Value-Rotation in vollem Gange?

Von Dr. Oliver Everling | 18.Juli 2022

Die Regierungskoalition in Japan hat zwei Tage nach dem tödlichen Attentat auf den ehemaligen Premierminister Shinzō Abe einen klaren Sieg bei der Oberhaus-Wahl erzielt. Die Liberaldemokratische Partei (LDP) und ihr Koalitionspartner Komeito sicherten sich eine Zwei-Drittel-Mehrheit und können nun die von Abe jahrelang angestrebte Reform der pazifistischen Verfassung Japans vorantreiben. Die Bestätigung der politischen Richtung, gepaart mit der moderaten Inflation und der Wiedereröffnung des Landes dürfte laut Richard Kaye, Portfoliomanager des Comgest Growth Japan, dazu beitragen, dass Japan in diesem Jahr zu den Märkten mit der besten Performance gehören könnte. Die Aufholjagd, die eigentlich erst mit der Regierung unter Abe im Jahr 2012 begonnen hat, sollte daher weiter an Fahrt gewinnen.

„Ironischerweise ist Japan eine Nation, die nichts gegen ein bisschen mehr Inflation hätte. Selbst steigende Energiekosten und der globale Druck auf die Lieferketten haben Japan nicht dazu verholfen, das Inflationsziel der Zentralbank von 2 Prozent zu erreichen. Die Bank of Japan löste die stärksten Kursverluste des Yen seit fast 50 Jahren aus,“ berichtet Richard Kaye, „indem sie sich dem globalen Druck zur Anhebung der Zinssätze widersetzte.“

Als Folge haben Anleger einige der erfolgreichsten japanischen Wachstumsunternehmen abgestoßen und sich auf Bank- sowie Immobilienaktien gestürzt – mit der Überzeugung, dass eine Value-Rotation in vollem Gange ist.

„Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass das Land als sicherer Hafen vor einem unkontrollierten Preisanstieg gilt. Wir haben keine Immobilieninflation, keine junge Verbraucherbasis und keine Lohninflation in Japan. All diese Aspekte überzeugen uns, dass Japan in der aktuellen Inflationsdebatte anders gesehen werden sollte“, sagt Kaye. Der durchschnittliche Grundstückswert in Japan stieg im März um 0,6 Prozent – der erste Wachstumsschub seit zwei Jahren. Die Immobilienpreise sind jedoch weiterhin nicht in der Lage, sich zu erholen, und setzen damit den Abwärtstrend fort, der durch das Platzen der Vermögensblase im Jahr 1991 und durch die globale Finanzkrise ausgelöst wurde.

Japan hat die älteste Bevölkerung der Welt: 28,7 Prozent der Einwohner sind mindestens 65 Jahre alt. Schätzungen zufolge wird bis zum Jahr 2036 sogar jeder dritte Einwohner 65 Jahre oder älter sein. Die alternde Bevölkerung des Landes hat keine so hohe Konsumbereitschaft wie die jüngeren Verbraucher in den USA und Europa. Die effektive Lohninflation wird begrenzt, da Japan keine Covid-bedingten Ausgangssperren für seine Einwohner erlassen hat, wodurch die Wirtschaft kein neues Personal einstellen musste.

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Chinesische Aktien unterrepräsentiert

Von Dr. Oliver Everling | 14.Juli 2022

Die DWS hat einen Xtrackers-ETF aufgelegt, der Zugang zu den wichtigsten an den Börsen von Shanghai und Shenzhen notierten Aktien chinesischer Unternehmen bietet. Dieses als „A“-Aktien bezeichnete Börsensegment macht den Großteil der Marktkapitalisierung aller chinesischen Aktien aus. Der Xtrackers MSCI China A ESG Screened Swap UCITS ETF wurde an der Deutschen Börse und an der London Stock Exchange gelistet. Notierungen an weiteren europäischen Börsen sind geplant.

Der neue Xtrackers-ETF bildet den Index MSCI China A Inclusion Select ESG Screened ab. Damit haben Investoren die Möglichkeit, sich nur an den „A“-Aktien aus dem Ausgangsindex MSCI China zu beteiligen. Der MSCI China umfasst außer den „A“-Aktien auch Titel chinesischer Unternehmen, die in Hongkong oder an internationalen Börsen notiert sind. Die größten Sektoren im MSCI China A Inclusion Select ESG Screened bilden Finanzwerte (19,1% Indexgewicht), Konsumgüter (15,5%) und Industriewerte (14,4%). Der Anteil der größten zehn Positionen im Index, der aktuell 363 Titel umfasst, beträgt 19 Prozent.

