Next Level OLB: Transformation zu einem nationalen Player
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Die Oldenburgische Landesbank (OLB) hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und strebt nun die Transformation zu einem nationalen Player an. Im Interview beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 sprach CEO Stefan Barth über die beeindruckende Entwicklung der Bank, die Herausforderungen in einem volatilen Marktumfeld und die ehrgeizigen Pläne für die Zukunft, einschließlich eines möglichen Börsengangs.
Mit Stolz blickt Stefan Barth auf die Geschichte der OLB zurück, die seit über 150 Jahren durchweg schwarze Zahlen schreibt. Ein besonderes Highlight für Barth ist die Position der OLB als größter Fußballfinanzierer in Deutschland. „Wir sind inzwischen der größte Fußballfinanzierer“, so Barth, und sieht darin ein Beispiel für die Fähigkeit der Bank, sich stets an neue Marktanforderungen anzupassen und innovative Nischen zu erschließen. Diese Flexibilität und Spezialisierung sind zentrale Faktoren, die den Erfolg der OLB ausmachen.
Die OLB hat es in den letzten Jahren geschafft, ihre Kundenbasis auf über eine Million Kunden auszubauen, auch wenn dafür zahlreiche Filialen geschlossen werden mussten. Barth lobt die Unterstützung der Private Equity Investoren, die den Transformationsprozess der OLB begleitet haben. Diese Investoren hätten der Bank nicht nur Kapital, sondern auch wertvolles strategisches Know-how zur Verfügung gestellt. „Mein Ziel ist ganz klar der Börsengang“, verkündet Barth, und betont, dass die OLB bereits börsenfertig sei. Dennoch sei ein IPO nicht zwingend notwendig für das weitere Wachstum der Bank. Die multiplen Krisen der letzten Jahre, darunter die COVID-19-Pandemie und wirtschaftliche Unsicherheiten, hätten die Planungen für den Börsengang jedoch verzögert.
Ein weiterer Meilenstein in der jüngsten Geschichte der OLB ist die vollständige Integration der Degussa-Bank, die laut Barth fast abgeschlossen ist. „Es dauert noch ein paar Wochen im Detail, aber die Degussa-Bank ist voll integriert“, berichtet Barth. Rückblickend hätte er sich den Zinsanstieg, der die Bankenlandschaft massiv beeinflusst hat, ein Jahr später gewünscht. Die OLB sei auch vor dem Zinsanstieg bereits profitabel gewesen, sodass dieser nur einen zusätzlichen, wenn auch unvorhergesehenen, Gewinnschub gebracht habe. Gleichzeitig habe der Zinsanstieg den Kunden der Bank Vorteile gebracht, was Barth als positiven Aspekt hervorhebt.
Die OLB plant zudem einen Marken-Relaunch, der die moderne Ausrichtung der Bank widerspiegeln soll. Barth betont, dass die OLB mehr als nur eine traditionelle Regionalbank sei und nun bereit ist, sich als nationaler Player zu positionieren. „Wir wollen zeigen, dass die OLB eine moderne, zukunftsorientierte Bank ist“, so Barth.
Trotz aller positiven Entwicklungen sieht Barth auch die Herausforderungen, die auf die OLB und die deutsche Wirtschaft zukommen. Überbordende Bürokratie und die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit sind dabei zwei große Themen, die Unternehmen beschäftigen. Barth relativiert jedoch die Kritik an der deutschen Infrastruktur und betont die Innovationskraft des Landes. „Wir sollten uns nicht nur auf die negativen Seiten fokussieren. In Deutschland gibt es viel Innovationskraft und Potenzial,“ erklärt er.
Ein besonders drängendes Problem sei jedoch der Fachkräftemangel, der inzwischen so gravierend sei, dass Produktionsstraßen still stünden, weil einfach die Mitarbeiter fehlen. Dieser Mangel an qualifiziertem Personal könnte langfristig auch die Wachstumspläne der OLB beeinträchtigen.
Die OLB hat in den letzten Jahren beeindruckende Fortschritte gemacht und steht nun vor dem nächsten großen Schritt in ihrer langen Geschichte: der Transformation zu einem nationalen Player. Mit einem soliden Kundenstamm, der erfolgreichen Integration der Degussa-Bank und einem klaren Ziel vor Augen, bleibt die OLB auch in einem schwierigen Umfeld auf Wachstumskurs. Der geplante Börsengang könnte dabei ein wichtiger Meilenstein sein, auch wenn er für das Wachstum nicht zwingend erforderlich ist. Stefan Barth zeigt sich optimistisch, dass die OLB ihre Ziele trotz der aktuellen Herausforderungen erreichen wird und eine bedeutende Rolle im deutschen Bankensektor spielen kann.
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Die neue Verbraucherkreditrichtlinie: Zwischen Teilhabe und Schutz vor Überschuldung
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Im Zuge des Handelsblatt Banken-Gipfels 2024 sprach Tanja Birkholz, CEO der SCHUFA, über die Herausforderungen und Chancen der neuen Verbraucherkreditrichtlinie. Im Mittelpunkt des Interviews standen die verschiedenen Scoring-Ansätze der SCHUFA, die zunehmende Bedeutung von Ratenkrediten und „Buy Now, Pay Later“ (BNPL) sowie die steigenden Risiken von Überschuldung in Zeiten wachsender Privatkreditausfälle.
Tanja Birkholz erläuterte zunächst die unterschiedlichen Scoring-Ansätze, die von der SCHUFA, Banken und anderen Nutzern angewandt werden, um die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern zu beurteilen. „Next Generation Scoring“ sei dabei ein zentraler Ansatz, der sowohl auf die Prognosegüte als auch auf die Nachvollziehbarkeit durch die Verbraucher abzielt. „Wir wollen sicherstellen, dass die Verbraucher die Kriterien und Ergebnisse unserer Scorings besser verstehen können,“ betonte Birkholz. Dies sei besonders wichtig, da das Vertrauen in die Kreditbewertungssysteme essenziell für die Funktionsfähigkeit des Kreditmarktes sei.
