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Olaf Scholz wählt zwischen Skylla und Charybdis

Von Dr. Oliver Everling | 3.März 2021

Das Verhalten der Bundesregierung und der ihr unterstehenden Behörden im Zusammenhang mit den Vorkommnissen um den inzwischen insolventen Finanzdienstleister Wirecard ist Gegenstand der Untersuchungsausschusses „Wirecard“. Auf Antrag der Fraktionen der FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen beschloss der Bundestag am 1. Oktober 2020 die Einsetzung des 3. Untersuchungsausschusses mit den Stimmen der Oppositionsfraktionen bei Enthaltung der Koalitionsfraktionen.

Die Arbeit des Ausschusses hat weitreichende Konsequenzen für verschiedene Ratings und Ratingagenturen und verdient daher besondere Beachtung, denn es geht hier nicht nur um das Credit Rating von Wirecard oder enttäuschende Fondsratings der Berliner Ratingagentur Scope, sondern um das Versagen des Systems aus Prüfung, Rating, Aufsicht und Kontrolle.

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Die Aufsicht über die Wirecard Bank führt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Als Bestandteil der Bundesverwaltung untersteht die BaFin der Rechts- und Fachaufsicht des Bundesministeriums der Finanzen unter der Leitung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der sich für die SPD 2021 als Kanzlerkandidat bewirbt. Da im Rahmen des Bundesfinanzministeriums die Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns der BaFin überwacht wird, kommt den jüngsten Aufdeckungen besondere Beachtung zu.

So könnte sich hier für den Bundesfinanzminister das Dilemma ergeben, sich entweder selbst zur Verantwortung zu bekennen oder anderen die Schuld zuzuweisen – wobei „Schuld“ hier auch im rechtlichen Sinne einer Verbindlichkeit zu verstehen sein könnte. Der Rücktritt von Olaf Scholz wäre aber für die SPD, derzeit drittstärkste politische Kraft in Deutschland, ein schwerer Schlag ausgerechnet im Bundestagswahlkampf 2021.

Das Dilemma besteht nun darin, dass sich die Vorwürfe zwar gegen die das Unternehmen Wirecard AG prüfenden Wirtschaftsprüfer lenken lassen, die Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY). Dadurch rücken aber andere Probleme bei EY in den Blick, wie auch die Bedeutung dieser Probleme für das Verhalten der Wirtschaftsprüfer, der Aufseher und der Ratingagenturen. Diese übersehen oder geduldet zu haben, wäre wiederum ein Versagen, das in den Verantwortungsbereich des Bundesfinanzministers fällt.

EY hatte Jahresabschlüsse der Wirecard AG sowie Konzernabschlüsse sowie Lageberichte sowohl für die Gesellschaft als auch den Konzern jeweils geprüft und mit uneingeschränkten Bestätigungsvermerken versehen. Anwaltssozietäten sammeln derzeit Mandate von Geschädigten auf Portalen wie EY-Klage.de, um Forderungen beim Insolvenzverwater anzumelden und eine Investoren-Klage gegen den Abschlussprüfer Ernst & Young (EY) zu erheben.

Im Unterschied zu anderen großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften arbeitet EY aber seit Jahren mit massiven Verlusten, so dass sich EY schon vor dem Wirecard-Skandal um jedes große Mandat bemühen musste, um Verluste zu begrenzen. Offen also, ob die eigene Verlustsituation Einfluss auf das Prüfungsverhalten hatte, um wichtige Mandate nicht zu verlieren, und inwieweit das Bundesfinanzministerium und die BaFin die Situation bei EY bewusst ignorierten.

Georg Graf Waldersee, Hamburg, Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, kontrolliert als Aufsichtsratsvorsitzender aber auch die Berliner Ratingagentur: Graf Waldersee gehört bereits seit dem 1. Juli 2016 auch dem Aufsichtsrat der Scope SE & Co. KGaA und Scope Management SE an. In beiden Fällen führt Georg Graf Waldersee den Aufsichtsratsvorsitz über Gesellschaften, die seit Jahren nur Verluste melden.

Themen: Fondsrating, Nachrichten | Kommentare deaktiviert für Olaf Scholz wählt zwischen Skylla und Charybdis

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