Die ESG-Screened-Methodologie zur Abbildung grundlegender Nachhaltigkeitsmerkmale führt zu einem Ausschluss von rund einem Viertel der Indexmitglieder des MSCI China A. Herausgefiltert werden unter anderem die Aktien von Unternehmen, die mit kontroversen oder nuklearen Waffen in Verbindung gebracht werden oder mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit konventionellen Waffen, Tabak oder der Gewinnung von Steinkohle und Ölsand generieren. Ferner werden Aktien aus dem Index entfernt, die ein MSCI-ESG-Rating von „CCC“ erhalten haben oder die Prinzipien des Global Compact der Vereinten Nationen nicht einhalten. Der Xtrackers MSCI China A ESG Screened Swap UCITS ETF erfüllt die Voraussetzung für die Einstufung als Produkt gemäß Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung.

Damit erweitert die DWS ihr Angebot an Xtrackers-Aktien-ETFs auf acht Produkte, die unterschiedliche Segmente des chinesischen Aktienmarkts abdecken. Mit einem verwalteten Volumen von aktuell rund 4,5 Milliarden Euro (Stand 24.06.2022) zählt die DWS zu den führenden Anbietern von Aktien-ETFs auf chinesische Indizes. Zum Vergleich: Ende 2019 belief sich das verwaltete Vermögen in Xtrackers-ETFs auf chinesische Aktienindizes auf 2,2 Milliarden Euro.

„Der chinesische ‚A‘-Aktienmarkt ist in vielen Portfolios immer noch deutlich unterrepräsentiert, gemessen an seiner Bedeutung und seinen Wachstumsaussichten. Der MSCI China A ESG Screened Swap UCITS ETF bietet einen effizienten und liquiden Zugang zum inländischen ‚A‘-Aktienmarkt unter Beachtung grundlegender Nachhaltigkeitsmerkmale“, sagt Simon Klein, Global Head of Passive Sales, DWS.

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Der Autokredit – schnell und effektiv zum Wunschfahrzeug 

Von Alex Bergmann | 12.Juli 2022

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Mobilität steht in der heutigen Zeit für viel an der ersten Stelle der Bedürfnisse im alltäglichen Leben. Ob jetzt aus privaten oder beruflichen Gründen, das Automobil ist unser liebstes Kind. Der treue Gefährte, der uns Arbeit, Freizeit und Urlaub ermöglicht. Doch was passiert, wenn plötzlich der absolute Super-GAU eintritt? Ein Motorschaden kann unerwartet alle weiteren Planungen zunichtemachen. 

Natürlich können Kleinigkeiten fachkompetent repariert werden und die Fortsetzung der Erfolgsstory geht unvermindert weiter. Doch ein Motorschaden kann alle Träume zerstören und eine Reparatur ist hier wirtschaftlich nicht tragbar. Doch was nun? Ein defekter Wagen mit Motorschaden und die finanziellen Rücklagen reichen auch noch nicht aus. Jetzt ist zweierlei Verhandlungsgeschick erforderlich. Welche Optionen bleiben? Denn das alltägliche Leben muss ja weiterrollen. 

Defekte Autos verkaufen – hier ist immer ein fairer Deal möglich

Ein Auto mit Motorschaden verkaufen ist je nach Baujahr immer noch eine lukrative Angelegenheit. Und wer einen zuverlässigen sowie seriösen Ankäufer hat, der wird den finanziellen Verlust in einem fairen Maß erleben. Auch gilt hier, ruhig mal verhandeln und nicht sofort zusagen. Denn genau darauf warten unseriöse Händler. Ein Motorschaden ist für einen Händler durchaus reparabel. 

Die Punkte sollte bei der Preisfindung eine Rolle spielen:

Verkaufserlöse mit einem Kredit aufstocken – das neue Traumauto ist nah 

Der „neue Gebrauchte“ hat natürlich einen gewissen Wert, der vermutlich nur allein mit den Verkaufserlösen nicht erreicht werden kann. Hier ist die Aufstockung mittels einer Finanzspritze in der Regel nötig. Die Kreditinstitute überschlagen sich hier mit Angeboten und ein Vergleich lohnt sich immer. Die eigene Hausbank sollte immer der erste Ansprechpartner sein. Und mit diesen Angaben ist ein objektiver Vergleich durchaus legitim. Und am Ende können große Einsparungen warten. Denn der effektive Jahreszins kann von unter einem Prozent bis zu zwei Prozent betragen. 

