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Niedrigzinsen verändern Geld und Finanzwelt

Von Dr. Oliver Everling | 26.September 2016

Zeitungen und Zeitschriften erfinden sich neu. So versuchen sich beispielsweise die WirtschaftsWoche oder DIE ZEIT verstärkt auch als Veranstaltungsplattformen zu positionieren, auf denen die drängendsten Themen der Zeit diskutiert werden. So auch beim dem ZEIT Gespräch „Geld & Wirtschaft“ zum Thema „Wie die Niedrigzinsen die Geld- und Finanzwelt verändern.“

Dazu diskutieren Andrew Bosomworth, Mitglied der Geschäftsführung, PIMCO Deutschland GmbH, Theophil Graband, Vorsitzender des Vorstands, VR-LEASING AG, Carola Gräfin von Schmettow, Sprecherin des Vorstands, HSBC Deutschland, sowie Dr. Theodor Weimer, Sprecher des Vorstands, HypoVereinsbank, und Mitglied des Executive Management Committees, UniCredit, unter der Moderation von Arne Storn, Redakteur Wirtschaft und Finanzmärkte, DIE ZEIT.

Bosomworth vermutet, dass die Europäische Zentralbank ihre Niedrigzinspolitik weiter fortführen will. Gräfin von Schmettow weist darauf hin, dass es auch historische Beispiele für Niedrigzinsphasen gebe, so dass man nicht ein „Schreckgespenst an die Wand malen“ müsse. Es komme jetzt darauf an, dass die Zentralbanken das Vertrauen der Marktteilnehmer bewahre.

Weimer sieht die EZB bei ihrem Kurs alleingelassen, denn es gebe in Europa keine mehrheitliche Meinungsbildung mehr. „Die Politiker lassen die EZB mit ihren Entscheidungen alleine“, sagt Weimer. Wenn die Zinsen ansteigen würden, würde die Staatenunion erhebliche Probleme haben. Man sehe keine europäischen Lösungen für ein europäisches Problem.

Storn fragt nach den Konsequenzen einer Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. „Nach reiner Lehre müsste die Notenbank von der Politik unabhängig sein“, antwortet Graband und will darüber spekulieren, ob vor oder nach der Wahl eine Reaktion der EZB zu erwarten wäre.

Weimer sieht bei europäischen Banken einen viel höheren Zinsüberschuss als bei amerikanischen Banken, da der Mittelstand bankenfinanziert sei. Hier „fresse“ sich nun der Niedrigzins durch. In diesem Jahr hätten praktisch alle Banken Einmalerträge durch Verkäufe gehabt. Die Risikovorsorge sei ganz weit unten – das sieht Weimer mit Sorge, wenn es zu einer Normalisierung komme. „Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“, sagt Weimer und kommentiert den aus den FinTechs resultierenden Druck. Die Banken würden in den nächsten Monaten mit riesigen Kostensenkungsprogrammen kommen, sieht der Vorstandschef voraus. „Das größte Problem, das wir zurzeit haben, ist der Deutsche Bund. Auf der Liquiditätsseite darf man nicht in eine Situation geraten, in der Zinsänderungen ein richtiges Problem sind. Wenn der Zins steigt, gehen die Bunds in den Keller“, warnt Weimer und skizziert die „extrem schwierige“ Situation im Treasury.

Storn fragt, was passieren würde, wenn die Konjunktur in Deutschland einmal einbrechen würde. Bosomworth spricht die Gefahr an, dass auf der Suche nach Rendite der Blick auf das Risiko verlorengehe. Dies könnte Unternehmen belasten, die den Niedrigzins zur Verschuldung genutzt haben.

„Wir haben das beste Rating europaweit“, sagt Graband bei der Frage nach der Zukunft im Genossenschaftswesen. Fristentransformation usw. sei nicht wirklich vom Kundennutzen her motiviert. Graband will Kundenzentrierung, Geldverdienen durch Kundennutzen. „Wir haben möglicherweise zu wenig vermittelt, welchen Kundennutzen man mit uns haben kann.“

Gräfin von Schmettow sieht bei einer Zinskurve mit 70 Basispunkten „noch nicht das Ende der Welt“. Sie wirft aber ihren Blick auf kostenlose Girokonten und andere Bankdienstleistungen, die quersubventioniert werden. „Banken haben gestiegene Risiken nicht in gleichem Maße an ihre Kunden weitergegeben.“

Weimer lässt durchblicken, dass ihm vor der Finanzkrise der Mut fehlte, Fehlentwicklungen mit aller Deutlichkeit anzusprechen. Anders heute: „Die kriegen Geld dafür, dass sie Kredit nehmen“, bringt Weimer das Problem mit der deutschen Finanzpolitik auf den Punkt. „Das kann nicht gesund sein.“

Themen: Anleiherating, Bankenrating | Kommentare deaktiviert für Niedrigzinsen verändern Geld und Finanzwelt

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