Europa und China vor ähnlichen Herausforderungen
Von Dr. Oliver Everling | 18.Oktober 2024
Die wirtschaftliche Lage in Europa und China bleibt angespannt. Während die Europäische Zentralbank (EZB) versucht, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, ohne die ohnehin fragile Konjunktur zu gefährden, kämpft China mit tiefgreifenden strukturellen Problemen. Diese Entwicklungen verdeutlichen die globalen Herausforderungen, denen sich Märkte und Regierungen derzeit stellen müssen.
Reinhard Pfingsten, Chief Investment Officer der apoBank, weist darauf hin, dass die Inflation in der Eurozone noch lange nicht besiegt ist. Selbst die EZB rechnet im Schlussquartal mit einer moderaten Gegenbewegung. Obwohl das Inflationsziel von zwei Prozent möglicherweise erst 2025 erreicht wird, sieht Pfingsten dennoch eine Abwärtstendenz bei den Leitzinsen in den kommenden Monaten. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Konjunktur weiterhin schwächelt. Sowohl in der Industrie als auch im Dienstleistungssektor zeigt sich eine anhaltende Schwäche. Pfingsten erwartet deshalb auch keine positiven Impulse durch den kommenden ifo-Geschäftsklimaindex.
Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank DONNER & REUSCHEL, beschreibt einen ähnlichen Trend. Die EZB erwartet in den kommenden Monaten eine steigende Inflation, senkt aber gleichzeitig die Leitzinsen. Dies erscheint auf den ersten Blick widersprüchlich, doch Mumm erklärt, dass die konjunkturelle Schwäche in der Eurozone, insbesondere in Deutschland, auf das Preisniveau drückt. Statistische Effekte, die kurzfristig eine höhere Inflationsrate bis zum Jahresende begünstigen könnten, werden seiner Ansicht nach durch die gesamtwirtschaftliche Nachfrageschwäche zumindest teilweise ausgeglichen. Zusätzlich wirken sinkende Rohölnotierungen neutral bis negativ auf den Preis-Basis-Effekt, was auch durch geopolitische Spannungen, wie etwa im Zusammenhang mit dem Israel-Konflikt, nicht geändert wird. Mumm hält es daher für wahrscheinlich, dass die Leitzinsen auch im kommenden Jahr gesenkt werden, selbst wenn dies nicht bei jeder Sitzung der EZB der Fall sein wird. Sollte die Konjunktur nicht deutlich an Dynamik gewinnen oder die Energiepreise aufgrund geopolitischer Faktoren steigen, hält Mumm ein Zielniveau zwischen 2,0 und 2,5 Prozent für realistisch. Gleichzeitig erwartet er, dass die Renditen von Staatsanleihen sinken und der Euro schwach bleiben wird. Die jüngsten Wirtschaftsdaten aus China deuten seiner Ansicht nach ebenfalls darauf hin, dass das schwache Wachstum im Reich der Mitte keinen nennenswerten positiven Einfluss auf die europäische Konjunktur haben wird.
In China selbst hat die Regierung unterdessen damit begonnen, Maßnahmen gegen die anhaltende wirtschaftliche Schwäche zu ergreifen. Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, analysiert das jüngste Maßnahmenpaket, das am 12. Oktober vom chinesischen Finanzminister angekündigt wurde. Er betont, dass es notwendig sei, die strukturellen Schwächen der chinesischen Wirtschaft zu adressieren. Dazu zählen die Immobilienkrise, die hohe Verschuldung der lokalen Regierungen sowie die schwache Konsumnachfrage. Trotz der aggressiveren Vorgehensweise von Regierung und Notenbank ist Viebig der Meinung, dass die angekündigten Maßnahmen nicht ausreichen werden. Zwar wurden finanzpolitische Schritte unternommen, wie die Bereitstellung von 400 Milliarden Renminbi für lokale Regierungen oder die Erhöhung der Schuldenobergrenze, doch diese Maßnahmen adressieren lediglich die Symptome und nicht die tiefer liegenden Probleme.
Die strukturellen Herausforderungen Chinas sind nach wie vor gravierend. Der Konsum stagniert, industrielle Überkapazitäten drücken auf die Preise und die Immobilienkrise belastet weiterhin das Wirtschaftswachstum. Die Marktteilnehmer hätten sich, so Viebig, von der Regierung konkretere Zahlen zur Stimulierung der Nachfrage gewünscht. Diese erhoffen sie sich nun von der kommenden Sitzung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses Ende Oktober 2024. Zwar haben chinesische Aktien in letzter Zeit Kursgewinne verzeichnet, doch bleibt die wirtschaftliche Unsicherheit hoch.
Auch Carsten Mumm weist auf die schwerwiegenden strukturellen Probleme der chinesischen Wirtschaft hin. Die aktuell schwache Belebung der chinesischen Konjunktur spiegelt sich in einem Wachstum von 4,6 Prozent im dritten Quartal wider, was zwar auf erste fiskal- und geldpolitische Maßnahmen zurückgeführt werden kann, jedoch nicht über die grundlegenden Schwierigkeiten hinwegtäuscht. Besonders auffällig ist der anhaltende Preisverfall im Immobiliensektor, der seit mehr als zwei Jahren zu beobachten ist. Die schwachen Immobilienpreise belasten nicht nur die Konjunktur, sondern auch den Konsum, der bereits durch Unsicherheit und hohe Jugendarbeitslosigkeit geschwächt ist. Mumm sieht die Notwendigkeit für direkte Geldzuweisungen an die Bevölkerung, um den privaten Konsum stärker anzukurbeln. Zudem könnte eine Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Prozessen das Investitionsklima verbessern. Doch bis diese Maßnahmen greifen, bleibt die chinesische Wirtschaft schwach, was sich auch auf Europa auswirkt. Die deflationären Tendenzen in China dämpfen die Inflation in Europa und eröffnen der EZB zusätzlichen Handlungsspielraum.
