Vom Eminenz- zum Evidenzmarketing
Von Dr. Oliver Everling | 26.Februar 2023
„Im Verlauf der letzten Jahrzehnte war Marketing stark durch die Berufung auf Meinungsbildner, gewissermaßen auf Eminenzen ihres Faches, sowie durch Hinweise auf gewisse Zusatznutzen geprägt“, schrieb Peter Hanser, verantwortlicher Redakteur, schon im Februar 2012 in seinem Editorial des „pharma marketing e-journal“ unter dem Titel „Vom Eminenz- zum Evidenzmarketing“.
Über „Evidenzmarketing“ schrieb er im Kontext des Pharmamarketings der Pharmaindustrie. Die Arzneimittel-, Impfstoff- und Medizinproduktehersteller werden generell zu den umsatzstärksten Branchen gerechnet. Die Wettbewerber stehen in Konkurrenzkampf, der Wettbewerb um die Absatzmärkte ist hart. Unter Pharmamarketing versteht man die Werbung bzw. das Werben für den Verkauf von pharmazeutischen Produkten und Arzneimitteln.
Um sozial unerwünschten Auswirkungen entgegenzutreten, ist das Werben von Pharmaunternehmen in vielen Ländern rechtlich beschränkt, auch in Deutschland. Mit dem rechtlich vorgeschriebenen Hinweis „Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ dürfen rezeptfreie Medikamente öffentlich beworben werden. Die Berufung auf Meinungsbildner spielt im Pharmamarketing eine besondere Rolle.
„Ein Marketing, dass nicht gerade zum positiven Image der Branche beigetragen hat“, kritisierte Peter Hanser. „Folgt Marketing der Entwicklung in der Medizinwissenschaft, so wird seine Zukunft zunehmend evidenzbasiert sein, denn die Ausrichtung des Marketing folgt der wissenschaftlichen Entwicklung mit einer gewissen Zwangsläufigkeit.“
Am 1. Januar 2011 war das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in Kraft getreten. Die Titelgeschichte seines damaligen Journals zeigte, wie sich dementsprechend das Geschäftsmodell der Pharmabranche wandeln musste. „Die Zahl der Unternehmen, die vor der Aufgabe stehen, ein Nutzendossier zu erstellen, steigt nach einem Jahr Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) kontinuierlich an.“
Der Analogieschluss aus der evidenzbasierten Medizin zum Rating in Investitions- und Finanzierungsfragen brachte schon 2004 die Gründungsidee der RATING EVIDENCE GmbH in Frankfurt am Main. Seither wurde „evidenzbasiertes Investieren“ weiter entwickelt. Bis dahin waren es allein die „Eminenzen“, also die einflussreichen, erfahrenen Analysten führender Ratingagenturen, der Fonds oder der Banken oder auch selbsternannte Auguren und Propheten, die mit ihren oft unergründlichen Urteilen die Finanzmärkte bewegten.
„Seine Eminenz der hochwürdigste Herr Kardinal“ – so lautet die protokollarische Anrede der Kardinäle der römisch-katholischen Kirche und ostkirchlichen Bischöfe, womit diese seit Jahrhunderten bereits ihre Gesprächspartner schon in der Anrede zwingen, ihre besondere Stellung und Würde anzuerkennen.
Entsprechend erfolgreich ist das „Eminenzmarketing“, wie es heute auch von „Influencern“ betrieben wird. Diesem tritt das „Evidenzmarketing“ entgegen, das sich auf die Nutzung von Beweisen und Fakten konzentriert, um Marketing-Zielgruppen zu überzeugen.
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Methodik für das Rating von Flottenleasing-Verbriefungen
Von Dr. Oliver Everling | 26.Februar 2023
Moody’s Investors Service bittet um Feedback von Marktteilnehmern zu vorgeschlagenen Änderungen an seiner Methodik für Flottenleasing-Verbriefungen. Sofern nach der Kommentierungsfrist keine Änderungen vorgenommen werden, wird diese aktualisierte Ratingmethode wie vorgeschlagen übernommen und ersetzt die am 10. April 2020 veröffentlichte Version.
