Erste Böen eines perfekten Sturmes
Von Dr. Oliver Everling | 6.Oktober 2021
Aus dem Haus des FERI Cognitive Finance Institute in Bad Homburg kommen bedenkenswerte Warnungen: Die westliche Welt befinde sich in der Spätphase eines monetären Superzyklus, der seit 50 Jahren in mehreren Wellen stark expandiere. „Seine Treiber sind expansive Notenbankpolitik und exzessiv steigende Geldmengen. Die Dynamik des Superzyklus hat sich ab 2020 dramatisch beschleunigt, stößt nun jedoch an Grenzen“, so die Warnung.
Mittelfristig drohe ein „perfekter Sturm“, der das globale Finanzsystem erschüttern und gravierende wirtschaftliche und soziale Verwerfungen nach sich ziehen könnte. Dies sind die Kernaussagen der neuen Studie des FERI Cognitive Finance Institute „The Monetary Supercycle – Ursachen, Bedeutung und mögliche Konsequenzen der massiven monetären Aufblähung“.
„Die enorme monetäre Aufblähung des globalen Systems birgt hohe Risiken. Vermögenswerte sind bereits stark inflationiert, doch nun droht auch der Realwirtschaft steigende Inflation. Setzt sich die Preisdynamik fort, wird das Vertrauen in Geldwerte und Währungen – aber auch in Notenbanken – schnell erodieren“, warnt Dr. Heinz-Werner Rapp, Gründer und Leiter des FERI Cognitive Finance Institute.
Betrachte man die Entwicklung aus einer übergeordneten Perspektive, so zeige sich das beunruhigende Muster einer zunehmenden Eskalation. Die „monetären Wellen“ kommen demnach in immer kürzeren zeitlichen Abständen; gleichzeitig übertrifft jede neue Welle die jeweils vorhergehende in Ausmaß und Intensität um ein Mehrfaches. Die Instrumente der monetären Aufblähung reichten von einfacher Geldmengenexpansion über notenbankinduzierte Wertpapierkäufe (Quantitative Easing) bis hin zu offener Monetisierung staatlicher Schulden und Defizite durch Notenbanken (Overt Monetary Financing).
Ein Blick auf die großen Zentralbanken zeige, wie brisant die Lage ist: So habe sich seit 2008 die Bilanzsumme der US-Notenbank durch das gewaltige Volumen neu gedruckten Geldes verzehnfacht; die EZB verbuche heute sechsmal so viele Aktiva in ihrer Bilanz wie vor 13 Jahren. „Diese massive Aufblähung des Finanzsystems ist extrem beunruhigend. Gleichzeitig sorgen Notenbanken durch großvolumige Übernahme von Staatsschulden für monetäre Staatsfinanzierung durch die Hintertür“, so Rapp.
Das globale Finanzsystem sei durch die Folgen des monetären Superzyklus zunehmend anfällig für systemische Krisen. Besonders das Inflationsrisiko werde derzeit stark unterschätzt. „Politik und Notenbanken nehmen Geldentwertung kaum noch als Problem wahr. Sie sehen darin vielmehr eine Lösung, etwa um sich der hohen Staatsverschuldung zu entledigen“, erklärt Rapp. Diese verzerrte Wahrnehmung resultiere daraus, dass strukturelle Effekte wie der Aufstieg Chinas, die demografische Entwicklung und die Digitalisierung in den letzten 20 Jahren preisdämpfend gewirkt hätten.
„Diese Faktoren verlieren inzwischen jedoch stark an Wirksamkeit“, so Rapp. Zuletzt habe die Inflationsrate in den USA mit über 5 Prozent den höchsten Wert seit 13 Jahren erreicht, auch in Deutschland zeige sich ein starker Anstieg der Preistendenz auf einen 28-Jahres-Höchstwert. Die Kombination hoher Inflationsraten mit niedrigem Wirtschaftswachstum könnte die Risiken für das Finanzsystem in den nächsten Jahren signifikant erhöhen. „Die Notenbanken hätten dann erstmals ein ernstes Problem, das durch erneutes Gelddrucken nicht mehr gelöst werden kann“, warnt Rapp. Investoren und Vermögensinhaber sollten sich dieser Brisanz bewusst sein und entsprechend kritisch und mit strategischer Perspektive agieren.
