Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Bankrisikosteuerung
Von Dr. Oliver Everling | 1.Januar 2025
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
In der heutigen Finanzwelt stehen Banken vor der Herausforderung, ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in ihre Risikosteuerungsprozesse zu integrieren. Dies ist eine direkte Reaktion auf den Klimawandel und die damit verbundenen gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie auf die steigenden gesellschaftlichen Erwartungen an eine umweltfreundliche und sozial verantwortliche Unternehmensführung. Jens Döhring betont, dass „alle Unternehmen in unterschiedlicher Art und Umfang neuen ESG-Risiken ausgesetzt sind, die deren Bonität beeinflussen können.“ Diese ESG-Risiken betreffen sowohl physische als auch transitorische Umweltaspekte, soziale Risiken und Unternehmensführungsrisiken.
Physische Umweltrisiken entstehen durch direkte Auswirkungen von Klimawandel oder Umweltzerstörung auf die wirtschaftliche Aktivität von Kreditnehmern. Hierzu zählen akute Ereignisse wie Naturkatastrophen oder chronische Veränderungen wie der Anstieg des Meeresspiegels. Döhring erläutert, dass solche Risiken „wesentliche Konsequenzen für die Realwirtschaft und das Finanzsystem haben können.“ Transitorische Umweltrisiken hingegen resultieren aus Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch neue Gesetze oder technologische Veränderungen, die insbesondere CO2-intensive Industrien betreffen. Beispielsweise könnten Kohlekraftwerke durch regulatorische Maßnahmen wie CO2-Bepreisungen erhebliche finanzielle Einbußen erleiden.
Soziale Risiken beziehen sich auf mögliche negative Effekte auf die Umsatzentwicklung oder Kosten des Unternehmens aufgrund zum Beispiel von Menschenrechtsverletzungen oder der Missachtung des Lieferkettengesetzes. Governance-Risiken können entstehen durch Korruptionsverdächtigungen, Steuerhinterziehung oder Verstöße gegen Wettbewerbsgesetze. Döhring weist darauf hin, dass nicht nur Umwelt-, sondern auch „Governance- und Soziale-Risiken […] aus Sicht der Banken zu einer Erhöhung des Kreditrisikos (und auch des eigenen Reputationsrisikos der Banken) führen“ können.
Zur Messung und Steuerung dieser Risiken entwickeln Banken ESG-Kreditrisiko-Scorings und ESG-Reputationsrisiko-Scorings. Diese Instrumente helfen, das Bonitätsrisiko eines Unternehmens unter Berücksichtigung von ESG-Faktoren – und auch das Reputationsrisiko der Banken selbst – zu bewerten. Ein schlechtes ESG-Kreditrisiko-Scoring kann mittelfristig eine Bonitätsverschlechterung indizieren, insbesondere, wenn transitorische Umweltrisiken realisiert werden.
Banken können verschiedene Maßnahmen zur Steuerung von ESG-Risiken einsetzen. Dies umfasst beispielsweise Anpassungen der Standardrisikokosten, Überprüfungen der Engagement-Strategie mit dem Kunden und Modifikationen der Kreditverträge. Bei hohen ESG-Risiken kann es zu intensiveren Überwachungen und Dokumentationen kommen. Im Extremfall kann – theoretisch – bei einzelnen Banken auch eine Kreditkündigung erwogen werden, insbesondere bei sehr schlechten ESG-Kreditrisiko-Scorings und fehlenden Transformationsanstrengungen oder fehlendem Transformationswillen des Kunden.
Die Integration von ESG-Kriterien in die Bankrisikosteuerung ist nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern auch eine gesellschaftliche Erwartung. Banken, die ESG-Risiken vernachlässigen, laufen Gefahr, selbst Reputationsrisiken ausgesetzt zu sein. Döhring betont, dass „von der allgemeinen Öffentlichkeit […] erwartet [wird], dass sich nicht nur Unternehmen ESG-konform verhalten, sondern auch Banken bei der Kreditvergabe ESG-Aspekte ihrer Kunden berücksichtigen.“ Daher müssen Banken eine umfassende und transparente Auseinandersetzung mit ESG-Risiken fördern, um ihre Rolle als Transformationsbegleiter hin zu einer klimaneutralen Welt zu erfüllen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der Bankrisikosteuerung eine komplexe, aber notwendige Aufgabe ist. Banken müssen sowohl physische als auch transitorische Umweltrisiken, soziale Risiken und Governance-Risiken identifizieren, messen und steuern. Durch die Entwicklung und Anwendung von ESG-Scorings können Banken fundierte Kreditentscheidungen treffen und gleichzeitig ihren Beitrag zur Förderung nachhaltiger und verantwortungsbewusster Geschäftsmodelle leisten. Dies erfordert eine kontinuierliche Anpassung und Weiterentwicklung der ESG-Risikosteuerungsinstrumente, um den dynamischen Veränderungen der gesetzlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gerecht zu werden.
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Welche ESG-Faktoren sind wesentlich
Von Dr. Oliver Everling | 31.Dezember 2024
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
Für Unternehmen ist eine wirksame Kommunikation von nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensinformationen gegenüber verschiedenen Stakeholdern von hoher Bedeutung. Der Nutzen einer durch die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) und die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) standardisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung für deren Nutzer entsteht insbesondere dann, wenn sich Unternehmen auf wichtige, d.h. wesentliche, Themen fokussieren und damit auf verständliche Weise über die Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte und den Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf die Entwicklung, die Lage und die Leistung des Unternehmens berichten. Zur Ermittlung, welche ESG-Faktoren als wichtig anzusehen sind, kann die im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD und ESRS verpflichtende Wesentlichkeitsanalyse herangezogen werden. Durch diese werden der Kontext des Unternehmens, d.h. die Aktivitäten und Geschäftsbeziehungen sowie die betroffenen Stakeholdergruppen, analysiert sowie Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) von Nachhaltigkeitsaspekten identifiziert und bewertet.