Gemäß Vorschlag würde Moody’s die folgenden Änderungen vornehmen: (i) Anwendung eines einheitlichen Modellierungsansatzes auf der Grundlage von Monte-Carlo-Simulationen, um eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Ausfall- und Rückgewinnungsquoten des Portfolios zu generieren; (ii) Annahmen zur Ausfallwahrscheinlichkeit werden angepasst, um der kritischen Natur von Flottenleasing für den Geschäftsbetrieb Rechnung zu tragen, einschließlich während einer Insolvenz nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts; (iii) Annahmen zur Ausfallwahrscheinlichkeit für Leasingnehmer ohne Rating werden aktualisieren und Obergrenzen für die zulässige Größe großer Leasingnehmer ohne individuelle Bewertung angewendet; (iv) Portfolioerholungsraten werden als Modelleingaben verwendet; (v) ein umfassendes Cash-Flow-Modell, ABSROMTM, wird verwendet, um Flotten-Leasing-Ratings basierend auf den Portfolio-Eigenschaften und der Haftungsstruktur zu bewerten; und (vi) es werden Untergrenzen auf die effektive Mindestanzahl oder Gesamtanzahl von Leasingnehmern angewendet.
Wenn die Methodik wie vorgeschlagen übernommen wird, erwartet Moody’s eine positive Auswirkung von bis zu zwei Notches auf die Ratings einiger Mezzanine- und nachrangiger Tranchen; eine negative Auswirkung von höchstens einer Stufe auf das Rating einer nachrangigen Tranche; und keine Auswirkung auf Ratings von Senior-Tranchen sowie einigen Mezzanine- und nachrangigen Tranchen.
Diese erwartete Auswirkung auf das Rating spiegelt nur die oben erwähnten methodischen Änderungen wider und berücksichtigt keine potenziellen Auswirkungen anderer Faktoren, einschließlich vorherrschender Marktbedingungen oder Faktoren, die für eine bestimmte Transaktion spezifisch sind, wie z. B. Pool-Performance oder qualitative Überlegungen, die für die Ratinganalyse relevant sein können.
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Weiterhin Blick auf die Aktionen der Notenbanken
Von Dr. Oliver Everling | 24.Februar 2023
Im Zuge der fünfjährlich stattfindenden Revision des Verbraucherpreisindex wurden die Inflationsraten der Vergangenheit neu berechnet. Damit befasst sich Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL in seinem „Mumm Briefing“ zum Wochenausklang: „Aufgrund der massiv gestiegenen Preise im letzten Jahr und des corona- und inflationsbedingt veränderten Konsumverhaltens resultierten hieraus deutliche Abweichungen. So beträgt die Inflationsrate im Jahresmittel 2022 nur noch 6,9 Prozent – anstatt 7,9 Prozent auf der Basis von 2015. Die Spitze der Inflationsraten lag im letzten Jahr auch nur noch bei knapp neun Prozent anstatt wie bisher bei über zehn Prozent.“
Gemäß den neuen Berechnungen, betrug die Inflationsrate in Deutschland im Januar 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und lag damit deutlich höher als im Dezember mit 8,1 Prozent. Dies führt Carsten Mumm darauf zurück, dass der Dezemberwert durch die Erstattung einer Gas-Abschlagszahlung an die Verbraucher gedämpft wurde. Perspektivisch werden die nominalen Inflationsraten in den kommenden Monaten wieder sinken: „Denn allein der für die Inflationsberechnung maßgebliche Vergleich der aktuellen Preise von Energierohstoffen sorgt für einen sogenannten negativen Preis-Basiseffekt, also sinkende Preissteigerungsraten. Anders als die Gesamtinflation ist jedoch die Kerninflationsrate – ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel – von 5,2 Prozent im Dezember auf 5,6 Prozent im Januar angestiegen. Während Nahrungsmittel- und Energiepreise also gesunken sind, bleibt in nahezu allen anderen relevanten Produkt- und Dienstleistungskategorien ein erheblicher Preissteigerungsdruck spürbar.“
Entsprechend sieht der Chefvolkswirt auch die EZB vorerst bei ihrem restriktiven geldpolitischen Kurs bleiben: „Die EZB-Direktorin Isabel Schnabel verdeutlichte dies kürzlich und verwies dabei insbesondere auf erkennbar steigenden Lohndruck und eine weiterhin vorhandene Preissetzungsmacht vieler Unternehmen, die ihre Margen trotz stark gestiegener Kosten vielfach stabil halten können. Solange die gesamtwirtschaftliche Nachfrage leitzinsinduziert nicht deutlich gesenkt werde und dadurch Löhne und Margen unter Druck kommen, könnten sich Inflationserwartungen vom anvisierten Wert in Höhe von zwei Prozent loslösen. Damit ist eine Leitzinserhöhung durch die EZB in Höhe von 0,50 Prozentpunkten Mitte März so gut wie sicher, genauso wie die Erwartung weiterer restriktiver Schritte im zweiten Quartal.“
