Verbraucher müssen sich warm anziehen

Von Dr. Oliver Everling | 7.November 2023

Seit einigen Monaten gibt es Anzeichen für eine Entspannung an der Inflationsfront. „Die Mehrheit der Verbraucher sieht jedoch noch keine Verbesserung bei der Preisentwicklung. Wir gehen davon aus, dass dies die Verbraucherausgaben in den kommenden Monaten bremsen dürfte“, schreibt Guillaume Chieusse, Leiter aktive Aktienstrategien der ODDO BHF Asset Management, in einem aktuellen Marktkommentar. In den nächsten Monaten dürften bei Verbrauchern daher einer kürzlich veröffentlichten Studie von JP Morgan zufolge eher günstigere Anschaffungen wie Kleidung und Schönheitspflege oben auf der Ausgabenliste stehen. Reisen und Heimwerkerbedarf stehen dagegen weiter unten auf der Prioritätenliste.

„Die Inflation hat sich innerhalb eines knappen Jahres zwar fast halbiert, liegt mit knapp 5 % jedoch immer noch weit über dem, was europäische Verbraucher gewohnt sind“, erklärt der Portfoliomanager. Dass besonders jene Haushalte mit einem niedrigen Einkommen weiterhin stark besorgt sind, dürfte demnach keine Überraschung sein. Gemäß der Umfrage planen 44 % der Verbraucher, ihre diskretionären Ausgaben in den nächsten 12 Monaten zu senken, 17 % davon deutlich. Dies könnte das für viele Einzelhändler wichtige letzte Quartal aus Ergebnissicht belasten.

Das Kaufverhalten der Konsumenten hat sich durch die inflationären Preissteigerungen verändert. Gemäß der Umfrage von JP Morgan verbessern sich die Aussichten für die Ausgaben in den Bereichen Schönheitspflege und Bekleidung. Letztere rückt auf der Prioritätenliste auf Platz 2, gleich hinter Restaurantbesuchen. Dabei achten mehr als die Hälfte der Verbraucher auf reduzierte Ware, um zu sparen. Preissenkungen würden jedoch nur bei einem Viertel der Verbraucher zu Mehrkäufen führen. Guillaume Chieusse gibt zu bedenken: „Für Verbraucher mögen sinkende Preise zwar zur Entspannung beitragen, doch die Marge von Einzelhändlern mit begrenzter Preissenkungsmacht (wie etwa H&M* und ASOS) könnte unter Druck geraten, sollten die Preise in der Branche fallen.“ Ausgaben für Schönheitspflege dürften relativ wichtiger werden, absolut gesehen jedoch auf bescheidenem Niveau verharren.

Essenslieferanten wie HelloFresh sind von den geplanten Kosteneinsparungen der Konsumenten weniger betroffen. Besonders in Deutschland und Großbritannien ziehen weniger Verbraucher in Erwägung, ihre Ausgaben für Essenslieferungen zu reduzieren. Ein Grund könnte die Preisstrategie sein. So haben Lieferservices ihre Preise oftmals geringer angehoben als Super- und Hypermärkte, so Chieusse. „Der Sektor für Essenslieferungen könnte sich in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld am Ende defensiver als erwartet zeigen.“

Auf der Seite der „Verlierer“ ist der Tourismussektor zu nennen, der einen sehr starken Rückgang bei der Ausgaben-Priorisierung der Konsumenten verzeichnet und nur noch bei jedem vierten Verbraucher unter den Top3-Konsumprioritäten rangiert. Noch drastischer fällt der Rückgang bei Kurzurlauben aus. „Es gibt immer saisonale Schwankungen, wenn es um Tourismus geht. Allerdings belasten die stark gestiegenen Flug- und Hotelpreise wahrscheinlich das Budget vieler Haushalte und sind wohl auch die Erklärung für die Entscheidung, Kurzurlaube noch weiter zu reduzieren. Dies betrifft insbesondere den britischen Markt und könnte daher 2024 ein negatives Signal für Akteure wie EASYJET darstellen“, so der Fondsmanager des ODDO BHF Active Small Cap.

Insgesamt sieht ODDO BHF Asset Management die Aussichten für Heimwerkerprodukte gemischt. Zwar ist deren Stellenwert leicht gestiegen, sie belegen in der Umfrage aber immer noch die hinteren Ränge. Dabei waren von Land zu Land unterschiedliche Trends zu beobachten: Während in England weniger Verbraucher beabsichtigen, ihre Ausgaben in dem Segment zu reduzieren, ist die Entwicklung in Frankreich gegenläufig. Einige Unternehmen wie HORNBACH in Deutschland oder KINGFISHER (Großbritannien & Frankreich) warnten, dass ihre Aussichten für 2023 wahrscheinlich schwächer als erwartet ausfallen würden. „Der Heimwerker-Sektor hat stark von den Lockdowns profitiert, da viele Haushalte in die Verschönerung ihres Zuhauses investiert haben. Davon, dass sich diese Nachfrage wieder normalisiert, war auszugehen“, relativiert der Portfoliomanager der ODDO BHF. „Der rückläufige Wohnungsneubau und der starke Einbruch bei Immobiliengeschäften tragen sicherlich ihr Übriges zu einer Kaufzurückhaltung bei.“

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Zukunftsweisende Standortpolitik statt Subventionswettlauf

Von Dr. Oliver Everling | 7.November 2023

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, äußerte deutliche Kritik an der Wirtschaftspolitik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seiner vorgestellten Industriestrategie. Mumm argumentiert, dass Habecks angebliche Strategie, Deutschland als Industriestandort zu erhalten, in vielerlei Hinsicht problematisch ist.

