Mit persönlichen Daten bezahlen
Von Dr. Oliver Everling | 27.April 2011
In die aktuelle Diskussion über die Standortdatenspeicherung auf iPhones schaltet sich der IT-Sicherheitsverband TeleTrusT Deutschland ein: Die Nachricht, dass iPhones die Bewegungsdaten der Nutzer aufzeichnen, hat die Politik alarmiert. Kommunikationsunternehmen, insbesondere Google und Apple, wollen in wachsendem Maße standortbezogene Dienste anbieten. Dazu ist es notwendig, dass sie den Standort ihrer Kunden kennen. Dafür ist ein SmartPhone als Ortungsgerät bzw. als Sammelinstrument für Geodaten ideal geeignet. Ein SmartPhone kann zum einen mit Hilfe der GSM-Positionsdaten den Standort miteiner Genauigkeit von 25 m oder besser bestimmen und zum anderen, sofern es über einen GPSEmpfänger verfügt, eine Positionsbestimmung auf einige Meter genau durchführen. Zunehmend werden auch die WLAN-Kennungen der näheren Umgebung berücksichtigt, die dann helfen, die Positionierung noch weiter zu optimieren.
Entsprechend dem Geschäftsmodell "Bezahlen mit persönlichen Daten" können Kunden bestimmte SmartPhone-Applikationen nutzen, ohne dafür mit Geld bezahlen zu müssen. Der Kunde "zahlt" gewissermaßen mit seinen persönlichen Daten und ermöglicht auf diese Weise die Standortbestimmung, die die Anbieter dann nutzen, um gezielte Werbung für standortbezogenen Dienste zu verkaufen.
Sofern Telekommunikationskunden standortbezogene Dienste nutzen möchten, ist dieser Ansatz sicherlich von beiderseitigem Vorteil. Problematisch ist dieses Modell dann, wenn der Nutzer nicht darüber aufgeklärt wird und die Daten auch dann erfasst werden, wenn er die standortbezogenen Dienste nicht nutzen will. Technisch genügt es außerdem in den meisten Fällen, wenn nur der momentane Standort mitgeteilt und nicht das gesamte Bewegungsprofil abgebildet wird.
Prof. Dr. Norbert Pohlmann, TeleTrusT-Vorsitzender: "Ein wichtige Herausforderung sind in diesem Zusammenhang sicherlich die kulturell bedingten Akzeptanzunterschiede wie beispielsweise im aktuellen Fall zwischen den USA und Deutschland. Die großen amerikanischen Hersteller sind aufgefordert, sich an unserem Schutzverständnis von Privatsphäre zu orientieren“. Hier ist auch die Politik gefragt.
Nutzer von SmartPhones sollten sich mit der Funktionsweise der Geräte und deren Konfigurationen auseinandersetzen, um solche Datenerfassungsfunktionen erforderlichenfalls deaktivieren zu können. Die Hersteller von SmartPhones und Anbieter von ‚Apps‘ müssen besser darüber aufklären, welche Daten zu welchem Verwendungszweck erfasst werden und den Nutzern eine freie Entscheidung ermöglichen. Politik und Gesetzgebung können hier den Rahmen setzen.
IT-Sicherheitsunternehmen können von der deutschen "Datenschutzkultur" und der Entwicklung dafür erforderlicher Komponenten durchaus profitieren. TeleTrusT sieht die Politik in der Pflicht, erprobte deutsche datenschutzfördernde Technologien als Standards bei Geräteherstellern und Dienstleistern einzufordern.
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Nachhaltigkeit bei ETFs verlangt
Von Dr. Oliver Everling | 23.April 2011
Die Möglichkeiten der Selektion sowie der Allokation von nachhaltigen ETFs für eine Stiftung sind derzeit sehr eingeschränkt , da von Seiten der Produktanbieter ein zahlenmäßig geringes Angebot einer durchaus größeren Nachfrage gegenübersteht, schreibt Jens Güldner, Vermögensmanagement, Leiter Treasury, Evangelisches Johannesstift, in seinem Beitrag zum Buch "Exchange Traded Fund Rating", herausgegeben von Dr. Oliver Everling und Götz Kirchhoff, Art.-Nr. 22.472-1100 Bank-Verlag Medien GmbH, ISBN 978-3-86556-257-9, http://www.bank-verlag-shop.de/product_info.php/products_id/3030).