Die Studie „The Monetary Supercycle – Ursachen, Bedeutung und mögliche Konsequenzen der massiven monetären Aufblähung“ ist zum Download unter https://www.feri-institut.de/content-center zu finden.
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Noch mehr Gesetze für Ratingagenturen
Von Dr. Oliver Everling | 30.September 2021
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat eine Stellungnahme dazu veröffentlicht, wie der Zugang zu und die Nutzung von Ratings in der EU verbessert werden kann. In der Stellungnahme hebt die ESMA die Schwierigkeiten der Nutzer von Ratings hervor und empfiehlt dem Gesetzgeber, die Verordnung über Ratingagenturen zu ändern oder alternative gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen.
Ratings werden auf den Websites der Ratingagenturen (CRAs) sowie auf der European Rating Platform (ERP) veröffentlicht. Die Verwendbarkeit dieser Ratings ist jedoch stark eingeschränkt, da sie nicht in einem maschinenlesbaren Format abgerufen oder in ausreichender Anzahl heruntergeladen werden können, um für regulatorische Zwecke verwendet zu werden.
In der Praxis greifen Nutzer hauptsächlich über Lizenzen für Daten-Feeds und Plattformdienste, die von anderen Unternehmen in den Unternehmensgruppen von Ratingagenturen angeboten werden, auf Kreditratings und zugehörige Forschungsberichte zu und nutzen diese. Diese Unternehmen unterliegen derzeit keiner Regulierung, und ihre Lizenzierungspraktiken und die hohen Gebühren werfen sowohl Bedenken hinsichtlich des Anlegerschutzes als auch der Wettbewerbsfähigkeit auf.
Nutzer von Ratings haben berichtet, dass die Bedingungen der Lizenzvereinbarungen, die sie für die Verwendung von Ratings eingehen müssen, häufig geändert werden und dass sie häufig zusätzliche Lizenzen abschließen müssen, um im Laufe der Zeit ein konsistentes Niveau der Datennutzung aufrechtzuerhalten. Benutzer berichten auch von den Schwierigkeiten, die Bedingungen für den Zugang zu Datenfeeds auszuhandeln, und von mangelnder Transparenz bei Preiserhöhungen.
ESMA kommt zu dem Schluss, dass Gesetzesänderungen erforderlich sind, um den Zugang zu und die Nutzung von Ratings zu verbessern, und betont, dass diese durch Änderungen der Verordnung oder durch die Annahme alternativer Rechtsvorschriften umgesetzt werden könnten.
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Leitlinien zu Marketing-Anzeigen im Fondsvertrieb
Von Dr. Oliver Everling | 27.September 2021
Die Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA für den fairen, eindeutigen und nicht irreführenden Charakter von Marketing-Anzeigen von Investmentfonds machen konkrete Vorgaben: „Alle Marketing-Anzeigen sollten unabhängig davon, wer die Zielanleger sind, faire, eindeutige und nicht irreführende Informationen enthalten.“
Jedoch können der Umfang der Informationen und die Art und Weise, wie die Informationen dargestellt werden, daran angepasst werden, ob die Anlage in den beworbenen Fonds Kleinanlegern (d. h. OGAW oder Kleinanleger-AIF) oder nur professionellen Anlegern (d. h. AIF die nicht zum Vertrieb an Kleinanleger zugelassen sind) offensteht.
Nach Ansicht der ESMA sollten insbesondere Marketing-Anzeigen, in denen für Fonds geworben wird, die Kleinanlegern offenstehen, keine übermäßig technischen Formulierungen verwenden. Es ist eine Erläuterung der verwendeten Terminologie hinzuzufügen, die leicht lesbar sein sollte und gegebenenfalls die Komplexität des Fonds und die mit der Anlage verbundenen Risiken hinlänglich erklären, um den Anlegern das Verständnis der Eigenschaften des beworbenen Fonds zu erleichtern.
Die Marketing-Anzeige sollte in den Amtssprachen oder in einer der Amtssprachen verfasst sein, die in dem Teil des Mitgliedstaates verwendet werden, in dem der Fonds vertrieben wird, oder in einer anderen von den zuständigen nationalen Behörden dieses Mitgliedstaates anerkannten Sprache.