Eine der zentralen Kritikpunkte von Mumm betrifft die Ausrichtung der Industriestrategie auf Subventionen und staatliche Eingriffe. Er weist darauf hin, dass die sinkende internationale Wettbewerbsfähigkeit vieler europäischer Staaten nicht primär auf Subventionen anderer Länder oder höhere Energiepreise zurückzuführen ist, sondern auf strukturelle Fehlentwicklungen innerhalb Europas. Lange Bürokratie- und Genehmigungsverfahren, hohe Auflagen für investitionsbereite Unternehmen und komplizierte Antragsprozesse seien Faktoren, die die europäischen Volkswirtschaften massiv ausbremsen.

Mumm argumentiert, dass anstelle von Subventionen und staatlichen Eingriffen ein stärkerer Fokus auf den Ausbau der Infrastruktur, Bildung inklusive Umschulungen, die Abfederung sozialer Härten im Zuge des Strukturwandels sowie die Unterstützung von Grundlagenforschung und Investitionen in zukunftsgerichtete Technologien sinnvoller wäre. Er betont, dass Europa angesichts anhaltender Standortnachteile, wie höherer Energiepreise und demografischer Alterung, nur als Hochtechnologieentwickler und -standort eine wirtschaftlich prosperierende Zukunft haben kann.

Mumm plädiert für einen kreativen Wettbewerb in der Marktwirtschaft, um bestmögliche und schnelle Ergebnisse zu erzielen, anstatt harte technologische Zwangsvorgaben von politischer Seite. Er warnt davor, dass politische Ideologien und mangelnde Kompromissbereitschaft in diesem Zusammenhang problematisch sein können.

Abschließend weist Mumm auf die hohen Energiekosten in Deutschland hin, die teilweise auf den rigorosen Verzicht auf Atomenergie und die mangelnde Diskussion über Chancen und Risiken des Frackings zurückzuführen sind. Er argumentiert, dass die Subventionierung energieintensiver Produktion angesichts dieser Entwicklungen widersprüchlich ist.

Carsten Mumms Kritik an Robert Habecks Industriestrategie unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden Analyse und Strategie hin zu einer „Quality Economy“, die nicht auf kurzfristige Subventionen, sondern auf langfristige Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft Europas setzt.

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Moody’s erweitert sein Analyseangebot im privaten Kreditsektor

Von Dr. Oliver Everling | 6.November 2023

Moody’s Corporation hat heute die Schaffung einer neuen analytischen Abteilung innerhalb von Moody’s Investors Service (MIS), der Ratingagentur, angekündigt. Diese Abteilung wird sich auf die Bereitstellung strategischer Erkenntnisse im stark expandierenden privaten Kreditsektor konzentrieren. Ana Arsov wurde zur Global Head of Private Credit ernannt und wird die Koordination relevanter Forschungs- und Ratinginitiativen innerhalb von MIS leiten. Frau Arsov wird auch zusammen mit Simon Harris die Leitung der globalen Financial Institutions Group (FIG) übernehmen.

Diese organisatorischen Veränderungen spiegeln die wachsende Bedeutung des privaten Kreditmarktes in den Kapitalmärkten wider und den steigenden Bedarf der Investoren an Moody’s Forschung und Ratings im Zusammenhang mit diesem Sektor. Die analytische Abteilung wird Transparenz in die komplexen privaten Kreditmärkte und deren Verflechtungen mit den allgemeinen Kapitalmärkten bringen.

„Das rasche Wachstum des privaten Kreditmarktes in den letzten Jahren hat neue Herausforderungen und Chancen für Investoren mit sich gebracht, die frische Analysen von einer vertrauenswürdigen Quelle suchen“, sagte Michael West, Präsident von Moody’s Investors Service. „Ana’s umfangreiche Erfahrung im Bereich Finanzinstitute wird dazu beitragen, einen ganzheitlichen Ansatz zur Bewertung von privaten Krediten in verschiedenen Sektoren und Anlageklassen zu etablieren.“

Im Rahmen ihrer neuen Rolle wird Frau Arsov die Zusammenarbeit mit MIS-Ratinggruppen fördern, darunter Financial Institutions, Corporate Finance und Structured Finance. Sie wird auch die bestehenden analytischen Fähigkeiten für Geschäftsentwicklungsgesellschaften, CLOs und andere mit privaten Krediten verbundene Vermögenswerte vertiefen. Zudem wird sie Moody’s Analytics unterstützen, das relevante Lösungen für Kunden im Zusammenhang mit der Gegenparteibewertung und dem Portfoliorisiko anbietet.

In ihrer Funktion als Co-Leiterin der FIG wird Frau Arsov weiterhin mit einer breiten Palette von Finanzinstituten zusammenarbeiten, darunter global systemrelevante Banken, Kapitalmarktinstitute und Finanzdienstleistungsunternehmen außerhalb des Bankensektors. Vor der heutigen Ankündigung war Frau Arsov die globale Co-Leiterin der Bankenratings und hatte eine Reihe von Führungspositionen inne, in denen sie Ratings für Banken, Wertpapierfirmen, Spezialfinanzierungen und mehr beaufsichtigte. Sie trug zur Entwicklung von Moody’s Ratingmethoden für Finanzunternehmen, Wertpapierfirmen und Clearinghäuser bei und leitete die Entwicklung des Moody’s Gegenparteirisikoratings.