Entwicklungspotential sei durchaus vorhanden, da man die Entwicklung sowie die positive Dynamik der Nachfrage im nachhaltigen Investmentmarkt im Allgemeinen sowie deren positiven Ausblick sehe. Im nachhaltigen Investmentmarkt könnten verstärkt nachhaltige Themenfonds von einem weiter gestiegenen Bewusstsein zu den aktuellen Themen Klimawandel und Umwelt profitieren, prognostiziert Güldner.
Institutionelle Investoren wie Stiftungen werden weiterhin die treibende Kraft für einen deutlichen Wachstumsschub in nachhaltige Geldanlagen sein, zunehmend gestützt durch dementsprechende Investments privater Investoren, schreibt Güldner und fügt hinzu: "Davon sollte die ETF-Industrie positiv profitieren, sofern sie die Entwicklung diesbezüglich nachfrage- und kundenspezifisch produktseitig abbilden kann."
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Finanzkrise beflügelt ETF-Wachstum
Von Dr. Oliver Everling | 23.April 2011
Exchange Traded Funds (ETF) erfreuen sich einer stark zunehmenden Beliebtheit. Die Anzahl der neuer Produkte sowie die verwalteten Vermögen wachsen weltweit. "Insbesondere im Zuge der Finanzkrise weisen ETF positive Nettomittelzuflüsse auf", schreibt Jakob Baur in seinem Beitrag für das Buch zum ETF-Rating (Buch "Exchange Traded Fund Rating", herausgegeben von Dr. Oliver Everling und Götz Kirchhoff, Art.-Nr. 22.472-1100 Bank-Verlag Medien GmbH, ISBN 978-3-86556-257-9, http://www.bank-verlag-shop.de/product_info.php/products_id/3030).
Jakob Baur ist Mitgründer der FundExplorer GmbH und seit 2007 Geschäftsführer der online ETF-Plattform www.ETFexplorer.com. Nach seinem Masterstudium in Finance mit Vertiefung in Banking und Financial Services an der Universität Zürich war er in mehreren Unternehmen im Finanzsektor, u.a. einer Schweizer Privatbank und diversen Unternehmens- und Pensionskassenberatern tätig. Baur versteht sich als unabhängiger Experte für moderne Kapitalanlagen und unterstützt institutionelle Investoren beim täglichen Umgang mit Indexprodukten.
"Infolge des Zerfalls von Lehman Brothers wurde die ETF-Branche förmlich aus einem Dornrösschenschlaf geweckt. Plötzlich standen nicht Renditen, sondern Risiken im Mittelpunkt des Anlegerinteresses", berichtet Baur. Viele Marktteilnehmer erkannten erst zu diesem Zeitpunkt die drei Säulen, auf denen der Erfolg von ETF beruht: günstige Kostenstruktur, Transparenz und eine hohe Liquidität.
Auch heute noch sind die Wachstumsprognosen von Branchenvertretern sehr optimistisch. Immer mehr Anbieter drängen mit neuen Produkten auf den Markt, welche mittlerweile nahezu jeden Index abbilden. "Anfang 2011 sind europaweit über 1.200 ETF von mehr als 20 Anbietern an den verschiedenen europäischen Handelsplätzen gelistet", dokumentiert Baur. Allein in den vergangenen zwei Jahren habe sich die Zahl der börsennotierten Fonds mehr als verdoppelt. Es scheint ihm nur eine Frage der Zeit zu sein, bis alle relevanten Indizes durch ETF abgebildet werden. "Bereits heute bietet der ETF-Markt eine Abdeckung von über 500 unterschiedlichen Indizes innerhalb aller gängigen Assetklassen", so Baur weiter, "inklusive der physischen Abbildung von einigen Rohwaren."
Die Fülle von abgebildeten Indizes eröffnet heute jedermann die Möglichkeit mittels ETF langfristige (strategische) Allokationsentscheidungen kosteneffizient umzusetzen, zeigt Baur auf. Der universelle Charakter von ETF stellt dabei häufig eine Alternative zu bestehenden Anlageprodukten dar. So bieten ETF meist eine kostengünstige, transparente und sehr liquide Ergänzung zu etablierten Produkten. Insbesondere weil viele institutionelle Anleger davon überzeugt sind, dass die Asset Allocation, d.h. die Gewichtung der Anlageklassen, die wesentliche Determinante der Anlagerendite ist.