Im Vertrieb von Fonds sind über diese genannten Beispiele hinaus eine Fülle weiterer, detaillierter Vorschriften zu beachten, die bis hin zur Formatierung und Schriftgröße reichen. Wer im Fondsvertrieb keine Rechtsrisiken eingehen will, bedient sich daher der Dienste von Ratingagenturen, die durch ihre Reports sicherstellen, dass Chancen und Risiken abgewogen und wichtige Fakten in geeigneter Weise zusammengefasst werden.
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Artist Ranking und Artfacts Ranking
Von Dr. Oliver Everling | 23.September 2021
Das Berliner Technologieunternehmen Artfacts sammelt seit 2001 systematisch Ausstellungsdaten von Galerien, Messen und Museen. Basierend auf dem Datensatz wird u. a. eine Ausstellungshistorie für die jeweiligen Künstler und Ausstellungsinstitutionen aggregiert.
Ein Algorithmus errechnet aus den Daten das sogenannte “Artist Ranking”, welches die katalogisierten Künstler in Beziehung zueinander setzt sowie das sogenannte “Artfacts Ranking”, das die Ausstellungstätigkeit eines Künstlers in eine Trendlinie übersetzt.
2021 startete Artfacts die App “Limna”. Die Kernfunktionalität der Applikation ist die Berechnung eines Preises für ein Gemälde aus dem Primärmarkt mit dem Datenbestand von Artfacts und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Die Limna-Technologie ist bereits durch eine Schnittstelle in den Onlineshop “MISA” der König Galerie, Berlin, implementiert. Limna kooperiert zudem mit der Artnet AG, die seit 2020 ein assoziiertes Unternehmen der WFA ist.
Artfacts wurde 2001 vom Ehepaar Marek Claaßen und Stine Albertsen in Berlin gegründet. Kurz zuvor hatte die Kunstmarkt.com AG ihr Geschäft aufgenommen, aus der die heutige Weng Fine Art AG hervorgegangen ist. Fast gleichzeitig ging die Artnet AG an die Börse. Die Weng Fine Art AG hat sich nun an der Artfacts beteiligt.
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„Immobilienbesitzern droht Steuerschock nach der Wahl“
Von Dr. Oliver Everling | 23.September 2021
In vielen Gemeinden steht Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern nicht nur die Erhöhung von Grundsteuern bevor, sondern auch die zusätzliche Einführung weiterer Belastungen in Form von Wiederkehrenden Straßenbeiträgen. Damit ist jedoch nicht genugt. SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke planen die Besteuerung von Immobilienverkäufen nach der Wahl. Die Pläne von drei Parteien, die allen Prognosen zufolge an der neuen Bundesregierung beteiligt sein könnten, verheißen für Immobilienbesitzer eine drastische Steuererhöhung: So möchten die SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gemäß ihren jeweiligen Wahlprogrammen unter anderem die Zehnjahresfrist für steuerfreie Grundstücksverkäufe abschaffen.
Das bedeutet: Wer nach zehn Jahren seine vermietete Immobilie verkauft, zahlt heute auf den Erlös keine Steuer. Bei eigengenutzten Immobilien ist der Verkaufserlös bis jetzt sogar grundsätzlich steuerfrei. Fällt diese Spekulationsfrist, sind Immobilienverkäufe auch nach zehnjähriger Haltedauer steuerpflichtig. „Je nach Wahlausgang könnte es zu einer Verkaufswelle auf dem Markt für Wohnimmobilien kommen mit entsprechenden Preisschwankungen“, sagt Immobilienexperte Otto Kiebler, Gründer, Inhaber und Geschäftsführer der giv Gesellschaft für internationale Immobilienvermittlung und Vermögensplanung mbH.
Das Beispiel Österreich zeige, dass eine solche Gesetzesänderung keineswegs unrealistisch ist. Dort wurde im April 2012 für viele überraschend und ohne Übergangsfrist die steuerfreie Spekulationsfrist abgeschafft. Seitdem fordert der österreichische Fiskus – auch bei eigengenutzten Immobilien – 30 Prozent des Veräußerungsgewinns für die Staatskasse. Für eine Eigentumswohnung, die zum Beispiel mit einem Wertgewinn von € 350.000 verkauft wird, sind demnach € 105.000 Steuern fällig. Für Altbestände (Anschaffung vor 2002) ist in Österreich eine pauschale Steuerzahlung von 4,2 % des gesamten Verkaufserlöses fällig.