„Die Notenbanker haben zudem die zunehmend Stabilisierung der globalen Wirtschaftsperspektiven im Blick,“ beobachtet Carsten Mumm, „die den noch vorhandenen Inflationsdruck noch untermauern würde. Die jüngst veröffentlichten S&P Global-Einkaufsmanagerindizes verdeutlichten eine steigende Zuversicht vieler Unternehmen bzgl. ihrer künftigen Geschäftsaussichten. Vor allem Dienstleister zeigten sich in den Umfragen optimistischer und berichteten von steigenden Absatzpreisen mit der Folge, dass sowohl für die Eurozone als auch für die USA und China die Expansionsschwelle von 50 Punkten überschritten wurde, die Produktion also künftig ausgeweitet wird. Ein ähnliches Bild zeichnete der aktuelle ifo-Geschäftsklimaindex. Einzig die Bauwirtschaft blickt weiterhin sehr skeptisch auf die kommenden Monate, weil ein Ende der kosten- und zinsbedingten Nachfrageschwäche noch nicht absehbar ist.“
An den Kapitalmärkten dürfte kurzfristig vor allem der Blick auf die Aktionen der Notenbanken den Weg vorgeben, so sein Fazit. Dabei dämpfen die wirtschaftliche Stabilisierung und der trotz sinkender Teuerungsraten weiterhin vorhandene Inflationsdruck die Hoffnungen auf baldige Leitzinserhöhungspausen oder gar Zinssenkungen. Entsprechend ist an den Aktienmärkten eine Fortsetzung der aktuellen Konsolidierung auf hohen Niveaus wahrscheinlich.
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IWIP-Index: Mietsteigerungen für Industrie- und Logistikimmobilien gleichen Inflation nicht aus
Von Dr. Oliver Everling | 23.Februar 2023
Immobilieneigentümern gelingt es nicht, die Inflation auszugleichen. Real gerechnet gehen ihre Einnahmen zurück.
Der Mietmarkt für Industrie- und Logistikimmobilien ist im Jahr 2022 starken Veränderungen ausgesetzt. Steigende Baukosten und Zinsen sowie Unsicherheiten durch internationale Turbulenzen haben die Marktentwicklung geprägt. Nach dem Auslaufen der pandemiebedingten Einschränkungen beeinträchtigt seit Anfang 2022 der Russland-Ukraine-Krieg die globalen Handelsbeziehungen und damit den Zuliefermarkt und die Lieferketten. Dies hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Nachfrage nach Industrie- und Logistikimmobilien. Unterm Strich konnten für Lager- und Produktionshallen moderate Mietsteigerungen beobachtet werden, während die Mieten für Logistikhallen stagnierten. Letztere waren im zweiten Coronajahr 2021 noch stark gestiegen. Die Resultate des IW-IndustrialPort-Industrieimmobilien-Indexes (kurz: IWIP-Index) im Einzelnen:
Die qualitätsbereinigten Mieten für Industrieimmobilien in Deutschland sind im Jahr 2022 im Jahresdurchschnitt um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Der Mietanstieg ist damit niedriger als im Jahr 2021, für das 3,9 Prozent ermittelt wurden. Die Gründe für die positive Entwicklung sind vielfältig. Je nach Branche, Region und Hallentyp zeigen sich zudem unterschiedliche Entwicklungen. Das konjunkturelle Gesamtumfeld war vor dem Hintergrund der schlechten Rahmenbedingungen solide. Der Industriesektor (Produzierendes Gewerbe ohne Energie und Baugewerbe) trat im Jahr 2022 mit einem leichten Minus von 0,4 Prozent auf der Stelle. Vielerorts steht die robuste Flächennachfrage einem weiterhin geringen Angebot von Gewerbeflächen gegenüber.
Bei Industrieimmobilien differenziert der IWIP-Index zwischen den drei Nutzungsarten Lager, Logistik und Produktion. Das quantitativ größte Nutzungssegment ist Lager. Wie im Vorjahr 2021 war der Anstieg der Mieten bei den Lagerhallen am kräftigsten. Der Anstieg war jedoch mit 2,9 Prozent moderat und liegt deutlich unterhalb des Vorjahresanstiegs (+6,1 %). Der Bedarf nach Lagerflächen bleibt weiterhin hoch, insbesondere in hochpreisigen Topstandorten mit knappem Flächenangebot. Die Ausstattungsqualität der Hallen stellt dort weiterhin ein untergeordnetes Auswahlkriterium dar.