Baur kann sich auf die Studie von BRINSON, HOOD und BEEBOWER aus dem Jahr 1987 berufen, welche zeigt, dass knapp 92 Prozent des Anlagerisikos auf die Asset Allokation-Entscheidung zurückzuführen sind. Baur: "Vor diesem Hintergrund sind ETF ein sinnvolles Instrument in der Hand von aktiven wie passiven institutionellen Finanzmanagern und Privatanlegern, da sie sich eher am allgemeinen Markttrend als dem spezifischen Risiko einzelner Aktien orientieren."
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Sustainalytics auch in Frankreich
Von Dr. Oliver Everling | 20.April 2011
Die Nachhaltigkeitsrating-Agentur Sustainalytics hat in Paris eine neue Niederlassung eröffnet. Antonio Celeste wird ab sofort als neuer Director of Institutional Relations die Kunden von Sustainalytics in Frankreich betreuen und den französischen Markt für nachhaltige Geldanlagen weiter erschließen.
„Wir freuen uns über unsere neue Präsenz in Frankreich. Auf diese Weise können wir noch besser auf die wachsende Nachfrage der dortigen Kunden eingehen", erklärt Michael Jantzi, CEO von Sustainalytics. „Französische Anleger und Manager sind anspruchsvolle Investoren, die eine große, globale Coverage in verschiedenen Anlageklassen voraussetzen und gleichzeitig erwarten, dass ESG-Dienstleister über die besonderen Bedingungen des französischen Marktes informiert sind.“
Aufgrund seiner Marktkenntnisse sowie seiner langjährigen Erfahrung im Umgang mit Kunden ist Antonio Celeste “die optimale Besetzung des neuen Standortes”, heißt es bei Sustainalytics. Celeste arbeitete zuvor als Kundenbetreuer beim französischen ESG Reserach-Anbieter Vigeo. In seiner neuen Rolle bei Sustainalytics wird er als Director of Institutional Relations künftig auch Kunden in Belgien, Italien, Luxemburg und der Schweiz betreuen.
„Frankreich ist einer der anspruchsvollsten Responsible Investment (RI) Märkte der Welt", erklärt Antonio Celeste. „Ich freue mich darauf, die Expertise unserer Analysten auf den dortigen Markt zu bringen und gleichzeitig von den Best Practices der französischen Anleger zu profitieren. Beide Seiten – Sustainalytics als ESG Research-Anbieter und die französischen Investoren – werden hiervon profitieren.“
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Was nützt eine europäische Ratingagentur?
Von Dr. Oliver Everling | 19.April 2011
Wenn der Markt nur von wenigen Ratingagenturen besetzt wird, kann dies aus volkswirtschaftlicher Betrachtung von Vorteil sein, analysiert Dr. Siegfried Utzig, Direktor im Bundesverband deutscher Banken: “Weil dadurch eine größere Konsistenz und Gleichförmigkeit der Ratings sichergestellt wird. Und: Die Investoren wären wahrscheinlich unwillig oder überfordert, Ratings einer großen Zahl von Agenturen, die mit einer ebenso großen Zahl unterschiedlicher Ratingmethoden entwickelt werden, miteinander zu vergleichen.” Der Wettbewerb in der Methodik sei aber zwingend für die Effizienz eines Rating-Markts.
Utzig erläutert die wichtigsten Schlussfolgerungen des Bundesverbandes deutscher Banken zur Frage “Was nützt eine europäische Ratingagentur?”, die in der Ausgabe 14 von “defacto:”, des Informationsdienstes für Politik, Wirtschaft und Medien aus dem Hauses des Bankenverbandes veröffentlicht wurden (www.bankenverband.de).
Für Utzig ist es zudem schwer erkennbar, wer in Europa bereit und in der Lage ist, das erforderliche Kapital zur Verfügung zu stellen, ein beachtliches Verlustrisiko einzugehen und für lange Zeit auf eine Verzinsung zu verzichten. “Das gilt umso mehr als der Gründerkreis kaum Unternehmen umfassen darf,” so Utzig, “die für ihre Emissionen selbst Ratings benötigen oder wünschen.”
Damit scheiden letztlich auch staatliche Stellen aus. “Denn eine staatliche Finanzierung oder gar die Nähe zu einer Notenbank wären allerdings für die Marktakzeptanz eher hinderlich. Die Chancen für eine europäische Ratingagentur,” sagt Utzig, “die von privaten oder staatlichen Stellen finanziert, den drei großen Ratingagenturen auf Augenhöhe begegnen könnte, werden deshalb ausgesprochen gering sein.”