Birkholz wies darauf hin, dass der Anteil der Ratenkredite unter 1.000 Euro in den letzten zwei Jahren um 20 % gestiegen ist. Diese Entwicklung zeige, dass immer mehr Verbraucher kleine Kredite aufnehmen, um kurzfristige finanzielle Engpässe zu überbrücken oder Konsumwünsche zu erfüllen. Besonders die BNPL-Angebote haben stark an Bedeutung gewonnen. BNPL, eine Methode, bei der Konsumenten Produkte sofort kaufen und später bezahlen können, wird zunehmend populär.
„Rund 10 % der BNPL-Nutzer geben an, dass sie häufig die Zahlungsziele verpassen“, berichtete Birkholz. Dies sei ein Indikator dafür, dass die Schwelle, etwas zu kaufen, durch BNPL deutlich niedriger geworden sei und es schneller passieren könne, dass Verbraucher den Überblick über ihre Finanzen verlieren. Hier müsse die neue Verbraucherkreditrichtlinie gezielt ansetzen, um Verbraucher besser zu schützen und die Transparenz bei der Nutzung von BNPL-Angeboten zu erhöhen.
Die SCHUFA sieht ihre Aufgabe nicht nur darin, Daten zu sammeln und zu analysieren, sondern auch die digitale Wirtschaft möglich zu machen, betonte Birkholz. „Unser Ziel ist es, die Kreditvergabe zu unterstützen und gleichzeitig den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten“, erklärte sie. Durch die Bereitstellung verlässlicher Bonitätsinformationen trage die SCHUFA dazu bei, dass Banken und andere Kreditgeber fundierte Entscheidungen treffen können, während Verbraucher vor übermäßigen Schulden geschützt werden.
Ein weiteres zentrales Thema des Gesprächs waren die steigenden Privatkreditausfälle. Laut Birkholz sind die Meldungen von Negativmerkmalen in den letzten Monaten um 10 % gestiegen, was auf eine Zunahme von Zahlungsausfällen hinweist. Diese Entwicklung unterstreicht die Notwendigkeit, die Kreditvergabe sorgfältiger zu steuern und Verbraucher besser zu informieren und zu schützen.
Birkholz sieht in der neuen Verbraucherkreditrichtlinie eine Chance, die Rahmenbedingungen für eine verantwortungsvolle Kreditvergabe zu verbessern und gleichzeitig die Teilhabe am Wirtschaftsgeschehen zu fördern. Es gehe darum, eine Balance zu finden zwischen der Förderung des Konsums und der Vermeidung von Überschuldung.
Die neue Verbraucherkreditrichtlinie steht vor der Herausforderung, den Zugang zu Krediten zu erleichtern und gleichzeitig die Verbraucher vor den Risiken der Überschuldung zu schützen. Die SCHUFA spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie durch ihre Scoring-Modelle die Transparenz erhöht und die Prognosegüte verbessert. Die wachsende Beliebtheit von BNPL und die steigende Zahl an Privatkreditausfällen zeigen, dass die Regulierung von Kreditvergabe und die Aufklärung der Verbraucher unerlässlich sind, um finanzielle Stabilität zu gewährleisten. Tanja Birkholz betont die Wichtigkeit, sowohl den Markt zu unterstützen als auch gleichzeitig die Verbraucherrechte zu stärken, um so eine nachhaltige und faire Kreditlandschaft zu schaffen.
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Geldanlage zwischen Ertragschancen, Regulatorik & Verbraucherschutz
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 trafen sich Erik Podzuweit, Gründer und CEO von Scalable Capital, und Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, zu einem kontroversen Streitgespräch über die Zukunft der Geldanlage in Deutschland und Europa. Unter dem Titel „Geldanlage zwischen Ertragschancen, Regulatorik & Verbraucherschutz“ diskutierten die beiden Experten über Themen wie die Bedeutung von ETFs, die Herausforderungen der Kapitalmarktunion und die Risiken neuer Anlageformen wie Krypto-ETFs.
Erik Podzuweit hob zu Beginn des Gesprächs die Fortschritte in der Finanzbildung hervor. „Die Qualität der Finanzbildung, die inzwischen im Internet verfügbar ist, hat sich deutlich verbessert“, lobte er. Insbesondere die Verbreitung von ETFs (Exchange Traded Funds) sieht Podzuweit als eine „gigantische Erfolgsgeschichte in Deutschland“. Er verwies auf den wachsenden Anteil von ETFs an der Vermögensbildung der Deutschen und verglich diesen mit anderen europäischen Märkten wie Großbritannien. In Deutschland hätten immer mehr Anleger erkannt, dass ETFs eine kostengünstige und transparente Möglichkeit zur Geldanlage bieten.
Hermann-Josef Tenhagen stimmte grundsätzlich zu, warnte jedoch vor den Risiken, die mit neuen Anlageformen wie Krypto-ETFs verbunden sind. „Krypto-ETFs haben ein ganz anderes Risikoprofil“, betonte Tenhagen. Diese Produkte seien nicht mit traditionellen ETFs vergleichbar und könnten vor allem für unerfahrene Anleger erhebliche Risiken bergen.
Ein weiteres Thema der Diskussion waren die Riester-Verträge und die aktuellen Ideen, die Investments aus diesen Verträgen zu transferieren. Tenhagen äußerte sich skeptisch zu den bisherigen Reformbemühungen und wies auf die Komplexität und die begrenzte Attraktivität der Riester-Produkte hin. Podzuweit lenkte die Diskussion auf die Bedeutung von Einlagen und Versicherungen, die nach wie vor die wichtigsten Anlageprodukte in Europa seien. Er betonte, dass es wichtig sei, den Anlegern mehr Optionen zu bieten und den Wettbewerb zu fördern.