Die ESG-Faktoren werden durch die CSRD in Umweltfaktoren, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren und Governance-Faktoren unterteilt. Umweltfaktoren umfassen Aspekte wie Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft. Sozial- und Menschenrechtsfaktoren beinhalten Gleichbehandlung, Arbeitsbedingungen und die Achtung der Menschenrechte. Governance-Faktoren konzentrieren sich auf die Rolle der Unternehmensführung und interne Kontrollsysteme.
Qualitative Merkmale von Nachhaltigkeitsinformationen spielen eine wichtige Rolle in der Berichterstattung. Diese Merkmale umfassen Relevanz, wahrheitsgetreue Darstellung, Vergleichbarkeit, Überprüfbarkeit und Verständlichkeit. Nachhaltigkeitsinformationen sind relevant, wenn sie bei Entscheidungen der Nutzer eine bedeutende Rolle spielen könnten. Nutzer sind sowohl bestehende und potenzielle Investoren und Kreditgeber als auch andere Stakeholder wie Geschäftspartner, Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft. Die Informationen müssen vollständig, neutral und korrekt sein, um die Substanz der dargestellten Phänomene wahrheitsgetreu wiederzugeben.
Ein zentraler Aspekt der Nachhaltigkeitsberichterstattung ist die doppelte Wesentlichkeit, die die Berücksichtigung sowohl der Auswirkungen eines Unternehmens auf ESG-Faktoren als auch der finanziellen Auswirkungen von ESG-Faktoren auf das Unternehmen erfordert. Ein Nachhaltigkeitsaspekt ist wesentlich, wenn er entweder wesentliche finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen hat oder das Unternehmen wesentliche Auswirkungen auf diesen Aspekt hat.
Die Wesentlichkeitsanalyse erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird der Kontext des Unternehmens analysiert, einschließlich der Geschäftsaktivitäten und -beziehungen sowie der betroffenen Stakeholdergruppen. Danach werden die tatsächlichen und potenziellen Auswirkungen, Chancen und Risiken identifiziert und bewertet. Bei der Bewertung von Auswirkungen wird zwischen tatsächlichen und potenziellen, positiven und negativen Auswirkungen unterschieden. Dabei werden Faktoren wie der Schweregrad, das Ausmaß und der Umfang der Auswirkungen berücksichtigt. Die Bewertung von Chancen und Risiken erfolgt auf der Grundlage ihrer Wahrscheinlichkeit und des potenziellen Ausmaßes der finanziellen Auswirkungen.
Die Konsolidierung der Ergebnisse beider Bewertungsdimensionen führt zu einer Liste wesentlicher Nachhaltigkeitsthemen und den dazugehörigen IROs, die die Grundlage für die Berichterstattung im Nachhaltigkeitsbericht bilden. Diese Berichterstattung umfasst die Beschreibung des Prozesses der Wesentlichkeitsanalyse, die Identifizierung und Bewertung der IROs sowie die Darstellung der wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen im Zusammenhang mit der Unternehmensstrategie und dem Geschäftsmodell.
Die standardisierte Nachhaltigkeitsberichterstattung kann den Mehrwert von ESG-Ratings auf der einen Seite einschränken. Auf der anderen Seite können ESG-Ratings an Aussagekraft gewinnen und besser kommuniziert werden, da die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine verbesserte und standardisierte Datenbasis bietet, auf die Ratingagenturen zugreifen können. Die Uneinigkeit von ESG-Ratings, die oft durch unterschiedliche Messgegenstände und Datenbasen entsteht, kann durch die standardisierte Berichterstattung nach den ESRS verringert werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wesentlichkeitsanalyse nach den Grundsätzen der CSRD und ESRS für Unternehmen von großer Bedeutung ist. Sie ermöglicht eine fokussierte und verständliche Nachhaltigkeitsberichterstattung, die sowohl die finanziellen als auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens berücksichtigt. Diese standardisierte Berichterstattung kann den Informationsnutzen für die Stakeholder erhöhen und gleichzeitig die Qualität und Vergleichbarkeit der ESG-Ratings verbessern. „Der Nutzen einer standardisierten Nachhaltigkeitsberichterstattung für deren Nutzer entsteht insbesondere dann, wenn sich Unternehmen auf wichtige, d.h. wesentliche, Themen fokussieren und damit auf verständliche Weise über die Auswirkungen des Unternehmens auf Nachhaltigkeitsaspekte und den Einfluss von Nachhaltigkeitsaspekten auf die Entwicklung, die Lage und die Leistung des Unternehmens berichten,“ betonen Annika Brüning und Christopher Almeling.
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ESG und Kapitalkosten im M&A-Prozess
Von Dr. Oliver Everling | 30.Dezember 2024
Unser neues Buch im Verlag Springer Nature: ESG als Treiber von M&A – Unternehmenskäufe und -zusammenschlüsse erfolgreich managen.
Die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) und ihre Auswirkungen auf die Kapitalkosten sind zentrale Themen in der aktuellen Unternehmensbewertung und -finanzierung. Ulf Füllgraf und Benjamin Badel untersuchen in ihrem Beitrag die Einflüsse von ESG-Faktoren auf die Kapitalkosten und den Unternehmenswert im Kontext von M&A-Transaktionen. Sie stellen fest, dass seit der Verabschiedung der UN-Agenda 2030 und des Pariser Klimaabkommens ökologische und soziale Faktoren zunehmend in Investitionsentscheidungen einbezogen werden. Während einige Experten argumentieren, dass ESG vorrangig über die Cashflows wirkt, sehen andere die Kapitalkosten als primären Einflusskanal.