MIS bewertet über 70 Billionen Dollar an Schulden, aufgeteilt in vier Hauptratingsgruppen:

– Financial Institutions, geleitet von Ana Arsov und Simon Harris
– Corporate Finance, geleitet von Myriam Durand
– Structured Finance, geleitet von Annabel Schaafsma
– Global Public, Project, and Infrastructure Finance, geleitet von Anne Van Praagh

Im Einklang mit der Schaffung der analytischen Abteilung für privaten Kredit hat MIS auch ein entsprechendes Team für privaten Kredit innerhalb seiner Relationship Management Unit geschaffen, das von Tom Lazaridis geleitet wird. Herr Lazaridis verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Entwicklung und Pflege von Kundenbeziehungen in den Bereichen Bankwesen, Asset Management und Versicherungen. Er wird ein Team von Experten für privaten Kredit leiten, um Geschäftsentwicklungsinitiativen voranzutreiben und das Markenimage zu stärken, während er mit anderen kommerziellen Teams und Gruppen innerhalb von MIS zusammenarbeitet.

Diese Maßnahmen von Moody’s verdeutlichen das wachsende Interesse an privaten Kreditmärkten und unterstreichen die Bedeutung von fundierten Analysen und Ratings in diesem Sektor. Ana Arsov wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, Investoren und Marktteilnehmern wertvolle Einblicke in diese komplexen Märkte zu bieten.

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Gasmangellage im Winter nicht aktuell

Von Dr. Oliver Everling | 3.November 2023

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, meldet sich zu Wort, nachdem das Statistische Bundesamt die Wachstumszahlen für das erste und das zweite Quartal jeweils um 0,1 Prozentpunkte auf 0,0 bzw. 0,1 Prozent nach oben revidierte. Deutschland befindet sich – nach offizieller Definition – nicht in einer technischen Rezession. „Der mit -0,1 Prozent leicht schwächeren Tendenz im dritten Quartal, dürfte ein leicht positives Wachstum im laufenden vierten Quartal folgen“, folgert Carsten Mumm. Im Gesamtjahr 2023 ist allerdings weiter von einer gesamtwirtschaftlichen Schrumpfung in Höhe von 0,3 bis 0,5 Prozent auszugehen.

Die Perspektiven für das kommende Jahr 2024 sieht er verhalten positiv. „So deutete der zuletzt leicht abnehmende Pessimismus der Unternehmen gemäß ifo-Geschäftsklimaindex darauf hin, dass der konjunkturelle Boden erreicht wurde. Abgesehen vom Handel verbesserten sich in allen Segmenten die Geschäftsaussichten für die kommenden Monate leicht. Getragen werden dürfte die Erholung von steigenden Realeinkommen im Zuge deutlicher Lohnsteigerungen und parallel sinkenden Inflationsraten. Folglich sollte auch die gemäß GfK-Konsumklimaindex aktuell stark gedrückte Stimmung unter Konsumenten künftig weniger schwach ausfallen. Zudem ist von einer zyklischen Erholung der Weltwirtschaft, insbesondere Chinas auszugehen.“

Anders als im letzten Herbst spielt die Befürchtung einer Gasmangellage im Winter aktuell keine Rolle. „Die Gasspeicherfüllstände liegen derzeit nahe 100 Prozent. Nach Berechnungen der Bundesnetzagentur ergäbe sich nur in zwei von sechs betrachteten Szenarien ein Engpass bei der Gasversorgung, bspw. im Falle eines sehr strengen Winters. Allerdings befinden sich die Großhandelspreise für Gas an der Rohstoffbörse Amsterdam mit rund 50 EUR/MWh weiterhin auf deutlich höheren Niveaus als vor der Eskalation des Ukrainekonflikts. Zudem dürfte die Schwankungsbreite des Gaspreises stark erhöht bleiben, denn der Markt reagiert nach wie vor nervös auf Nachrichten, denen zu Folge das Angebot eingeschränkt werden könnte. So kam es zuletzt im August zu einem deutlichen Preisanstieg im Zuge befürchteter Streiks in australischen LNG-Terminals.“

Die energieintensive Produktion in Deutschland sieht Carsten Mumm unter den erhöhten und volatilen Preisen leiden. Die Produktion erreicht – verglichen mit Anfang 2022 – insgesamt ein Produktionsniveau von nur rund 80 Prozent, während die nicht-energieintensive Produktion kaum nachgegeben hat. „Besonders betroffen sind die Branchen Chemie, Papier- und Glasherstellung sowie Metallverarbeitung, von deren Seite die jüngst vorgestellte Industriestrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, insbesondere der geplante Brückenstrompreis für die energieintensive Produktion begrüßt wird. Viele Aspekte der Strategie sind sinnvoll, wie bspw. die Beschleunigung von Antrags- und Genehmigungsverfahren. Allerdings sollte die Politik darauf achten, nicht durch Subventionen nicht wettbewerbsfähige Strukturen in Deutschland zu zementieren. Ein großer Fokus auf die notwendige Transformation des Standorts zwecks Wiedererlangung verloren gegangener Wettbewerbsfähigkeit liegen. Dabei spielt die Förderung von Innovation und neuer Technologien eine Schlüsselrolle.“

In den USA sei nach dem jüngsten Zinsentscheid der Notenbank Fed davon auszugehen, dass die Leitzinsen ihren Gipfel erreicht haben. „Die deutlich gestiegenen Zinsen bei längeren Laufzeiten sorgen für einen erheblichen zusätzlichen Bremseffekt für die Wirtschaft, so dass im Laufe des ersten Halbjahrs eine Rezession wahrscheinlich bleibt. Die jüngste Veröffentlichung des ISM-Einkaufsmanagerindex fiel bereits deutlich schwächer aus und rangiert unterhalb der Expansionsmarke von 50 Punkten. Vor diesem Hintergrund könnten die sehr hohen Lohnabschlüsse in der US-Automobilindustrie die Spitze der Lohn-Preisspirale darstellen. Denn auch am Arbeitsmarkt ist in den kommenden Monaten mit einer schwächeren Entwicklung zu rechnen.“

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Einer der am meisten fehlbewerteten Märkte der Welt

Von Dr. Oliver Everling | 30.Oktober 2023

In Zeiten multipler Krisen und instabiler Asset-Märkte suchen Anleger nach langfristig rentablen Investmentmöglichkeiten. Dabei werden Aktien aus Schwellenländern oft übersehen – und dies, obwohl sie gegenüber ihren Pendants aus den Industrieländern zahlreiche Vorteile bieten. James Donald, Leiter der Emerging Markets-Plattform von Lazard Asset Management, plädiert dafür, diese aktuell deutlich unterbewertete Assetklasse wegen des hohen zu erwartenden Wachstumspotentials nicht außen vor zu lassen.

