Autonom in Führung gefahren

Von Dr. Oliver Everling | 16.Januar 2025

In mehreren chinesischen Städten, darunter Wuhan, sind bereits fahrerlose Fahrzeuge im Einsatz. Andere Länder wie Frankreich und Deutschland haben zwar ebenfalls Fortschritte gemacht, sind aber noch weit davon entfernt, die Technik großflächig zu testen. Außerdem wird zur Sicherheit ein Fahrer an Bord benötigt, der notfalls eingreifen kann. „Beflügelt wird das Wachstum der Branche durch die Kooperation zwischen Technologieunternehmen, Automobilherstellern, Fahrdienst-Plattformen und Hardwareanbietern, die zusammen ein umfassendes Netzwerk bilden und Innovationen beschleunigen“, schreibt Yanxiu Gu, Produktspezialistin für chinesische Aktien bei ODDO BHF AM, in einem aktuellen Marktkommentar.

Dem kalifornischen Department of Motor Vehicles (DMV) zufolge belegen chinesische Unternehmen wie Baidu*, AutoX* und Pony.ai* Spitzenplätze in der MPI-Rangliste (Meilen pro Intervention) mit durchschnittlich weniger als einem Eingriff pro 16.000 autonom gefahrenen Meilen. Damit bewegt sich China in Sachen autonomer Fahrtechnik auf Augenhöhe mit US- Giganten. Zentraler Impulsgeber ist der chinesische Technologieriese Baidu. „Über seine offene autonome Fahrdienst-Plattform Apollo stellt das Unternehmen autonome Fahrtechnologie bereit und betreibt einen Taxidienst, um der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen und die Kommerzialisierung der hochautomatisierten L4-Fahrtechnik voranzutreiben“, fügt Gu hinzu.

Auch andere Technologie-Start-ups wie Pony.AI*, WeRide* und AutoX* konzentrieren sich auf die Entwicklung autonomer Fahrtechnologien. Pony.AI, von drei ehemaligen Baidu- Mitarbeitern gegründet, bietet ebenfalls Fahrdienste über eine eigene App an und ist in China und den USA aktiv. Nach zehn Finanzierungsrunden liegt die Bewertung von Pony.AI mittlerweile bei 8,5 Milliarden US-Dollar. „Das Unternehmen plant einen Börsengang in den USA und hat dafür von der chinesischen Regulierungsbehörde grünes Licht erhalten“, so die Produktspezialistin von ODDO BHF AM.

Besonders der chinesische Markt, der 2023 59 % des weltweiten Umsatzes mit Elektrofahrzeugen ausmachte, bietet die Möglichkeit, umfangreiche Daten aus der Praxis für Optimierungen zu sammeln. Wichtige Akteure sind auch Fahrdienstvermittler, die mit Herstellern von Elektrofahrzeugen zusammenarbeiten, um maßgeschneiderte Robotaxis zu bauen und entsprechende Dienste anzubieten. Ebenfalls zentral sind Hardwarehersteller, die KI-Chips für selbstfahrende Autos entwickeln und Anbieter von Sensoren für autonome Fahrsysteme. Neben einem umfassenden, für das technologische Potenzial der Branche förderlichen Netzwerk von Unternehmen verfügt China über weitere spezifische Vorteile. „Einer davon ist die hohe Akzeptanz neuer Technologien durch die Verbraucher“, berichtet Gu. Laut einer Studie von Roland Berger aus dem Jahr 2023 sind 62 Prozent der Befragten in China bereit, ein Robotaxi auszuprobieren. Auch Social-Media-Influencer tragen dazu bei, die Technologie bekannt zu machen und das Interesse jüngerer Nutzer zu steigern. Die chinesische Regierung engagiert sich ebenfalls intensiv für die Entwicklung dieser Zukunfts-Technologie.

So hat sie Testzonen eingerichtet und die Vergabe von Testlizenzen erleichtert, damit Unternehmen ihre Technologien unter realen Bedingungen erproben können. Chinas fortschrittliche 5G-Technologie und – Infrastruktur spielt ebenfalls eine maßgebliche Rolle bei der Förderung des autonomen Fahrens. Das Land besitzt eines der weltweit größten und modernsten 5G-Netze der Welt. „Um Marktanteile zu gewinnen und im Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen die Unternehmen auch den Massenmarkt bedienen können und hochwertige Dienstleistungen anbieten, die den hohen Anforderungen der Hersteller intelligenter Fahrzeuge gerecht werden“, hebt die Produktspezialistin von ODDO BHF hervor.

Bei allem Potenzial des autonomen Fahrens bleiben auch Herausforderungen. Aktuell operiert Apollo Go* nur in Vororten und auf wenig befahrenen Straßen und erntet Kritik für seinen „zu konservativen“ und „holprigen“ Fahrstil. „Das Überwinden dieser Probleme könnte entscheidend für eine breitere Akzeptanz durch die Verbraucher sein“, schätzt Gu. Im Blick haben sollten Investoren auch Widerstand menschlicher Fahrer, der die großflächige Einführung von Robotaxi-Diensten in China bremsen könnte.

* und Keines der vorstehend genannten Unternehmen stellt eine Anlageempfehlung dar.

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BaFin-Kontenvergleich – Fortschritt im Verbraucherschutz oder Illusion von Transparenz?

Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2025

Der BaFin-Kontenvergleich, der am 15. Januar gestartet wurde, wird von der Finanzaufsicht als bedeutender Fortschritt im Verbraucherschutz dargestellt. Ziel ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern eine einfache Möglichkeit zu bieten, aus über 6.900 Girokontenmodellen das passende Angebot zu finden. Die Website soll Transparenz schaffen und eine eigenverantwortliche Auswahl fördern. Doch bei näherer Betrachtung ergeben sich mehrere kritische Punkte, die die Wirksamkeit und den tatsächlichen Nutzen des Projekts in Frage stellen.

Ein zentrales Problem ist die Abhängigkeit von den Angaben der Kontoanbieter. Die BaFin prüft die bereitgestellten Daten nur stichprobenartig und übernimmt sie ansonsten direkt in die Vergleichsplattform. Das bedeutet, dass die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben vollständig bei den Banken und Finanzdienstleistern liegt. Dies birgt das Risiko von Fehlinformationen oder irreführenden Darstellungen, insbesondere da Banken ein eigenes Interesse daran haben, ihre Angebote in einem möglichst positiven Licht darzustellen.

Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie nutzerfreundlich und praktisch die Plattform tatsächlich ist. Zwar werden 27 Vergleichskriterien angeboten, doch die Vielzahl der Optionen könnte Verbraucher auch überfordern. Ohne eine fundierte finanzielle Vorbildung fällt es vielen Menschen schwer, die Bedeutung von Begriffen wie Überziehungszinssätzen oder Sonderkonditionen zu verstehen. Zwar wird die Plattform in leichter Sprache angeboten, doch bleibt fraglich, ob dies ausreicht, um die komplexen Zusammenhänge verständlich zu machen. Auch die Notwendigkeit, sich zur endgültigen Klärung von Details direkt an die Anbieter zu wenden, stellt einen weiteren Aufwand dar, der den Nutzen des Angebots schmälert.

Hinzu kommt, dass der Kontenvergleich keine Empfehlungen ausspricht. Zwar wird die Neutralität der Plattform betont, doch könnte das Fehlen klarer Orientierungshilfen Nutzer eher verwirren als unterstützen. Ohne praktische Handlungsempfehlungen bleibt unklar, wie viele Menschen tatsächlich von dem Vergleich profitieren können, insbesondere da sich die finanziellen Bedürfnisse und Kenntnisse der Verbraucher stark unterscheiden.

Ein weiterer kritischer Punkt ist die Frage, wie umfassend die Plattform tatsächlich ist. Trotz der Vielzahl der gelisteten Kontenmodelle bleibt unklar, ob alle relevanten Angebote vollständig und aktuell dargestellt werden. Gerade in einem dynamischen Markt wie dem Bankensektor, der von neuen FinTech-Unternehmen und sich schnell ändernden Konditionen geprägt ist, stellt die Aktualität der Daten eine Herausforderung dar. Dass die Plattform selbst keine laufende Prüfung oder Qualitätssicherung der Daten vornimmt, sondern lediglich stichprobenhafte Kontrollen, untergräbt das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Informationen.

Die Einführung des BaFin-Kontenvergleichs mag auf den ersten Blick wie ein Schritt in Richtung verbesserter Verbraucherinformation erscheinen, doch die Schwächen in der Datenqualität, der Nutzerfreundlichkeit und der praktischen Anwendbarkeit werfen ernsthafte Zweifel auf, ob die Plattform ihrem Anspruch gerecht werden kann. Anstatt eine echte Orientierungshilfe zu bieten, droht sie, lediglich den Eindruck von Transparenz zu vermitteln, ohne dabei die tatsächlichen Bedürfnisse der Verbraucher ausreichend zu berücksichtigen. Dies könnte das Vertrauen in die Plattform und letztlich auch in den Verbraucherschutz insgesamt schwächen.

Die Verarbeitung und Bereitstellung von Wirtschaftsdaten ist selbst eine wertvolle Wirtschaftsleistung, die in einer marktwirtschaftlichen Ordnung traditionell privatwirtschaftlichen Unternehmen überlassen bleibt. Vergleichsplattformen für Girokonten, wie sie von kommerziellen Anbietern seit Jahren erfolgreich betrieben werden, stellen einen wichtigen Teil des digitalen Dienstleistungsmarkts dar. Diese Unternehmen konkurrieren um Nutzer durch Innovationen, bessere Usability und umfassendere Informationen. Mit dem BaFin-Kontenvergleich greift nun jedoch eine staatliche Behörde direkt in dieses Marktsegment ein, indem sie ein kostenloses, steuerfinanziertes Angebot bereitstellt. Dies schafft eine staatliche Konkurrenz zu privaten Anbietern, die auf Einnahmen aus Werbung oder Provisionsmodellen angewiesen sind, um ihre Dienste zu finanzieren. Ein solcher Eingriff verzerrt den Wettbewerb und läuft dem Prinzip zuwider, dass der Markt durch private Akteure gestaltet werden sollte, während der Staat regulierend, nicht jedoch aktiv anbietend eingreift. Die von der BaFin bereitgestellte Plattform untergräbt somit die Dynamik und Innovationskraft des privaten Sektors in diesem Bereich.

Ein weiteres Problem des BaFin-Kontenvergleichs liegt in der Gefahr, durch die Vorgabe von Vergleichskriterien und Maßstäben den individuellen Bedürfnissen der Verbraucher vorzugreifen. Die BaFin entscheidet mit ihren 27 Vergleichskriterien, welche Aspekte eines Girokontos für Verbraucher relevant sein sollen, und übernimmt damit eine Rolle, die in einer Marktwirtschaft besser von Unternehmen ausgefüllt wird. Im Wettbewerb untereinander haben private Vergleichsplattformen über Jahre hinweg bewiesen, dass sie in der Lage sind, flexibel auf die sich wandelnden Anforderungen und Präferenzen der Verbraucher zu reagieren. Sie konkurrieren nicht nur mit umfassenden und benutzerfreundlichen Angeboten, sondern auch durch die Auswahl und Gewichtung der Informationen, die für Verbraucher tatsächlich entscheidend sind. Ein staatlich zentralisiertes Angebot wie der BaFin-Kontenvergleich läuft Gefahr, die Vielfalt dieser Ansätze einzuschränken und den Wettbewerb um innovative und verbraucherzentrierte Lösungen zu schwächen. Anstatt den Markt zu beleben, könnten solche Vorgaben unbeabsichtigt dazu führen, dass die individuellen Bedürfnisse vieler Verbraucher unberücksichtigt bleiben.

Vor diesem Hintergrund ist die Verschwendung öffentlicher Mittel nahezu vorprogrammiert, da es keine objektiven Maßstäbe für ein Angebot gibt, das nicht dem Wettbewerb und der Marktdynamik ausgesetzt ist. Während private Unternehmen ihre Angebote kontinuierlich an den Bedürfnissen der Verbraucher und den Anforderungen des Marktes ausrichten müssen, fehlt einer staatlichen Plattform wie dem BaFin-Kontenvergleich dieser Anreiz zur Effizienz und Zielgenauigkeit. Stattdessen unterliegt das Angebot der Willkür der zuständigen Aufsicht, die ohne direkte Rückkopplung vom Markt entscheidet, welche Funktionen, Kriterien und Informationen bereitgestellt werden. Die fehlende Kontrolle durch Nachfrage und Wettbewerb führt dazu, dass Ressourcen möglicherweise in Funktionen, Inhalte oder Strukturen fließen, die den tatsächlichen Bedürfnissen der Verbraucher nicht gerecht werden. Dies belastet nicht nur diejenigen, die die Last der von der BaFin zur Finanzierung des neuen Angebots umgelegten Zwangsabgaben zu tragen haben, sondern kann auch dazu führen, dass die Plattform ihren Zweck nicht erfüllt und letztlich ihr Potenzial, echten Nutzen zu stiften, weit verfehlt.