Die Mieten für Logistikimmobilien haben in den beiden Coronajahren um 5,4 Prozent (2020) und 3,0 Prozent (2021) zugelegt. Hauptgrund für den überproportional starken Mietanstieg war der in der Pandemie deutlich beschleunigte Trend zum Onlinehandel und die damit einhergehende gestiegene Nachfrage nach stadtnahen Lager- und Logistikhallen. Im Jahr 2022 folgte nun für die größeren Logistikhallen eine Konsolidierungsphase mit stagnierenden Mieten (die kalkulatorische Veränderung von -0,2 Prozent ist nicht statistisch signifikant von null verschieden). Der Markt wird weiterhin dominiert von großen Logistik-Neubauprojekten mit modernen Ausstattungen.
Die Mieten für Produktionshallen zogen im Jahr 2022 mit 1,4 Prozent geringfügig an. Der leichte Anstieg ist jedoch allein auf eine geringere Standort- und Ausstattungsqualität zurückzuführen.
Die Mieten stiegen im Jahr 2022 deutlich weniger als die Inflation. Auch im mittelfristigen 3-Jahresvergleich liegen die drei Nutzungskategorien schon alle unterhalb der jahresdurchschnittlichen Inflation von 5,9 Prozent, die vor allem auf den starken Anstieg im letzten Jahr zurückzuführen ist. Im 5-Jahresvergleich liegen die drei Nutzungskategorien nahezu auf dem Niveau der allgemeinen Preissteigerungsrate, wobei die Entwicklung bei Logistik etwa einen halben Prozentpunkt niedriger ist. Lediglich im 10-Jahresvergleich liegen die drei Nutzungskategorien noch oberhalb der jahresdurchschnittlichen Inflationsrate.
Die Ergebnisse verdeutlichen die fortwährenden strukturellen Veränderungen innerhalb der Branche. Auf der einen Seite besteht eine seit Jahren stetig steigende Nachfrage nach Industrie- und Logistikhallen, die sich aus engeren Lieferverflechtungen in Europa und dem Transformationsprozess zu ressourcenfreundlichen Produktionsprozessen erklärt. Auf der anderen Seite stockt die Konjunktur, und die globalen Preissteigerungen entlang der Liefer- und Produktionsketten führen zu Kostenproblemen in der gesamten Branche. Im Jahr 2023 werden diese gegenläufigen Trends in den einzelnen Branchen und Standorten unterschiedlich wirken. Die Mietdynamik dürfte jedoch aufgrund der weiter bestehenden Flächenknappheiten in den zentralen Logistikregionen und der hohen Inflation eher stärker als schwächer ausfallen.“
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BaFin lässt die Polizei anrücken
Von Dr. Oliver Everling | 23.Februar 2023
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wird nicht nur in spektakulären Fällen wie im Skandal um die Greensill Bank tätig. So hat die BaFin nun die Schließung der „Repräsentanzen“ der „GemeinwohlKasse“ in Wittenberg, Dresden und Menden am 23. Februar 2023 mithilfe der örtlichen Polizei zwangsweise durchgesetzt. Die BaFin lässt die Geschäftsräume versiegeln.
Die BaFin beschuldigt einen Peter Fitzek: Dieser sammelt nämlich nach Erkenntnissen der BaFin aktuell unter der Bezeichnung „GemeinwohlKasse“ Gelder von Verbraucherinnen und Verbrauchern ein und verspricht, diese später zurückzuzahlen. Darüber hinaus biete er Krankenversicherungsverträge an, aktuell unter der Firma „Deutsche Heilfürsorge“. „Die für das Einlagen- bzw. Versicherungsgeschäft erforderlichen Erlaubnisse hat Herr Fitzek nicht“, warnt die Bundesanstalt.
Die BaFin hat gegenüber Herrn Fitzek bereits bestandskräftig die Beendigung und Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte angeordnet.
Fitzek betreibt die Geschäfte in den „Repräsentanzen“ der „GemeinwohlKasse“ in Wittenberg, Dresden und Menden. Die BaFin nennt Namen: Die Geschäfte in Dresden und Menden verantworten vor Ort Andreas Franke beziehungsweise Patrick Hyrynko.
