung einer Anreizstruktur.“ Denn der Mensch sei nach Nietzsche das „nicht festgestellte Tier“. Gerade weil er sich neben sich selbst stellen kann, sei er in der Lage, die Kräfte, die ihn treiben und die er selbst besitzt und ausübt, zielgerichtet zu nutzen. „Spätestens die Neuzeit hat uns auf diesen Stand der Reflexion gehoben. Lassen wir uns und unsere Mitmenschen diese individuellen schöpferischen Kräfte jedes einzelnen Menschen nutzen, die uns und die Dynamik der Neuzeit weiter antreiben. Aber ohne dabei die jeweils gewünschte oder erwünschte Moral aus den Augen zu verlieren.“
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