Mit etwas Geschick und einem konsequenten Vergleichen der Angebote können hier vierstellige Beträge eingespart werden. Ein defektes Fahrzeug mit Motorschaden muss also nicht das Ende der Mobilität bedeuten. Mit etwas Geschick wird das neue Fahrzeug kostengünstig finanziert.

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US-Rezession ist jetzt das Basisszenario

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juli 2022

Die aktuelle Ausgabe des „Prognose Updates“ aus dem Hause der FERI für den Monat Juli enthält eine wesentliche Prognose-Änderung gegenüber der bisherigen Sichtweise: „Eine Rezession in den USA ist aus unserer Sicht nicht mehr nur ein Risiko, sondern das Basisszenario.“

Angesichts der jüngsten schlechten Konjunkturdaten aus den USA erscheint es dem FERI Economics Team sogar denkbar, dass sich die US-Wirtschaft, die ja schon im ersten Quartal geschrumpft war, bereits jetzt in der Rezession befindet. Im dritten Quartal stünden die Aussichten auf ein wieder positives Wachstum ebenfalls schlecht.

„Damit nicht genug“, warnen die Experten: „Die Wahrscheinlichkeit, dass auch der Euroraum in eine Rezession gerät, liegt damit ebenfalls deutlich über 50%, auch wenn hier die Erholungsprozesse im Dienstleistungssektor im Sommer womöglich noch ausreichen, um die Gesamtwirtschaft über der Null-Linie zu halten.“

Welche konkreten Prognoserevisionen sich daraus ergeben, ist der Publikation der FERI zu entnehmen. „Angesichts dieser schlechten Nachrichten mag man Trost darin suchen, dass auf jede Rezession bislang auch wieder ein Aufschwung gefolgt ist“, schreibt das FERI Economics Team.

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Rolle der Ratingagenturen bei „grünen Anleihen“

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2022

Sogenannte „grüne Anleihen“ werden von Staaten, internationalen Organisationen oder Unternehmen begeben, um Investitionen zu finanzieren, die sich positiv auf das Klima und die Umwelt auswirken.

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, gibt einige Beispiele: So können die Installation von Solaranlagen oder der Aufbau einer emissionsarmen Fahrzeugflotte, die Entwicklung emissionsarmer Produktionsmethoden oder die Förderung von Eisenbahnprojekten in Schwellenländern unterstützt werden – also gezielte Klimaschutzmaßnahmen.

„Die Wachstumsraten des Segments sind enorm. Wurden im Jahr 2020 global etwas mehr als 300 Mrd. US-Dollar nachhaltiger Anleihen emittiert,“ berichtet der Chefvolkswirt, „lag der Wert im Jahr 2021 schon bei 500 Mrd. Für den Emittenten bietet sich im Vergleich zu einer klassischen Anleihe ein Zinsvorteil, denn Anleger beziehen neben den Faktoren Rendite und Risiko auch die Wirkung ihrer Kapitalanlage zunehmend als eigene Zielvorgabe ein und sind dafür bereit, auf ein gewisses Maß an Rendite zu verzichten.“

Nicht nur die Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ ist schwierig, das gilt auch für die Festlegung der zulässigen Zielinvestments von grünen Anleihen, warnt Carsten Mumm. „Mittlerweile gibt es aber anerkannte Standards, viele Emittenten halten ihre Anleger während der Laufzeit der Anleihe über die Erreichung der vorab definierten Ziele auf dem Laufenden und lassen ihre Anleihen durch spezialisierte Rating-Agenturen überprüfen.“

So wurde zum Beispiel für die beiden im Jahr 2021 durch die Bundesrepublik Deutschland herausgegebenen grünen Anleihen ein eigener Allokationsbericht veröffentlicht, dem eine exakte Zuordnung der Emissionserlöse zu „als grün anerkannten“ Ausgaben des Bundes entnommen werden kann. „Zudem wird auf Ebene der Europäischen Union gerade ein European Green Bond Standard erarbeitet, um künftig mehr Klarheit zu schaffen. Zwar wird es vermutlich nie eine hundertprozentig von allen Beteiligten akzeptierte Definition für eine nachhaltige Kapitalanlage geben. Dennoch besteht durch die Zweckbindung einer bestimmten Anleiheemission im Vergleich zur Aktienauswahl nach ESG-Kriterien eine viel gezieltere Möglichkeit, sich mit der Kapitalanlage aktiv an der notwendigen Transformation der Wirtschaft in die dekarbonisierte Zukunft zu beteiligen. Entsprechend dürfte die Nachfrage nach dem Segment weiter deutlich zunehmen und noch mehr Emittenten die Möglichkeiten dieses Segments nutzen.“