Denkbar wäre allenfalls, dass Ratings einer europäischen Ratingagentur für Investoren direkt oder indirekt als verbindliche europäische Vorgabe erklärt werden. Damit wären Emittenten gezwungen, neben den für internationale Akzeptanz notwendigen die Ratings der drei großen Agenturen ein Europa-Rating einzuholen. “Das Ergebnis wäre damit schlicht eine gestiegene Kostenbelastung für die Emittenten.”
Unmissverständlich macht Dr. Michael Kemmer, Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes, klar: “Vor überzogenen Erwartungen ist auf jeden Fall zu warnen. Mehr Wettbewerb würde dem Ratingmarkt gut tun. Aber die Rahmenbedingungen dafür sind anspruchsvoll, ein Scheitern des Projektes ist nicht auszuschließen. Dies wiederum würde dem Finanzmarkt eher schaden.”
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Zeitgemäße Ratingagenturen
Von Dr. Oliver Everling | 19.April 2011
Die Rolle der Ratingagenturen in der Finanzmarktkrise bzw. in ihrer Entstehung gab zum 4. Finanzplatztag der WM-Gruppe Anlass zu der Fragestellung „Sind Ratingagenturen noch zeitgemäß?“ Dazu hielt Staatsminister Dieter Posch, Hessischer Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, eine viel beachtete Ansprache – Anlass für die Zeitschrift “Kredit & Rating Praxis”, mit dem Minister über die Kernaussagen seines Vortrags ein Interview zu führen – dieses erscheint in der Ausgabe 2/2011 (www.krp.ch).
“Ratings haben verschiedene Vorteile, die ihren wirtschaftlichen Sinn ausmachen”, sagt Posch im Interview mit der “Kredit & Rating Praxis”. “Sie verringern Informationsasymmetrien. Oftmals besteht kein direkter Kontakt zwischen Emittenten und (potenziellen) Anlegern bzw. Gläubigern. Daher sind die Anleger bzw. Gläubiger vielfach kaum in der Lage festzustellen, ob von Emittenten verbreitete Informationen korrekt sind. Dies erschwert es dem Emittenten, sie von seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zu überzeugen. Ratings und Ratingagenturen tragen dazu bei, diese Informationsasymmetrie zu verringern bzw. zu überwinden.”
Daneben seien mit Ratings folgende weitere Vorteile verbunden: Sie führen zu Effizienzgewinnen, d.h. zu Kosteneinsparungen und zur Erhöhung der Produktionseffizienz. “Denn nicht jeder Gläubiger muss separat Informationen über Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit eines Schuldners sammeln und bewerten. Genutzt werden die Vorteile von Arbeitsteilung und Spezialisierung”, so Posch, der mit der Erhöhung der Allokationseffizienz der Finanzmärkte argumentiert, da durch Ratings die Transparenz für Markteilnehmer gesteigert wird. Damit korrespondiere die „Informationseffizienz“ des Marktes in Form von leichterer Vergleichbarkeit von Finanzprodukten und Verminderung der Transaktionskosten. Mehr zum Fazit des Ministers in der Zeitschrift “Kredit & Rating Praxis”, Ausgabe 2/2011 (www.krp.ch).
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S&P senkt Ausblick: Auftakt für eine „Schuldenkrise USA“?
Von Karl-Heinz Goedeckemeyer | 18.April 2011
Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s hat den Ausblick für US-Anleihen von „stabil“ auf „negativ“ heruntergestuft. Es ist ein Tabubruch und ein Schuss vor den Bug gleichermaßen. Zum ersten Mal stufte S&P den Ausblick für die USA auf „negativ“ herunter. Der Ratingagentur zufolge besteht ein erhebliches Risiko, dass die amerikanische Fiskalpolitik die mittel- bis langfristigen Herausforderungen nicht meistern wird. Sollte es zu keinen substanziellen Veränderungen kommen, verdienen amerikanische Staatsanleihen auf Dauer ihr „AAA“ nicht mehr. Im Klartext: Die USA leben nicht auf einer Insel der Glückseligkeit. Ähnlich wie die Fiskalpolitik in Europa, müssen auch die Amerikaner jetzt ihre Hausaufgaben machen.