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Die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Von Dr. Oliver Everling | 15.Januar 2025

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten, insbesondere ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), ist für Unternehmen und insbesondere den Mittelstand zu einer unerlässlichen Aufgabe geworden. Der von der EU angestoßene Green Deal hat die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung erheblich verschärft. Rudolf Schmitz erläutert, dass die Unternehmen durch gesetzliche Vorgaben verpflichtet sind, über ihre Nachhaltigkeitsziele zu berichten. Diese Verpflichtung betrifft große Kapitalgesellschaften sowie kapitalmarktorientierte kleine und mittelgroße Unternehmen, die nach den neuen Bestimmungen der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gezwungen sind. Eine nachhaltige Unternehmensführung wird somit nicht nur zu einem ethischen Imperativ, sondern auch zu einer gesetzlichen Pflicht.

Die Nachhaltigkeitsberichterstattung umfasst zahlreiche Aspekte, darunter Umwelt- und Sozialfaktoren sowie Governance-Aspekte. Diese müssen im Lagebericht der Unternehmen transparent dargestellt werden. Schmitz betont, dass „die Unternehmen gut daran tun, sich frühzeitig mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung auseinanderzusetzen“, da der Aufwand für die Erstellung eines solchen Berichts erheblich ist. Unternehmen, die bisher nicht berichtspflichtig waren, sollten sich dennoch vorbereiten, da sie mittelbar durch Anforderungen ihrer Geschäftspartner oder Finanzinstitute betroffen sein könnten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die Teil einer größeren Wertschöpfungskette sind und als Zulieferer entsprechende Auskünfte erteilen müssen.

Der Inhalt eines Nachhaltigkeitsberichts ist durch das Handelsgesetzbuch (HGB) und die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) genau definiert. Diese Standards geben eine detaillierte Struktur und die wesentlichen Offenlegungspflichten vor. Schmitz führt aus, dass „die ESRS ein sehr komplexes und umfangreiches Regelwerk darstellen, das im Prozess der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts auf die relevanten Aspekte reduziert werden muss.“ Die ESRS legen unter anderem fest, dass Unternehmen über die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf Umwelt und Gesellschaft sowie über die finanziellen Auswirkungen von Umwelt- und Gesellschaftsaspekten auf das Unternehmen berichten müssen. Dieses Prinzip der doppelten Wesentlichkeit bildet das Kernstück der ESG-Berichterstattung.

Ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die Wesentlichkeitsanalyse. Diese Analyse bestimmt, welche Nachhaltigkeitsaspekte für das Unternehmen wesentlich sind und daher berichtet werden müssen. Schmitz hebt hervor, dass „die Wesentlichkeitsanalyse das Ergebnis der Due-Diligence ist, die im ESRS 1 mit Sorgfaltspflicht übersetzt wird.“ Diese Sorgfaltspflicht umfasst die Identifizierung und Bewertung der wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten.

Die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen, sowohl organisatorischer als auch finanzieller Natur. Schmitz schätzt, dass „im Durchschnitt pro Unternehmen mit einmaligen Kosten von ca. 57.000 Euro und laufenden Kosten von ca. 106.000 Euro pro Jahr gerechnet werden muss.“ Diese hohen Kosten verdeutlichen den erheblichen Aufwand, den Unternehmen betreiben müssen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Für viele mittelständische Unternehmen wird das Jahr 2025 das erste Berichtsjahr sein, sodass die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen nicht länger aufgeschoben werden kann. Schmitz empfiehlt eine strukturierte Vorgehensweise, beginnend mit einer Betroffenheitsanalyse, über die Definition der erforderlichen Ressourcen bis hin zur Informationsgewinnung und Berichtsabfassung. Dabei betont er die Notwendigkeit einer softwaregestützten Erhebung der erforderlichen Daten, um den Aufwand handhabbar zu machen.

Zusammenfassend zeigt die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, dass Unternehmen nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten und zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit handeln müssen. Schmitz fasst zusammen: „Die nunmehr vom Gesetzgeber geforderte Nachhaltigkeitsberichterstattung stellt den Mittelstand vor eine enorme Herausforderung.“ Unternehmen, die sich dieser Herausforderung nicht stellen, riskieren Marktaustritte und den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, sich frühzeitig und umfassend mit den Anforderungen der ESG-Berichterstattung auseinanderzusetzen und die notwendigen organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen.

Dr. Rudolf Schmitz ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er ist Partner in der SRS Audit GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft/Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in Köln und Niederlassungen in Chemnitz, München und Garmisch-Partenkirchen. Er veröffentlicht regelmäßig zu Fachthemen und ist als Dozent u.a. auch als Lehrbeauftragter der Universität Bonn tätigt. In der Gesellschaft verantwortet er den Bereich der Unternehmensberatung. Hier liegen die Schwerpunkte im Bereich der Strukturberatung, der Nachfolgeberatung intern und extern (M&A), den neuen Compliance-Anforderungen und dem weiten Feld der Umsetzung der ESG-Themen.

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Trump-Präsidentschaft: Nüchterne Analyse, Sorgen bleiben

Von Dr. Oliver Everling | 14.Januar 2025

Vor der Amtseinführung Donald Trumps als Präsident der Vereinigten Staaten offenbarte sich eine bemerkenswerte Diskrepanz. Axel D. Angermann analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.

Axel Angermann beschreibt die Diskrepanz als eine Spannung zwischen der „steigenden Nervosität in der medialen Öffentlichkeit“ und einer „scheinbaren Gelassenheit an den Kapitalmärkten“. Diese Gelassenheit an den Märkten, so Angermann, rührt daher, dass sich Investoren auf die konkrete Politik konzentrieren, die von Trump in den kommenden Monaten zu erwarten sei. „Das Ergebnis der Analysen fällt bislang offenbar nicht klar negativ aus“, erklärt Angermann und verweist auf zwei wesentliche Punkte, die die Märkte bereits im Umfeld des Wahltermins positiv beeinflussten: „Sowohl die Aussicht auf weitere Steuersenkungen als auch auf umfassende De-Regulierungsmaßnahmen lassen höhere Unternehmensgewinne insbesondere für US-Unternehmen erwarten.“

Trotz dieser positiven Erwartungen gibt es auch kritische Signale, insbesondere an den steigenden Langfristzinsen erkennbar. „Hinter dieser Entwicklung steht die Sorge vor einer anhaltend hohen oder möglicherweise sogar wieder steigenden Inflation in den USA“, so Angermann. Er identifiziert gleich mehrere Faktoren, die einen solchen Inflationsanstieg begünstigen könnten. Erstens nennt er „die Drohung mit Zöllen auf US-Importe“, die das Preisniveau in den USA nach oben treiben könnte. Auch wenn derzeit die Erwartung überwiegt, dass Zölle vor allem als Druckmittel eingesetzt werden, warnt Angermann: „Die Drohung allein bereits geeignet ist, eine Re-Allokation globaler Produktionsressourcen zu verursachen, die für sich genommen preistreibend wirkt.“ Hinzu kommt die Möglichkeit, dass Zölle tatsächlich implementiert werden könnten, was die Preissteigerungen weiter verstärken würde.