Podzuweit plädierte leidenschaftlich für mehr Innovation und Wettbewerb auf EU-Ebene. „Ich kann das Gequatsche um die Kapitalmarktunion nicht mehr hören“, sagte er und forderte konkrete Maßnahmen, um die europäische Finanzindustrie zu stärken. Als Beispiel nannte er die automatische Steuerabführung durch Finanzdienstleister, die in vielen Ländern bereits Praxis sei, in der EU jedoch oft durch unterschiedliche nationale Regelungen erschwert werde.
Tenhagen wies darauf hin, dass die politische Unterstützung für die Kapitalmarktunion in Deutschland begrenzt sei. „Die gelbe Partei, die mehr als alle anderen für Europa steht, wird in den neuen Bundesländern als 1%-Partei gesehen“, sagte er und deutete damit die Schwierigkeiten an, die europäische Integration in der Finanzpolitik durchzusetzen. Zudem verwies er auf die wiederkehrenden Regulierungswellen, die durch Finanzskandale ausgelöst würden und regelmäßig zu Verschärfungen führten.
Ein Punkt der Diskussion war die Frage, wie in Deutschland eine stärkere Börsenkultur etabliert werden kann. Podzuweit unterstrich, dass dies nicht erreicht werde, indem Börsengänge immer schwieriger gemacht und durch immer mehr Regulierungen erschwert würden. „Mehr Börsenkultur entsteht nicht durch mehr Regulierung“, so Podzuweit. Er forderte stattdessen eine Vereinfachung der Vorschriften, um Start-ups und Unternehmen den Zugang zu Kapitalmärkten zu erleichtern und so Innovationen zu fördern.
Das Streitgespräch zwischen Podzuweit und Tenhagen zeigte die Spannungen auf, die derzeit die Diskussion um die Zukunft der Geldanlage in Deutschland und Europa prägen. Während Podzuweit für mehr Wettbewerb und weniger Regulierung plädierte, um Innovationen zu fördern und Anlegern mehr Freiheit zu bieten, warnte Tenhagen vor den Risiken, die mit einem zu lockeren Regulierungsrahmen einhergehen könnten, sieht aber in weiterer Regulierung nicht die Lösung. Beide waren sich einig, dass die Finanzbildung der Verbraucher entscheidend ist, um in einem zunehmend komplexen Anlageumfeld die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Die Zukunft der Geldanlage wird von der Fähigkeit abhängen, die richtigen Balance zwischen Ertragschancen, Regulatorik und Verbraucherschutz zu finden. Die Diskussion verdeutlichte, dass es hierbei keine einfachen Antworten gibt, sondern dass kontinuierlich an Lösungen gearbeitet werden muss, die den Anforderungen aller Marktteilnehmer gerecht werden.
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Quo vadis Immobiliengeschäft: Chancen und Risiken für nachhaltige Geschäftsmodelle in einem zyklischen Markt
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 sprach Thomas Groß, CEO der Helaba, im Interview über die aktuellen Herausforderungen und Chancen im Immobiliengeschäft. Unter dem Titel „Quo vadis Immobiliengeschäft: Chance und Risiken für nachhaltige Geschäftsmodelle in einem zyklischen Markt“ teilte Groß seine Einschätzungen zu den gegenwärtigen Marktentwicklungen, den Wohnimmobilien, den strukturellen Veränderungen im Gewerbeimmobiliensektor und den Möglichkeiten, die sich durch die energetische Sanierung von Immobilien ergeben.
Thomas Groß beschrieb die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt als eine Phase der Marktbereinigung, die bereits viele Projektentwickler aus dem Markt gedrängt habe. Auch die Helaba sei von Insolvenzen in diesem Bereich betroffen gewesen. „Der Peak der Belastungen, der schon verarbeitet wurde, ist jedoch überwunden“, erklärte Groß. Trotzdem werde das Jahr 2024 weiterhin als ein Jahr des Übergangs betrachtet, in dem noch weitere Insolvenzen zu erwarten seien. „Wir wussten, dass das Immobiliengeschäft zyklisch ist“, so Groß weiter. Er zeigte sich jedoch optimistisch, dass auch wieder Jahre kommen werden, in denen der Anteil des Immobiliengeschäfts an den Gewinnen der Bank ein Grund zur Freude sein werde.
Groß hob hervor, dass der Markt für Gewerbeimmobilien nicht nur von der natürlichen Zyklizität beeinflusst werde, sondern auch von tiefgreifenden strukturellen Veränderungen. „Es geht nicht nur um Zyklizität, sondern auch um strukturelle Effekte“, betonte er. So sei beispielsweise ein Rückgang der benötigten Verkaufsfläche im Einzelhandel zu beobachten, während gleichzeitig der Bedarf an Logistikflächen wachse. Diese Verschiebungen im Markt bieten laut Groß sowohl Herausforderungen als auch Chancen, die es zu nutzen gilt.
Ein zentrales Thema des Gesprächs war die energetische Sanierung von Immobilien. Groß bezeichnete diese als eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. „Die benötigten Finanzierungsvolumina sind riesig“, erklärte er. Gleichzeitig sieht er in der Sanierung eine bedeutende Geschäftschance. Die Helaba könne durch die Bereitstellung von Finanzierungen für energetische Sanierungsprojekte nicht nur zur Erreichung der Klimaziele beitragen, sondern auch eine starke Marktposition einnehmen. Die Sanierung von Bestandsimmobilien ist ein komplexer und kostenintensiver Prozess, bietet aber langfristige Wertsteigerungen und entspricht den wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit.