„Die derzeitige Stagnation des MSCI Emerging Markets Index sowie der Rückgang des MSCI China Index um mehr als 25 % seit dem Hoch im Januar sollten nicht über das außerordentliche Potential dieser Anlageklasse hinwegtäuschen“, erklärt James Donald. „Dieses Potential zeigt sich beispielsweise im starken Wachstum des MSCI Emerging Market Small Cap Assets Index, der in diesem Jahr den MSCI World Index übertroffen hat. So konnte der MSCI EM Small Cap Index im August 2023 ein Year-To-Date Wachstum von 13,7 % verzeichnen, während das des MSCI World Index bei 11,0 % lag.“

Ein Grund für die aktuelle Stagnation des Emerging Markets Index sei die Schwäche Chinas (und insbesondere des chinesischen Immobiliensektors), die das Wachstum der gesamten Assetklasse bremse. Aktuelle politische Entwicklungen würden jedoch auf eine Besserung hindeuten. „Die Zeichen für eine Stabilisierung des chinesischen Marktes stehen gut. Durch die Anpassung der Zinssätze und einen erleichterten Zugang zu Hypotheken könnte der chinesische Markt bald wieder auf Wachstumskurs gelangen, ohne dass eine expansive Investitionspolitik der Regierung notwendig wäre“, so Donald.

Beim EPS-Wachstum (Earnings per Share) würden die Emerging Markets den entwickelten Ländern zwar noch hinterherhinken. Der Blick in die Zukunft verspreche jedoch deutliche Wachstumschancen. Analysten prognostizieren für das kommende Jahr einen starken Anstieg des Gewinnwachstums pro Schwellenländeraktie von 19 %. Damit hätten EM-Aktien einen Vorsprung von 9 Prozentpunkten gegenüber Aktien aus den Industrieländern, deren Prognose bei 10 % liegt.

„Der Treiber dieses Wachstums ist eindeutig Südkorea. Analysten erwarten hier mehrheitlich ein EPS-Wachstum von knapp 70 %. Mit seiner starken IT-, Automobil- und Telekommunikationsbranche hat Südkorea auf die richtigen Karten gesetzt und seine Wirtschaft zukunftsfähig gemacht“, sagt James Donald. Auch in anderen Schwellenländern könne man hohe Wachstumsraten erwarten: Für Taiwan, die Türkei, Ägypten und Indien würden EPS-Wachstumsraten von 20 % prognostiziert. Obwohl China bei den Aktienrenditen hinterherhinke, werde auch hier ein EPS-Wachstum von rund 15 % prognostiziert, angetrieben durch die Sektoren Gesundheit, Rohstoffe, Basiskonsumgüter und zyklische Konsumgüter. Insgesamt biete der IT-Sektor in den Emerging Markets die größten Wachstumschancen, gefolgt von Utilities und Healthcare. Das Schlusslicht bilde der Energiesektor.

„Aktien aus Schwellenländern sind im globalen Vergleich nach wie vor deutlich unterbewertet. Der MSCI Emerging Markets Index ist rund 30 bis 35 % niedriger bewertet als der MSCI World Index, auch wenn sich seine Bewertung seit ihrem Tiefpunkt im vierten Quartal 2022 wieder stabilisiert hat“, sagt James Donald. Der Rückstand werde sich voraussichtlich verringern, angetrieben durch das EPS-Wachstum, die höhere Rentabilität der Anlageklasse und das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern. „Seit der Finanzkrise 2007/2008 verläuft das einst synchron-erfolgende globale Wirtschaftswachstum asynchron. Heute können wir beobachten, dass das Wirtschaftswachstum der Industrieländer deutlich von dem der Schwellenländer übertroffen wird“, so James Donald.

Trotz dieser sehr positiven Prognose würden Emerging Market-Aktien weiterhin vernachlässigt. Viele Investoren hätten ihr Investment aufgrund der aktuellen Stagnation zurückgezogen. Das Motto der Stunde laute jedoch: Investiert bleiben! Es gebe viele Indikatoren, die auf eine positive Entwicklung der Anlageklasse hindeuteten. „Schwellenlandaktien dürften in den kommenden Jahren sehr attraktive Renditen abwerfen. Dafür spricht unter anderem ihr hohes Wirtschaftswachstum. Gepaart mit der aktuellen Unterbewertung der Assetklasse bieten Schwellenländeraktien eine hochprofitable Anlagemöglichkeit“, resümiert Donald.