Trotz der unterschiedlichen Ursachen stehen Europa und China vor ähnlichen Herausforderungen: Beide Wirtschaftsregionen kämpfen mit strukturellen Schwächen, die das Wachstum hemmen und die Inflation beeinflussen. Die globalen Märkte warten daher gespannt auf konkrete Maßnahmen der Regierungen, um die konjunkturelle Schwäche zu überwinden und eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung zu ermöglichen.
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Investment trotz nachlassender Dynamik
Von Dr. Oliver Everling | 16.Oktober 2024
Eine nachlassende Wachstumsdynamik in den USA, weltweit sinkende Inflationsraten und eine uneinheitliche Entwicklung der Staaten der Europäischen Union ergeben zusammen ein sehr gemischtes Bild auf die Zukunft. Dieser Ansicht ist Desiree Sauer, Investmentstrategin bei Lazard Asset Management. Sie setzt auf aktives Rentenmanagement und erwartet ein Comeback zuletzt verschmähter Aktiensegmente.
In Bezug auf das Wirtschaftswachstum hätten die USA erneut überrascht, so die Expertin. Hohe Konsumausgaben, unterstützt durch hohe Ersparnisse und fiskalpolitische Maßnahmen, würden sich positiv auf das US-Wachstum auswirken. Doch auch die USA blieben nicht ganz ohne Blessuren durch die restriktive Geldpolitik: „Wir sehen, wie die wirtschaftliche Dynamik an Schwung verliert – das zeigen die nachlassenden vorausschauenden Einkaufsmanagerindizes insbesondere im verarbeitenden Gewerbe“, sagt Sauer.
Dennoch könne von einer echten Rezessionsgefahr in den USA nicht die Rede sein. Zwar dürfte sich die Wirtschaft im Laufe dieses Jahres als verzögerter Effekt der restriktiven Geldpolitik noch etwas weiter abkühlen, doch die bereits vorgenommenen und die wahrscheinlich noch kommenden Zinssenkungen sollten der US-Wirtschaft 2025 neuen Schwung verleihen.
Allen Befürchtungen zum Trotz habe die Wirtschaft der Eurozone die erste Jahreshälfte besser überstanden als zu Jahresbeginn erwartet. Die Rezession sei ausgeblieben, und die Region verzeichne ein leicht positives Wachstum. Desiree Sauer sieht jedoch genauer hin: „Innerhalb der Eurozone zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen. Das positive Wachstum wurde hauptsächlich von den südlichen Mitgliedstaaten getragen, was teilweise auf Reformen und höhere Staatsausgaben zurückzuführen ist.“
In Deutschland zeige sich ein anderes Bild: „Als Exportnation leidet Deutschland unter der anhaltenden globalen Nachfrageschwäche, und bestimmte Kernsektoren der Wirtschaft stehen unter Druck – darunter auch die Automobilindustrie. So erwägt beispielsweise der Autoriese VW die Schließung zweier Werke in Deutschland“, erklärt Sauer. Die restriktive Fiskalpolitik und die politische Unsicherheit in Deutschland, ausgelöst durch das Zerwürfnis der Ampelkoalition und die deutlichen Zugewinne der AfD bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland, hätten den Gegenwind für Europas größte Volkswirtschaft noch verstärkt. „Es ist also kein Wunder, dass die Stimmung in Deutschland auf ein Tief gerutscht ist, was sich auch im ifo-Geschäftsklimaindex niederschlägt“, sagt Sauer.
Betrachte man die Eurozone insgesamt, sei die Entwicklung dennoch positiv: Das Verbrauchervertrauen verbessere sich stetig, das BIP-Wachstum sei im zweiten Quartal positiv gewesen und die Arbeitslosigkeit auf den niedrigsten Stand aller Zeiten gesunken. „Auch wenn eine Rezession in der Eurozone nicht völlig ausgeschlossen werden kann, sehen wir keine Anzeichen dafür, dass sie unmittelbar bevorsteht“, sagt Sauer. „Das ist unter anderem auf die Stärke der Verbraucher zurückzuführen. Die Kombination aus niedriger Inflation und steigenden Reallöhnen dürfte das Verbrauchervertrauen zusätzlich stärken. Der Internationale Währungsfonds schätzt, dass die Wirtschaft der Eurozone im Jahr 2024 um 0,9 Prozent und im Jahr 2025 um 1,5 Prozent wachsen wird, für die USA liegen die Werte bei 2,6 Prozent in 2024 und 1,9 Prozent für 2025.“
Erfreulich ist laut Sauer auch die Inflationsentwicklung: „Auf beiden Seiten des Atlantiks gehen sowohl die Headline- als auch die Kerninflationsrate zurück, mit Ausnahme von Großbritannien, wo sich die Kernrate ausgesprochen hartnäckig zeigt. Die Eurozonen-Inflation (Headline) ist im September mit 1,8 Prozent sogar unter das Zwei-Prozent-Ziel der Europäischen Zentralbank gerutscht. Großbritannien und die USA sind mit 2,2 Prozent ebenfalls nahe am gewünschten Korridor.“
Desiree Sauer geht davon aus, dass die Zentralbanken ihren eingeschlagenen Weg weiter fortsetzen werden. Die Inflation scheine eingedämmt zu sein, was den Zentralbanken Raum für weitere Zinssenkungen gebe. Für die Europäischen Zentralbank (EZB) werde im Oktober der nächste Zinsschritt um 25 Basispunkte erwartet. „Auch in den USA rechnen wir mit weiteren Zinssenkungen in den nächsten Monaten, auch wenn diese wahrscheinlich nicht mehr ganz so hoch ausfallen werden. Zwei weitere Schritte um jeweils 25 Basispunkte bis zum Jahresende erscheinen uns vernünftig“, sagt Sauer.