Die GWH Wohnungsgesellschaft Hessen mbH, eine Tochtergesellschaft der Helaba, spielt dabei eine wichtige Rolle. Mit mehr als 50.000 Wohneinheiten habe die GWH die Möglichkeit, bedeutende Impulse in der Branche zu setzen, so Groß. Durch die Sanierung und Modernisierung dieses großen Bestands an Wohnungen könne die Helaba einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks leisten und gleichzeitig die Qualität und den Wert ihrer Immobilien steigern.
Thomas Groß sieht die aktuelle Situation als eine Phase der Transformation für das Immobiliengeschäft. Während kurzfristige Risiken durch Marktbereinigungen und Insolvenzen bestehen bleiben, bieten sich langfristig erhebliche Chancen. Die strukturellen Veränderungen im Gewerbeimmobilienmarkt und die Notwendigkeit energetischer Sanierungen könnten als Treiber für neue, nachhaltige Geschäftsmodelle dienen. Für die Helaba bedeutet dies nicht nur Risiken, sondern auch die Möglichkeit, ihre Position im Markt zu stärken und von den langfristigen Wachstumsperspektiven zu profitieren.
Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu sehen, wie gut die Bank und die Branche insgesamt auf diese Herausforderungen reagieren und wie sie die Chancen nutzen können, die sich aus einem nachhaltigeren und effizienteren Immobiliengeschäft ergeben.
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Finanzierung der Transformation: Zwischen Klima, Innovation und Sicherheitsfragen
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Im Rahmen des Handelsblatt Banken-Gipfels 2024 fand ein spannendes Gespräch unter dem Titel „Finanzierung der Transformation: zwischen Klima, Innovation und Sicherheitsfragen“ statt. Unter der Moderation von Solveig Gode, Ressortleiterin für Podcasts, Video & Live beim Handelsblatt, diskutierte Nicola Beer, Vizepräsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), über die Herausforderungen und Chancen bei der Finanzierung der notwendigen Transformation in Europa.
Nicola Beer betonte in ihrer Ausführung, dass die Arbeitswilligkeit in den Staaten der EU unterschiedlich stark ausgeprägt sei. Dies beeinflusse die Attraktivität einzelner Länder als Investitionsstandorte erheblich. Investoren bevorzugen Staaten, in denen sie auf eine motivierte und produktive Arbeitskraft treffen. Diese Unterschiede könnten langfristig dazu führen, dass sich Investitionen in Europa unterschiedlich verteilen, was wiederum Auswirkungen auf das wirtschaftliche Gleichgewicht innerhalb der EU haben könnte.
Ein weiteres zentrales Thema in Beers Ausführungen war der Cross-Border-Ansatz der Europäischen Investitionsbank. Die EIB verfolgt diesen Ansatz konsequent, um Projekte über nationale Grenzen hinweg zu fördern und die Integration innerhalb der EU voranzutreiben. Beer hob hervor, dass die EIB durch ihr AAA-Rating einen entscheidenden Finanzierungsvorteil habe. Dieser Vorteil ermögliche es der Bank, günstige Finanzierungskonditionen an Unternehmen weiterzugeben und so wichtige Investitionen in die Transformation zu unterstützen.
Beer sieht die Schaffung einer Kapitalmarktunion als zentrales Momentum für die wirtschaftliche Transformation Europas. Besonders die Verbriefung müsse als ein geeignetes Instrument verstanden werden, um Kapital effizienter zu mobilisieren und Risiken besser zu verteilen. Sie betonte, dass es notwendig sei, Wachstumskapital stärker zu fördern, um Unternehmen nicht nur in ihren ersten Finanzierungsrunden, sondern auch bei der Fortführung ihres Wachstums zu unterstützen. „In den ersten Finanzierungsrunden ist Europa gut, aber bei der Fortführung des Wachstums fehlen oft ausgereifte Produkte“, erklärte Beer.
Ein weiteres Anliegen Beers war die Mobilisierung privater Investoren. Sie unterstrich, dass öffentliche Mittel allein nicht ausreichen, um die erforderliche Transformation zu finanzieren. Es sei daher entscheidend, mehr private Investoren für langfristige Investitionen zu gewinnen. Die EIB spiele hierbei eine Schlüsselrolle, indem sie als Katalysator für private Investitionen agiere. In Deutschland lege die EIB besonderen Wert auf die Umsetzung der Wachstumsinitiative, die darauf abzielt, innovative und zukunftsträchtige Projekte zu fördern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Landes zu stärken.
Das Gespräch verdeutlichte, dass die Finanzierung der Transformation in Europa eine komplexe Aufgabe ist, die eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Institutionen und privaten Investoren erfordert. Die Europäische Investitionsbank spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere durch ihre Fähigkeit, günstige Finanzierungskonditionen anzubieten und als Brücke zwischen nationalen Märkten zu fungieren.
Nicola Beer machte deutlich, dass es nicht nur darum geht, kurzfristige Finanzierungsbedarfe zu decken, sondern auch darum, langfristige Strukturen zu schaffen, die ein nachhaltiges Wachstum ermöglichen. Die Entwicklung einer Kapitalmarktunion und die Förderung von Verbriefungstechniken sind dabei wesentliche Bausteine, um die wirtschaftliche Transformation in Europa erfolgreich zu gestalten.
Die kommenden Jahre werden zeigen, wie effektiv diese Maßnahmen umgesetzt werden können und welchen Beitrag die EIB zur Gestaltung einer klimafreundlichen, innovativen und sicheren Zukunft Europas leisten wird.