Empirische Studien liefern bisher gemischte Ergebnisse bezüglich des Einflusses von ESG auf Kapitalkosten und Unternehmenswert, wobei die Ergebnisse in Europa tendenziell signifikante ESG-Einflüsse bei den Cost of Equity – insbesondere für die „E“-Komponente – zeigen. Die CO2-Intensität hat bereits seit einigen Jahren Einfluss auf die Performance und das Risiko europäischer Aktien. Die Umsetzung der Vereinbarungen des Pariser Abkommens und die daraus resultierenden politischen Initiativen in der EU, wie u.a. der Green Deal und die EU-Taxonomie, beeinflussen Unternehmen in vielen Bereichen, wie z.B. Produkte und Prozesse, Lieferanten- und Kundenbeziehungen sowie erweiterte Berichtspflichten. Füllgraf und Badel betonen, dass sich daraus einerseits die empirischen Ergebnisse erklären lassen und sich andererseits die Notwendigkeit ergibt, ESG-Faktoren in die finanzielle Bewertung – auch bei M&A-Prozessen – zu integrieren.
Ein zentraler Punkt der Regulierung ist die doppelte Wesentlichkeit (Double Materiality), die sowohl finanzielle als auch nicht-finanzielle Aspekte berücksichtigt. Dieses Konzept erfordert von Unternehmen, sowohl die finanziellen Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf ihre Geschäftstätigkeiten als auch ihre Auswirkungen des Unternehmens auf die Gesellschaft und Umwelt zu berichten. Nachhaltigkeitsaspekte müssen aber in die finanziellen Faktoren einfließen, um Investitionsentscheidungen, Unternehmenswerte und Risikomanagement zu beeinflussen.
Füllgraf und Badel gehen auf verschiedene Modelle und Methoden zur Bestimmung der Kapitalkosten ein, u.a. das Capital Asset Pricing Models (CAPM), Arbitrage Pricing Theorie (APT) und die daraus entstandenen Faktormodelle (z.B. Fama/French). Die beiden letztgenannten sind aus der Kritik am CAPM und dessen schwacher Performance in der Realität entstanden.
Dennoch verwenden viele Unternehmen hauptsächlich das CAPM für die Berechnung von Kapitalkosten.
Die Kapitalmarkttheorie unterscheidet zwischen systematischen und spezifischen Risiken. Während systematische Risiken nicht diversifizierbar sind und alle Unternehmen im Querschnitt betreffen, können spezifische Risiken diversifiziert werden. ESG-Risiken werden bisher i.W. als spezifische Risiken eingeordnet, weil empirisch bisher nicht nachgewiesen werden konnte, dass sie global betrachtet Einfluss auf nahezu alle Unternehmen haben. In dem Sinne müssen die o.g. Modelle möglicherweise um eine Nachhaltigkeits- oder Klimakomponente erweitert werden, sofern in Zukunft systematische Effekte in der Breite – und nicht nur in Europa – nachweisbar sind.
Füllgraf und Badel zeigen auf, dass die Einbeziehung von ESG-Kriterien in den M&A-Prozess nicht nur zur Risikominimierung beiträgt, sondern auch erhebliche Wertsteigerungspotenziale eröffnet. Investoren sind – nicht nur für börsennotierte Unternehmen – zunehmend bereit, höhere Preise für Zielinvestments zu zahlen, die starke ESG-Performances aufweisen. Dies verändert und erweitert die Anforderungen an Due Diligence-Prozesse und die Bewertung von Zielunternehmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integration von ESG-Kriterien in den M&A-Prozess und die damit verbundene Analyse von Auswirkungen auf Kapitalkosten und Cash-Flows mitentscheidende Faktoren für den langfristigen Erfolg und die Nachhaltigkeit von Unternehmensübernahmen sind. Unternehmen und Investoren sollten diese Faktoren berücksichtigen, um fundierte und zukunftsorientierte Entscheidungen zu treffen.
Ulf Füllgraf, seit 2010 in der Geschäftsführung der Alpha Centauri Investment Management GmbH, Hamburg, tätig und in der Funktion u.a. für die Bereiche Research, Portfolio- und Risikomanagement verantwortlich. Frühere Stationen waren u.a. Head Portfoliomanagement bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Luzern, Gründer und Leiter des Multi Asset-Bereiches sowie Head of Tactical Asset Allocation bei der Deka Investment in Frankfurt. Alpha Centauri ist auf alternative Risikoprämien- und Faktorstrategien sowie Aktienstrategien mit Klimahintergrund spezialisiert.
Benjamin Badel, seit 2010 bei Alpha Centauri Investment Management GmbH, Hamburg und seit 2019 dort in der Geschäftsführung, u.a. für Research, Portfoliokonstruktion und IT verantwortlich. Schwerpunkte der Arbeit liegen auf den Bereichen Strategie- und Indexentwicklung, Risikomonitoring und Datenmanagement.
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Giga: Potential bei KI-Rechenzentren
Von Dr. Oliver Everling | 17.Dezember 2024
Der weltweite Markt für KI-Rechenzentren könnte innerhalb von fünf Jahren einen Umfang von 50-60 GW erreichen. McKinsey prognostiziert, dass die Nachfrage nach Rechenzentren allein in den USA bis 2030 eine Größenordnung von 80 GW und in Europa von 35 GW erreichen könnte. „Bei Kosten von insgesamt 50 Mio. USD pro MW könnte das Marktpotenzial für KI-Rechenzentren insgesamt 2,5 bis 3,0 Billionen USD betragen“, schreibt Guillaume Chieusse, Portfoliomanager für europäische Aktien bei ODDO BHF AM, in einem aktuellen Marktkommentar.
Kapazitäten für KI-Training notwendig
„Rechenzentren (RZ) bilden das Herzstück der globalen Konnektivität und das Fundament der technologischen Revolution“, erläutert Chieusse. Sie umfassen die für IT-Systeme erforderliche physische Infrastruktur. KI-Rechenzentren eignen sich für Aufgaben wie KI-Training und KI-Inferenz. Da das Training bis zu einem gewissen Grad latenzunabhängig sei, können für KI-Training genutzte Rechenzentren auch in ländlicheren, weniger erschlossenen Gebieten angesiedelt werden, wo Land und Strom reichlich zur Verfügung stehen. Ein herkömmliches Rechenzentrum benötigt 5-10 KW pro Rack, ein KI-Rechenzentrum 60 KW oder mehr.