„Die BaFin hat die Geschäftsräume am 23. Februar 2023 durch örtliche Polizeikräfte versiegeln lassen. Auf die Strafbarkeit nach § 136 Strafgesetzbuch wird hingewiesen“, heißt es zu dieser Maßnahme vom 23. Februar 2023. „Die Schließungsanordnungen und die Festsetzungsbescheide zur Anwendung unmittelbaren Zwangs sind noch nicht bestandskräftig. Sie sind aber von Gesetzes wegen sofort vollziehbar.“
Bei berechtigtem Interesse kann unter Angabe des Aktenzeichens IF 2-QF 5000/00028#00129 (44590) die Aufhebung der Versiegelung bei der BaFin beantragt werden.
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Zinsanstieg am langen Ende nutzen
Von Dr. Oliver Everling | 21.Februar 2023
Die in der Vorwoche veröffentlichten robusten US-Wirtschaftsdaten und die – nach den Worten von Michael Winkler, Leiter Anlagestrategie bei der St.Galler Kantonalbank Deutschland AG – „klebrige“ Inflation, die nur zaghaft zurückgeht und dann irgendwann hängenbleibt, dämpfen die Hoffnung auf eine Leitzinserhöhungspause. Die Kapitalmärkte reagierten mit höheren Zinsen – und es werden sogar weitere Zinserhöhungen erwartet.
Als Reaktion auf den nur minimalen Rückgang der US-Inflation (von 5,7 auf 5,6 %) zeigten die Weltaktienmärkte ein heterogenes Bild und liefen in verschiedene Richtungen, berichtet Michael Winkler: „Die US-Einzelhandelsumsätze verdeutlichten, mit einer monatlichen Veränderung um plus 3 Prozent, dass der private Konsum weiter robust ist und von einer US-Rezession jede Spur fehlt. Selbiges gilt für die US-Erzeugerpreise, die um 0,7 Prozent zulegten – und damit deutlich stärker ausfielen, als die erwarteten 0,4 Prozent.“
Für all diese Faktoren sieht Michael Winkler deutliche Auswirkungen auf die Rentenmärkte: „Die Zinsen steigen wieder und die ab dem Herbst erwarteten Zinssenkungen der FED werden als zunehmend unwahrscheinlich angesehen. Vielmehr werden weitere Zinserhöhungen eingepreist und der Höhepunkt des FED-Zinszyklus bei circa 5,5 Prozent erwartet.“
Sein Fazit: „Zwar zeigen sich die Aktienmärkte bisher sehr stabil, mit Europa als stärkste Region, doch gehen wir davon aus, dass der größte Teil der Party bereits gelaufen ist. Durch die restriktive Geldpolitik der FED und die weiter steigenden Zinsen werden die Aktienmärkte ausgebremst, weshalb wir auch unverändert wenig Kurspotential sehen. Der Zinsanstieg gibt noch einmal die Chance, Anleihen mit langer Restlaufzeit zu kaufen und damit den Zinsanstieg am langen Ende nutzen.“
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Leitzinserhöhungspausen bald eingeläutet
Von Dr. Oliver Everling | 21.Februar 2023
Den geldpolitischen Kurs der Notenbanken – allen voran Fed und EZB – sieht Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, als einen der maßgeblichen Faktoren an den internationalen Kapitalmärkten bleiben.
„So werden auch alle neu veröffentlichten Konjunkturdaten zunächst bzgl. ihrer Wirkung auf die Entscheidungsfindung von Fed-Präsident Jerome Powell, EZB-Präsidentin Christine Lagarde & Co. analysiert“, berichtet der Chefvolkswirt aus dem Research.