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Small Cap-Effekt und Unternehmen ohne Ratings

Von Dr. Oliver Everling | 5.Juli 2022

Weniger „offizielles“ Rating, dafür höheres Risiko und höhere Renditen – diese Zusammenhänge zu beachten, kann sich für Investoren lohnen. Im Vergleich zu Mid und Large Caps bieten Aktien von Small Cap-Unternehmen auf lange Sicht in fast allen Märkten die attraktivere Alternative. Zu diesem Ergebnis kommt Desiree Sauer, Investmentstrategin bei Lazard Asset Management, in einer aktuellen Studie. Neben der attraktiveren risikoadjustierten Rendite gibt es ihrer Meinung nach noch weitere spannende Aspekte, die für das Anlagesegment sprechen.

Von dem oft beklagten Mangel an Ratings für kleine und mittlere Unternehmen können Anleger bei entsprechendem Knowhow profitieren. Auch das, was diese Unternehmen an Gebühren für Ratings unabhängiger Agenturen einsparen, landet dann in den Taschen fachkundiger Investoren. Während öffentliches Rating und Research jedermann zugänglich ist und damit zwangsläuig die Hoffnung dämpfen muss, im Vergleich zu anderen Anlegern eine bessere Rendite zu erreichen, stehen bei nicht gerateten Unternehmen die Chancen gut, im Nebel der Uninformiertheit Überrenditen zu vereinnahmen.

Nach Ansicht Sauers ist es nämlich zunächst einmal der gut erforschte Small Cap-Effekt, der niedrig kapitalisierte Werte attraktiv macht. „Wissenschaftliche Studien konnten wiederholt zeigen, dass Small Cap-Aktien im Laufe der Zeit besser abschnitten als ihre Large Cap-Pendants“, erläutert die Expertin. Bei der Betrachtung der vergangenen Performance hat sich etwa der MSCI Welt Small Cap-Index von 2000 bis 2022 mehr als vervierfacht, während der MSCI Welt Large Cap sich noch nicht einmal ganz verdoppelte. Grunderkenntnis: Small Caps seien zwar volatiler und generell riskanter als Large Caps, für das höhere Risiko werde der Anleger jedoch mit einer langfristig höheren Performance entschädigt.

Doch Small Caps konnten in der Vergangenheit nicht nur höhere risikobereinigte Renditen im Vergleich zu Large Caps erzielen, sondern boten auch Vorteile bei der Gesamtportfoliokonstruktion. „In einem Umfeld, in dem die Korrelationen zwischen den einzelnen Anlageklassen immer weiter zugenommen haben, können Small Caps zur Diversifizierung eines Portfolios beitragen“, sagt Desiree Sauer. Denn es habe sich gezeigt, dass die Rendite von Small Caps sich im Vergleich zu anderen Marktsegmenten durchaus unterschiedlich entwickle. „Das liegt daran, dass Small Cap-Unternehmen im Allgemeinen stärker inländisch orientiert sind als ihre Large Cap-Vergleichsgruppe. Sie sind insgesamt weniger von Auslandsverkäufen abhängig; das kann bei globalen Schocks zur Diversifizierung der Performance beitragen“, erläutert Desiree Sauer.

Ein weiteres Argument für kleinere Werte sei die niedrige Research-Abdeckung und die geringere Verfügbarkeit von Informationen. Sauer weist darauf hin, dass etwa 25 % der Small und Micro Cap-Aktien weltweit keine Research-Coverage aufweisen. Dies sei im Large-/Mega-Cap-Bereich undenkbar. Insgesamt führe das wenig vorhandene Research bei Small Caps zu Marktineffizienzen, was aktiven Managern Raum zur Alphagenerierung biete. „Die Bottom-up-Analyse ist entscheidend, um die Chancen und Risiken von Small Cap-Unternehmen zu verstehen. Das macht aktives Management unabdingbar“, fasst Desiree Sauer zusammen.