Der Vormarsch von Digitalisierungs- und KI-Technologien heizt die Nachfrage nach Rechenzentren weltweit an. In den vergangenen Jahren zählte Nachhaltigkeit noch zu den fünf wichtigsten Aspekten beim Bau von Rechenzentren. Mittlerweile spielt dies für die Unternehmen nur noch eine untergeordnete Rolle. Die RZ-Branche muss jedoch dekarbonisiert werden und ihre Emissionen im Zeitraum von 2030 bis 2040 auf netto Null reduzieren. „Dies eröffnet Chancen für Länder mit reichlich kohlenstoffarmer Energie und niedrigeren Temperaturen“, erklärt der Portfoliomanager für europäische Aktien des ODDO BHF AM. „Sie sind strategisch interessant, da dort weniger Strom für die Kühlung benötigt wird.“
„Der RZ-Boom sei auch ein Wachstumsmotor für verschiedene andere Branchen.“, schreibt Guillaume Chieusse. Erstens wird Flüssigkeitskühlung immer beliebter mit einer Wachstumsrate von 46% im Vergleich zur Luftkühlung. Die Flüssigkeitskühlung habe sich als energieeffizienter als die Luftkühlung erwiesen. „Es wird erwartet, dass die Investitionsausgaben im Bereich der Kühlung bis 2028 jährlich um durchschnittlich etwa 18 % steigen werden“, erklärt der Portfoliomanager von ODDO BHF AM. Zweitens sei der Energieverbrauch von Rechenzentren jährlich um ca. 17 % gestiegen. McKinsey prognostiziert in Europa ein weiteres jährliches Wachstum von ca. 13 %.
Von Wachstumsdynamik profitieren
„Als Investor im europäischen Small-Cap-Bereich möchten wir von der Wachstumsdynamik der Rechenzentren profitieren und sind auf mehreren Ebenen entlang der RZ-Wertschöpfungskette positioniert“, schreibt Chieusse. Hill& Smith, ein führendes britisches Infrastrukturunternehmen mit Niederlassungen in Großbritannien und den USA, ist gut aufgestellt, um von der wachsenden Nachfrage nach Rechenzentren zu profitieren.
Keines der vorstehend genannten Unternehmen stellt eine Anlageempfehlung dar, darauf weisen die Analysten hin.
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Rating-Analyse zum Ipsos Cost of Living Monitor 2024
Von Dr. Oliver Everling | 16.Dezember 2024
Der Ipsos Cost of Living Monitor gilt als globales Stimmungsbarometer in 32 Ländern und erfasst die Wahrnehmungen der Menschen in einer sich verändernden Wirtschaftslage. Die Ergebnisse der siebten Auflage liefern aufschlussreiche Einblicke in die weltweite und deutsche Stimmungslage im Hinblick auf Inflation, Preisentwicklung, finanzielle Situation und Steuerpolitik.
1. Inflation – sinkende Raten, anhaltender Pessimismus: Obwohl die Inflation in vielen Ländern nachweislich gesunken ist, wird dies von den Menschen nicht so wahrgenommen. In Deutschland gehen 64 % der Befragten davon aus, dass die Inflation und die Preise in den kommenden 12 Monaten weiter steigen werden — ein Anstieg von 11 Prozentpunkten seit April 2024. Weltweit sind es 65 % der Befragten, die mit höheren Preisen rechnen (plus 7 Prozentpunkte).
Mittelfristig zeigt sich ein vorsichtiger Optimismus. 40 % der Deutschen glauben, dass sich die Inflation nach 2025 wieder normalisieren wird. Dennoch gehen 27 % davon aus, dass dies nie der Fall sein wird.
2. Ursachen für die Preissteigerungen: Die Befragten sehen verschiedene Faktoren als Treiber der Preissteigerungen. In Deutschland erwarten die Menschen in den kommenden sechs Monaten vor allem Preiserhöhungen bei Lebensmitteln (74 %), Energie (66 %) und Benzin (60 %). Als Hauptursachen für die Preissteigerungen nennen 64 % der Deutschen die Politik der Bundesregierung. Ebenso viele (64 %) sehen den Krieg in der Ukraine als Grund für die Preisentwicklungen, wobei der Einfluss dieser Ursache als rückläufig wahrgenommen wird. Weitere Faktoren sind die Lage der Weltwirtschaft (61 %) sowie die Zuwanderung (55 %), deren Einfluss laut Umfrage als zunehmend wahrgenommen wird.
3. Finanzielle Situation der deutschen Bevölkerung: Die Ergebnisse zeichnen ein gemischtes Bild der finanziellen Situation der Deutschen. Mehr als ein Drittel (36 %) der Deutschen fühlt sich heute schlechter gestellt als vor der Corona-Pandemie. Dies entspricht dem weltweiten Durchschnitt (37 %), wobei in Italien (51 %) und der Türkei (58 %) die negative Einschätzung besonders ausgeprägt ist.
Trotz der pessimistischen Rückblicke sieht sich knapp die Hälfte der Deutschen (49 %) finanziell gut aufgestellt, wohingegen 49 % angeben, „gerade so“ über die Runden zu kommen oder ihre Situation als schwierig empfinden.
Der Blick in die Zukunft fällt ähnlich geteilt aus: 48 % der Deutschen erwarten, dass ihr Lebensstandard im kommenden Jahr stabil bleibt. Ein Viertel (27 %) rechnet mit einer Verschlechterung, während 23 % hoffen, dass ihr verfügbares Einkommen 2025 steigt. Im Gegensatz dazu geht ein Drittel (34 %) von einem sinkenden Einkommen aus.