Die Entscheidung von S&P verdient großen Respekt. Und sie ist folgerichtig. Den Ratingagenturen wurde in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen, die USA in ihrer Beurteilung zu schonen. Gleichzeitig wurden die Bewertungen für die europäischen Krisenländer kräftig nach unten genommen. Beides passte auf Dauer einfach nicht zusammen.
Grund seien die im Vergleich zu anderen mit AAA bewerteten Ländern sehr hohen Budgetdefizite und ein unklarer Pfad zum Abbau der steigenden Staatsverschuldung. „Wir glauben, es gibt ein grundlegendes Risiko, dass die US- Politiker keine Einigung darüber erzielen werden, wie sie die mittel- und langfristigen finanziellen Herausforderungen bis 2013 angehen sollen“, heißt es in der Analyse von S&P. Dies würde die USA «wesentlich schwächer» dastehen lassen als andere AAA-Länder. Die US-Regierung kritisierte den Beschluss von S&P scharf.
Wie vergleichsweise schnell die Bestnote auch für große Wirtschaftsmächte verloren gehen kann, hat in der Vergangenheit das Beispiel Japans gezeigt. Im Jahr 2000 belief sich die japanische Staatsverschuldung auf 135% des BIP. Die Herabstufung von „AAA“ zu „AA+“ erfolgte durch S&P kurze Zeit später im Februar 2001. Zum Vergleich: Die US-Staatsverschuldung hat sich von knapp 55% im Jahr 2000 mittlerweile auf bereits rund 100% erhöht.
„Das könnte der Auftakt sein für eine «Schuldenkrise USA“, in jedem Fall ist es aber ein deutlicher Warnschuss“, sagte ein Börsenhändler der Agentur dpa-AFX. Dass eine US-Ratingagentur den Ausblick der Vereinigten Staaten derart kritisch einstufe, sei bemerkenswert. Ein schlechteres Rating kann zu erheblich höheren Zinsen für US- Staatsanleihen führen. Dies könnte laut Experten das ohnehin zaghafte Wirtschaftswachstum abwürgen und die Gefahr einer neuen Rezession heraufbeschwören.
Die vergangenen Wochen waren in der US-Politik von einer erbitterten Budgetschlacht zwischen den Demokraten von US-Präsident Barack Obama und den Republikanern geprägt. Die Opposition will tiefe Einschnitte vor allem im Sozialwesen durchsetzen, um die Zunahme der Staatsverschuldung zu bremsen. In den kommenden zehn Jahren sollen die Defizite so um 5,8 Bio. Dollar sinken. Obama wandte sich entschieden gegen die Sparpläne der Konservativen und beharrt auf seinen Plan, der Kürzungen von 4 Bio. Dollar vorsieht.
Allein im laufenden Haushaltsjahr häufen die USA bis zu 1,65 Bio. Dollar neue Schulden an, rund 10 % des Bruttoinlandproduktes. Die Gesamtverschuldung beträgt derzeit mehr als 14,2 Bio. Dollar. Das ist an der Wirtschaftsleistung gemessen das dickste Minus in der Staatskasse der größten Volkswirtschaft seit fünf Jahrzehnten. Bis spätestens Juli muss der Kongress die gesetzliche Schuldenobergrenze von 14,3 Bio. Dollar anheben, damit die USA zahlungsfähig bleiben. Allerdings ist die Verabschiedung eines entsprechenden Gesetztes im Kongress wegen des Parteienstreits noch nicht in trockenen Tüchern.
Zieht die amerikanische Fiskalpolitik nicht bald die Ausgabenbremse, könnte der Verlust des „AAA“ in einigen Jahren wirklich Realität werden, sagt Andreas Rees, Chief German Economist bei UniCredit. Für das internationale Finanzsystem dürfte dies erhebliche Auswirkungen haben: Die amerikanische Staatsanleihe hätte ihre Rolle als sicherer Hafen verloren.
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Kurzbilanzanalyse online mit Rating
Von Jian Ren | 15.April 2011
Seit Ende März ist das Internet-Portal www.kurzbilanzanalyse.de online. Das Portal bietet erstmalig die Möglichkeit, ausgewertete Kurzbilanzen aus dem eBundesanzeiger mit Rating und Ausfallwahrscheinlichkeit herunterzuladen.