Ein weiterer Faktor ist die angekündigte restriktivere Einwanderungspolitik, einschließlich der „massenhaften Abschiebung illegaler Migranten“. Angermann weist darauf hin, dass dies „spürbar negative Konsequenzen für den US-amerikanischen Arbeitsmarkt“ haben könnte, was steigende Löhne und damit höhere Preise im Dienstleistungssektor zur Folge hätte. Allerdings sieht er auch interne Spannungen in der republikanischen Partei: „Zuletzt waren hier Risse zwischen den Absichten einzelner Politiker und der MAG-orientierten Basis der republikanischen Partei sichtbar.“ Welche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, bleibt laut Angermann abzuwarten.

Die expansive Fiskalpolitik stellt einen weiteren zentralen Risikofaktor dar. Sie birgt das „Risiko eines anhaltend hohen Haushaltsdefizits und eines hohen Schuldenstandes“. Angermann erklärt, dass Anleger in diesem Szenario „höhere Zinsen für US-Staatsanleihen einfordern“ könnten. Er sieht hierin eine der größten Herausforderungen für die Trump-Regierung, denn „zwischen der angestrebten Begrenzung der Defizite und den anderen geplanten Maßnahmen“ besteht ein klarer Zielkonflikt.

Abschließend betont Angermann, dass „weiter steigende Zinsen die größte Bedrohung für ein fortgesetzt positives Aktienmarktumfeld“ darstellen. Er fordert eine „nüchterne Analyse des tatsächlichen Handelns des neuen Präsidenten jenseits seiner täglichen Verlautbarungen“ und warnt zugleich vor „unangebrachter Sorglosigkeit“. Dieses Spannungsfeld aus wirtschaftspolitischen Risiken und Marktreaktionen wird, so Angermann, in den kommenden Wochen und Monaten besonders im Fokus stehen.

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Die wachsenden Herausforderungen für Ratingagenturen in einem volatilen Marktumfeld

Von Dr. Oliver Everling | 13.Januar 2025

Die Herausforderungen für Ratingagenturen haben in den letzten Jahren zugenommen, und die jüngsten Entwicklungen an den Märkten sowie die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Europa und den USA tragen maßgeblich dazu bei. Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, gibt in seinem aktuellen CIO View Einblicke in diese Dynamiken, die auch für Ratingagenturen relevant sind.

Die Inflation in der Eurozone bleibt ein zentrales Thema. Der jüngste Anstieg der Verbraucherpreise um 2,4 Prozent und die Kerninflation von 2,7 Prozent im Dezember 2024 verdeutlichen, wie hartnäckig sich die Teuerung hält. Viebig kommentiert: „Die Hartnäckigkeit, mit der sich die Teuerung in den vergangenen Monaten hält, scheint ein altes Sprichwort in der Inflationsbekämpfung zu bestätigen: Die letzte Meile ist oftmals die schwerste.“ Für Ratingagenturen entsteht hier die Herausforderung, die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Kreditwürdigkeit von Staaten und Unternehmen angemessen zu bewerten.

Eine weitere Unsicherheit ergibt sich aus der künftigen Wirtschaftspolitik des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Laut Viebig könnte „sein protektionistischer Wirtschaftskurs den Preisdruck erhöhen“. Eine Erhöhung der Importzölle, insbesondere gegenüber China, würde nach Berechnungen von Oxford Economics „das allgemeine Preisniveau in den Vereinigten Staaten um einen ganzen Prozentpunkt in die Höhe treiben“. Bereits jetzt liegt die Inflation in den USA über der in Europa. So stiegen die US-Verbraucherpreise im November 2024 um 2,7 Prozent, während die Kerninflation sogar bei 3,3 Prozent lag. Diese Entwicklungen erhöhen die Komplexität für Ratingagenturen, da sie die langfristigen Auswirkungen einer protektionistischen Politik auf die Kreditwürdigkeit der USA und ihrer Handelspartner einschätzen müssen.

Trotz der anhaltenden Inflationsentwicklung rechnet Viebig mit einer Lockerung der Geldpolitik. „Treten diese Erwartungen ein, werden die Leitzinsen in der Eurozone deutlich stärker sinken als in den USA. In beiden Wirtschaftsräumen dürfte die Geldpolitik im Laufe des Jahres 2025 somit weniger restriktiv wirken als bisher.“ Ratingagenturen stehen hier vor der Aufgabe, die langfristigen Folgen einer expansiveren Geldpolitik auf die Stabilität von Finanzsystemen und die Bonität von Kreditnehmern zu analysieren.

Ein weiterer Aspekt, der für Ratingagenturen von Bedeutung ist, ist die unterschiedliche wirtschaftliche Dynamik zwischen Europa und den USA. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostizierte im Oktober 2024 für das Jahr 2025 ein Wachstum von 2,2 Prozent in den USA, während für die Eurozone lediglich 1,2 Prozent erwartet wurden. Viebig hebt hervor, dass „sich die europäische Wirtschaft in einem schlechteren Zustand befindet als die amerikanische“. Diese Unterschiede haben direkte Auswirkungen auf die Bonitätsbewertungen, insbesondere wenn es um die Beurteilung von Staaten und Unternehmen in verschiedenen Regionen geht.

Auch die Entwicklung der Aktienmärkte in den USA und Europa bietet Herausforderungen. Viebig stellt fest: „Die hohe Bewertung amerikanischer Aktien ist neben dem höheren erwarteten Gewinnwachstum in den USA auch auf die höheren Kapitalrenditen von Unternehmen in den USA zurückzuführen.“ Die Eigenkapitalrendite amerikanischer Unternehmen lag in den letzten fünf Jahren durchschnittlich bei 16,3 Prozent, während sie im Euroraum nur 10,9 Prozent erreichte. Diese Diskrepanz könnte langfristig Auswirkungen auf die Kreditwürdigkeit von Unternehmen haben, da Investoren höhere Renditeanforderungen an weniger profitable Märkte stellen könnten.