Vor diesem Hintergrund stehen in dieser Woche die Februar-Inflationsdaten, der ifo-Geschäftsklimaindex und der GfK-Konsumklimaindex aus Deutschland sowie die Schnellschätzungen der S&P Global-Einkaufsmanagerindizes im Fokus. „In den USA sind es zudem die von der Fed besonders beachteten PCE-Preisindizes, die nur leicht schwächer ausfallen dürften. Sowohl für die USA als auch für die Eurozone deuten sich eine Aufhellung der Konjunktur und schwächer sinkende Inflationsraten an – mit der Folge einer zunehmenden Zinsanhebungserwartung.“
Während die EZB bereits ankündigte, im März einen Zinsschritt in Höhe von 0,50 Prozentpunkten vorzunehmen, werden vonseiten der Fed 0,25 Prozentpunkte erwartet. Als immer wahrscheinlicher sieht Carsten Mumm allerdings, dass beide Notenbanken damit noch nicht am Ende des Zinserhöhungszyklus angelangt sind: „Trotzdem bleibt die Erwartung, dass im Laufe des ersten Halbjahres 2023 in den USA früher und in der Eurozone später Leitzinserhöhungspausen eingeläutet werden. Da konkrete Informationen vonseiten der Notenbanken erst Mitte März anstehenden, bleiben die Perspektiven für die Aktienbörsen vorerst gedämpft.“
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Verlustagentur Scope muss weiterhin Gesellschafter aufnehmen
Von Dr. Oliver Everling | 14.Februar 2023
Gutes Geld sollte man schlechtem nicht hinterherwerfen. Ist die Chance, noch an sein Geld zu kommen gering, so sollte man es einfach dabei belassen und nicht noch weiter Geld investieren. Das sind alte Weisheiten von Investoren und Kreditgebern.
Diese Überlegungen müssen bei allen Investoren eine Rolle spielen, die in die seit mehr als zwei Jahrzehnten glücklos nach Kostendeckung strebende Ratingagentur in Berlin investiert und bis heute vergeblich auf Gewinne gewartet haben. Der Status einer “registrierten” und von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) überwachten Ratingagentur garantiert nämlich keineswegs auch die Rentabilität einer Ratingagentur. ESMA könnte die Aufstockung der Eigenkapitalausstattung einer Ratingagentur verlangen, wenn die finanziellen Ressourcen so knapp werden, dass einzelnen, “rettenden” Geldgebern oder günstige Ratings nachfragenden Kunden unverhältnismäßiger Einfluss auf die Agentur zukommen könnte.
Die Scope Group aus Berlin schafft es angesichts sinkender Marktanteile europäischer Ratingagenturen gegenüber den marktdominanten US-Anbietern bisher nicht, die Rentabilitätsschwelle zu erreichen. Wer – wie die Berliner – weiter mit Verlusten arbeitet, muss daher seine Anteilseigner motivieren, frisches Geld nachzulegen, und zwar trotz Ungewissheit, ob es jemals zu einem Rückfluss kommen könnte.
Zu den Anteilseignern von Scope zählen mehrere europäische Finanzinstitute wie B&C Beteiligungsmanagement, Foyer, HDI/Talanx, Signal Iduna, SV SparkassenVersicherung, die Schweizerische Mobiliar sowie Deutschlands RAG-Stiftung. Ankeraktionäre der Scope Group bleiben Florian Schoeller und BMW-Großaktionär Stefan Quandt (AQTON).
Wie begrenzt die Bereitschaft der Altgesellschafter der Scope Group tatsächlich ist, weiter ins Risiko zu gehen, zeigt sich daran, dass nun mit dem Eintritt eines neuen Gesellschafters in den Gesellschafterkreis möglicherweise endgültig vom Ideal einer unabhängigen und auf Neutralität bedachten Ratingagentur Abschied genommen wurde, denn nun kommt eine mächtige Bankengruppe zum Zuge. Interessenkonflikte sind vorprogrammiert, wenn Verkauf von Wertpapieren und ihre Beurteilungen Hand in Hand gehen, also die für den Kauf von Wertpapieren maßgebenden Ratings vom Verkäufer mit gesteuert werden können.
Wie bei der Groupe BPCE, einer der größten Bankengruppen Frankreichs: Denn diese ist in die Reihen der institutionellen Anteilseigner der Scope Group eingetreten und soll die Position des sich trotz eines sehr geringen Marktanteils als “führenden” bezeichnenden, europäischen Anbieters von Kreditratings, ESG-Analysen und Fondsanalysen stärken.