Geld, um die leeren Kassen nach der Corona-Pandemie wieder zu füllen, soll von den Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümern kommen. „Immobilienbesitzer werden traditionell oft belastet, da das Eigentum gut dokumentiert ist und es sich um einen sehr großen Markt handelt“, sagt Immobilienexperte Kiebler. Binnen eines Jahres wuchsen die Schulden des öffentlichen Gesamthaushalts um 14,4 Prozent oder 273,8 Milliarden Euro an – der höchste in der Statistik jemals erfasste Wert am Ende eines Jahres. Pro Kopf entspricht das einer Verschuldung von 26.141 Euro.
Kiebler rät Immobilienbesitzern, die Entwicklung im Auge zu behalten und alle Optionen in Erwägung zu ziehen. Neben einem Verkauf könnte zum Beispiel eine Immobilienverrentung in Frage kommen. Bei einem Verkauf mit anschließendem Nießbrauch besteht derzeit noch eine steuerfreie Auszahlung des Verkaufserlöses, diese Variante wäre von dem Wegfall der Spekulationsfrist für Immobilienverkäufe nicht betroffen.
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Gründung der Net Zero Financial Services Provider Alliance
Von Dr. Oliver Everling | 22.September 2021
Moody’s Corporation beteiligt sich an der Gründung der Net Zero Financial Services Provider Alliance als Teil der Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ). Als Gründungsmitglied verpflichtet sich Moody’s, alle seine relevanten Produkte und Dienstleistungen darauf auszurichten, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen zu erreichen und zusätzlich seine eigenen betrieblichen Emissionen zu reduzieren.
„Der Klimawandel ist der weltweit größte Risikomultiplikator und eine große Herausforderung für Volkswirtschaften und Gemeinschaften gleichermaßen. Die gesamte Finanzindustrie muss sich der gemeinsamen Herausforderung stellen, einen dringenden Übergang zu einer widerstandsfähigen und nachhaltigen Wirtschaft zu ermöglichen. Die Ausrichtung von Produkten und Dienstleistungen auf Netto-Null bis 2050 wird die Entscheidungsfindung verbessern und den Kapitalfluss beschleunigen, um den Übergang zu unterstützen“, sagte Rob Fauber, President und Chief Executive Officer der Moody’s Corporation.
Moody’s zielt darauf ab, den Kapitalfluss zu beschleunigen, um den Übergang zu Netto-Null zu unterstützen, indem Finanzinstituten und anderen Entscheidungsträgern Netto-Null-orientierte Daten, Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden, um Klimarisiken und Investitionen in neue Chancen zu identifizieren.
Die Produkte des Unternehmens helfen den Marktteilnehmern bei der Bewertung und Integration von Umwelt-, Sozial- und Governance-Risiken (ESG) in die Kapitalallokation und langfristige Planung durch Quantifizierung der Auswirkungen von ESG auf Kreditratings und Integration von ESG-Faktoren in Bonitätsbewertungen; Verständnis und Messung der ESG-Leistung, der Exposition gegenüber Klima- und Umweltrisiken und Stärkung und Finanzierung nachhaltiger Übergangspläne; und Bewertung und Management von ESG-Risiken durch Szenarioanalyse, quantitative Modellierung und Stresstests. Moody’s tritt der Allianz zusammen mit führenden Anlageberatern, Wirtschaftsprüfern, Börsen, Indexanbietern, ESG-Research- und Datenlieferanten sowie Proxy-Researchern bei.
Die Ankündigung erweitert die Bemühungen von Moody’s, Emissionen zu senken und die wachsende Klimakrise zu bekämpfen, und folgt Moody’s Verpflichtung, bis 2040 Netto-Null-Emissionen in seinem gesamten Betrieb und seiner Wertschöpfungskette zu erreichen. Außerdem wurde Moody’s ursprüngliches Ziel um 10 Jahre vorgezogen. Moody’s hat sich außerdem validierte, wissenschaftsbasierte vorläufige Netto-Null-Ziele gesetzt. Die Fortschritte bei diesen Zielen können in Moody’s aktuellem TCFD-Bericht und Stakeholder-Nachhaltigkeitsbericht eingesehen werden.