4. Steuerpolitik – Wunsch nach Steuersenkungen: Ein weiteres wichtiges Thema der Umfrage ist die Steuerpolitik. Mehr als die Hälfte der Deutschen (57 %) rechnet mit steigenden Steuern im Jahr 2025. 37 % der Deutschen befürworten Steuersenkungen, selbst wenn dies mit Kürzungen bei öffentlichen Dienstleistungen (z. B. Bildung und Gesundheit) verbunden ist. Dies steht im Kontrast zu anderen europäischen Ländern wie Schweden (40 %), Irland (36 %) oder Großbritannien (35 %), in denen die Bereitschaft, höhere Steuern für öffentliche Investitionen zu akzeptieren, deutlich größer ist. In Deutschland wären nur 19 % der Befragten dazu bereit.
5. Internationale Perspektive: Der Ipsos Cost of Living Monitor bietet auch einen internationalen Vergleich der Stimmungslage. Die Studie zeigt, dass die finanzielle Zufriedenheit in anderen G7-Ländern wie Frankreich, Großbritannien und Italien sogar noch negativer ausfällt als in Deutschland. Im globalen Durchschnitt empfinden 37 % der Befragten ihre finanzielle Situation als schlechter im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Besonders kritisch ist die Lage in der Türkei (58 %) und Italien (51 %).
Gleichzeitig offenbart die Umfrage eine weltweite Tendenz zu Steuerreformen. Der Wunsch nach Steuersenkungen ist global verbreitet, während die Bereitschaft, höhere Steuern für das Gemeinwohl zu akzeptieren, in Deutschland geringer ist als in anderen europäischen Ländern.
Methodik: Die Ergebnisse basieren auf der Ipsos Global Advisor-Studie „The Ipsos Cost of Living Monitor“. Zwischen dem 25. Oktober und dem 8. November 2024 wurden 22.720 Personen aus 32 Ländern über das Ipsos Online Panel System befragt. In Deutschland umfasste die Stichprobe etwa 1.000 Personen im Alter von 16 bis 74 Jahren. Die Ergebnisse der Umfrage sind repräsentativ für die erwachsene Bevölkerung in 17 der 32 untersuchten Länder.
Fazit: Die Ergebnisse des Ipsos Cost of Living Monitors 2024 verdeutlichen eine Mischung aus Unsicherheit, Pessimismus und Pragmatismus in Deutschland und weltweit. Trotz sinkender Inflationsraten sind die Befürchtungen hinsichtlich weiter steigender Preise tief in den Köpfen der Bevölkerung verankert. Die Unzufriedenheit mit der eigenen finanziellen Situation bleibt hoch, während die Erwartungen an die Steuerpolitik zeigen, dass viele Menschen individuelle finanzielle Entlastung der Stärkung des Gemeinwohls vorziehen. Diese Befunde spiegeln die Herausforderungen wider, mit denen Regierungen weltweit konfrontiert sind, wenn es darum geht, das Vertrauen der Bevölkerung in die wirtschaftliche Entwicklung wiederherzustellen.
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„Alles lässt sich ändern“ – Die FDP, die deutsche Autoindustrie und der Kampf um die Zukunft der Elektromobilität
Von Dr. Oliver Everling | 10.Dezember 2024
Die deutsche Automobilindustrie steht am Scheideweg. Während die FDP mit ihrem Wahlkampfmotto „Alles lässt sich ändern“ Veränderungswillen signalisiert, zeigt die Realität der Automobilbranche, wie dringlich und tiefgreifend dieser Wandel tatsächlich sein muss. Die Lage ist ernst: Der Anteil deutscher Hersteller an den weltweiten Pkw-Zulassungen ist innerhalb von nur fünf Jahren von 21,4 % auf unter 18 % gefallen. Der globale Automobilmarkt wächst nur moderat, doch die Produktion deutscher Automobilunternehmen sinkt deutlich – ein Weckruf, den man nicht länger ignorieren kann. Über die Fakten berichtet Axel D. Angermann. Er analysiert als Chef-Volkswirt der FERI Gruppe die konjunkturellen, geldpolitischen und strukturellen Entwicklungen aller für die Asset Allocation wesentlichen Märkte.
Besonders alarmierend ist die Entwicklung in China, dem wichtigsten Absatzmarkt für deutsche Hersteller. Noch vor wenigen Jahren galten deutsche Marken wie Mercedes-Benz, BMW und Audi als Statussymbole, die Reichtum und Erfolg demonstrierten. Heute hat sich das Bild gewandelt: Elektrofahrzeuge chinesischer Anbieter dominieren den Markt. Während der Absatz von Verbrennerfahrzeugen in den ersten drei Quartalen um 15 % einbrach, wuchsen die Verkäufe von reinen Elektroautos um 21 % und die von Plug-in-Hybriden sogar um fast 100 %. Das Problem der deutschen Hersteller ist offensichtlich: Sie haben das falsche Produktportfolio. Der Markt fordert Elektroautos, deutsche Konzerne liefern Verbrenner. Selbst im Hybrid-Segment hinken deutsche Marken hinterher, da die in China geforderten elektrischen Mindestreichweiten von deutschen Herstellern oft nicht erreicht werden.
Dieser Rückstand ist das Ergebnis strategischer Fehlentscheidungen und unzureichender politischer Unterstützung. Die deutsche Automobilindustrie hat zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt und den Umstieg auf die Elektromobilität verschlafen. Das Problem liegt aber nicht nur bei den Herstellern. Auch die Politik hat durch unstetige Rahmenbedingungen dazu beigetragen. Ein Beispiel dafür ist das abrupte Ende der Kaufanreize für Elektroautos, das die Nachfrage vorübergehend einbrechen ließ. Besonders bei Volkswagen wird deutlich, wie politisches Kalkül wirtschaftliche Notwendigkeiten überlagert hat. Über Jahre haben hohe Kostenstrukturen den Konzern belastet, während der Transformationsprozess nur schleppend voranging.