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Geopolitik, Wahlen und Co. – Auswirkungen auf die Finanzbranche
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 in Frankfurt am Main drehte sich eine spannende Podiumsdiskussion um die Frage: „Geopolitics, elections & co. – what is the impact on the (financial) industry?“. Die Teilnehmer der Diskussion, darunter führende Vertreter der Finanz- und Wirtschaftsbranche, beleuchteten die vielfältigen Herausforderungen und Chancen, die durch geopolitische Entwicklungen und politische Ereignisse auf die Finanzindustrie zukommen.
Nicole Bastian, Ressortleiterin Ausland beim Handelsblatt, moderierte die Diskussion und hob gleich zu Beginn hervor, dass geopolitische Unsicherheiten und politische Wahlen weltweit die Finanzmärkte und Unternehmen zunehmend beeinflussen. Sie brachte mit ihren Kollegen vom Handelsblatt insbesondere auch die Beziehungen zu China in die Diskussion ein.
Caroline Ebber-Ittel, CEO der Standard Chartered Bank France, betonte, dass geopolitische Risiken ein ständiger Begleiter der Finanzindustrie seien. Sie erläuterte, dass die Branche lernen müsse, mit Unsicherheiten umzugehen und robuste Strategien zu entwickeln, die selbst in instabilen Zeiten Bestand haben. Der Einfluss des Krieges, der Außenhandel und freie Marktzugänge wie auch Nachhaltigkeit müsse in der Beurteilung geschäftspolitischer Optionen berücksichtigt werden. Ebber-Ittel lenkte die Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass chinesische Unternehmen nicht nur in China starke Positionen erreicht hätten, sondern auch außerhalb Chinas wachsen.
Wolfgang Fink, CEO von Goldman Sachs Deutschland und Österreich, betonte die direkte Verbindung zwischen politischen Entscheidungen und den Marktbedingungen. „Wahlen sind immer wichtig für die Einschätzung von Entwicklungen“, erklärte Fink. Aus der letzten Amtszeit von Donald Trump sei bekannt, dass Zölle die Märkte hart treffen könnten. Unternehmenssteuern, wie sie von den Demokraten geplant seien, hätten natürlich entsprechende Konsequenzen für Unternehmensbewertungen.
Sara Hennicken, CFO von Fresenius, brachte eine Perspektive aus der realwirtschaftlichen Ebene ein. Sie betonte die Bedeutung globaler Zusammenarbeit und die Rolle von Unternehmen in einem zunehmend fragmentierten geopolitischen Umfeld. Biopharma sei ein gutes Beispiel, mehr Zugang zu schaffen, sagte Hennecken mit Blick auf die USA. Sie schaue auf transatlantische, geopolitische und gesellschaftliche Stabilität. China sei seit 40 Jahren ein Markt für Fresenius, daher habe ihr Unternehmen ein hohes Maß an Erfahrung mit dem Bedarf aus China gesammelt. Hennicken warnt vor zu großen Abhängigkeiten in den Lieferketten.
Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken, ergänzte die Diskussion mit einem Blick auf die Rolle der Regulatoren und die Erwartungen der Finanzbranche an die Politik. Sein Schlüsselbegriff dazu ist „Wachstum“, das sei das wirklich große Problem neben dem Thema „Wettbewerbsfähigkeit“. Die Finanzbranche brauche stabile und vorhersehbare Rahmenbedingungen, um effektiv arbeiten zu können. Geopolitische Krisen, die oft zu einer Zunahme von regulatorischem Druck führen, stellen für die Banken eine zusätzliche Herausforderung dar, erklärte Herkenhoff.
Die Podiumsdiskussion auf dem Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 zeigte deutlich, dass die Finanzindustrie in einem immer unsichereren geopolitischen Umfeld operiert. Die Fähigkeit zur schnellen Anpassung, die Entwicklung robuster Strategien und der Einsatz innovativer Technologien werden in den kommenden Jahren entscheidend sein, um in dieser dynamischen Umgebung erfolgreich zu bleiben. Die Teilnehmer waren sich einig, dass ein intensiverer Dialog zwischen Finanzindustrie, Regulatoren und Politik notwendig ist, um die Herausforderungen zu meistern und die Chancen der geopolitischen Veränderungen optimal zu nutzen.
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Die Zukunft des Retail-Bankings: Europäisch, digital, profitabel
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Beim Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 in Frankfurt am Main sprach Valentin Stalf, Co-Founder und CEO von N26, über die Herausforderungen und Chancen, die vor seiner Bank liegen. Unter dem Motto „Die Zukunft des Retail-Bankings: Europäisch, digital, profitabel“ ging Stalf auf die strategischen Pläne seines Unternehmens ein und beleuchtete die aktuellen Trends, die das Retail-Banking in Europa und darüber hinaus prägen.
Stalf räumte ein, dass die von der BaFin auferlegte Wachstumsbeschränkung in den letzten zweieinhalb Jahren eine große Herausforderung darstellte. Diese Einschränkungen hatten erheblichen Einfluss auf die Expansionspläne von N26, denn das Team war ursprünglich für ein deutlich schnelleres Wachstum aufgebaut worden. „Der Sonderprüfer ist im ‚fading out‘ bis zum Jahresende“, erklärte Stalf und deutete damit an, dass die Regulierungssituation sich entspannt.
Eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft des digitalen Bankings sieht Stalf in der Regulierung und deren Vereinbarkeit mit innovativen Technologien wie künstlicher Intelligenz (AI). „AI zum Credit Scoring einzusetzen, müsse mit den Regulatoren vereinbar sein“, betont er. Dazu sei eine enge Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden in ganz Europa notwendig. Es zeigt sich, dass N26 nicht nur an Deutschland denkt, sondern ein klares europäisches und globales Wachstum im Blick hat.