Über 1 Million deutscher Kapitalgesellschaften veröffentlichen ihre Jahresabschlüsse im elektronischen Bundesanzeiger. Viele Unternehmen nutzen diese Daten schon jetzt zur Prüfung der wirtschaftlichen Situation Ihrer Kunden, Lieferanten oder Wettbewerber. Die Schwierigkeit besteht dabei in der Interpretation der Bilanzdaten, denn diese liegen nicht in strukturierter Form vor. Jeder Jahresabschluss muss zeitaufwändig einzeln „per Hand“ ausgewertet werden. Die Prof. Schumann Analyse GmbH hat nun ein Analyseverfahren entwickelt, das auf Basis der eBundesanzeiger-Daten eine Kurzbilanzanalyse inkl. einer Ausfallwahrscheinlichkeit und eines Ratings liefert. „Wir sehen die Zukunft der Bilanzanalyse ohne langwierige manuelle Dateneingabe. Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland (Stichwort „E-Bilanz“) zeugen davon, dass die Zeit ohne manuelle Dateneingabe immer näher rückt. Im ersten Schritt können nun die eBundesanzeiger-Bilanzen strukturiert verarbeitet und somit bei Kreditentscheidungen ohne manuellen Aufwand genutzt werden“, erläutert Evgeny Kulyushin, Senior Consultant der Prof. Schumann Analyse GmbH.
Über das neue Internet-Portal erhält man mit einer einfachen Unternehmenssuche nicht nur die Originaldaten aus dem eBundesanzeiger als PDF-Dokument, sondern auch eine Bilanzauswertung, die Kurzbilanzanalyse. Diese besteht aus der Bilanz der letzten beiden Geschäftsjahre, einem Kennzahlenkatalog und einem Bilanzrating inkl. Ausfallwahrscheinlichkeit. Zusätzlich liefert die Prof. Schumann Analyse GmbH das Handelregisteraktenzeichen und ggf. bis zu drei Branchen nach WZ-Code 2008.
Beim angewendeten Bewertungsverfahren handelt es sich um ein statistisches Verfahren (logistische Regression). Bei der Entwicklung wurden Jahresabschlüsse einer Grundgesamtheit von solventen und insolventen Unternehmen untersucht. Hierbei wurden betriebswirtschaftliche Kennzahlen gebildet und auf ihre multivariate Trennschärfe geprüft.
Auf diese Weise wurde eine Formel entwickelt, in die nur noch die Kennzahlen eingehen, die sich bei der Analyse als besonders trennscharf erwiesen haben. Die Formel gibt eine Wahrscheinlichkeit wieder, mit der ein zu untersuchendes Unternehmen innerhalb von 18 Monaten nach dem Bilanzstichtag insolvent wird.
Auf dem Portal wird die Möglichkeit angeboten, einen kostenlosen Testzugang ohne weitere Verpflichtungen zu beantragen.
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Coface Deutschland zieht Bilanz für 2010
Von Jian Ren | 15.April 2011
Coface Deutschland schloss das Geschäftsjahr 2010 mit positivem Ergebnis ab. Das selbst im Krisenjahr 2009 nicht unterbrochene Wachstum fortsetzt. Die vier Gesellschaften, die unter der Coface Deutschland AG angesiedelt sind, erreichten zusammen einen Umsatz von 465,3 Millionen Euro. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr (401,6) ein Plus von 15,9 Prozent. Das Ergebnis vor Steuern beträgt nach HGB-Bilanzierung 8,4 Millionen Euro (14,8), der Jahresüberschuss 7,5 Millionen Euro nach 13,3 Millionen Euro im Jahr zuvor. Nach IFRS lag das Ergebnis vor Steuern 2010 bei 50,3 (28,8) Millionen Euro. Umsatztreiber waren Kreditversicherung, die weiterhin das stärkste Standbein ist, und Factoring. Die Coface Finanz GmbH, in Deutschland Marktführer im Factoring, legte um 22,1 Prozent zu und verbuchte einen Umsatz von 91,3 Millionen Euro (74,7). Die Forderungsfinanzierung hat im abgelaufenen Geschäftsjahr ein Ergebnis nach Steuern von 37,7 Millionen Euro erzielt und damit das Ergebnis des Vorjahres von 27,1 Millionen Euro deutlich übertroffen. Das bearbeitete Factoring Volumen, die Summe aller angekauften Forderungen, lag 2010 bei 31,5 Milliarden Euro (25,0).