Zu den aktuellen Risiken gehören die anstehenden Wahlen, insbesondere in den USA. Sorge bereiten Desiree Sauer außerdem der zunehmende Protektionismus, ein möglicher weiterer Rechtsruck und ein potentielles Wiederaufflammen der Inflation. „Dennoch bleibt unser Ausblick für die Anleihemärkte, sowohl für Investment- als auch für Hochzinsanleihen, positiv. Unternehmensanleihen gehören zu den Nutznießern der stabilen und teilweise aufhellenden Wirtschaftsaussichten. Wir sind der Ansicht, dass Euro-Hochzinsanleihen im Durchschnitt immer noch etwas zu teuer gehandelt werden, während ausgewählte Emittenten und Anleihen weiterhin ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.“
Aktives Management ist aus Sicht der Expertin als Schlüssel zum Erfolg. Sie hält nordische Anleihen für eine interessante Nische, da diese Anleihen auf der Grundlage starker Fundamentaldaten und höherer Spreads ein beträchtliches Performancepotenzial böten. „Insgesamt könnten festverzinsliche Anlagen durch weitere Zinssenkungen Auftrieb erhalten. Es besteht jedoch weiterhin das Risiko, dass die Inflation zurückkehrt, was an den Märkten zu einigen Turbulenzen führen könnte. Das ist jedoch nicht unser Basisszenario“, hält Sauer fest.
Auch für die Aktienmärkte ist Desiree Sauer positiv gestimmt. Sie rechnet jedoch aufgrund der bevorstehenden US-Wahl in den nächsten Monaten mit einer erhöhten Volatilität an den Märkten. Bei den Favoriten unter den Aktientiteln könne es zu einem Wechsel kommen: „Unserer Meinung nach werden Aktiensegmente, die in den letzten Jahren in den Hintergrund geraten sind, wieder mehr Anlegerinteresse wecken. Dazu gehören beispielsweise Small- und Mid-Cap-Aktien, die von der Aussicht auf weitere Zinssenkungen und eine stabile Konjunktur profitieren könnten. Dies würde wiederum die Performance von Wandelanleihen beflügeln, deren Emittenten hauptsächlich aus dem Mid-Cap-Growth-Bereich stammen“, argumentiert die Expertin.
Auch Schwellenländeraktien könnten Nutznießer des derzeitigen Umfelds sein. Diese lägen nach wie vor in ihren Bewertungen weit zurück, obwohl sich das makroökonomische Umfeld verbessert habe. Doch die Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve und ein potentiell schwächerer Dollar könnten eine Phase einläuten, in der Schwellenländeraktien wieder outperformen könnten.
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USA schon vor der Wahl auf Talfahrt
Von Dr. Oliver Everling | 10.Oktober 2024
Das unabhängige Schweizer Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) veröffentlichte ihre jährliche Länderstudie. Dabei wurden 48 Staaten einer umfangreichen Analyse unterzogen. Insbesondere die Bereiche Geldpolitik & Inflation, Wachstum, Fiskalpolitik und Risiken standen im Fokus der Untersuchung. Die Ergebnisse liefern Anleiheninvestoren Erkenntnisse, in welchen Staaten positive respektive negative Rahmenbedingungen für künftige Investments vorherrschen.
„Die harschen Zinsschritte der Notenbanken zeigen Wirkung und die Inflation nähert sich den Zielwerten an“, schreiben die Spezialisten aus der Schweiz. Die befürchtete Rezession (harte Landung) blieb vorerst aus und eine weiche Landung scheint sich abzuzeichnen. Doch Konsum und Fiskalpolitik als Wachstumsstützen brechen langsam weg. Zudem führt Kaufkrafterosion zu Desillusion mit Politik und zu Auftrieb bei populistischen Parteien. „Mit Blick auf tiefere Zinsen zeigen sich die Kapitalmärkte optimistisch bis euphorisch. Dies trotz erhöhten Zahlungsausfällen bei Unternehmen, steigenden Kreditkartenschulden und verhaltenen Wachstumsaussichten. Dabei verharren die Risikoprämien bei Unternehmen und Staaten unbekümmert auf tiefen Niveaus“, sagt René Hermann, Lead-Autor der I-CV Länderstudie.
Weiter meint Hermann: „Eine Stabilisierung der Schuldenquoten auf hohem Niveau stellt sich langsam ein. Es gelingt aber nur wenigen Staaten, diese nachhaltig zu senken. Besorgniserregend bleibt die Schuldendynamik bei den großen Volkswirtschaften USA, China sowie im Kern Europas Eine Rückkehr zu ultratiefen Zinsen erachten wir als unrealistisch. In Anbetracht hoher Schuldenquoten, schwachem Wachstum, rigidem Ausgabendruck, auslaufender Sonderprogramme und mangelnder Fiskaldisziplin rückt die Tragbarkeit der Schulden wieder in den Fokus Die absoluten Renditeniveaus sind attraktiv und die Anlageklasse dank Rückzug der Notenbanken wieder interessant. Unsere Länderstudie 2024 zeigt aber auch, dass der Ratingdruck bei undisziplinierten Staaten steigt, während die Risikoprämien die anfällige Konstellation und die geopolitischen Unsicherheiten unzureichend reflektieren.“
Die I-CV Länderstudie 2024 vergibt bei den 48 untersuchten Volkswirtschaften – wie bereits 2023 – sechs Mal die höchste Einstufung Triple-A, darunter die Schweiz. Deutschland verlor vergangenes Jahr diese Bestnote. „Im Vergleich zum Vorjahr haben wir fünf Länder zurück- und ebenso fünf Staaten hochgestuft. Prominentestes Beispiel sind sicherlich die USA, welche nun das Rating AA- aufweisen. Aber auch Finnland und Israel zeigten Entwicklungen, die zu Downgrades führten. Mit Spanien und Griechenland sind zwei europäische Länder besser eingestuft worden. Und auch Australien und die Schwellenländer Indien und Philippinen kletterten eine Stufe höher“, so Hermann.