Trotz der regulatorischen Hürden zeigt sich Stalf zufrieden mit dem bisherigen Wachstum von N26. „Wir haben wenig ins Marketing investiert“, erklärt er, was dennoch zu einem möglichen monatlichen Wachstum von etwa 50.000 Neukunden geführt hat. Konkrete Zahlen nennt er nicht, betont jedoch: „Insgesamt sind wir sehr, sehr zufrieden mit dem Wachstum.“ Der Markt für Online-Banking sei riesig: Weltweit nutzen mehr als 2 Milliarden Menschen Online-Banking, was zeigt, dass die Wachstumsgrenzen kaum abzusehen sind.
Stalf sieht N26 nach wie vor im Vorteil gegenüber traditionellen Banken, insbesondere aufgrund der kostengünstigeren Struktur des Unternehmens. „Wir arbeiten mit einem ganz anderen Kostenniveau und können diesen Vorteil an unsere Kunden weitergeben“, erklärt er. Dieser Kostenvorteil ist ein entscheidender Faktor im Wettbewerb mit etablierten Banken, die oft noch mit hohen Fixkosten und teuren Filialnetzen operieren.
Interessanterweise sieht Stalf die Präsenz anderer Digitalbanken nicht als Bedrohung, sondern als positive Entwicklung. Andere Digitalbanken willkommen zu heißen, könnte dazu beitragen, den Kunden an digitale Produkte zu gewöhnen, zu „educaten“, so Stalf. Ein wachsender Wettbewerb im digitalen Banking könnte letztlich allen Marktteilnehmern zugutekommen, indem er das Bewusstsein und die Akzeptanz für digitale Finanzprodukte fördert.
Bezüglich der Finanzierung sieht Stalf aktuell keine Notwendigkeit für weitere Kapitalaufnahmen. Ein Börsengang sei eine mögliche Option, aber keineswegs zwingend. „In den nächsten drei bis fünf Jahren ist der Börsengang nur eine Option unter mehreren“, erklärt er. Diese vorsichtige Herangehensweise zeigt, dass N26 seine Expansionspläne sorgfältig abwägt und sich gleichzeitig flexibel für verschiedene Zukunftsszenarien aufstellt.
Stalfs Vision für die Zukunft des Retail-Bankings ist klar: eine europäische, digitale und profitable Ausrichtung, die N26 weiterhin als Vorreiter in der Branche positionieren soll. Durch den Einsatz modernster Technologien, eine kosteneffiziente Struktur und eine strategische Zusammenarbeit mit Regulatoren strebt N26 an, die Chancen des riesigen Online-Banking-Marktes optimal zu nutzen.
Der Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 hat einmal mehr gezeigt, dass N26 trotz der Herausforderungen der letzten Jahre bereit ist, eine zentrale Rolle in der Zukunft des europäischen und globalen Bankwesens zu spielen. „Die Zukunft des Retail-Bankings ist digital, und wir wollen diesen Wandel aktiv mitgestalten“, betont Valentin Stalf. Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um zu sehen, ob N26 diese ambitionierten Ziele erreichen kann und wie sich das Unternehmen in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld behaupten wird.
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Zinsen, Immobilien, Geopolitik: Das Jahr der Entscheidungen
Von Dr. Oliver Everling | 4.September 2024
Unter diesem Motto steht der Handelsblatt Banken-Gipfel 2024 in Frankfurt am Main, und die Themen könnten kaum brisanter sein. In einer Zeit globaler Unsicherheiten und wirtschaftlicher Herausforderungen fordert Christian Sewing, CEO der Deutschen Bank, Klartext. Dabei geht es nicht nur um die dringend nötigen Reformen, sondern um einen breiten gesellschaftlichen Konsens für Wachstum und wirtschaftliche Stabilität.
„Mit Reformen alleine ist es nicht getan“, betont Sewing. Es brauche Anreize, damit die Menschen bereit sind, „insgesamt mehr und härter zu arbeiten.“ Der derzeitige Standpunkt sei schlichtweg nicht wettbewerbsfähig. In einem Land, in dem die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei nur 28 Stunden liegt und der Renteneintritt bereits mit 63 Jahren erfolgt, sieht Sewing dringenden Handlungsbedarf. „Die Wochen- und Lebensarbeitszeit müsse erhöht werden,“ fordert er und spricht damit ein Thema an, das viele in Deutschland lieber meiden.
Doch auch die Banken selbst stehen unter Druck. Trotz ihrer gegenwärtigen Robustheit und Profitabilität dürften sie sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Sewing sieht die Banken in einem tiefgreifenden Transformationsprozess: „In wichtigen Bereichen werden die Banken zu Plattformsystemen“, sagt er. Technologie sei der Schlüssel zum Erfolg in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt. Die Volatilität der Märkte werde die Banken weiter begleiten, daher sei erstklassige Beratung entscheidend, um sich gegen Risiken wie Marktunsicherheit und Cyberkriminalität abzusichern.
Interessanterweise verändert sich auch das Firmenkundengeschäft: Weniger, aber tiefere Bankbeziehungen sind der neue Trend. Kunden setzen auf eine kleinere Anzahl von Finanzpartnern, erwarten aber eine intensivere und spezialisiertere Beratung. Nachhaltigkeit, ein Trend, der in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erhielt, sei laut Sewing „etwas aus dem Fokus gerückt“, aber nachhaltige Anlagen würden mittlerweile wieder an Bedeutung gewinnen.
Angesichts hoher öffentlicher Verschuldung und der Dringlichkeit, wichtige Zukunftstrends zu finanzieren, weist Sewing auf die Notwendigkeit einer stärkeren Kapitalmarktunion hin. „Die hohe öffentliche Verschuldung zwinge dazu, wichtige Zukunftstrends nicht nur mit öffentlichen Mitteln zu finanzieren“, betont er. Eine tiefere Integration der europäischen Kapitalmärkte sei unerlässlich, um die Aufgaben der kommenden Jahre zu bewältigen und Europas wirtschaftliche Unabhängigkeit zu stärken.