Ein wesentlicher Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Elektromobilitätsmarkt ist die Batteriezellproduktion. Batteriezellen machen etwa 30 % der Wertschöpfung in einem Elektrofahrzeug aus. Wer langfristig wettbewerbsfähig bleiben will, muss diese Technologie selbst beherrschen. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass die deutsche Industrie diesen Bereich unterschätzt hat. Anstatt mit Mut und Investitionsbereitschaft in diese Schlüsseltechnologie zu gehen, wurden viele Projekte angesichts schleppender Absätze radikal gekürzt. Selbst große Akteure wie Northvolt sehen sich dadurch mit massiven Problemen konfrontiert. Das Ergebnis: Unter den zehn weltweit größten Herstellern von Batteriezellen findet sich kein einziges europäisches Unternehmen. Die Gefahr ist offensichtlich – deutsche und europäische Autobauer drohen langfristig die Kontrolle über die Wertschöpfungskette zu verlieren.
Eine Möglichkeit, diesen Trend umzukehren, könnte die Entwicklung der Feststoffbatterie bieten. Diese Technologie steckt zwar noch in den Kinderschuhen, hat aber das Potenzial, die Spielregeln auf dem Markt neu zu definieren. Deutsche Hersteller hätten die Chance, hier von Anfang an dabei zu sein und sich eine technologische Vorreiterrolle zu sichern. Doch auch das erfordert strategischen Weitblick und Investitionen, die kurzfristig zulasten der Gewinne gehen könnten. Gleichzeitig ist die Politik gefragt, die Unternehmen mit verlässlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen. Dazu gehören koordinierte Anstrengungen beim Aufbau der Infrastruktur sowie Kaufanreize, um den Absatz neuer Technologien zu fördern.
Die Entwicklung in der Automobilindustrie ist ein Paradebeispiel für die Herausforderungen der deutschen Industriepolitik. Das Motto der FDP – „Alles lässt sich ändern“ – verdeutlicht die grundsätzliche Bereitschaft zum Wandel. Doch ob dieser Wandel gelingt, hängt nicht nur von der Politik ab, sondern auch von der Weitsicht und Entschlossenheit der Unternehmensführungen. Ohne eine enge Verzahnung von Industrie und Staat droht Deutschland den Anschluss zu verlieren. Ein konstruktives Zusammenwirken könnte hingegen Impulse für eine moderne, strategische Industriepolitik liefern – und der deutschen Autoindustrie eine neue Chance im globalen Wettbewerb eröffnen.
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Rendite-Plus mit skandinavischen Hochzinsanleihen?
Von Dr. Oliver Everling | 5.Dezember 2024
Wer die Chance auf ein Rendite-Plus nicht verpassen möchte, sollte Anleihen aus dem Norden Europas in Erwägung ziehen. Dieser Ansicht ist Daniel Herdt, Portfoliomanager/Analyst bei Lazard Asset Management.
Nordische Hochzinsanleihen seien nach wie vor die Benchmark, wenn es um High Income-Strategien gehe. „In Europa sind die Vorteile von skandinavischen Hochzinsanleihen beim Aufbau eines Anleiheportfolios gut belegt“, argumentiert der Experte. „In Europa hat sich der Markt für High Yield-Unternehmensanleihen in den letzten zehn Jahren deutlich besser entwickelt als der Investment Grade-Markt. Diese Outperformance wurde trotz Phasen hoher Volatilität erzielt, wie zum Beispiel während der Corona-Krise oder des Zinserhöhungszyklus 2022.“ Damals habe die Ausweitung der Spreads zu einem deutlichen Rückgang der Bewertungen von Hochzinsanleihen geführt. Diese Ausverkäufe wären jedoch innerhalb von ein oder zwei Jahren wieder ausgeglichen worden, da der Carry die Kursrückgänge der Anleihen überkompensiert habe.
Innerhalb Europas gilt Herdts Augenmerk Skandinavien. Der Experte fasst die Vorteile der Anlageklasse zusammen: „Nordische Hochzinsanleihen weisen aufgrund des sehr geringen Zinsrisikos, der kürzeren Spread-Duration und der hohen Kupons eine deutlich geringere Volatilität auf als andere Hochzinsmärkte. In Verbindung mit hohen Gesamtrenditen führt dies zu einer außergewöhnlich hohen Sharpe Ratio.“ Trotz eines leichten Rückgangs der Spreads seit ihrem jüngsten Höchststand im Jahr 2022 böten europäische Hochzinsanleihen bis zur Fälligkeit zwar noch immer Renditen von durchschnittlich 6,0 Prozent, Nordic High Yield-Anleihen sogar von 9,0 Prozent (Stand: 30. November 2024).
Die skandinavischen Rentenmärkte hätten im letzten Jahrzehnt einen strukturellen Wandel erlebt: „Diese Region hat sich weltweit als eine der nachhaltigsten und am weitesten entwickelten etabliert“, sagt Herdt. Für den Norden sprächen eine niedrige Staatsverschuldung, eine proaktive Steuerpolitik und ein umfassendes Wohlfahrtssystem. All dies habe die Stabilität und das Wirtschaftswachstum der Region sowie die Widerstandsfähigkeit und Innovationsfreude der dort ansässigen Unternehmen gestärkt.
Auch für die Diversifizierung des Portfolios seien nordische Hochzinsanleihen eine gute Wahl: Trotz ihres regionalen Schwerpunkts würden nordische Hochzinsanleihen eine geringe Korrelation mit anderen Assetklassen aufweisen und stellten somit eine geeignete Diversifizierung für traditionelle Vermögensallokationen dar. Neben einer breiten sektoralen und geografischen Diversifizierung biete ein Engagement in diesem Markt ein einzigartiges Risikoprofil, das den Diversifikationseffekt insgesamt noch verstärke. „Mit rund 9 Prozent bieten nordische High Yield-Anleihen höhere Renditen bis zur Fälligkeit als andere Hochzinsmärkte“, so Herdt. Der Grund hierfür liege in der einzigartigen Emittentenstruktur. „Im nordischen High Yield-Segment finden wir vor allem kleinere, oft noch nicht am öffentlichen Aktienmarkt gehandelte Emittenten, welche zudem meist über keine Bonitätseinschätzung von externen Ratingagenturen verfügen. Dies alles führt zu einer noch relativ engen Investorenbasis im Vergleich zu den etablierten Unternehmensanleihenmärkten. Entsprechend müssen Emittenten eine strukturell höhere Kreditprämie zahlen bei ansonsten vergleichbarer Kreditqualität“, argumentiert der Experte. Des Weiteren könnten Anleger mit einem Investment in den nordischen High Yield-Markt ihr übergeordnetes Risiko begrenzen, da der Großteil der Anleihen in diesem Markt variabel verzinst sei und somit kein signifikantes Zinsrisiko aufweise. Mit knapp drei Jahren sei die durchschnittliche Laufzeit der Anleihen außerdem deutlich niedriger als in anderen High Yield-Märkten, was sich wiederum in einer deutlich geringeren Sensitivität auf Veränderung der Kreditprämien niederschlage.