Die Renditen von US-Treasuries befinden sich im Bereich eines 16-Jahreshochs. Dennoch bleibt Vorsicht geboten, da die Risikoprämien der Länder insgesamt ungenügenden Schutz bieten vor den zahlreichen Herausforderungen. „Insbesondere die Geopolitik ist innerhalb der Risikofaktoren zu nennen. Allein schon vier militärische Konflikte haben leider das Potenzial, um für erhebliche Unruhe und in der Folge für Marktverwerfungen zu sorgen. Fragmentierung und Polarisierung in Europa gehören ebenfalls zu den nennenswerten möglichen Unruhe-Faktoren“, sagt Hermann.
Abschließend zieht der Lead-Autor der I-CV Länderstudie folgendes Fazit: „Insgesamt sehen wir die Anleihenmärkte im Spannungsfeld von Inflationsrisiken, Geld- und Geopolitik. Investoren sollten sich daher auf eine erhöhte Volatilität einstellen und berücksichtigen, dass angesichts sich verschärfender Probleme die Risikoprämien zu tief sind. Dazu kommt die geringere Nachfrage nach Anleihen durch Zentralbanken bei weiterhin hohem Angebot. Die Schuldenlast sowie steigende Zinsaufwendungen erhöhen den Ratingdruck und engen den Finanzspielraum ein. In diesem Umfeld wird Europas Peripherie, Italien ausgenommen, für Investoren interessanter, Europas Kern dagegen unattraktiver. Wir bevorzugen Staaten mit hoher Fiskaldisziplin und positivem Schuldentrend, beispielsweise Schweden, Norwegen und Dänemark sowie Niederlande und Irland. Vorsicht ist geboten bei Schwellenländern mit hohen Defiziten und niedrigem Wachstum, etwa bei Südafrika und Mexiko.“
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Moody’s erneut als führender Anbieter von Risikotechnologie ausgezeichnet
Von Dr. Oliver Everling | 8.Oktober 2024
Moody’s Corporation hat im Chartis RiskTech100® 2025 Bericht erneut den Spitzenplatz belegt und wurde zum dritten Mal in Folge als weltweit führender Anbieter von Risikotechnologie ausgezeichnet. Dies unterstreicht die herausragende Leistung von Moody’s in der Bereitstellung umfassender Lösungen, die ihren Kunden eine ganzheitliche Sicht auf Risiken ermöglichen – durch die Nutzung von Forschung, Daten und Analysen.
Der Chartis RiskTech100 ist die umfassendste Studie über die weltweit führenden Anbieter von Risiko- und Compliance-Technologie. Die Spitzenplatzierung von Moody’s würdigt die außergewöhnliche Fähigkeit des Unternehmens, Kunden durch innovative Lösungen eine umfassende Risikoübersicht zu bieten. „Der Gewinn des Hauptpreises von Chartis zum dritten Mal in Folge ist ein starkes Zeugnis dafür, wie Moody’s stets an der Spitze der Entwicklungen in der Risikomanagement-Technologie bleibt“, erklärte Rob Fauber, Präsident und CEO von Moody’s. „Wir streben ständig danach, unsere Produktpalette zu innovieren und neue Technologien und Erkenntnisse so schnell wie möglich in die Hände unserer Kunden zu legen.“
Neben der Spitzenposition in der Gesamtwertung konnte Moody’s auch in 12 Einzelkategorien überzeugen, darunter Marktpräsenz, Strategie, Funktionalität, Banking, Versicherung, Klimarisiko und Kreditportfoliomanagement.
Sid Dash, leitender Forscher bei Chartis, hob die strategische Nutzung modernster Technologien durch Moody’s hervor: „Durch die Beibehaltung seiner Spitzenposition im RiskTech100 hat Moody’s gezeigt, wie effektiv es neueste Technologien nutzt, um seine Daten und Analysen effizient zugänglich, verteilbar und nutzbar zu machen.“ Er betonte zudem die kontinuierliche Erweiterung der analytischen Werkzeuge von Moody’s, die verschiedene Geschäftsbereiche wie Banking, Versicherung, Verbriefung und Compliance abdecken.
Die Auswahl der Gewinner des RiskTech100 2025 erfolgte nach einem fast einjährigen Prozess, der Briefings mit Anbietern und Gespräche mit Käufern und Endnutzern von Risikotechnologie umfasste. Die Forschungsdirektoren und leitenden Analysten von Chartis Research trafen anschließend die endgültigen Entscheidungen.
Chartis Research ist ein führender Anbieter von Forschung und Analysen für den globalen Markt der Risikotechnologie. Ihr Ziel ist es, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Unternehmensleistung durch verbessertes Risikomanagement, Corporate Governance und Compliance zu steigern.
Moody’s bleibt damit ein entscheidender Akteur in einer zunehmend vernetzten Welt voller Risiken. Mit innovativen Technologien und tiefgehenden Analysen bietet das Unternehmen seinen Kunden die nötigen Werkzeuge, um Chancen zu erkennen und mit Zuversicht zu handeln.
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Chinas Wirtschaft in der Liquiditätsfalle
Von Dr. Oliver Everling | 8.Oktober 2024
Die von der chinesischen Zentralbank beschlossenen Zinssenkungen und vom Politbüro der Kommunistischen Partei angekündigten Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft haben seit der letzten Septemberwoche ein Kursfeuerwerk am chinesischen Aktienmarkt ausgelöst. Noch ist allerdings nicht erkennbar, dass dieser Stimulus tatsächlich zu einem nachhaltigen Aufschwung der chinesischen Wirtschaft führen wird. Dazu sind die Herausforderungen, mit denen die chinesische Führung derzeit konfrontiert ist, zu komplex, urteilt Axel D. Angermann, der als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte analysiert.