„Eine wirklich europäische Ratingagentur braucht die Akzeptanz und den Rückhalt der wichtigsten europäischen Investoren und Institutionen“, kommentiert Florian Schoeller nun das Ereignis, CEO und Gründer der Scope Group. „Eine der größten Bankengruppen Europas als Anteilseigner bei Scope begrüßen zu dürfen, ist ein Vertrauensbeweis einer weiteren großen Kapitalmarktinstitution und ein Beweis dafür, dass Scope zu einem festen Bestandteil des europäischen Finanzökosystems wird.“
Sylvain Petit, Head of Strategy bei Groupe BPCE: „Groupe BPCE hat sich entschieden, Scope Group, ein europäisches Projekt, zu unterstützen, weil wir davon überzeugt sind, dass Investoren und Regulierungsbehörden von einer größeren Vielfalt an Meinungen und Ratingansätzen profitieren können. Dank ihrer Methoden, die die europäischen sozialen und wirtschaftlichen Realitäten berücksichtigen, verbessert die Scope Group die Fähigkeit, die Aktivitäten der Wirtschaftsakteure in Europa zu bewerten.“
Die Investition der Group BPCE folgt der jüngsten Investition von AXA, einem der weltweit führenden Versicherer. Die gestärkte französische Aktionärsbasis von Scope soll auch die wachsende Bedeutung des französischen Marktes für Scope widerspiegeln. Die Scope Group hat ihre Präsenz in Frankreich in den letzten fünf Jahren verstärkt. Das Pariser Büro unter der Leitung von Marc Lefèvre ist heute der größte Hub außerhalb Deutschlands. Franzosen besetzen Spitzenpositionen bei Scope: Guillaume Jolivet ist Chief Analytical Officer, während Inès de Dinechin den Aufsichtsrat der Scope Group leitet.
Ganz allgemein gilt: Wenn ein Unternehmen dauerhaft Verluste erwirtschaftet und der Wille und die Möglichkeiten der Altgesellschafter erschöpft sind, kommt denjenigen Gesellschaftern, die zuletzt hinzutreten und bereit sind, frisches Kapital zur Deckung laufender Verluste zuzuführen, eine besonders starke Stellung zu, denn sie sind es, die als neue Gesellschafter die Bedingungen setzen können, zu denen sie ihr Geld einzahlen und eine drohende Illiquidität und schließlich Insolvenz vermeiden.
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S&P’s Ratinggeschäft litt unter Einbruch der Emissionstätigkeit
Von Dr. Oliver Everling | 10.Februar 2023
Für das Geschäftsjahr zum 31. Dezember 2022 reichte S&P Global der US-amerikanischen Wertpapieraufsicht SEC die vorgeschriebenen Filings ein: Der Umsatz der Ratingagentur sank um 26 % mit einem ungünstigen Einfluss von Wechselkursen in Höhe von 3 Prozentpunkten.
Die Transaktionseinnahmen gingen aufgrund niedrigerer Erträge aus Unternehmensanleihen-Ratings zurück, die auf einen Rückgang des Emissionsvolumens von Hochzinsanleihen und Investment-Grade-Emissionswerten und niedrigere Erträge aus Bankdarlehensratings zurückzuführen waren.
Ein Rückgang der Erträge aus strukturierten Finanzierungen, der hauptsächlich auf die geringere Emission von US-amerikanischen Collateralized Loan Obligations (CLOs) zurückzuführen ist, trug ebenfalls zum Rückgang der Transaktionseinnahmen aus dem Ratinggeschäft bei. Das geringere Emissionsvolumen resultierte hauptsächlich aus ungünstigen makroökonomischen Bedingungen im Jahr 2022 im Vergleich zu einem starken Emissionsniveau im Vorjahreszeitraum.
Die transaktionsfremden Erträge gingen um 2 % zurück, hauptsächlich aufgrund der ungünstigen Auswirkungen der Wechselkurse, eines Rückgangs der Erträge aus Ratings von Unternehmen und niedrigerer Erträge aus dem Ratings Evaluation Service (RES), die durch eine geringere M&A-Aktivität verursacht wurden, was teilweise durch einen Anstieg der Erträge bei der indischen Tochtergesellschaft CRISIL und durch eine Steigerung der Überwachungseinnahmen ausgeglichen wurde. Ohne den ungünstigen Einfluss von Wechselkursen in Höhe von 3 Prozentpunkten stiegen die nicht transaktionsbezogenen Einnahmen um 1 %. Transaktions- und Nicht-Transaktionserlöse profitierten auch von verbesserten Vertragsbedingungen in allen Produktkategorien.
Das Betriebsergebnis ging um 36 % zurück, mit einem ungünstigen Einfluss von Wechselkursen in Höhe von 1 Prozentpunkt. Ohne die Auswirkungen von Abfindungen für Mitarbeiter im Jahr 2022 in Höhe von 1 Prozentpunkt ging das Betriebsergebnis um 35 % zurück, hauptsächlich aufgrund eines Umsatzrückgangs, der teilweise durch einen Rückgang der Ausgaben ausgeglichen wurde.