Zusammenfassend zeigt der CIO View von Prof. Dr. Jan Viebig, dass Ratingagenturen vor einer Vielzahl von Herausforderungen stehen. Sie müssen sowohl die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Entscheidungen als auch die unterschiedlichen Inflations- und Wachstumsdynamiken in Europa und den USA bewerten. Hinzu kommt die Notwendigkeit, die Folgen einer lockeren Geldpolitik und die Marktentwicklungen für ihre Analysen zu berücksichtigen. Wie Viebig abschließend betont: „Obwohl ein Übergewicht in den USA weiterhin ratsam ist, sollten Anleger den Grundsatz der Diversifikation bei der Portfoliokonstruktion nicht ganz vergessen.“ Dies gilt auch für Ratingagenturen, die in ihren Bewertungen eine breite Perspektive einnehmen müssen, um Risiken und Chancen in verschiedenen Regionen angemessen zu berücksichtigen.

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Perspektiven für Credit Ratings: Hoffnung auf wirtschaftliche Stabilisierung?

Von Dr. Oliver Everling | 10.Januar 2025

Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, sieht in den jüngsten Zahlen zu Exporten und Produktion in Deutschland zwar positive Signale, warnt jedoch vor verfrühtem Optimismus. „Exporte und Produktion sind im November in Deutschland überraschend stark angestiegen, fallen im Vergleich zum Vorjahresmonat allerdings noch immer mit 3,5 bzw. 2,8 Prozent deutlich schwächer aus“, erklärt Mumm. Trotz des kurzfristig vermiedenen weiteren Absturzes sei damit „noch kein positiver Trend für die deutsche Wirtschaft eingeleitet.“

Die Auftragseingänge der Industrie gingen im November deutlich um 5,4 Prozent zurück, nachdem sie im Vormonat stark um knapp 6 Prozent gestiegen waren. Mumm betont, dass insbesondere schwankungsreiche Großaufträge, etwa für Flugzeuge und Schiffe, seltener verbucht wurden. Auch der Maschinenbau musste ein Minus von 6 Prozent hinnehmen. Gleichzeitig wurden die Exporte vor allem durch eine stark gestiegene Nachfrage aus den USA gestützt, was laut Mumm jedoch möglicherweise auf „Vorzieheffekte angesichts drohender Zollanhebungen durch die künftige US-Administration unter Präsident Trump“ zurückzuführen sei.

Neben den Unsicherheiten in den USA belasten schwache Wirtschaftsdaten aus China, Deutschlands zweitwichtigstem Handelspartner. Mumm erläutert, dass die sinkende Exportnachfrage aus China ebenfalls ein Risiko darstellt. Um die Perspektiven der deutschen Wirtschaft zu verbessern, seien vor allem Impulse von innen nötig. „Für eine deutliche Belebung des Wachstums in Deutschland braucht es weiterhin Impulse von innen“, betont er.

Eine schnelle Regierungsbildung nach den Neuwahlen im Februar wäre laut Mumm ein entscheidender Faktor. Er hebt hervor, dass „ein klares Bekenntnis zur Förderung der Standortqualität“ notwendig sei, um Vertrauen bei Unternehmen und Verbrauchern zurückzugewinnen. „Wenn Unternehmen und Verbraucher zuversichtlicher auf die Zukunft schauen und eine höhere Planungssicherheit haben, könnten die bisher schwachen Perspektiven für die deutsche Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf sogar positiv überraschen“, fasst er zusammen.

Diese gemischten wirtschaftlichen Signale zeigen, dass es sowohl Risiken als auch Chancen gibt. Die Entwicklung der Rahmenbedingungen wird entscheidend dafür sein, ob sich die deutschen Credit Ratings stabilisieren oder sogar verbessern können.

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Private Markets: Chancen und Perspektiven für 2025

Von Dr. Oliver Everling | 10.Januar 2025

Nils Rode, Chief Investment Officer bei Schroders Capital, sieht das Jahr 2025 als vielversprechenden Jahrgang für Investitionen in Private Markets. In seinem aktuellen Private Markets Outlook betont er: „Das Jahr 2025 könnte sich als besonders vielversprechender Jahrgang für Private-Markets-Investitionen erweisen, der Potenzial sowohl für Renditen als auch für die Ertragsgenerierung bietet.“

Laut Rode fällt die Attraktivität der Anlageklasse mit drei wichtigen Zyklen zusammen: dem Finanzierungszyklus, dem technologischen Disruptionszyklus und dem Konjunkturzyklus. Besonders der Finanzierungszyklus eröffnet Chancen, wie er ausführt: „Nach dem pandemiebedingten Überschwang sehen wir Anzeichen dafür, dass das Fundraising nach einer Korrektur die Talsohle erreicht hat. Dadurch ergibt sich eine günstige Dynamik, gekennzeichnet durch einen geringeren Wettbewerb um neue Investitionen, attraktivere Einstiegsbewertungen und damit ein größeres Performancepotenzial.“

Auch der technologische Fortschritt spielt eine entscheidende Rolle. Rode nennt die künstliche generative Intelligenz als „Beginn eines neuen Zyklus technologischer Innovation, der sich über mehrere Jahre erstrecken wird“. Ergänzend dazu erwartet er positive Impulse aus der globalen Konjunkturentwicklung.

Innerhalb der Private Markets identifiziert Rode bestimmte Segmente mit überdurchschnittlichem Potenzial. „Die Korrektur beim Fundraising war bei Venture Capital sowie kleinen bis mittelgroßen Buyouts am stärksten ausgeprägt, was diese Segmente für neue Investitionen besonders attraktiv macht“, erklärt er.

Er hebt die Vorteile kleiner und mittlerer Buyouts hervor, die durch direkten Kontakt mit Gründern und Familien sowie niedrigere Einstiegsbewertungen geprägt sind: „Das bietet mehr Möglichkeiten, eine ‚Komplexitätsprämie‘ zu erzielen.“ Ähnlich dynamisch zeigt sich der Sektor künstlicher Intelligenz, bei dem der Anteil der Venture-Capital-Investitionen von 2 % im Jahr 2022 auf geschätzte 15 % im Jahr 2024 gestiegen ist.