„Der Entschluss der Regierung, die im Immobiliensektor über lange Zeit entstandenen Exzesse abzubauen, hat dazu geführt, dass die Immobilienpreise seit rund zwei Jahren sinken. Das hat die chinesische Wirtschaft in eine Liquiditätsfalle bewegt: Sinkende Zinsen führen nicht zu einer Belebung der Investitionstätigkeit, weil die Akteure angesichts des hohen Überangebots an Wohnungen mit anhaltend sinkenden Preisen rechnen. Anders als beabsichtigt hat dies eine Kettenreaktion mit gesamtwirtschaftlich gravierenden Folgen ausgelöst: Wegen der aus den sinkenden Immobilienpreisen resultierenden Vermögensverluste wird auch der private Konsum massiv beeinträchtigt, was wiederum die gesamtwirtschaftliche Dynamik erheblich bremst“, so Angermann. „Der Versuch, dem mittels steigender Exporte entgegenzuwirken, ist nur in begrenztem Maße erfolgreich, weil die Weltwirtschaft insgesamt schwächelt und sowohl die US-amerikanische Regierung als auch neuerdings die EU-Kommission Maßnahmen gegen die Flutung ihrer Märkte mit günstigen chinesischen Produkten ergreifen.“
Die bisherigen Schritte zur Stabilisierung der Wirtschaft waren jeweils nur kurzzeitig erfolgreich, heißt es aus dem Hause der FERI. So stellte die Zentralbank 500 Milliarden Yuan für den Kauf leerstehender Wohnungen durch lokale staatliche Unternehmen bereit, wovon bisher nur 25 Milliarden genutzt wurden, da das Geschäft für die Firmen offenbar unattraktiv ist. Zudem gibt es Widerstand von Hausbesitzern, die auf Dauer geringere Marktpreise und eine ungünstige Veränderung der Sozialstruktur in ihren Wohnvierteln befürchten, wenn ein Großteil der Häuser als Sozialwohnungen vermietet wird. Für eine nachhaltige Stabilisierung der Immobilienpreise wäre ein großes Zentralbankprogramm notwendig, wie es zuletzt im Jahr 2015 der Fall war. Die derzeitigen Maßnahmen bleiben in ihrem Umfang deutlich dahinter zurück und zielen vor allem darauf ab, das BIP-Wachstumsziel von 5% zu erreichen und ein weiteres Abrutschen der Wirtschaft zu verhindern. Dieses Ziel immerhin dürfte wohl erreicht werden, zumal die Führung in Aussicht gestellt hat, die Maßnahmen bei Bedarf auszuweiten. Eine dauerhaft deutlich höhere Wachstumsdynamik ist jedoch unwahrscheinlich: Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die chinesische Führung unter Xi Jinping ihre Prioritäten grundsätzlich verändert hätte, und diese Prioritäten liegen gerade nicht in einer hohen Wachstumsdynamik, sondern in möglichst umfassender Kontrolle und der Verfolgung spezifischer Ziele zur Stärkung (welt-)politischer Ambitionen.
Aufschlußreich war die ausbleibende Reaktion des Ölpreises auf die neuen Stützungsmaßnahmen: Würde Chinas Wirtschaft tatsächlich auf einen höheren Wachstumspfad einschwenken, hätte das erfahrungsgemäß den Ölpreis deutlich steigen lassen, da China weiterhin zu den größten Ölkonsumenten zählt. Bei chinesischen Aktien ergibt sich für professionelle Investoren angesichts der bisherigen dramatisch niedrigen Bewertung eine taktische Opportunität. Die strategischen Perspektiven bleiben allerdings verhalten.
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Grün geärgert mit grünem Investment: Ein Trend im Anlagebetrug
Von Dr. Oliver Everling | 23.September 2024
Die Finanzmarktaufsicht Österreich (FMA) macht erneut auf einen Fall von Anlagebetrug aufmerksam, der sich das Vertrauen in „grüne“ Investments zunutze macht. Die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte zuvor vor der „Agrarvis Forst- und Energiegenossenschaft“ gewarnt. Diese Organisation, mit angeblichem Sitz in Wien, bietet über die Website agrarvis.com Vermögensanlagen an, ohne dabei die notwendigen Verkaufsprospekte veröffentlicht zu haben. Ein Lokalaugenschein an der angegebenen Wiener Adresse (Tuchlauben 7a) ergab nach Angaben der Aufsicht in Österreich, dass die „Agrarvis“ dort nicht zu finden ist. Zudem ist die Firma nicht im österreichischen Firmenbuch eingetragen.
Das Täuschungsmanöver richtet sich gegen Investorinnen und Investoren, die vergeblich auf eine Rückzahlung ihres Kapitals warten. Die FMA hat bereits erste Beschwerden von betroffenen Investor:innen erhalten und bittet nun um weitere Hinweise. Angeboten wurden unter anderem Produkte mit den Bezeichnungen „Waldportfolio“ und „Geschäftsanteile Agrarvis Timber Capital III“, die allesamt auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz abzielen – ein Trend, der immer häufiger für betrügerische Zwecke missbraucht wird.
Anlagebetrügerinnen und Anlagebetrüger verstehen es, sich aktuellen Markttrends geschickt anzupassen. Besonders im Fokus stehen dabei neue Geschäftsmodelle, die durch mediale Präsenz oder politische Unterstützung an Attraktivität gewinnen. Während etablierte Unternehmen meist strengen Regulierungen unterliegen, sind aufstrebende, innovative Branchen wie erneuerbare Energien oder Klimatechnologien oft noch nicht ausreichend reguliert. Dies eröffnet Betrüger:innen die Möglichkeit, potenziellen Investor:innen Antworten auf kritische Nachfragen zu liefern und etwaige Bedenken zu zerstreuen.