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Great Resignation? Nicht in China

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2022

Von den drei schockhaften Ereignisse – US-Inflation, Russland/Ukraine und die Null-Covid-Strategie in China – dürfte der chinesische Null-Covid-Schock zuerst abklingen, prognostiziert Stephen Li Jen, CEO von Eurizon SLJ Capital Ltd: „Nicht nur, dass sich die Lage in Shanghai seit dem 1. Juni durch die Aufhebung der Bewegungsbeschränkungen normalisiert hat, auch die chinesischen Exporte haben im Mai neue Rekorde erreicht, und die Zahlen für Juni werden meiner Meinung nach noch höher ausfallen.“

Sobald die Covid-Beschränkungen aufgehoben werden, werden die chinesischen Arbeitnehmer eifrig an die Arbeit zurückkehren und Überstunden machen, um den Auftragsbestand abzuarbeiten, sieht der China-Kenner voraus. Esoterik, absurde Heilslehren, religiöse Verwirrungen oder auch Klima-Fanatismus erreichen in der Volksrepublik China kaum so bedrohliche Ausmaße wie in anderen Ländern.

Das, was aktuell in den angelsächsischem Ländern unter dem Rubrum „Great Resignation“ diskutiert wird, ist in China nicht zu finden, so der Experte: „Es gibt kaum Überlegungen über den Sinn des Lebens oder darüber, ob man den Beruf wechseln sollte. Infolgedessen werden die Produktion, die Exporte und die allgemeinen Aktivitätszahlen meiner Meinung nach stark ansteigen, vorausgesetzt, es kommt nicht zu weiteren Rückschlägen im Zusammenhang mit Covid.“

Hinzu komme, dass Peking – angeführt von der Fraktion von Premier Li, die für keynesianische Anreize eintritt – das Heft in die Hand nimmt, und gezieltere, aber kräftige Anreize – fiskalisch, nicht geldpolitisch – dazu beitragen werden, dass sich die Wirtschaft im zweiten Halbjahr vollständig erholt. „Das erste Halbjahr war düster, aber ich bin zuversichtlich, dass das zweite Halbjahr nicht so sein wird.“

Auch die regulatorischen Beschränkungen für den Technologiesektor und den Immobiliensektor werden gelockert. Zwar werde es wahrscheinlich keine vollständige Rücknahme der im letzten Sommer begonnenen regulatorischen Verschärfungen geben, aber ein deutliches Drehen an den Stellschrauben werde wahrscheinlich zu recht positiven Aussichten für Renminbi-Anlagen führen, von denen viele unterbewertet sind.

Ob sich die Hoffnung von Stephen Li Jen jedoch bezüglich der überbordenden Geldflutung der Märkte durch die Zentralbanken bestätigen wird, muss die Geschichte erweisen: „Der zweite Schock, der langsam abklingen könnte, ist die US-Inflation. Das allgemeine Preisniveau ist bereits so hoch, dass die Verbraucher selbst bei einer Verlangsamung der Inflation Mühe haben werden, ihre Nachfrage aufrechtzuerhalten, denke ich.“

Der nachhaltigste Schock liegt in der Frage, was die Sanktionen gegen Russland für Europa bedeuten könnten: „Die EZB strafft die Geldpolitik, weil sie als Zentralbank mit einem einzigen Mandat und Inflationsziel keine andere Wahl hat. Die Fed hingegen hat ein doppeltes Mandat und kann daher nach eigenem Ermessen handeln, wenn sich die Konjunkturdaten verschlechtern. Angesichts der geopolitischen Spannungen, die dazu führen, dass die Rohstoff- und Energiepreise erhöht bleiben, befürchte ich, dass Europa von den drei großen Volkswirtschaften das größte Stagflationsrisiko hat.“

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Kein Paradigmenwechsel bei den Zentralbanken

Von Dr. Oliver Everling | 4.Juli 2022

„Dass die amerikanische Notenbank Fed der Bekämpfung der hohen Inflation absolute Priorität einräumt und zu weiteren drastischen Zinsanhebungen in den kommenden Monaten bereit ist, war überfällig und angesichts einer Inflationsrate von mehr als 8 Prozent in den USA nicht überraschend. Dennoch“, argumentiert Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, „markieren die Beschlüsse und die verbalen Einlassungen verschiedener Mitglieder des Federal Open Market Committee (FOMC) eine Zäsur in der Geldpolitik: Erstmals seit mindestens zwanzig Jahren befindet sich die Fed wieder in einem Konflikt zwischen dem Ziel der Preisstabilität einerseits und dem Vollbeschäftigungsziel andererseits.“

Die für die Rückführung der hohen Inflationsraten notwendigen geldpolitischen Maßnahmen könnten, warnt Axel D. Angermann, die gesamtwirtschaftliche Aktivität nicht nur dämpfen, sondern eine Rezession auslösen, deren Folge eben auch steigende Arbeitslosenquoten wären.