Ein weiteres spannendes Segment sieht Rode in Fortsetzungsfonds, die immer mehr an Bedeutung gewinnen. „Fortsetzungsfonds – auch bekannt als GP-geführte Sekundärtransaktionen – machen heute etwa die Hälfte des jährlichen Marktvolumens aus, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 24 % von 2016 bis 2023“, erläutert er.

Die geringere Kreditvergabe durch Banken eröffnet Chancen im Bereich Private Debt und alternative Kreditanlagen. „Private Debt und alternative Kreditanlagen weisen weiterhin verlockende Risikoprämien auf“, so Rode. Besonders interessant seien aktuell Gewerbeimmobilienkredite, Infrastrukturfinanzierungen und Collateralized Loan Obligations (CLOs).

Der Fokus auf Dekarbonisierung bleibt ein zentraler Anlagetrend. Rode betont: „Private Markets spielen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung erneuerbarer Energien, nachhaltiger Infrastruktur und innovativer Klimatechnologien.“ Besonders neue Technologien wie „grüner“ Wasserstoff und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge bieten attraktive Investitionsmöglichkeiten.

Die langfristige Perspektive und Diversifikation machen Private Markets zu einem stabilen Bestandteil von Portfolios. „Aufgrund ihrer strukturellen und strategischen Merkmale, ihrer differenzierten Risikoprämien und ihres langfristigen Horizonts erweisen sich die Private Markets als einzigartig widerstandsfähig“, fasst Rode zusammen.

Mit diesen Perspektiven scheinen Private Markets 2025 nicht nur Renditen, sondern auch Resilienz und Diversifikation zu bieten – eine vielversprechende Aussicht für Anleger/-innen.

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Pensionsverpflichtungen im M&A-Kontext – aus Fluch wird Segen

Von Dr. Oliver Everling | 10.Januar 2025

Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.

Pensionsverpflichtungen im M&A-Kontext stellen für viele Unternehmen eine erhebliche Herausforderung dar, können jedoch durch geeignete Maßnahmen in einen Vorteil verwandelt werden. Sascha Richter und Luis Richter betonen, dass Pensionsverpflichtungen oft als „Deal-Breaker“ bei Unternehmensverkäufen wahrgenommen werden. Viele potenzielle Käufer setzen voraus, dass die Bilanz des zu erwerbenden Unternehmens frei von solchen Verpflichtungen ist. Dies führt häufig zu erheblichen Kaufpreisabzügen oder gar zum Scheitern der Transaktion. Ein tiefergehendes Verständnis dieser Problematik und das Ergreifen gezielter Maßnahmen können jedoch nicht nur die Probleme lösen, sondern auch den Unternehmenswert steigern und die Attraktivität für Käufer erhöhen.

Pensionsverpflichtungen resultieren aus Pensionszusagen, die Unternehmen ihren Mitarbeitern oder den Unternehmensinhabern selbst gemacht haben. Diese Verpflichtungen erfordern die Bildung von Rückstellungen, die als Fremdkapital den Unternehmenswert mindern. Die Höhe dieser Rückstellungen und der tatsächliche Kapitalbedarf für die Erfüllung der Pensionsverpflichtungen hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Lebenserwartung und den anzusetzenden Zinssätzen. Käufer und Verkäufer haben hierzu oft unterschiedliche Auffassungen, was die Bewertung und Verhandlungen zusätzlich erschwert.

Ein grundlegendes Problem besteht darin, die Dauer der lebenslangen Rentenzahlungen realistisch zu kalkulieren. Dies wird durch die Anwendung von Sterbetafeln wie den Heubeck-Sterbetafeln versucht, die jedoch nur auf größere Personengruppen anwendbar sind. Einzelne Pensionsverpflichtungen oder Verpflichtungen gegenüber kleinen Gruppen von Berechtigten sind aufgrund ihrer Unsicherheiten schwer zu kalkulieren, was zu sehr unterschiedlichen Wertansätzen führen kann.

Neben den Rückstellungen müssen auch die anzusetzenden Zinssätze berücksichtigt werden. Während für die Steuerbilanz ein Zinssatz von 6 % vorgeschrieben ist, der realitätsfern erscheint, orientiert sich die Handelsbilanz stärker an den Marktzinssätzen der vergangenen zehn Jahre. Diese Zinssätze unterliegen jedoch starken Schwankungen, was die Kalkulation zusätzlich verkompliziert.

Die Autoren schlagen vor, die Pensionsverpflichtungen von Renten- auf Kapitalzahlungen umzustellen. Dies schafft Klarheit und Kalkulierbarkeit, da der Kapitalbedarf konkret beziffert werden kann. Solche Umstellungen können zudem die handelsbilanziellen Rückstellungen erheblich reduzieren und somit den Gewinn und den Unternehmenswert steigern. Im Praxisbeispiel eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit einer monatlichen Rentenzahlung von € 3.000 würde die Umstellung auf eine Kapitalzahlung von ca. € 450.000 zu einer sofortigen Senkung der handelsbilanziellen Rückstellungen um etwa € 370.000 führen.

Dieser Ansatz hat auch positive Auswirkungen auf die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). Eine Kapitalzahlung erhöht die Transparenz und verringert den Verwaltungsaufwand erheblich. Zudem haben Erben eines verstorbenen Rentenempfängers bei einer Kapitalzahlung die Möglichkeit, das restliche Kapital nach eigenem Ermessen zu nutzen, was bei Rentenzahlungen nicht der Fall ist.

Die Autoren betonen, dass eine Umstellung auf Kapitalzahlungen nicht für alle Unternehmen und alle Pensionsverpflichtungen geeignet ist. Jeder Fall muss individuell geprüft und maßgeschneiderte Lösungen entwickelt werden. Der Beitrag zeigt jedoch, dass Pensionsverpflichtungen nicht zwangsläufig ein Hindernis für M&A-Transaktionen darstellen müssen, sondern durch geeignete Maßnahmen in einen Vorteil verwandelt werden können.

Abschließend unterstreichen Sascha Richter und Luis Richter die Bedeutung spezialisierter Beratung in diesem komplexen Bereich. „Zu Pensionsverpflichtungen gibt es keine generelle Lösung. Die vorgestellte Lösung ist nur eine von vielen Möglichkeiten, die in dem gewählten Fallbeispiel passte,“ so die Autoren. Eine professionelle und objektive Beratung ist unerlässlich, um die bestmöglichen Lösungen zu finden und die Unternehmensnachfolge erfolgreich zu gestalten.