Gerade die grüne Welle, die Nachhaltigkeit und Umweltschutz propagiert, bietet einen perfekten Nährboden für Anlagebetrug. Ähnlich wie bei den ebenfalls verbreiteten Krypto-Betrügereien nutzen Kriminelle hier das steigende Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Klimakrise aus. Sie zielen auf das grüne Gewissen von Geldanlegenden ab, die bereit sind, in saubere Technologien, CO₂-neutrale Projekte oder umweltfreundliche Initiativen zu investieren. Doch nicht selten zeigt sich: Hinter dem grünen Versprechen steckt nichts als heiße Luft.
Das Vertrauen in nachhaltige Investments wird durch solche Betrugsfälle schwer beschädigt. Dabei sind grüne Finanzprodukte ein zentraler Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. Betrügerinnen und Betrügeruntergraben durch ihre Machenschaften nicht nur das Vertrauen in solche Anlageformen, sondern auch die Bereitschaft von Menschen, ihr Geld in Projekte zu stecken, die tatsächlich einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben. Anlegerinnen und Anlegersollten daher besonders vorsichtig sein und sicherstellen, dass hinter einem Angebot seriöse Unternehmen stehen, die transparente Informationen und gesetzlich erforderliche Unterlagen wie Verkaufsprospekte vorlegen können.
Die FMA bittet alle Betroffenen, sich zu melden und gegebenenfalls mit sachdienlichen Hinweisen zum Aufdecken des Betrugs beizutragen. Um sich vor solchen betrügerischen „grünen“ Investments zu schützen, ist es ratsam, vor jeder Geldanlage gründlich zu prüfen, ob das Unternehmen registriert und reguliert ist. Ein prüfender Blick in das Firmenbuch oder bei zuständigen Finanzaufsichtsbehörden kann viel Ärger ersparen – und im Zweifel sogar vor einem erheblichen finanziellen Verlust bewahren.
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Dr. Florian Toncar: Europäische Kapitalmarktunion als Schlüssel für Wettbewerbsfähigkeit und private Investitionen stärken
Von Dr. Oliver Everling | 18.September 2024
Dr. Florian Toncar, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, gibt auf dem Capital Markets Day 2024 an der Frankfurt School eine Impuls-Keynote zum Thema „Ziele, Chancen und mögliche Ausgestaltung einer europäischen Kapitalmarktunion“. Für die öffentliche Hand sei nicht angesagt, die aktuellen Entwicklungen bei einer der Großbanken zu kommentieren. Die Kapitalmarktunion sei der entscheidende Punkt. Die europäische Wettbewerbsfähigkeit sei oft zurückgestellt worden, hinter grüne Transformation, KI-Regulierung usw. Die europäischen Aufsichtsbehörden seien immer noch sehr fleißig, weiter Vorschriften auszuarbeiten. Die eigene Wettbewerbsfähigkeit sei daher zu sehr geschwächt worden.
Der Investitionsbedarf sei in Europa unstrittig hoch. Nur rund 10 % der Investitionen werden durch die Staaten geleistet. Rund 90 % ist auf den privaten Sektor angewiesen. Der Bund investiert, wie beispielsweise in die Bahn. „Was mich stört, ist die öffentliche Diskussion oft auf die Finanzfrage reduziert wird“, sagt Toncar. Auch müsse unterschieden werden, was Subvention und was Investition ist.
Heute gibt es nur noch rund 350.000 Auszubildende in Handwerksberufen, nur noch halb so viel wie vor gut 25 Jahren. „Da haben wir viel zu tun“, sagt Toncar. Der Kapitalmarkt sei nach der Finanzkrise in Verruf geraten. Toncar skizziert, warum die Zusammenhänge beachtet werden müssen. „Es gab Anlass dafür, über Regulierung zu sprechen. Aber man hat ausgeblendet, welche Chancen im Kapitalmarkt stecken“, warnt Toncar.
Seit 2021 ist für die Bundesregierung der Kapitalmarkt auf der Agenda. Toncar zählt eine lange Liste von Erfolgen auf, die seitdem für den Kapitalmarkt erreicht wurden, die das Angebot von Kapital verbessern. Der Standort wurde wettbewerbsfähiger gemacht. Auch im innereuropäischen Wettbewerb wurden konkrete Maßnahmen entwickelt, das Ökosystem zu stärken. „Wir sind aktuell auch dabei, größere Kapitalstöcke zu bekommen“, auch die betriebliche Altersvorsorge soll gestärkt werden.
Die Stärkung der privaten Altersvorsorge wird neben den Riester-Produkten auch Versicherungsprodukte mit 80 % Absicherung sowie neue geförderte Produkte umfassen. Das Generationenkapital wird auch die Säule der gesetzlichen Rentenversicherung stärken. Weitere und auch größere Schritte sollen folgen. „Ob das so kommt, haben Sie mit Ihren Stimmen in der Hand“, ruft Toncar den Teilnehmern zu.
„Wir müssen an die Eigenkapitalregeln für Verbriefungen ran“, sagt Toncar mit Blick auf die vielen Hindernisse, die der Verbriefung von Mittelstandsfinanzierungen entgegenstehen. Mittelständler wollen nicht den Aufwand, selbst an den Kapitalmarkt heranzutreten. Daher sei es wichtig, die Verbriefung von Forderungen der Banken zu erleichtern.
Die Exit-Möglichkeiten in Europa seien ein weiteres Top-Thema. Um Unternehmensgründungen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, müssen weitere Chancen eröffnet werden. Stark wachsende Unternehmen finden noch nicht genügend Optionen, sich Wachstumskapital zu beschaffen.
„Eine europäische SEC muss man sich sehr gut überlegen“, warnt Toncar. Ziel sei die Konvergenz der Aufsichtssysteme. Würde eine europäische SEC neben die vorhandenen Institutionen gestellt, könnte dies den Aufwand und Komplexität weiter erhöhen, statt zu senken.