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Deutsche Wirtschaftspolitik verliert Wirtschaft aus den Augen

Von Dr. Oliver Everling | 30.Oktober 2023

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. Heute titelt er: „Deutsche Wirtschaftspolitik sollte die Wirtschaft nicht aus den Augen verlieren“. In dieser Ausgabe beleuchtet er anlässlich der am Dienstag vorgestellten Industriestrategie die Herausforderungen des Wirtschaftsstandorts Deutschland:

„In der Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland sollte über einen Punkt Klarheit herrschen: Es mag viele gute Gründe für eine Energiewende geben, doch sie wird unweigerlich die Energiepreise in die Höhe treiben. Das verändert jetzt schon den Industriestandort…Doch auch der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat erkannt, dass sich Deutschland eine Abwanderung von Unternehmen, die für Wohlstand und Steuereinnahmen sorgen, nicht leisten kann. Die Industrie sei nicht nur wirtschaftlich bedeutend, sagte Habeck am Dienstag bei der Vorstellung seiner Industriestrategie. Sie trage entscheidend zum sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft bei und auch zu ihrer demokratischen Stabilität. Auch hat er sich Steuererleichterungen und Subventionen für Investitionen von Privatunternehmen sowie allgemein eine Verbesserung der Angebotsbedingungen vorgenommen. Zentraler Punkt der neuen Strategie ist das Ziel, energieintensive Branchen wie die Chemie, die Zementherstellung und die Glasproduktion im Land zu halten. Eine endgültige Bewertung der Strategie wird noch von der konkreten Ausgestaltung dieser Eckpunkte abhängen.

Auch wenn diese Strategie grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung ist, so stellt sich doch die Frage, ob die Industrie mit einer weiteren Wende in der Energiepolitik noch im Land gehalten werden kann. Lässt sich ein Geist, wenn er einmal der Flasche entwichen ist, wieder in sein Gefäß zurückzwängen? … Mit dem Artikel 194 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union haben sich Mitgliedstaaten darauf geeinigt, die Energiepolitik in Europa „im Geiste der Solidarität“ zu verwirklichen. Tatsächlich aber hat sich Deutschland einseitig ohne hinreichende Absprache mit den anderen Ländern in Europa dazu entschlossen, sich gleichzeitig aus der Nuklearenergie und aus der Kohle zu verabschieden. Auch hier gilt: Mehr Europa würde unserer Wirtschaft und dem einheitlichen Binnenmarkt nützen.

… Doch auch wenn Habeck nun eine neue Industriepolitik ausruft, so meiden viele Aktieninvestoren – auch wir – Branchen in Deutschland, die unter dem Einfluss der Energiepolitik stehen. Wir investieren derzeit bewusst nicht in energieintensive Unternehmen in Deutschland, da Strom Unternehmen hierzulande derzeit mehr als dreimal so viel kostet wie in den USA. Deutschland ist im globalen Wettbewerbsranking des renommierten Instituts IMD zuletzt deutlich auf den 22. Platz abgestürzt. Einer von vielen Gründen ist die geringe Effizienz der öffentlichen Hand. Deutschland leidet nicht nur unter dem Fachkräftemangel, sondern auch unter zu viel Bürokratie. Die Kapitaleffizienz in den USA ist deutlich höher als in Deutschland – gemessen am Return on Equity (Eigenkapitalrendite) und am Return on Invested Capital (Gesamtkapitalrendite) …

Ein zentraler Fehler von Anlegern wird als „Home Bias“ bezeichnet. Damit ist die Neigung von Anlegern gemeint, überproportional stark in den Heimatmarkt zu investieren. Für Anleger, die hohe risikoadjustierte Erträge erzielen wollen, macht es grundsätzlich immer Sinn, das Vermögen breit über Sektoren und Länder zu streuen. Hinzu kommt, dass sich die Wirtschaftspolitik in Deutschland derzeit nicht ausreichend an den Bedürfnissen der Wirtschaft orientiert. Das sollte für deutsche Anleger ein weiterer Grund sein, nicht überproportional stark in Deutschland zu investieren, sondern international zu diversifizieren.“

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Datengetriebene Lösungen für Wohn- und Industrieimmobilien

Von Dr. Oliver Everling | 30.Oktober 2023

IndustrialPort, ein führendes Unternehmen im Bereich der Industrieimmobilien, und PriceHubble, ein renommiertes Unternehmen für datengetriebene Immobilienanalysen, freuen sich, ihre strategische Kooperation bekannt zu geben. Diese Partnerschaft ermöglicht es beiden Unternehmen, ihre Stärken in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Algorithmen und Datenanalyse zu bündeln, um einen erweiterten Service anzubieten und Kundinnen und Kunden im Bereich gemischt genutzter Portfolios optimal zu bedienen.

In der heutigen digitalen Ära, in der datengetriebene Lösungen den Immobilienmarkt revolutionieren, erkennen IndustrialPort und PriceHubble die Bedeutung von Zusammenarbeit und Synergieeffekten. Beide Unternehmen sind bestrebt, ihre umfangreichen Erfahrungen und Fachkenntnisse zu nutzen, um ihren Kundenstamm noch breiter zu gestalten und maßgeschneiderte Lösungen für Wohn- und Industrieimmobilien anzubieten.

Durch die Kombination der Expertise von IndustrialPort im Bereich Industrieimmobilien und von PriceHubble im Bereich Wohnimmobilien werden neue Möglichkeiten für gemischt genutzte Portfolios geschaffen. Die Nutzung von KI-Algorithmen und fortschrittlichen Analysetechnologien ermöglicht es Kundinnen und Kunden, umfassende Einblicke in den Wert, die Leistung und die Optimierungsmöglichkeiten ihrer Immobilien zu erhalten.