Der Umsatz der Coface Debitoren GmbH liegt mit 14,9 Millionen Euro leicht unter dem Vorjahreswert von 15,3 Millionen Euro. Jedoch betont Coface, dass gerade das Inkassogeschäft im Krisenjahr 2009 besonders profitiert habe und das Interesse bei den Unternehmen nun offensichtlich wieder leicht zurückgeht. Die Gesellschaft verbuchte 2010 einen Gewinn von 1,9 Millionen Euro (4,2).
Im Geschäftsfeld Information wurde im Berichtsjahr 2010 ein Umsatz von 43,2 Millionen Euro nach 43,7 Millionen Euro im Vorjahr erreicht. Der Gewinn lag 2010 bei 8,7 Millionen Euro (6,0). Das integrierte Modell von Coface Deutschland, also Full-Service Lösungen für das Forderungsmanagement, hat sich bewährt. „Das ist nach unserer Erfahrung auch das, was die Unternehmen wollen“, sagt Franz J. Michel mit Blick auf eine Befragung, die Coface Deutschland durchführte. Demnach begrüßen 60 Prozent der Unternehmen Lösungen rund um das Forderungsmanagement aus einer Hand. Jedes dritte Unternehmen hält dies für sehr wichtig. Gerade im Factoring sieht der Vorstandschef gute Marktchancen. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die Liquiditätsversorgung von Unternehmen und der voraussichtlich eher restriktiven Haltung der Banken, so Franz J. Michel.
Vom Gruppenumsatz wurden mit Versicherungen 300,5 Millionen Euro (254,9) erwirtschaftet. Das ist ein Plus von 17,9 Prozent. Die Coface Kreditversicherung AG schloss mit einem Gesamtergebnis von 23,8 Millionen Euro (-20,8). Das versicherungstechnische Ergebnis betrug 42,7 Millionen Euro (-40,4). Grund für das negative Ergebnis sei die hohe Zuführung zur Schwankungsrückstellung im Jahr 2010. Nach 2009, in dem hohe Schadenzahlungen anfielen, wurden im Berichtsjahr 115 Millionen Euro zugeführt. „Das Geld bleibt in unseren Büchern. Damit stärken wir unser Kapital für den Fall, dass die Schäden wieder anziehen. Dies ist angesichts der Risikolage auch in vielen europäischen Ländern nicht auszuschließen“, erläutert Franz J. Michel. 2009 wurden 59,4 Millionen Euro der Schwankungsrückstellung entnommen. Bis zum Ende des Berichtsjahrs war die Schwankungsrückstellung mit 254,0 Millionen Euro (138,9) dotiert. „Die Gesellschaft ist hiermit gut gerüstet für künftige Schwankungen im Schadenfall“, erklärt der Vorstandschef. Die hohe Zuführung zur Schwankungsrückstellung drückt nach HGB-Bilanzierung auch den Gewinn der Coface Kredit erheblich. Bei der Bilanzierung nach IFRS, die von der Muttergesellschaft Coface in Frankreich angewendet wird, sieht die Ertragslage ganz anders aus. Nach IFRS werden die Zuführungen zur Schwankungsrückstellung nicht ausgewiesen. Coface Kredit verbuchte nach IFRS einen Gewinn von 18,5 Millionen Euro (-11,3).
Die Schadenquote über alle Versicherungssparten hinweg ist im Berichtsjahr auf 29,3 Prozent (92,7 Prozent) gefallen. Diese Verbesserung ist zurückzuführen auf das Ausbleiben von Großschäden, die im Krisenjahr 2009 gehäuft zu verzeichnen waren. Die Aufwendungen für Schadenfreiheitsrabatte und Boni, mit denen Coface Deutschland ihre Versicherungsnehmer an der positiven Schadenentwicklung beteiligen, sind 2010 auf 25,1 Millionen Euro nach 21,9 Millionen Euro im Vorjahr gestiegen.
Das Deckungsvolumen, die von Kunden übernommenen Forderungsrisiken, erhöhte sich von 113,8 Milliarden Euro 2009 auf 139,0 Milliarden Euro 2010. Die Zeichnungsquote stiegvon ca. 62 Prozent im Vorjahr auf 72 Prozent. „Die Zahlen zeigen, dass wir unsere Kunden auch weiterhin aktiv begleiten werden.“, so CEO Franz J. Michel.