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Knolls Talk zu Herausforderungen der Regulatorik
Von Dr. Oliver Everling | 12.September 2024
Die DFV Deutsche Familienversicherung AG („Deutsche Familienversicherung“), ein innovativer Direktversicherer aus Frankfurt, beendet das erste Halbjahr 2024 mit einem Wachstum des Versicherungsumsatzes von 8 %. Mit einer Combined Ratio von 96 % war die Deutsche Familienversicherung erneut operativ profitabel. Das Konzernergebnis vor Steuern beträgt im ersten Halbjahr 2024 4,1 Mio. EUR.
„Trotz der weiterhin schwierigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben wir das erste Halbjahr 2024 gut beendet und damit weiterhin eine solide Grundlage, um unsere für 2024 gesteckten Ziele zu erfüllen,“ kommentiert Dr. Stefan Knoll, Vorsitzender des Vorstandes und Gründer der Deutschen Familienversicherung.
Knoll lässt in seinem Talk beim Capital Market Day mit seinem Vorstandskollegen Dr. Karsten Paetzmann klar, welche Fehler die Politik in Bezug auf die Pflegeversicherung macht: Indem der Bevölkerung immer wieder versprochen werde, der Staat könne in vollem Umfang für Pflege für alle sorgen, nimmt der Staat die Anreize, privat Vorsorge zu betreiben. Die Realität sei, dass fast jeder im Pflegefall auf staatliche Unterstützung angewiesen sein wird, für die der Staat aber nicht über die notwendigen Mittel verfüge.
Als Resultat planmäßig erhöhter Abschlusskosten durch TV-Werbekampagnen verringerte sich das operative Ergebnis (Insurance Service Result) nach IFRS 17 auf 2,4 Mio. EUR (H1 2023: 5,0 Mio. EUR). Dieser Entwicklung soll durch eine eingeleitete Reduzierung der Kampagnen im zweiten Halbjahr 2024 entgegengewirkt werden. Die Combined Ratio erhöhte sich im ersten Halbjahr 2024 auf 96,5 % (H1 2023: 92,0 %). Die Schadenquote liegt mit 61,0 % weiterhin innerhalb der vom Unternehmen definierten Zielspanne. Die Verwaltungskostenquote reduzierte sich nochmals leicht auf 18,2 % (H1 2023: 18,5 %). Hier macht sich die fortgesetzte Kostendisziplin bemerkbar.
Trotz des makroökonomischen Umfelds, welches weiterhin von Krieg und Krise geprägt ist, erzielte die Deutsche Familienversicherung in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 ein Konzernergebnis vor Steuern von 4,1 Mio. EUR und verbesserte das Ergebnis im Vergleich zum Vorjahresvergleichszeitraum leicht um 0,1 % (H1 2023: 4,0 Mio. EUR). Haupttreiber ist das deutlich um 3,2 Mio. EUR verbesserte Finanzergebnis. Die Solvabilität der Deutschen Familienversicherung lag mit einer Quote von über 300 % auch im ersten Halbjahr 2024 weiterhin deutlich oberhalb der definierten Zielspanne.
„Für die nächsten vier oder fünf Jahre sind wir duschfinanziert, das setzt nur voraus, dass wir uns nicht in andere Abenteuer stürzen“, verspricht Paetzmann. „Wenn wir mit dem jetzigen Geschäftsmodell so weiterfahren, habe ich ein gutes Gefühl.“ Paetzmann hat die Solvabilität vor Augen und will insbesondere auf Solvabilität achten, auch wenn diese absehbar abnehme.
Für das Jahr 2024 plant die Deutsche Familienversicherung eine konsequente Fortsetzung der Strategie des profitablen Wachstums. Unter der Voraussetzung, dass das makroökonomische Umfeld nicht für außerordentliche negative Ergebniseinflüsse ursächlich ist, plant die Deutsche Familienversicherung im Geschäftsjahr 2024 mit einem Konzernergebnis vor Steuern von 5-7 Mio. EUR.
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BSW-Forum: Wegweisende Plattform für die Zukunft der Wertpapierkultur
Von Dr. Oliver Everling | 9.September 2024
Die Branchenvertretung der führenden Emittenten strukturierter Wertpapiere, der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW), lud unter dem Motto „Mehr Wertpapierkultur wagen!“ zur Jahreskonferenz, dem BSW-Forum, in Frankfurt am Main ein.
Der geschäftsführende Vorstand Christian Vollmuth betonte in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung, Vorteile und Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Wertpapierkultur: In Ländern mit einer breiten gesellschaftlichen Akzeptanz von Wertpapieranlagen, einer Begeisterung für die Börse und einer starken finanziellen Bildung könnten sowohl Anleger als auch der Staat echte Mehrwerte generieren – das zeigten Beispiele aus Schweden, Norwegen und den USA. Ziel des diesjährigen BSW-Forums sei es daher, Akteure aus Politik und Wissenschaft, Vertreter der Medien, Experten für Strategie und Kommunikation sowie der Aufsichts- und Regulierungsbehörden und nicht zuletzt der Finanzindustrie in Diskussion zu bringen, um die Stärkung der Wertpapierkultur in Deutschland voranzutreiben. In vielen Bereichen belege Deutschland hier nur mittlere oder hintere Ränge – sei es bei der Anzahl der Börsengänge im europäischen und transatlantischen Vergleich, bei der Aktionärsquote oder bei dem Verhältnis von Anlagevermögen auf Konten zu Wertpapieren.
Ein wesentlicher Eckpfeiler einer soliden Wertpapierkultur sei eine Politik, die mit einer positiven Grundhaltung auf die Kapitalmärkte blicke und einen zukunftssicheren Rahmen für Investoren vorgibt – denn nur mit Investoren seien Großprojekte wie Digitalisierung und Klimaneutralität überhaupt finanzierbar. Die im Juli verabschiedete Wachstumsinitiative der Bundesregierung wertete Vollmuth als positives Zeichen, da der Stärkung des Finanzplatzes Priorität eingeräumt werde. „Es liegt im Interesse Deutschlands, dass die finanzielle Bildung weiter gestärkt wird und Wertpapiere für Anleger gut zugänglich sind, ganz gleich ob mit Beratung oder im beratungsfreien Geschäft“, sagt Christian Vollmuth.