„Wir freuen uns sehr über die Kooperation mit PriceHubble“, sagt Peter Salostowitz, Geschäftsführer von IndustrialPort. „Durch die Verbindung unserer Stärken werden wir in der Lage sein, unseren Kunden eine noch breitere Palette von datengetriebenen Lösungen anzubieten, um den sich ständig verändernden Anforderungen an ein gemischtes Portfolio gerecht zu werden.“

Auch Christian Crain, Geschäftsführer von PriceHubble Deutschland, zeigt sich begeistert über die Zusammenarbeit: „Die Partnerschaft mit IndustrialPort ermöglicht es uns, unseren Kundinnen und Kunden fortschrittliche Analysewerkzeuge und Algorithmen im Bereich Industrieimmobilien zur Verfügung zu stellen. Wir sind überzeugt, dass unsere kombinierten Fähigkeiten eine bedeutende Auswirkung auf die Immobilienbranche haben werden und unseren Kundinnen und Kunden helfen werden, bessere Entscheidungen zu treffen.“

Die strategische Kooperation zwischen IndustrialPort und PriceHubble unterstreicht die Bedeutung von datengetriebenen Lösungen in der heutigen Immobilienlandschaft. Beide Unternehmen sind davon überzeugt, dass die Zusammenarbeit der Schlüssel ist, um Kundinnen und Kunden einen Mehrwert zu bieten und sie in einer dynamischen und anspruchsvollen Umgebung zu unterstützen.

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Von Künstlicher Intelligenz über Gold bis Auferstehung

Von Dr. Oliver Everling | 27.Oktober 2023

Die fortschreitende Entwicklung der künstlichen Intelligenz hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit von Investoren und der breiten Öffentlichkeit auf sich gezogen. Dieser Technologiesektor steht nun vor einer Phase, in der Fusionen und Übernahmen (M&A) im Mittelpunkt stehen könnten, so die neueste Episode von Goldman Sachs Exchanges.

Allerdings sind für diesen Prozess bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, wie aus einem neuen Bericht mit dem Titel „Navigating the AI Era“ von Goldman Sachs Global Banking & Markets hervorgeht. Zunächst muss die Adoption von generativen KI-Lösungen durch Unternehmen weiter voranschreiten, weg von der reinen Konzepterprobung hin zur tatsächlichen Produktion. Dies wird zum Teil durch eine klarere Zukunftsperspektive für Basis-Modelle ermöglicht, die auf enormen Datensätzen trainiert sind und für vielfältige Anwendungen genutzt werden können. Auch die rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen müssen weiter ausgereift sein.

In diesem Jahr hat es bereits erhebliche strategische Aktivitäten gegeben, bei denen große etablierte Technologieunternehmen in generative KI-Start-ups investiert oder diese übernommen haben, teilweise aus Gründen der Talentförderung.

Für die meisten Unternehmen ist jedoch immer noch unklar, welche Bedeutung KI für ihre Branche haben wird, sodass es bisher nur wenige M&A-Aktivitäten gibt. Dennoch gibt es in Bereichen wie der Rechtsforschung und dem Kundensupport, die weitgehend textbasiert sind und gut mit Chatbot-Schnittstellen funktionieren, einige M&A-Aktivitäten. Ein weiterer Bereich, der M&A-Aktivitäten verzeichnet, sind Unternehmen, die Technologien entwickeln und somit direkt im Zentrum des generativen KI-Phänomens stehen.

In den relativ wenigen M&A-Transaktionen, die stattgefunden haben, bieten öffentliche Investoren in der Regel höhere Aktienkurse für den Käufer als für das Zielunternehmen, so Jung Min von Goldman Sachs Global Banking & Markets. „Ihre Investoren sagen im Grunde: ‚Mir gefällt, dass Sie proaktiv sind'“, so Min.

Parallel dazu verzeichnet Gold im Zusammenhang mit den jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten einen Anstieg. Der Preis dieses Edelmetalls hat sich erhöht, da es zusammen mit anderen sicheren Anlagen als sicherer Hafen betrachtet wird. Dies geschah, nachdem Israel in diesem Monat angegriffen wurde, und die geopolitischen Spannungen zugenommen haben. Die Marktpreise deuten auf eine wachsende Wahrscheinlichkeit für höhere Renditen bei Gold hin, aber nicht in dem Maße, wie es in den ersten Wochen nach der russischen Invasion in die Ukraine im Jahr 2022 der Fall war, so Goldman Sachs Research. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass steigende reale (inflationsbereinigte) Renditen für Schuldverschreibungen in diesem Jahr einen Druck auf den Goldpreis ausübten (Investoren erhalten keine Erträge aus Rohstoffen wie Gold).

Goldman Sachs Research hat festgestellt, dass die implizierte Volatilität (die Markterwartungen an Preisschwankungen) für sichere Anlagen zusammen mit der Volatilität von Aktien gestiegen ist, aber im Vergleich zu früheren Hochs, als geopolitische oder rezessionsbedingte Sorgen besonders akut waren, immer noch niedrig ist. Dies gilt insbesondere für Gold, dessen Volatilität im März 2022 1,8-mal höher war.

Ein weiteres Thema, das die Aufmerksamkeit von Goldman Sachs Research auf sich zieht, ist die Transformation der saudischen Wirtschaft. Saudi-Arabien unternimmt Anstrengungen, um weniger abhängig von fossilen Brennstoffen zu sein, und diese Bemühungen zeigen laut Goldman Sachs Research erste Fortschritte. Im Jahr 2021 startete die saudische Regierung die National Investment Strategy (NIS), ein geschätztes 3,3 Billionen Dollar umfassendes Programm zur Diversifizierung der Wirtschaft. Dieses Programm soll die Innovation unterstützen, Anreize zur Steigerung des Beitrags des privaten Sektors schaffen und gezielte Maßnahmen zur Entwicklung strategischer Sektoren ergreifen.

Analysten schätzen, dass bis zum Ende des Jahrzehnts etwa 1 Billion Dollar der 3,3 Billionen Dollar für Vorinvestitionen in bestimmte Sektoren ausgegeben werden könnten, darunter saubere Technologien, Metalle und Bergbau sowie Transport und Logistik.