Der Rückgang der Ausgaben war auf niedrigere Anreizkosten aufgrund einer schwächeren finanziellen Leistung, niedrigere Aufwendungen für externe Dienstleistungen, niedrigere Nutzungskosten aufgrund eines geringeren Immobilienbedarfs zurückzuführen, die teilweise durch höhere Vergütungskosten aufgrund gezielter Investitionen in Schlüsselbereiche des Geschäfts und der Wiederaufnahme von Geschäftsreisen durch die Aufhebung der COVID-Beschränkungen ausgeglichen wurden.
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Keine Haftung unter dieser Nummer
Von Dr. Oliver Everling | 10.Februar 2023
Schon als Oberbürgermeister von Hamburg und später als Bundesfinanzminister wurde das glücklose Wirken des heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz an verschiedenen Beispielen und Versäumnissen deutlich. Zu den prominentesten Fällen gehören neben dem Cum-Ex-Skandal der Wirecard-Skandal. Daher kommt der eventuellen staatlichen Haftung gegenüber Anlegern wegen Amtspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal einige Bedeutung zu, denn der Schaden wäre dem Ressort des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz zuzuordnen.
„Seine“ Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) soll Anlegern nicht auf Schadensersatz wegen unzureichender Aufsichtswahrnehmung haften, da die Aufgaben allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen werden. So urteilt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main: „Eine Verletzung der Bilanzkontrollpflichten im Rahmen des sog. Wirecard-Skandals ist auch nicht feststellbar.“
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die landgerichtliche Klageabweisung bestätigt, wonach ein Anleger die BAFin nicht wegen Amtspflichtverletzung auf Schadensersatz für er littene Kursverluste in Anspruch nehmen kann.
Das OLG berichtet über Details: Der Kläger kaufte 2019 und 2020 Aktien der Wirecard AG. Er nimmt die BAFin wegen behaupteter Aufsichts- und Informationsversäumnisse sowie Amtsmissbrauch auf Schadensersatz für die erlittenen Kursverluste in Anspruch. Die 1999 gegründete Wirecard AG unterlag der Finanzaufsicht der Beklagten. Im April 2020 gab ein vom Aufsichtsrat der Wirecard AG beauftragter Sonderprüfer bekannt, dass über die Existenz eines Bankguthabens auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. € keine aureichenden Prüfungsnachweise zu erlangen gewesen seien.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Dem Kläger stünde kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte zu, bestätigte das OLG.
Die Beklagte habe nicht gegen die ihr obliegenden Amtspflichten bei der Bilanzkontrolle verstoßen. Nach damaliger Rechtslage erfolgte die Bilanzkontrolle in einem zweistufi gen System: zunächst durch eine private Prüfstelle und danach durch eine staatliche Instanz (die Beklagte). Die Beklagte habe dieses System eingehalten und im Februar 2019 eine Sonderprüfung durch eine private Prüfstelle veranlasst.
Der Kläger habe keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme vorgetragen, dass die Beklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine solche Sonderprüfung hätte beauftragen müssen. Ebenso habe der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagte die Prüfstelle nicht hinreichend überwacht habe oder wegen erheblicher Zweifel an der ordnungsgemäßen Durchführung der Prüfung die Prüfung hätte an sich ziehen müssen. Im Übrigen fehle es am Verschulden der Beklagten. Es sei schließlich nicht feststellbar, dass der Schaden des Klägers bei einem früheren Einschreiten der Beklagten nicht eingetreten wäre.
Einem Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung stehe zudem entgegen, dass die Beklagte bei der Wahrnehmung der Bilanzkontrolle allein im öffentlichen Interesse tätig werde. Der einzelne Anleger werde grundsätzlich nicht durch die bankauf sichtsrechtliche Tätigkeit der Beklagten geschützt. Der Senat halte auch unter Berücksichtigung jüngster Rechtsprechung des EuGH und der Transparenz-Richtlinien an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach Schadensersatzansprüche Dritter gegen die BAFin, etwa wegen unzureichender Aufsichtstätigkeit ausgeschlossen seien. Der Kläger könne auch nicht wegen Amtsmissbrauchs Schadensersatz verlangen. Es sei kein amtsmissbräuchliches Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten feststellbar. Dass Mitarbeiter Aktien der Wirecard AG besessen hätten, sei nicht sittenwidrig. Die von der Beklagten seit 2019 ergriffenen Maßnahmen seien pflichtgemäß erfolgt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision begehrt werden.
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