Für den Portfoliomanager ist klar: Bei nordischen Hochzinsanleihen werde das eingegangene Risiko noch angemessen vergütet. „Obwohl die Ausfallraten für nordische Hochzinsanleihen mit denen globaler oder europäischer Hochzinsanleihenmärkte vergleichbar sind, bieten sie deutlich höhere Kupons und Renditen. Gleichzeitig sorgen das kaum vorhandene Zinsrisiko und die relativ geringe Spreadsensitivität in Kombination mit der hohen Verzinsung der Anleihen für einen auskömmlichen Risikopuffer“, so Herdt.
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Nahtlos, sicher und intelligent: Wie Technologie das Bezahlen neu definiert
Von Dr. Oliver Everling | 4.Dezember 2024
Im Rahmen der Handelsblatt-Tagung „BankenTech“ erläuterte Pascal Beij, Chief Commercial Officer bei Unzer, wie die Digitalisierung und Unified Commerce das Bezahlen revolutionieren. Besonders anhand des SAP Gardens in München zeigte Beij auf, wie eine nahtlose Integration von Zahlungen in den Handel sowohl die Kundenbindung als auch den Geschäftserfolg steigern kann. Zahlungen entwickeln sich demnach nicht mehr nur als technische Notwendigkeit, sondern als strategisches Instrument zur Schaffung eines durchgängig positiven Kundenerlebnisses.
Beij erklärte, dass Unified Commerce durch die Verbindung von verschiedenen Softwarelösungen und Zahlungssystemen den Händlern ermöglicht, ein integriertes und effizientes System für sowohl Online- als auch Offline-Zahlungen zu nutzen. Dies geschieht durch eine Plattform, die Transaktionsdaten in Echtzeit synchronisiert und eine nahtlose User Experience ermöglicht – sei es beim Einkaufen im stationären Geschäft oder beim Online-Shopping. Kunden können zum Beispiel ihre Einkäufe online reservieren und vor Ort bezahlen, was gerade bei Geschäften mit begrenzten Parkmöglichkeiten von Vorteil ist.
Unified Commerce bezeichnet eine Geschäftsstrategie, bei der alle Vertriebskanäle und Touchpoints eines Unternehmens über eine zentrale, integrierte Plattform miteinander verbunden werden. Im Gegensatz zu früheren Modellen wie Single Channel, Multichannel oder Omnichannel geht Unified Commerce noch einen Schritt weiter, indem es nicht nur mehrere Kanäle miteinander vereint, sondern auch eine vollständige, nahtlose Customer Journey über alle Kanäle hinweg bietet, wobei alle Daten und Interaktionen in Echtzeit synchronisiert sind.
Im Single Channel-Modell konzentriert sich das Unternehmen auf einen einzigen Vertriebskanal, z.B. ein Geschäftslokal oder einen Online-Shop. Das Multichannel-Modell bietet mehrere Vertriebskanäle (z.B. Online-Shop, Einzelhandel, Callcenter), jedoch sind diese Kanäle in der Regel unabhängig voneinander, ohne echte Integration. Omnichannel verbessert dieses Modell, indem es verschiedene Kanäle miteinander verbindet, sodass Kunden nahtlos zwischen ihnen wechseln können, beispielsweise indem sie online einkaufen und die Ware im Geschäft abholen.
Unified Commerce geht noch weiter, indem es eine vollständige Integration sämtlicher Geschäftsprozesse und Kundendaten in Echtzeit ermöglicht. Dies bedeutet, dass die Kundenerfahrung über alle Berührungspunkte hinweg konsistent und personalisiert ist, und dass sämtliche Informationen – von Beständen über Transaktionen bis hin zu Kundenprofilen – zentral erfasst und ausgetauscht werden. Ziel ist es, eine ganzheitliche und individuelle Kundenerfahrung zu bieten, unabhängig davon, über welchen Kanal die Interaktion stattfindet.
Dieser Ansatz hat insbesondere durch die Digitalisierung und den zunehmenden Wunsch nach nahtlosen, personalisierten Einkaufserlebnissen an Bedeutung gewonnen. Unternehmen, die Unified Commerce implementieren, können somit nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Kundenbindung und das Einkaufserlebnis erheblich verbessern.
Das Unzer-Ökosystem, das in der SAP Arena zum Einsatz kommt, kombiniert verschiedene Zahlungsinstrumente und Kassensysteme und ermöglicht es Händlern, auf die Bedürfnisse ihrer Kunden maßgeschneiderte Lösungen zu bieten. Besonders hervorzuheben ist, dass 60 % der Kunden bevorzugen, im Geschäft zu kaufen, aber die Ware nach Hause liefern zu lassen, was durch Unified Commerce vereinfacht wird. Ebenso bietet der Ansatz für Händler vielfältige Vorteile, wie die Möglichkeit zur Kundenbindung, Akquise und sogar als Überlebensstrategie in einem wettbewerbsintensiven Markt.
Beij hob hervor, dass Unternehmen von der Echtzeit-Datenanalyse und der Vernetzung aller Vertriebskanäle profitieren können. Beispiele wie DB, Fleurop und Zalando, die das Unzer-Ökosystem bereits nutzen, belegen die Wirksamkeit dieses Modells. So bietet Unified Commerce nicht nur eine verbesserte Customer Journey, sondern auch strategische Möglichkeiten für Unternehmen, die die Anforderungen des digitalen Marktes von heute verstehen und umsetzen möchten.