Die NIS-Strategie soll die Vision 2030 der saudischen Regierung ermöglichen, ein langfristiger Plan zur Transformation der Wirtschaft des Landes. „Seit der Einführung von Vision 2030 im Jahr 2016 hat Saudi-Arabien bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung der nicht-öligen Wirtschaft durch verschiedene Entwicklungsmaßnahmen und Investitionen in strategische Wirtschaftssektoren gemacht“, schreibt Faisal AlAzmeh, Analyst von Goldman Sachs Research, in einem Bericht des Teams. „Investitionspläne dürften sich im Einklang mit dem technologischen Fortschritt und der Verfügbarkeit im Laufe der Zeit weiterentwickeln, wenn Sektorstrategien finalisiert werden.“

In einer völlig anderen Sphäre arbeitet das Unternehmen Colossal Biosciences an der sogenannten „De-Extinktion“. Das Ziel des Unternehmens ist es, ausgestorbene Arten mithilfe von Genbearbeitungstechnologien wiederzubeleben, um sie widerstandsfähiger zu machen. Das Unternehmen hat jedoch größere Ziele im Auge.

Ben Lamm, Mitbegründer von Colossal Biosciences, erklärt, dass sie die globale Biodiversitätskrise lösen wollen. „Wir stehen vor einer massiven Biodiversitätskrise, die wir zu bewältigen versuchen“, sagt Lamm. Er betont jedoch, dass die Wiederbelebung von Dinosauriern nicht auf ihrer Agenda steht. Stattdessen plant das Unternehmen die Wiederbelebung von Arten wie dem Wollhaarmammut, dem Tasmanischen Tiger und dem Dodo. Sie glauben, dass die „De-Extinktion“ im Kampf gegen den Klimawandel eine entscheidende Rolle spielen kann.

Die Pariser Vereinbarung, ein völkerrechtlich bindendes internationales Abkommen zum Klimawandel, betont das Potenzial von naturbasierten Lösungen. Lamm sieht die Arbeit seines Unternehmens als Beitrag zu diesen Bemühungen, zusammen mit anderen Maßnahmen wie dem Pflanzen von Bäumen, der Schaffung von städtischen Feuchtgebieten und der Umstellung auf regenerative Landwirtschaftspraktiken.

Insgesamt zeigen diese Entwicklungen, dass sowohl die künstliche Intelligenz als auch der Rohstoff Gold weiterhin im Fokus von Investoren und Forschern stehen. Die Auswirkungen dieser Trends auf Wirtschaft und Umwelt sind von großer Bedeutung und werden weiterhin aufmerksam verfolgt.

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Geldpolitische Fehlleistungen zeigen Wirkung

Von Dr. Oliver Everling | 27.Oktober 2023

Das unabhängige Schweizer Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) beurteilte in der Länderstudie 2023 die fundamentale Kreditqualität von 49 Staaten. Dabei zeigt sich, dass steigende Finanzierungskosten das Wachstum (Investitionen und Konsum) beeinflussen und zu einer Korrektur bei Anleihen-, Aktien- und Immobilienpreisen führen. Vor diesem Hintergrund verlangen Investoren wieder eine adäquate Risikoprämie und die Ratingpflege rückt zurück in den Fokus.

Die Schuldenquoten der Staaten haben sich unter dem Einfluss des „Inflationszaubers“ etwas entspannt. Die Verschnaufpause ist jedoch von kurzer Dauer. Denn die Kosten steigen verzögert an und entpuppen den vermeintlichen Spielraum im Haushalt als Illusion. „Mit fiskalischer Großzügigkeit soll die Wirtschaft beflügelt werden. Allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg, jedoch auf Kosten der Sparer, Steuerzahler sowie zukünftiger Generationen. Der inflationäre Druck bleibt hoch, während die restriktive Geldpolitik nur langsam ihre Wirkung entfaltet. Fiskal- und Geldpolitik arbeiten zunehmend gegeneinander: Die Schwergewichte USA und China gehen mit schlechtem Beispiel voran und treiben die Schulden weiter in die Höhe. Und in Europa verlagern sich die Probleme in den Kern und in den Osten“, sagt René Hermann, Lead-Autor der I-CV Länderstudie.

Weiter meint Hermann: „Eine positive Ratingdynamik ist in der europäischen Peripherie, mit Ausnahme Italiens, zu erkennen. Dies zeigt, dass Fiskaldisziplin langfristig zum Erfolg führt. Eine Verdüsterung der Bonitäts-Aussichten attestieren wir den großen Volkswirtschaften Deutschland und Großbritannien. Ausgewählte Schwellenländer in Südamerika und Asien bieten dank proaktiver Notenbankpolitik interessante Alternativen für Investoren. Die hohe Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Haushalten stellt weiterhin die Achillesferse der Länderbonität dar. Es zeigt sich auch, dass das höhere Zinsniveau nur langsam den Weg ins System findet, aber zunehmend Mittel absorbiert und zu weniger Konsum, Investitionen, sinkenden Margen sowie steigenden Ausfällen führen wird. Wir erwarten in der Folge weitere Rating-Downgrades und ein Wiederaufflammen der Diskussion um die Nachhaltigkeit der vielerorts überhöhten Staatsverschuldung.“

Die I-CV Länderstudie 2023 vergibt bei 49 untersuchten Volkswirtschaften sechs Mal die höchste Einstufung Triple-A. Mit Dänemark, Norwegen und Schweden sind wieder drei skandinavische Staaten darunter, die wie die Schweiz, Singapur und die Niederlande AAA geratet sind. Deutschland dagegen verliert die Bestnote, während Österreich unverändert mit AA eingestuft wird. „Deutschland wird momentan von den Medien gerne als ‚kranker Mann Europas‘ bezeichnet. Auch wir erwarten eine anhaltende Schwächephase und einen zähen Reformverlauf, was in einer graduellen Abschwächung der Kreditkennzahlen resultiert. Folgerichtig gehört Deutschland zurzeit nicht mehr zum elitären AAA-Kreis“, sagt Hermann. In der diesjährigen Studie gibt es neben Deutschland auch für Großbritannien und Ungarn Downgrades. Demgegenüber stehen vier Upgrades für Griechenland, Irland, Island und
Portugal.