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Was nach Merkel von Deutschland bleibt
Von Dr. Oliver Everling | 21.September 2021
„Ein Großteil der EU-Partnerländer sehen das Ende der Merkel-Ära gleichzeitig auch als Ende eines goldenen Zeitalters für Deutschland“, so das Fazit aus einer Umfrage des European Council on Foreign Relations in Deutschland und elf weiteren EU-Staaten. „Demnach denkt rund ein Drittel der Befragten, dass Machtposition und Einfluss Deutschlands in Zukunft schwinden werden und die glorreichen Tagen in der Vergangenheit liegen.“
Eine positive Entwicklung in der Zukunft trauen Deutschland nur die wenigsten Befragten zu. Dabei kommt es offenbar auch auf die Persepktive im Vergleich zum eigenen Land an, denn den größten Anteil dahingehend zuversichtlicher Einwohnerinnen und Einwohner weisen Ungarn (19 Prozent) und Bulgarien (18 Prozent) auf, Länder mit unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnissen im europäischen Vergleich.
Mehr Infografiken bei Statista
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Gefälschte Zertifizierung von Corona-Einwegmasken
Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2021
Wer mit ehrlicher Arbeit auf die Corona-Pandemie reagiert und schon 2020 eine Maskenproduktion aufgebaut hat, der hat bis heute das Nachsehen. Zum einen werden die von Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle nicht so gewährt, wie es 2020 zunächst den Anschein hatte. Manche Hersteller gehen daher leer aus, die sich von den Versprechungen der Bundesregierung haben blenden lassen.
Zum anderen stehen seriöse Anbieter im Wettbewerb mit Fälschern, die ihnen das Wirtschaften schwer machen. Dazu gibt es nun ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main: Gefälschte CE-Zertifizierung berechtigt zur Rückabwicklung des Kaufvertrags für Corona-Einwegmasken.
Sichert der Verkäufer von Einwegmasken deren CE-Zertifizierung zu und kann tatsächlich nur ein gefälschtes Zertifikat vorlegen, kann der Käufer den Kaufpreis gegen Rückgabe der Masken zurückverlangen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) wies die Berufung der Verkäuferin mit heute veröffentlichter Entscheidung zurück.
Die Klägerin bestellte bei der Beklagten 80.000 Einwegmasken. Sie trägt vor, die Beklagte habe die CE-Zertifizierung der Masken zugesichert. Die Beklagte hat das erstinstanzlich nicht bestritten. Die Verkäuferin machte die Auslieferung der Masken von der vorherigen Barzahlung des Kaufpreises abhängig. Auf den gelieferten Verpackungen befand sich ein Hinweis auf eine CE-Zertifizierung. Die nach Übergabe der Masken nachträglich übersandte Rechnung enthielt keinen Zertifizierungshinweis. Deshalb bat die Klägerin, ihr einen Nachweis der CE-Zertifizierung zuzusenden. Sie erhielt daraufhin ein gefälschtes Zertifikat eines polnischen Unternehmens. Für die verkauften Masken existiert keine CE-Zertifizierung.
Das Landgericht hatte die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe der Masken verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Die gelieferten Masken seien mangelhaft, da ihnen die zugesicherte Zertifizierung fehle. Die Beklagte habe Masken mit einer Zertifizierung angeboten, ohne dass ihr tatsächlich ein entsprechendes CE-Zertifikat vorgelegen habe.
Die Klägerin habe der Beklagten auch keine Frist zur Nacherfüllung setzen müssen, da dies unzumutbar gewesen wäre. Die Unzumutbarkeit ergebe sich daraus, dass die Beklagte ihr nach Kaufvertragsschluss ein gefälschtes Dokument vorgelegt hatte. Dadurch sei das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Verkäuferin zerstört worden. Dem Vertrauen in die Seriosität des Vertragspartners komme hier besondere Bedeutung zu. Das Vorliegen einer Zertifizierung für ein bestimmtes Produkt könne nicht durch eigene Untersuchung der Ware überprüft werden, insbesondere, wenn diese – wie hier – unberechtigt mit einem CE-Zeichen versehen sei.