Strukturierte Wertpapiere sind bereits als elementare und transparente Portfoliobausteine für Vermögensaufbau, -erhalt und -absicherung privater Anleger etabliert: Die 15 Mitgliedsinstitute des BSW stehen für ein Marktvolumen von strukturierten Wertpapieren in Höhe von 95 Mrd. Euro. Mehr als 97 Prozent des Marktvolumens entfallen auf Anlageprodukte, der Rest auf Hebelprodukte. Im Jahr 2023 summierten sich die Wertpapierumsätze an der Börse Stuttgart, der Börse Frankfurt und der gettex Exchange auf 57,6 Mrd. Euro; allein im ersten Halbjahr 2024 wurden bereits 25,3 Mrd. Euro umgesetzt. Strukturierte Wertpapiere können nicht nur börslich, sondern auch außerbörslich mit den Emittenten gehandelt werden.
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Wertpapierkultur als Grundlage privater Altersvorsorge
Von Dr. Oliver Everling | 9.September 2024
Unter der Moderation von Viola Grebe widmete sich das BSW-Forum 2024 dem Thema „Mehr Wertpapierkultur wagen!“ Die Paneldiskussion „Wie stärken wir (endlich) die Wertpapierkultur und die private Altersvorsorge in Deutschland?“ brachte dazu vier Experten zusammen, die über die Herausforderungen und Möglichkeiten der Förderung von Wertpapieren und der privaten Altersvorsorge in Deutschland diskutierten.
Prof. Dr. Barbara Brandstetter von der Hochschule Neu-Ulm eröffnete die Diskussion mit der Feststellung, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine geringe Akzeptanz der bisher entwickelten Ansätze wie der Riester-Rente aufweise und zählte die wichtigsten Erfahrungen mit der Riester-Rente auf. Sie führte den mangelnden Erfolg nicht nur auf eine tiefe Skepsis gegenüber Wertpapieren, sondern auch auf unzureichende finanzielle Bildung zurück. In ihrer Analyse betonte sie, dass bereits früh in Schulen und Bildungseinrichtungen ein grundlegendes Verständnis für den Kapitalmarkt geschaffen werden müsse, um diese Vorurteile abzubauen und das Vertrauen in die Märkte zu stärken. Wenn Verbraucheraufklärung zu komplex ist, schrecke diese eher ab, als dass sie zur privaten Vorsorge ermutige.
Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer des deutschen Fondsverbands BVI, stimmte zu, trat aber der Vorstellung entgegen, dass jeder Taxifahrer in New York ein besserer Experte bei Aktieninvestments sei als ein deutscher. Er unterstrich die Bedeutung politischer Rahmenbedingungen, die den Zugang zu Wertpapieren erleichtern und berichtete direkt von der durch seinen Verband gemeinsam mit anderen Akteuren geleisteten Arbeit zur Regulierung. Er sprach sich für Anreize aus, den Zugang zu Wertpapieren zu deregulieren. Den Beratungsprozess für einen Fonds zu machen, tun sich nach seinen Worten viele Berater nicht mehr an, sondern schneller sei ein Festgeld verkauft. „Es kann nicht sein, dass der Staat immer was dazuschießt“, warnt Richter und fordert, dass Wertpapiersparen auch ohne staatliche Zuschüsse attraktiv genug sein müsse.
Keiner auf der Welt mache die EU-Taxonomie oder das Lieferkettensorgfaltspflichten nach, mit dem sich die Europäer belasten. Richter wertet die Tatsache, dass niemand dem Beispiel der Europäischen Union folge, als Warnsignal, dass die Regulierung offenbar nicht so gelungen ist, dass sie als Muster für andere Staaten diene. Auch innerhalb der EU haben die Deutschen einen Wettbewerbsnachteil, da es an EU-Vereinheitlichung fehle.
Anja Schulz, Bundestagsabgeordnete der FDP, hob in ihrer Wortmeldung hervor, dass eine Reform der Altersvorsorge unumgänglich sei. Sie plädierte für ein flexibleres System, das stärker auf private Vorsorge setzt und den Bürgern mehr Verantwortung, aber auch mehr Freiheit bei der Altersvorsorge einräumt.
Christian Vollmuth, Geschäftsführender Vorstand des BSW, ließ durchblicken, dass es entscheidend sei, die rechtlichen und regulatorischen Voraussetzungen so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der Anleger gerecht werden. Er betonte, dass ein stabiler und verlässlicher Rechtsrahmen essenziell sei, um das Vertrauen der Bürger in die Wertpapiermärkte zu gewinnen. Darüber hinaus sprach er sich für ein Gesetz aus, „das man lesen kann“, einfach genug formuliert ist, damit es auch verständlich sei. Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen sei ein Beispiel, wie die Fragen so gestellt werden, dass Anleger anschließend kein Interesse mehr hätten. Reduzierung der Komplexität der Regulierung, Die Frage sei, ob das nicht „komplett absurd endet“, warnt Vollmuth am Beispiel des Versuchs, das Produktinformationsblatt zusammenzufassen.
Die Diskussion machte deutlich, dass die Stärkung der Wertpapierkultur und der privaten Altersvorsorge in Deutschland ein vielschichtiges Thema ist, das sowohl bildungspolitische Maßnahmen als auch rechtliche und wirtschaftliche Reformen erfordert. Alle Teilnehmenden waren sich einig, dass ein gemeinsames Handeln von Politik, Wirtschaft und Bildung notwendig ist, um die Akzeptanz und das Vertrauen der Bürger in den Kapitalmarkt zu erhöhen und somit die Grundlage für eine zukunftsfähige Altersvorsorge zu schaffen.
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