Sascha Richter ist Gründer und Gesellschafter-Geschäftsführer der Richter Pension Consulting GmbH. Er ist Bank- und Diplomkaufmann und berät seit knapp über 25 Jahren Unternehmen jeglicher Größenordnungen ausschließlich im Bereich von Pensionsverpflichtungen. Hierbei ist er spezialisiert auf inhabergeführte KMU´s. Er berät in allen Fragestellungen rund um diese Thematik. Er wird sehr häufig in M&A-Situationen hinzugezogen – sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite. Seine Unternehmensmission ist es, die vielen Aspekte des Themas verständlich aufzubereiten und den Entscheidern passgenaue Lösungen mit höchstmöglichem Nutzen zu liefern.

Luis Richter ist zertifizierter Fachberater für betriebliche Altersvorsorge. Er berät bei der Richter Pension Consulting GmbH seit einigen Jahren kleine und mittelständische Unternehmen in allen Fragen rund um den Themenbereich Pensionszusagen. Er ist zuständig für die Kennzahlenanalyse, die mandantengerechte Visualisierung der Problemfelder sowie die Konzeptionierung. Seine Spezialisierung liegt auf Pensionsverpflichtungen an Gesellschafter-Geschäftsführer. Seine Philosophie lautet, dass es nicht sein darf, dass ein mittelständisches Unternehmen aufgrund von Pensionsverpflichtungen in Schwierigkeiten kommt – weder wirtschaftlich noch beim Verkauf.

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Chancen durch LBO und MBO

Von Dr. Oliver Everling | 9.Januar 2025

Leveraged Buyouts (LBO) und Management Buyouts (MBO) sind zentrale Begriffe in der Welt der Private Equity (PE). Ein LBO beschreibt den Kauf eines Unternehmens mit Hilfe von Fremdkapital, während ein MBO die Beteiligung des Managements am Kaufprozess mit eigenem Kapital beinhaltet. Anthony Bunker bietet in seinem Beitrag Einblicke in die Chancen und Risiken dieser Transaktionsformen, basierend auf praktischen Erfahrungen und Beobachtungen. Die PE-Branche nutzt eine Vielzahl von Techniken und Werkzeugen, um den Wert von Unternehmen zu steigern, wobei das Leverage ein wesentlicher Faktor ist. Dies bedeutet, dass ein erheblicher Teil der Erträge durch die Nutzung von Fremdkapital zur Finanzierung der Übernahme erzielt wird.

Bunker erklärt, dass der eigentliche Mehrwert einer PE-Transaktion durch operative Verbesserungen, Portfolio-Optimierung und Markttrends entsteht. Besonders wichtig ist die Rolle der Exit-Strategie, bei der der höhere Ertragsmultiplikator beim Verkauf entscheidend ist. Die Entwicklung der Märkte spielt dabei eine große Rolle. „Der eigentliche Mehrwert einer PE-Transaktion und die attraktiven Erträge werden im Wesentlichen (mehr als 33%) durch das Leverage, welches die Investoren beeinflussen können, generiert,“ so Bunker.

Die Private Equity Industrie hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und Methoden aus der „Toolbox“ der PE-Industrie sind salonfähig geworden. Hierbei muss man jedoch zwischen Transaktionen mit unterschiedlichen Kaufpreisen unterscheiden. Bei Transaktionen unter 20 Millionen Euro gelten andere Spielregeln als bei Transaktionen über 400 Millionen Euro, bei denen ESG-Kriterien zunehmend wichtiger werden.

Für kleine Transaktionen unter 20 Millionen Euro sind die Chancen, einen hohen Ertrag zu erzielen, aufgrund des höheren Leverage größer. Allerdings sind auch die Risiken höher und müssen sorgfältig abgewogen werden. Ein Beispiel, das Bunker anführt, ist ein LBO, das ursprünglich als OBO (Owner Buy Out) strukturiert und später zu einem MBI (Management Buy In) wurde. Dabei handelte es sich um ein Unternehmen aus der Glasfaser- und Telefonkabelservice-Industrie, das erfolgreich verkauft wurde.

Ein zentrales Element jeder Unternehmenstransaktion ist der konsolidierte Business Plan, der jedoch häufig fehlerhaft oder unbrauchbar ist. „Das A und O einer jeden Unternehmenstransaktion ist der konsolidierte Business Plan,“ betont Bunker. Ohne einen soliden Business Plan ist ein Unternehmen in vielen Fällen unverkäuflich. Für kleinere Transaktionen ist die Cashflow- und Liquiditätsplanung besonders wichtig. Auch die schriftlich formulierten Annahmen im Business Plan müssen detailliert und nachvollziehbar sein.

Verkäuferdarlehen spielen bei kleineren Transaktionen eine wichtige Rolle, da sie Vertrauen in die geplante Transaktion signalisieren und die Eigenkapitalquote der Käufergesellschaft erhöhen. Eine Earn-Out-Vereinbarung kann ebenfalls Teil des Kaufvertrags sein, wobei ein Teil des Kaufpreises erfolgsabhängig später bezahlt wird. „Eine Earn-Out Vereinbarung beschreibt in einem Kaufvertrag einen Anteil des Kaufpreises, der zu einem späteren Zeitpunkt erfolgsabhängig bezahlt wird,“ erläutert Bunker. Solche Vereinbarungen sind oft kompliziert und können zu Missstimmung führen.

Virtuelle Datenräume (VDRs) haben traditionelle Aktenordner ersetzt und bieten höhere Datensicherheit und Kontrolle. Sie unterstützen den effizienten und sicheren Datenaustausch und sind insbesondere bei der Due Diligence von Bedeutung. Eine ordentliche Kategorisierung der Daten ist dabei entscheidend, um Streitigkeiten und hohe Kosten zu vermeiden.

Die psychologischen Kenntnisse sind bei einem LBO mindestens genauso wichtig wie die betriebswirtschaftlichen Kenntnisse. „Insbesondere bei einem LBO wird nicht nur ein guter Geschäftsführer oder eine gute Geschäftsführerin gesucht, sondern auch ein/e Unternehmer:in, die mit eigenem Geld ins Risiko geht,“ so Bunker. Die Bedeutung des Managements und der handelnden Personen in kleinen Unternehmen kann nicht genug betont werden.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die Nachfolgeplanung, bei der ein OBO eine mögliche Strukturierung darstellt. Dabei verkauft der Inhaber sämtliche Geschäftsanteile an eine Käufergesellschaft und beteiligt sich zu gleichen Konditionen wie die Finanzinvestoren an dieser Gesellschaft.