Für Anleiheninvestoren bleibt das wirtschaftliche und geopolitische Umfeld herausfordernd. Sie sollten sich bewusst sein, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht vorbei ist („higher for longer“) und die Notenbanken verlorenes Vertrauen zurückerobern müssen. Lose Fiskalpolitik sowie Deglobalisierung (Near- und Friendshoring) verstärken den Inflationstrend. Die Transmission der Geldpolitik auf die Realwirtschaft dauert länger als angenommen und wird schmerzhafte Einschnitte erfordern. Zudem erschwert die hohe Verschuldung bei Staaten, Unternehmen sowie Haushalten die Schuldendienstfähigkeit und Tragbarkeit.

„Durch den starken Zinsanstieg haben die lang verschmähten Staatsanleihen gegenüber den Aktien wieder an Attraktivität gewonnen. Beispielsweise erreichten die Renditen von US-Treasuries und niederländischen Staatspapieren aktuell ein 15- beziehungsweise 11-Jahreshoch. In den USA bewegt sich die zehnjährige Treasury Rendite über der Gewinnrendite der Aktien (S&P 500), was in den letzten 20 Jahren nur in der Finanzkrise vorkam.

Wir empfehlen Anleihen von Staaten mit Fiskaldisziplin und positivem Schuldentrend (zum Beispiel Niederlande, Irland oder Dänemark) und in der EU-Peripherie bevorzugen wir Spanien. Schwellenländer zeigen sich proaktiver und abgeklärter bei der Bekämpfung der Inflation als Industrienationen, hier favorisieren wir Staaten aus Südamerika (Peru und Chile) und Asien (Indonesien und die Philippinen) – raten jedoch zur Vorsicht bei Staaten mit hohem China Exportanteil“, so Hermann abschließend.

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EZB-Zinserhöhungen und die drohende Deflation: Ein Blick in die Zukunft

Von Dr. Oliver Everling | 26.Oktober 2023

„Zinshoch erreicht, als nächstes kommen Zinssenkungen“, schreibt Dr. Thorsten Polleit, Honorarprofessor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bayreuth. Ebenso äußert e sich in seinem YouTube-Kanal.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat kürzlich eine Entscheidung getroffen, die in wirtschaftlichen Kreisen aufmerksam verfolgt wurde: Die Leitzinsen bleiben unverändert. Mit einem Hauptrefinanzierungszins von 4,50 %, einem Spitzenrefinanzierungszins von 4,75 % und einem Einlagenzins von 4,0 %, bleiben die Zinssätze auf einem scheinbar konstanten Niveau.

In einer Pressekonferenz, die erneut von vielen Worten geprägt war, wurde jedoch eine bemerkenswerte Erkenntnis offenbart: Der EZB-Rat erkennt nun eine deutliche Abschwächung der Euro-Konjunktur. Doch die tatsächlichen Auswirkungen dieser Abschwächung könnten seiner Meinung nach noch immer unterschätzt werden.

Ein bedeutender Faktor, der zu dieser Abschwächung beiträgt, ist das Schrumpfen der Euro-Geldmengen M1 bis M3. Diese Geldmengen sind rückläufig, vor allem aufgrund der Zinserhöhungen der EZB und der nachlassenden Kreditnachfrage, die eine direkte Folge der Leitzinserhöhungen ist. Die zögerliche Kreditvergabe der Banken trägt ebenfalls dazu bei.

Die Kontraktion der Geldmengen und die sich abschwächende Kreditvergabe könnten erhebliche deflationäre Auswirkungen auf die Güterpreise im Euroraum haben. Dies bedeutet, dass die Preise für Konsum- und Produktionsgüter in den kommenden Monaten wahrscheinlich weiter sinken werden, was zu einer tatsächlichen negativen Inflation führen könnte, und zwar bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2024.

Trotz der Beteuerungen des EZB-Rats, dass die Leitzinsen noch für längere Zeit hoch bleiben werden, ist es wahrscheinlich, dass die Öffentlichkeit und die Finanzmärkte überrascht sein werden, wenn die EZB in absehbarer Zukunft ihren Kurs ändert. Dies liegt angesichts der deflationären Effekte und der schrumpfenden Geldmenge nahe.

Ein weiterer Druckfaktor für die EZB ist der Anstieg der Zinskosten für viele Euro-Regierungen. Dies könnte den Druck auf den EZB-Rat erhöhen, die Kreditkosten wieder zu senken.

Insgesamt gesehen, so die Prognose von Thorsten Polleit, scheint das Zinshoch erreicht zu sein, und die nächste Zinsbewegung der EZB wird wahrscheinlich nach unten zeigen. Dies könnte bereits im ersten Quartal 2024 der Fall sein, selbst wenn die Inflation der Konsumgüterpreise zu diesem Zeitpunkt noch deutlich über der 2-Prozent-Marke liegt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklungen auf die wirtschaftliche Stabilität der Eurozone auswirken werden, und wie die EZB auf die Herausforderungen der abschwächenden Konjunktur und der drohenden Deflation reagieren wird.

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