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Nichts dazu gelernt
Von Dr. Oliver Everling | 1.Juni 2008
„Nichts dazu gelernt“ – so tituliert Carsten Lootze seinen Artikel in „Euro am Sonntag“ vom 01.06.2008, Seite 26f. Die Zeitung erscheint im Axel Springer Finanzen Verlag (www.finanzen.net). „Es gibt heute zwei Supermächte auf der Welt. Es gibt die USA und Moody’s Bond Rating Service. Die Vereinigten Staaten können durch Bombenabwürfe zerstören, Moody’s indem es Anleihen herabstuft.“ So beschrieb der US-Autor und Pulitzer-Preisträger John L. Friedman die Rolle der Ratingagentur Moody’s 1996.
Die Finanzkrise zeigt nach Recherchen von Lootze, wie unangefochten die Macht von Moody’s sowie seinen Konkurrenten Standard & Poor’s (S&P) und Fitch Ratings ist. „Diese Unternehmen haben Kreditderivate im Wert von mehreren Hundert Milliarden US-Dollar falsch bewertet. Sie gelten daher als Auslöser der Finanzkrise.“ Dennoch stützen sich Investoren bei Anleihen und Kreditderivaten nach wie vor auf ihre Urteile. Das sichert Moody’s und Co. das Milliardengeschäft.
„Derzeit gibt es keine Alternative zu den Ratingnoten“, zitiert Lootze zum Beispiel Reiner Back. Er leitet des Portfoliomanagement Renten und Devisen beim Vermögensverwalter Meag. Angesichts dieser Alternativlosigkeit komme bei S&P, Moody’s und Fitch Gelassenheit auf: Im Februar hatten die Agenturen weitgehende Reformen angekündigt, um ihr Image aufzupolieren. Inzwischen haben sie einige Pläne verworfen, andere kommen nur zögernd voran. „Stattdessen erregen sie mit neuen Skandalen Aufsehen“, heißt es im Bericht der „Euro am Sonntag“.
Mehr Klarheit für Investoren lautete das Motto der Agenturen Anfang dieses Jahres. Damit ist es nun nicht mehr weit her, stellt Lootze fest. Moody’s wollte für Kreditderivate eine spezielle Notenskala einführen. Denn viele Investoren hatten nicht verstanden, dass ein strukturierter Kredit (Asset Backed Security, ABS) mit der Bestnote Aaa riskanter ist als eine Aaa-Staatsanleihe. Inzwischen sind die Pläne vom Tisch, das Unternehmen behält das gewohnte Buchstabenschema bei. „Damit reagieren wir auf die Wünsche des Marktes“, sagt Moody’s-Chef Raymond W. McDaniel Junior.
Uwe Burkert sieht einen anderen Grund dafür, dass Moody’s, S&P und Fitch an ihren bekannten Schemata festhalten. „Für die neuen Noten gäbe es noch keine Historie, um zu zeigen, dass sie verlässlich sind“, sagt der Leiter für Kreditforschung bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Aber diese verlässlichen Datenreihen sei das wichtigste Verkaufsargument der Agenturen.
Finanzprofessorin Christina Bannier von der Frankfurt School of Finance & Management wundert es nicht, dass die Reformen auch ansonsten nur langsam vorangehen: „Drastische [Ä]nderungen wären ja ein Eingeständnis gewesen, dass die Ratingagenturen vorher Fehler gemacht hätten.“
S&P hatte im Februar ebenfalls weit reichende [Ä]nderungspläne verkündet. Das Unternehmen wollte einen externen, unabhängigen Gutachter beauftragen, der die Ratings regelmäßig überprüft. Inzwischen hat S&P bekannt gegeben, berichtet „Euro am Sonntag“, dass es frühestens Ende 2009 so weit sei. Auch das versprochene Nutzerhandbuch mit detaillierten Bewertungskriterien lässt auf sich warten. Dafür hat die Agentur zusätzliche Analysten eingestellt. Und sie hat ein Komitee eigerichtet, das die Risiken der Ratings einschätzen soll.
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