Die drei Vorgänger des amtierenden Fed-Chefs Powell – Alan Greenspan, Ben Benanke und zuletzt Janet Yellen – agierten dagegen in einem Umfeld, in dem es zumindest scheinbar keinen Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung und gesamtwirtschaftlich positiver Entwicklung gab, legt Axel D. Angermann dar: „Was immer die Zentralbanken zur Stimulierung der Gesamtwirtschaft taten, und das war nicht wenig, wie allein eine Verzehnfachung der Notenbankbilanz der Fed seit 2008 beweist: Es schlug sich nicht unmittelbar in höheren Preisen auf den Güter- und Dienstleistungsmärkten nieder. Dass dafür im Gegenzug die Asset-Preise – vor allem die Aktienkurse – stark stiegen, war den Akteuren an den Finanzmärkten, und nicht zuletzt den vielen privaten Anlegern, gerade recht. Die Tatsache, dass mit der jahrelangen Aufblähung der Geldmenge der Grundstein für die aktuellen Inflationsprobleme gelegt wurde, erregte deshalb höchstens in akademischen Kreisen ein gewisses Missfallen. Erst als im Zuge der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Lieferkettenstörungen echte Knappheiten an den Märkten auftraten, brach sich die hohe Liquidität auch an den Gütermärkten Bahn und führte zu steigenden Inflationsraten. Die seit Jahresbeginn infolge des Ukraine-Krieges drastisch gestiegenen Rohstoffpreise verstärkten diesen Effekt zusätzlich, sind aber für sich genommen keineswegs die Ursache der hohen Inflation.“

Dass die Notenbanken einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel vollziehen und künftig primär das Erreichen des Inflationsziels anstreben, erwartet der Chef-Volkswirt jedoch nicht: „Die Fed hatte erst vor knapp zwei Jahren angekündigt, höhere Inflationsraten zu tolerieren. Mit Blick auf die Finanzierung der hohen Staatsverschuldung erscheint es mindestens denkbar, dass die Notenbanken nicht an dauerhaft hohen Zinsen interessiert sind. Auch dies ist einer der Gründe, warum auch nach Beendigung der derzeitigen Ausnahmesituation mit dauerhaft höheren Inflationsraten gerechnet werden muss als in den zwanzig Jahren vor der Corona-Pandemie.“

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Sanktionen gegen Russland bringen Europas Ratings auf Talfahrt

Von Dr. Oliver Everling | 28.Juni 2022

„Das Grün auf der Risiko-Weltkarte verblasst,“ warnt der Kreditvesicherer Coface, „immer häufiger dominieren gelbe und rote Akzente und spiegeln den erneuten globalen wirtschaftlichen Abschwung wider.“

In seiner neuesten Einschätzung meldet Coface insgesamt 19 Abwärtsrevisionen des Länderrisikos – darunter osteuropäische Länder wie Tschechien, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und die Slowakei, die allesamt von Risikoklasse A3 in A4 rutschen.

„Bei diesen Ländern sind die EU-Sanktionen gegen Russland und die Rezession in der Russischen Föderation ausschlaggebend. Denn für die meisten ist Russland ein Haupthandelspartner und gerade im Bereich Energie ist die Abhängigkeit enorm“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. In Polen spiele auch der starke Anstieg der Zinsen eine wichtige Rolle, da die polnische Zentralbank früher und stärker als die EZB auf die starke Inflation reagiert hatte.

In Süd- und Westeuropa spielt die hohe Inflation die Hauptrolle für die Abwertung, hier wurden Deutschland, Österreich, Frankreich, Portugal und Spanien von A2 („niedriges Ausfallrisiko“) herabgestuft in A3 („zufriedenstellendes Risiko“).