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Die digitale Zukunft gestalten: Das Potenzial von Web3 durch innovative Infrastruktur und regulatorische Anpassung freisetzen
Von Dr. Oliver Everling | 4.Dezember 2024
Auf der Handelsblatt-Tagung „BankenTech“ sprach Julia Martens, Chief of Staff beim Krypto-Verwahrer Finoa, über die Chancen und Herausforderungen von Web3 für den Finanzsektor: „Shaping the Digital Future: Unlocking Web3 Potential Through Innovative Infrastructure and Regulatory Alignment“. Sie skizzierte die Evolution des Internets von Web1, das hauptsächlich statische Inhalte bot, über Web2 mit seinen interaktiven Plattformen, hin zu Web3, einer dezentralen, blockchain-basierten Infrastruktur. Martens betonte, dass Web3 enormes Potenzial für die Finanzmärkte habe, sowohl in wirtschaftlicher Hinsicht als auch in Bezug auf Sicherheit und Nutzungsvielfalt.
Das wirtschaftliche Potenzial von Web3 liege insbesondere in der Einführung von Kryptowährungen und der Tokenisierung realer Vermögenswerte (Real World Assets, RWA). Kryptowährungen hätten sich mittlerweile als eigene Anlageklasse etabliert, während tokenisierte Vermögenswerte neue Möglichkeiten in den Bereichen Kreditvergabe, dezentraler Handel (DEX-Trading) und On-Chain-Finanzierung eröffnen. Martens hob hervor, dass dezentrale Finanzanwendungen (DeFi) durch den direkten Zugang zu globalen Märkten rund um die Uhr neue Dimensionen für Handel und Settlement schaffen könnten. Dies biete Banken und Investoren immense Möglichkeiten, vorausgesetzt, technologische Barrieren und regulatorische Herausforderungen würden überwunden.
Eine zentrale Rolle spiele die sogenannte „On-Chain-Partizipation“, bei der Akteure durch Governance-Mechanismen, Token-Ansprüche und Liquiditätsbereitstellung (LPing) aktiv Einfluss nehmen könnten. Martens erklärte, dass Prime-Brokerage-Dienste im Web3-Bereich durch ihre breite Abdeckung von Vermögenswerten und den kontinuierlichen Zugang zu Handel und Abwicklung neue Standards setzen könnten. Allerdings seien technologische Reife, Marktumfeld und Risikobereitschaft entscheidende Faktoren für die breitere Adaption dieser Technologien.
Martens verwies auch auf die zunehmende Verschmelzung von dezentralen Finanzdiensten (DeFi) und traditionellen Finanzinstituten (TradFi), ein hybrides Modell, das als „CeDeFi“ bezeichnet wird. Dieses ermögliche es Finanzunternehmen, von der Flexibilität und Innovation dezentraler Technologien zu profitieren, ohne die regulatorischen und operativen Vorteile zentraler Institutionen aufzugeben. Abschließend betonte sie, dass die Tokenisierung traditioneller Vermögenswerte und die Schaffung globaler Zahlungssysteme die Zukunft der Finanzmärkte nachhaltig prägen könnten, sofern Unternehmen bereit seien, innovative Infrastrukturen zu nutzen und regulatorische Hürden zu überwinden.
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Web3, Digital Assets und Blockchain: Regulierung, Potenziale und Anwendungsfälle
Von Dr. Oliver Everling | 4.Dezember 2024
Auf der Handelsblatt-Tagung „BankenTech“ hielt Tobias Tenner, Head of Digital Finance beim Bankenverband, einen Vortrag über die Entwicklung und Bedeutung von Web3, Digital Assets und Blockchain-Technologien. Er begann mit einem historischen Vergleich zum „Red Flag Act“, einem britischen Gesetz aus dem 19. Jahrhundert, das die Einführung von Autos durch strenge Vorschriften behindern sollte. Damit illustrierte er, wie neue Technologien oft auf Skepsis stoßen, bevor sich ihr Potenzial entfaltet.
Tenner zeichnete die Entwicklung der Blockchain-Technologie und digitaler Assets in mehreren Etappen nach: Von der Bitcoin-Disruption im Jahr 2008 über die Einführung von Ethereum im Jahr 2015 bis hin zur zunehmenden Standardisierung und Interoperabilität in den Jahren 2018 und 2019. Er hob hervor, dass die EU ab 2020/21 mit der Entwicklung einer umfassenden Strategie zur Nutzung dieser Technologien begonnen habe. Dabei teilte er digitale Assets in drei Kategorien ein: Währungen auf Blockchain wie Central Bank Digital Currencies (CBDCs) und tokenisiertes Geschäftsbankgeld, digitalisierte Vermögenswerte wie Wertpapiere und Stablecoins sowie native digitale Vermögenswerte wie NFTs und Kryptowährungen.
Besondere Aufmerksamkeit widmete Tenner den CBDCs. Er erläuterte, dass derzeit 134 Zentralbanken weltweit an eigenen digitalen Währungen arbeiten. Viele dieser Projekte, insbesondere in Asien, seien von geopolitischen Überlegungen geprägt, insbesondere dem Wunsch, die Abhängigkeit vom US-Dollar zu reduzieren. Er betonte, dass Stablecoins längst keine Nischenprodukte mehr seien, sondern zunehmend global an Bedeutung gewinnen.
Tenner warnte eindringlich davor, dass Europa Gefahr laufe, den Anschluss an diese Entwicklungen zu verlieren, wenn regulatorische Hürden nicht rechtzeitig überwunden würden. Die Entwicklung von Web3 und Blockchain-Technologien biete enorme Potenziale, erfordere jedoch eine klare Strategie und proaktive Regulierung, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Abschließend appellierte er an die europäischen Finanzakteure, sich stärker mit diesen Technologien auseinanderzusetzen, um nicht hinter anderen Regionen zurückzufallen.
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