Abschließend betont Bunker die Bedeutung der richtigen Exit-Strategie. Der Verkauf eines Unternehmens ist entscheidend, um den Erfolg einer PE-Transaktion zu bewerten. Private Equity Fonds haben oft einen festen Zyklus von zehn Jahren, innerhalb dessen die Unternehmen verkauft werden müssen. Bei kleineren Unternehmen, die von Family Offices oder privaten Finanzinvestoren gehalten werden, besteht dieser Druck nicht und sie können längerfristig als Dividendentitel gehalten werden.

Die Risiken eines LBOs sollten nicht unterschätzt werden. Für Manager:innen besteht das geringste wirtschaftliche Risiko, da sie im schlimmsten Fall das eingezahlte Kapital verlieren. Investoren hingegen tragen ein höheres Risiko, insbesondere bei Deal-by-Deal Transaktionen, die nicht von Fonds oder Family Offices unterstützt werden.

Bunkers Beitrag bietet wertvolle Einblicke und praktische Beispiele, wie LBOs und MBOs erfolgreich durchgeführt werden können. Sein umfangreiches Wissen und seine Erfahrung in der Private Equity Branche machen diesen Artikel zu einer wertvollen Ressource für Unternehmer:innen und Investoren.

Dr. Anthony Bunker verfügt über mehr als 30 Jahre Berufserfahrung im Beteiligungsgeschäft. Er war für ABN Amro Private Equity, Alpinvest, NatWest Private Equity und später bei Bridgepoint als Geschäftsführer in Deutschland tätig. Seit 2007 ist er Partner von Triginta Capital und beteiligt sich an mittelständischen Unternehmen. Dr. Bunker hat an der Universität Kent und Cambridge studiert und ist Mitglied der Beiräte von Sterling Strategic Value Fund, dem Institut für Wirtschaftsberatung Niggemann und diverser mittelständischer Unternehmen.

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Risiken von Unternehmensakquisitionen unter Berücksichtigung von ESG-Aspekten

Von Dr. Oliver Everling | 7.Januar 2025

Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) bei Unternehmensakquisitionen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Britt und Mark Niggemann verdeutlichen in ihrem Werk, dass eine gründliche ESG-Due-Diligence nicht nur zur Risikominderung beiträgt, sondern auch die Erfolgschancen von Transaktionen erhöhen kann. Eine solche Prüfung stellt sicher, dass die ESG-Risiken des Zielunternehmens identifiziert und bewertet werden. Dies beeinflusst nicht nur den Kaufpreis, sondern bereitet auch die Integration des Zielunternehmens vor. In der ESG-Due-Diligence kann bereits abgeschätzt werden, welche Maßnahmen erforderlich sind und welche Kosten anfallen, um das gekaufte Unternehmen an die eigenen ESG-Grundsätze anzupassen.

Unternehmensübernahmen dienen häufig dem Wachstum und der Erweiterung von Geschäftsaktivitäten. Hierbei ist die gute Vorbereitung und Analyse der Unternehmensstrategien sowie eine sorgfältige Due Diligence entscheidend für den Erfolg. Fehler bei der strategischen Auswahl von Zielunternehmen können schwerwiegende Konsequenzen haben. Es ist daher notwendig, klare Akquisitionskriterien und -ziele zu definieren, um sicherzustellen, dass das Zielunternehmen in die eigene Strategie passt. Diskretionsrisiken in den ersten Gesprächen und die Rolle der Berater sind ebenfalls kritisch, da sie den Verlauf der Verhandlungen beeinflussen können.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Exklusivität in Verhandlungen. Potenzielle Käufer investieren erhebliche Ressourcen in die Prüfung und Verhandlungen und erwarten daher oft eine gewisse Exklusivität. Für den Verkäufer ist eine Abschlussexklusivität attraktiver als eine Verhandlungsexklusivität , da er die Möglichkeit hat, mit mehreren Interessenten parallel zu verhandeln. Er ist nur gebunden, den Kaufvertrag mit dem bestimmten Käufer abzuschließen. Sollte sich der Kaufinteressent während der Verhandlungsphase zurückziehen, kann der Verkäufer mit dem verbliebenen Interessenten den Vertrag abschließen

Die Due-Diligence-Phase selbst ist komplex und umfasst die Prüfung wirtschaftlicher, technischer, organisatorischer, rechtlicher und steuerlicher Faktoren. Die Identifikation von Investitionsstaus, rechtlichen Unsicherheiten oder unzuverlässigem Rechnungswesen kann potenzielle Risiken aufdecken. „Soft Facts“ wie Unternehmenskultur, Managementqualität und Kundenbeziehungen sind ebenfalls entscheidend und können die Integration und den langfristigen Erfolg der Übernahme beeinflussen.

Besondere Aufmerksamkeit sollte der ESG-Due-Diligence gewidmet werden. Diese prüft die Auswirkungen des Unternehmens auf Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung. Aspekte wie Umwelt- und Klimaschutz, gesellschaftliche Verantwortung und Governance-Strukturen werden analysiert, um die ESG-Konformität des Zielunternehmens sicherzustellen. Fehlende Maßnahmen in diesen Bereichen können sich negativ auf die Bewertung und den Kaufpreis auswirken.

Die Integration nach der Übernahme ist oft eine Herausforderung und scheitert oft, wenn die erwarteten Synergien sich nicht realisieren lassen oder kulturelle Unterschiede zu Reibungsverlusten führen. Eine sorgfältige Planung und die Beachtung strategischer Grundsätze sind notwendig, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten. ESG-Kriterien können dabei helfen, die Integration reibungsloser zu gestalten und eine nachhaltige Unternehmenskultur zu fördern.

Die Finanzierung von Unternehmensakquisitionen wird zunehmend auch durch ESG-Kriterien beeinflusst. Kreditinstitute und Investoren bevorzugen nachhaltige Unternehmen und bieten teilweise günstigere Konditionen. Die Festlegung von ESG-Kennzahlen im Kreditvertrag kann helfen, die Finanzierung zu sichern und die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen zu gewährleisten.

Abschließend betonen Britt und Mark Niggemann, dass die Berücksichtigung von ESG-Aspekten nicht nur die Erfolgschancen von Unternehmensakquisitionen steigert, sondern auch zur langfristigen Stabilität und zum Wachstum des Unternehmens beiträgt. Nachhaltige Investitionen sind zwar mit anfänglichen Kosten verbunden, können aber langfristig zu höheren Erträgen und Kostensenkungen führen. Eine sorgfältige ESG-Due-Diligence und die Integration von ESG-Kriterien in die Akquisitionsstrategie sind daher unerlässlich für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmensübernahmen.

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