Die Teuerungsraten führen zu einer verringerten Kaufkraft der Konsumenten, einem Rückgang des privaten Konsums und zu finanziellen Problemen für Unternehmen, die gestiegene Produktionskosten nicht so schnell weitergeben können. Zudem belasten anhaltende Lieferkettenprobleme die Wirtschaft und der Außenhandel geht deutlich zurück, da viele Länder zwar wenig direkt mit Russland, Belarus oder der Ukraine handeln, dafür aber umso mehr mit Osteuropa, das seinerseits wiederum besonders stark vom Ukrainekrieg belastet ist.

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Wer gewinnt im Wettlauf um Preiserhöhungen

Von Dr. Oliver Everling | 27.Juni 2022

Hohe Inflation, rasant steigende Zinsen und eine nachlassende Notenbankenliquidität haben im ersten Börsenhalbjahr zu schweren Turbulenzen an den Märkten geführt. Das hat fast jeder mit Long-Positionen gespürt: Ein deutlicher Abwärtstrend bei Aktien ist die Folge.

„Anleihen erlebten sogar einen echten Crash, der historisch ohne Beispiel ist“, berichtet Dr. Eduard Baitinger, seit 2015 Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe. Da die Unternehmensgewinne noch relativ robust sind, führt Eduar Baitinger den Abverkauf an den Aktienmärkten bislang vor allem auf rückläufige Bewertungsmultiplikatoren zurück. Exemplarisch sei der massive Ausverkauf bei Technologieaktien, deren Kurse zuvor – bei fallenden Zinsen – von stetig steigenden Multiplikatoren getrieben wurden.

Bitcoin und andere Kryptos boten keinen Schutz: „Auch der massive Absturz von Kryptowährungen ist ein klares Symptom restriktiver Zins- und Liquiditätsbedingungen. Dieses komplexe Marktumfeld bietet vorerst kaum Chancen für nachhaltig steigende Kurse.“

Im zweiten Halbjahr könnte sich die Situation etwas entspannen, hofft Eduard Baitinger: „Die Inflation dürfte zwar auf hohem Niveau verharren, die Dynamik des Preisauftriebs jedoch zurückgehen. Das wird der US-amerikanischen Notenbank FED die Möglichkeit geben, ihren monetären Straffungskurs zu verlangsamen. Der Druck stark steigender Zinsen und gleichzeitiger Bewertungskontraktion könnte dann merklich nachlassen.“

Trotzdem rät Eduard Baitinger Anlegern, vorerst keine durchgreifende Besserung an den globalen Aktienbörsen erwarten, denn nach den aktuellen Inflations- und Zinssorgen werden zunehmende Rezessionsängste das Bild bestimmen. „Dies gilt speziell für Europa, wo akute Energieknappheit immer mehr zum Problem wird. Das schwierige Gesamtumfeld wird das Wirtschaftswachstum in den kommenden Monaten deutlich dämpfen, Unternehmensgewinne spürbar reduzieren und die Aktienmärkte erneut belasten. Auch konjunktursensitive Rohstoffe, die im bisherigen Jahresverlauf zu den klaren Gewinnern zählen, erwartet in diesem Umfeld eine schwächere oder sogar negative Wertentwicklung.“

Vor diesem Hintergrund sei die Exponierung in Risikoanlagen zu reduzieren und die Konjunktursensitivität ihrer Portfolios auf ein Minimum zu beschränken – aktives Fondsmanagement könne in solchen Zeiten seine Stärken besonders ausspielen, heißt es aus dem Hause der FERI in Bad Homburg. „Partielle Aufhellungen des Investmentumfelds sind erst in Sicht, wenn die inflationäre Dynamik spürbar nachlässt. Das könnte zum Jahresende geschehen, vorausgesetzt Russland verhängt kein vollständiges Energieembargo gegen Europa und die Störungen der Lieferketten ausgehend von China werden überwunden. Damit ein echter Turnaround an den globalen Börsen gelingt, müsste jedoch der gegenwärtige monetäre Straffungszyklus sichtbar auslaufen. Das dürfte aber frühestens 2023 der Fall sein.“

Von Eduard Baitinger ist bisher wenig über die vielfältigen Chancen zu lesen, die sich für bestimmte Unternehmen aus einem inflationären Umfeld ergeben, nämlich für solche Unternehmen, deren Preiselastizitäten auf Beschaffungs- und Absatzmärkten unterschiedlich sind. Wer nämlich schneller die Preise erhöhen kann als seine Lieferanten, ist im Vorteil.

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