Auch die Muttergesellschaft Coface ist wieder gut in der Gewinnspur. Mit einem Umsatzplus von rund vier Prozent auf 1,622 Milliarden Euro hat Coface auf Gruppenebene das Geschäftsjahr 2010 abgeschlossen. Mit 61 Millionen Euro Nettogewinn wurde der Turnaround zurück in die Gewinnzone geschafft. Im Vorjahr hatte es aufgrund der Wirtschaftskrise ein Minus von 163 Millionen Euro gegeben. Der operative Gewinn 2010 betrug 106 Millionen Euro nach minus 249 Millionen im Vorjahr.
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Nachhaltigkeitsrating im Einkauf
Von Dr. Oliver Everling | 14.April 2011
Deutsche Unternehmen stehen vor steigenden Beschaffungskosten für Rohstoffe und Engpässen bei Lieferanten. Der starke Aufschwung macht damit für 2011 Bedarfssicherung zu einem Topthema im Einkauf. In einer Umfrage des Wirtschaftsinformationsdienstes D&B Deutschland räumten die befragten Einkaufsmanager der Bedarfssicherung eine überdurchschnittliche Priorität ein.
Allen voran der Ölpreis sorgt bei Unternehmen für höhere Energie- und Produktionskosten. Aber auch für Preise bei Metallen wie Stahl, Aluminium oder Kupfer prognostizieren Experten eine anhaltende Verteuerung. Weiterhin arbeiten viele Lieferanten schon jetzt wieder an ihrer Kapazitätsgrenze. „Jeder fünfte Manager gab sich überzeugt, dass die Sicherung der Bedarfe im kommenden Jahr noch weiter an Bedeutung gewinnt“, fasst Michael Seifert, Einkaufsexperte bei D&B Deutschland, die Einschätzung der Einkaufsmanager zusammen. „Gründe liegen vor allem im weiterhin starken Aufschwung in Deutschland und der anhaltend hohen Nachfrage nach Rohstoffen aus Asien und allen voran den BRIC-Staaten mit China an der Spitze.“
Für die Unternehmen in Deutschland gehörten die letzten drei Jahre zu den herausforderndsten der deutschen Wirtschaftsgeschichte: Innerhalb von 36 Monaten mussten sie auf eine schwere Krise reagieren und anschließend direkt einen konjunkturellen Aufschwung meistern. Die Unternehmen stoßen zusehends auf Schwierigkeiten, die rasch anwachsende Produktion mit den Kapazitäten der Lieferanten abzusichern. Um solchen Marktanforderungen gewachsen zu sein, erweist sich der Stellenwert des Einkaufs im Unternehmen zunehmend als wettbewerbsdifferenzierender Faktor.
Das zweite Topthema im Einkauf ist Nachhaltigkeit. Der Unterschied zur Bedarfssicherung ist marginal, auch ihr messen knapp drei von vier befragten höchste Priorität bei. Nachhaltiger Einkauf wird auch 2011 überdurchschnittlich an Bedeutung gewinnen, so das Ergebnis der Umfrage. Vorreiter sind die chemische und Pharmaindustrie. Ihnen folgen Banken und Versicherungen und an dritter Stelle stehen Unternehmen der Transport- und Logistikbranche. Sowohl die Gründe als auch die damit verbundenen konkreten Nachhaltigkeitsstrategien können bei diesen drei Industriezweigen nicht unterschiedlicher sein. Beachtenswert ist jedoch, dass nicht nur die rohstoff- und energieintensive chemische Industrie und die im Emissionsverruf stehende Transportbranche das Thema Nachhaltigkeit im Einkauf priorisieren, sondern auch der Dienstleistungsbereich hier Verantwortung übernimmt.
“Hinsichtlich der Bedeutung des Risikomanagements hat die Krise den Saulus zum Paulus gemacht. Die Umfrage 2010 bestätigt diesen Paradigmenwechsel. Waren vor der Krise noch über ein Drittel der Manager der Ansicht, Risikomanagement besitze nur eine geringe Bedeutung im Einkauf,” so D&B, “sind es jetzt weniger als zehn Prozent. Gleichzeitig bescheinigte vor der Krise nur knapp jeder fünfte dem Risikomanagement eine hohe Bedeutung – heute sind fast 80 Prozent der Überzeugung. Das Thema Risikomanagement verschwindet damit nicht wieder von der Agenda des Einkaufs.”
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