Eine besondere Warnung spricht der CEO der Deutschen Bank aus: Deutschland droht in eine gefährliche Abhängigkeit von ausländischen Anbietern zu geraten, wenn es versäumt, eigene Akteure zu fördern und zu stärken. Die geopolitischen Spannungen und die wachsende Bedeutung der technologischen Souveränität machen dies zu einem besonders kritischen Punkt.
Das Jahr 2024 markiert somit eine Zeit der Entscheidungen – für Banken, Unternehmen, Politik und die Gesellschaft insgesamt. Es wird darauf ankommen, wie flexibel und entschlossen Deutschland und Europa auf die Herausforderungen der Zeit reagieren. Die Richtung, die jetzt eingeschlagen wird, wird maßgeblich die wirtschaftliche und gesellschaftliche Zukunft prägen.
Christian Sewings Appell, mutig zu handeln und Reformen entschlossen anzugehen, spiegelt die Dringlichkeit wider, die viele in der Finanzwelt spüren. Denn nur durch gezielte Maßnahmen und eine klare Vision kann Deutschland seinen Platz als führender Wirtschaftsstandort behaupten.
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ZuFinG II und Investoren wandern zu ausländischen Finanzplätzen ab
Von Dr. Oliver Everling | 29.August 2024
Das Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG II) könnte ausländischen Finanzplätzen zum Vorteil gereichen und Deutschland im internationalen Wettbewerb schwächen, insbesondere dadurch, dass die geplante Einschränkung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen auf Unternehmens- und Bankanleihen sowie Verbriefungen ab 2025 nicht korrigiert wird. Diese Regelung könnte die Attraktivität Deutschlands für kapitalmarktgestützte Finanzierungen reduzieren, da Unternehmen und Investoren möglicherweise bevorzugen, ihre Geschäfte in Ländern mit günstigeren steuerlichen Rahmenbedingungen zu tätigen. Finanzplätze wie London, Luxemburg oder New York, die traditionell eine liberale und steuerlich vorteilhaftere Umgebung bieten, könnten dadurch an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, was zu einem Kapital- und Talentabfluss aus Deutschland führen und die hiesige Wirtschaft langfristig schwächen könnte.
Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) bewertet den Entwurf des ZuFinG II dennoch als einen Schritt zur Stärkung des Finanzstandorts Deutschland. Der Entwurf sieht Maßnahmen zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, zur Förderung des Fondsmarkts sowie zur Vereinfachung aufsichtsrechtlicher Vorgaben vor. Während die DK diese Ansätze grundsätzlich begrüßt, weist sie auch auf Bereiche hin, die aus ihrer Sicht noch verbessert werden sollten.
Der Gesetzentwurf wird von der Deutschen Kreditwirtschaft grundsätzlich als positive Entwicklung gesehen. Karolin Schriever, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) und derzeitige Federführerin der DK, lobte die Bestrebungen der Bundesregierung, den Finanzstandort Deutschland zu fördern und dessen Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. „Die Ziele, den Finanzstandort Deutschland weiter zu fördern und seine Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sind richtig und notwendig“, so Schriever.
Besonders hervorgehoben wird die geplante Verdoppelung der Schwellen für das Millionenkreditmeldewesen von 1 auf 2 Millionen Euro. Diese Maßnahme wird von der DK als ein „erster Schritt“ gesehen, um bürokratische Hürden abzubauen und den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern.
Gleichzeitig äußert die DK Bedenken hinsichtlich bestimmter steuerlicher Regelungen, die ab 2025 in Kraft treten sollen. Konkret geht es um das Verbot, Zinszahlungen auf Unternehmens- und Bankanleihen sowie Verbriefungen steuerlich als Betriebsausgaben geltend zu machen. Die DK befürchtet, dass dies die Attraktivität Deutschlands für kapitalmarktgestützte Finanzierungen verringern könnte. Aus Sicht der DK wäre es daher notwendig, dieses Verbot zu überdenken und gegebenenfalls aufzuheben.
Die Deutsche Kreditwirtschaft argumentiert, dass solche steuerlichen Hemmnisse Unternehmen davon abhalten könnten, den Kapitalmarkt in Deutschland zu nutzen. Eine Überarbeitung dieser Regelungen könnte helfen, den Finanzstandort Deutschland im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger zu machen.
Neben den steuerlichen Fragen weist die DK auch auf andere Punkte hin, die im Gesetzentwurf aus ihrer Sicht unzureichend berücksichtigt werden. So vermisst die DK praxistaugliche und rechtssichere Regelungen für die Änderung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dies sei ein wichtiger Aspekt, der in der täglichen Praxis der Finanzdienstleister eine Rolle spiele und für mehr Rechtssicherheit sorgen könnte.
Darüber hinaus spricht sich die DK für die Abschaffung von Schriftformerfordernissen bei Verbraucherkreditverträgen aus. Sie argumentiert, dass diese Regelungen in einer zunehmend digitalisierten Welt nicht mehr zeitgemäß seien und die Effizienz des Kreditgeschäfts unnötig beeinträchtigten.
Zusammenfassend unterstützt die Deutsche Kreditwirtschaft die Zielsetzungen des Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetzes, sieht aber noch wesentlichen Verbesserungsbedarf in einigen Bereichen. „Als Deutsche Kreditwirtschaft hoffen wir hier noch auf deutliche Nachbesserungen und werden uns im weiteren Verfahren stark dafür einsetzen, dass das Zweite Zukunftsfinanzierungsgesetz die vom Bundesfinanzministerium verfolgten Ziele noch besser erreichen kann“, so Schriever.
Themen: Aktienrating, Anleiherating, Länderrating | Kommentare deaktiviert für ZuFinG II und Investoren wandern zu ausländischen Finanzplätzen ab
Erkenntnisse aus dem TRV Risk Monitor der ESMA
Von Dr. Oliver Everling | 29.August 2024
Die Finanzmärkte im Zuständigkeitsbereich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zeigten im ersten Halbjahr 2024 trotz erheblicher geopolitischer Risiken und Unsicherheiten über die erwartete Lockerung der Geldpolitik eine bemerkenswerte Resilienz. Die Risiken bleiben jedoch insgesamt auf hohem oder sehr hohem Niveau. Im ersten Halbjahr 2024 deuteten weniger volatile Märkte und eine Rückkehr zu renditesuchendem Verhalten in risikoreicheren Marktsegmenten auf eine allgemeine Markterwartung einer „sanften Landung“ hin. Der kurzfristige Rückgang der Aktienbewertungen Anfang August und die Marktvolatilität rund um die Parlamentswahlen in Europa und Frankreich im Juni zeigen jedoch, dass die Märkte sehr sensibel auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren, einschließlich Änderungen der Zinserwartungen, einer Verschlechterung des Kreditrisikos und politischen sowie wahlbezogenen Entwicklungen. Es besteht weiterhin ein hohes Risiko für Korrekturen in einem Kontext fragiler Marktliquidität, sowohl im Aktienmarkt als auch in anderen Märkten, und anhaltender Bedenken hinsichtlich der Immobilienengagements.
Zu den wichtigsten Risikotreibern gehören unter anderem das „höhere für länger“-Zinsumfeld, das die Finanzstabilität und die Ergebnisse für Anleger beeinflusst. Selbst bei erwarteten Zinssenkungen in naher Zukunft bleiben die Refinanzierungskosten deutlich höher als vor einigen Jahren und belasten insbesondere Unternehmen, deren Schulden ab 2024 fällig werden. Kreditratings verzeichnen zunehmend Herabstufungen. Politische und periphere Risiken bleiben ebenfalls signifikant. Die Konvergenz externer Risiken dämpft weiterhin das wirtschaftliche und marktliche Umfeld, und die Marktsensibilität gegenüber politischen Entwicklungen scheint zuzunehmen. Da Unsicherheit und fragile Liquidität die Widerstandsfähigkeit des Finanzsystems einschränken, ist zu erwarten, dass externe Schocks, einschließlich internationaler und innenpolitischer Ereignisse, zu hoher Preisvolatilität führen. Cyber- und operationelle Zwischenfälle haben bisher keine systemischen Auswirkungen gehabt, aber der jüngste Ausfall von CrowdStrike unterstrich die Verwundbarkeit des Finanzsystems und anderer Teile der Wirtschaft aufgrund der Abhängigkeit von Informationstechnologie.
Die Bewertungen von Gewerbe- und Wohnimmobilien sind weiterhin von den hohen Zinssätzen betroffen. Dies beeinflusst die Finanzmärkte und Investoren durch niedrigere Aktien- und Schuldenbewertungen von Immobilienunternehmen, Herabstufungen von Ratings, sinkende Immobilienfondsbewertungen und erhöhte Liquiditätsrisiken. Derivate- und Repo-Engagements sind begrenzt, aber konzentriert. Ein weiteres Risiko ist Greenwashing. Greenwashing und damit verbundene Fehlpraktiken gefährden das Vertrauen der Investoren und die Glaubwürdigkeit der grünen Finanzen, was die Fähigkeit des Finanzsystems beeinträchtigen kann, den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu finanzieren. Auch von sozialen Medien getriebene Investitionen stellen ein Risiko dar. Anleger, insbesondere weniger erfahrene mit begrenztem Wissen oder Ressourcen, laufen Gefahr, durch soziale Medien falsche oder irreführende Informationen zu erhalten. Da finanzbezogene Beiträge zunehmen, besteht das Risiko, dass Anleger, die die Zuverlässigkeit und Qualität der Informationen nicht überprüfen, Verluste erleiden.
Die europäischen Aktienmärkte verzeichneten im ersten Halbjahr 2024 eine starke Wertentwicklung, begleitet von niedriger Volatilität. Dies deutet auf eine positive Marktstimmung hin, doch könnte die unerwartet niedrige Volatilität auch übermäßige Risikobereitschaft fördern und zu einer Kompression der Risikoprämien beitragen. Die Volatilität stieg im Juni an, möglicherweise im Zusammenhang mit politischer Unsicherheit rund um die Wahlen in der EU. Trotz eines Rückgangs der Anleiherenditen Ende 2023 erholten sich diese Anfang 2024, was auf eine erhebliche Überprüfung der bisherigen Erwartungen hinsichtlich des zukünftigen Zinsverlaufs zurückzuführen ist. Während die Märkte allgemein eine sanfte Landung und eine bevorstehende geldpolitische Lockerung einpreisen, bleibt die Unsicherheit über die Geschwindigkeit und das Ausmaß möglicher Zinssenkungen ein wichtiger Treiber für die Marktvolatilität. In den Kreditmärkten zeigte sich ein anhaltender Rückgang der Kreditqualität, insbesondere bei nicht-finanziellen Unternehmen, was auf ein zunehmend negatives Ratings-Drittel für diese Firmen hinweist.
Die Aussichten auf mögliche politische Unsicherheiten und ihre Auswirkungen auf die Märkte sind auch in naher Zukunft ein bedeutender Risikofaktor. Im ersten Halbjahr 2024 zeigten sich die Märkte nervös und potenziell anfällig für unvorhergesehene Entwicklungen, die durch politische Unsicherheiten oder wirtschaftliche Schocks ausgelöst werden könnten. Angesichts des derzeitigen Umfelds fragiler Marktliquidität und wachsender Besorgnis über Immobilienbewertungen bleibt die Möglichkeit weiterer Marktvolatilität und Korrekturen hoch.
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