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Moody’s setzt sich noch ehrgeizigere Nachhaltigkeitsziele
Von Dr. Oliver Everling | 20.September 2021
Moody’s Corporation will bis 2040 in allen Betrieben des Konzerns und in ihrer Wertschöpfungskette Netto-Null-Emissionen erreichen und das ursprüngliche Ziel um 10 Jahre vorzuziehen. Der neue Verpflichtungstermin steht im Einklang mit Moody’s veröffentlichtem Dekarbonisierungsplan und fällt mit der Anerkennung als Global Compact LEAD-Unternehmen 2021 zusammen. Dieses beruht auf dem kontinuierlichen Engagement der Ratingagentur für den Global Compact der Vereinten Nationen und seine zehn Prinzipien für verantwortungsvolles Wirtschaften.
„Die Weltwirtschaft richtet sich aufgrund des Klimarisikos grundlegend neu aus, und die Transformation wird uns alle betreffen“, sagte Rob Fauber, President und Chief Executive Officer der Moody’s Corporation. „Angesichts der Dringlichkeit der Anpassung beschleunigen wir das Netto-Null-Ziel von Moody’s und integrieren weiterhin Klimarisiken und Nachhaltigkeit in alles, was wir tun.“
Durch die Beschleunigung des Netto-Null-Ziels demonstriert das Unternehmen Moody’s sein kontinuierliches Engagement für die Förderung der Nachhaltigkeit. Zusätzlich zu diesem neuen Ziel hat Moody’s validierte, wissenschaftsbasierte Zwischenziele zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen in seinem Betrieb und seiner Wertschöpfungskette festgelegt und Fortschritte erzielt, berichtet Moody’s. Die Fortschritte bei diesen Zielen können in Moody’s aktuellem TCFD-Bericht und Stakeholder-Nachhaltigkeitsbericht eingesehen werden.
Zu diesen Zielen gehören die 50 % Reduzierung der Scope-1- und Scope-2-Emissionen aus dem Betrieb bis 2030; 15 % Reduzierung der Scope-3-Emissionen aus kraftstoff- und energiebezogenen Aktivitäten, Geschäftsreisen und Pendlerverkehr bis 2025; und 60 % der Moody’s-Lieferanten sollen bis 2025 wissenschaftlich fundierte Ziele haben.
Moody’s Klima- und andere Nachhaltigkeitsverpflichtungen haben zu seiner Anerkennung als LEAD-Unternehmen durch den UN Global Compact beigetragen. Als LEAD-Unternehmen wurde Moody’s als einer der engagiertesten Teilnehmer der weltweit größten Initiative für unternehmerische Nachhaltigkeit identifiziert. Zusätzlich zu den unternehmerischen Verpflichtungen helfen die Dienste von Moody’s den Marktteilnehmern, Umwelt-, Sozial- und Governance-Risikoüberlegungen zu bewerten und in ihre Kapitalallokation und langfristige Planung der Widerstandsfähigkeit zu integrieren.
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Herfindahl-Hirschman-Index der EU-Ratingbranche
Von Dr. Oliver Everling | 17.September 2021
In Europa haben die drei größten Ratingagenturen seit Jahren einen Gesamtmarktanteil von über 90 %. Der EU-Gesetzgeber versuchte vor 10 Jahren, dieses Ungleichgewicht zu verringern, indem er den Einsatz kleiner Ratingagenturen in Europa unterstützte.
In einem Artikel mit dem Titel „The market for small credit rating agencies in the EU“ im „ESMA Report on Trends, Risks and Vulnerabilities“, No. 2, 2021, Seiten 82 ff., werden SupTech-bezogene Techniken angewendet, um eine Bestandsaufnahme der Marktbedingungen seither zu machen. Es wird ein einzigartiger Datensatz verwendet, der alle seit 2015 ausgegebenen und ausstehenden EU-Ratings (als die Meldepflicht der CRA-Verordnung in Kraft trat) enthält und EU-Finanzprodukte im Wert von 20 Billionen EUR abdeckt und fast 6 000 Emittentenratings.
Anhand von Netzwerkanalysetechniken wird deutlich, dass die Landschaft für kleine Ratingagenturen auf EU-Ebene eine Herausforderung darstellt: Kleine Ratingagenturen werden fast ausschließlich in lokalen Märkten mit einheitlicher Ratingeinstufung (der „Peripherie“) eingesetzt und sind von dem größeren Kernmarkt weiterhin ausgeschlossen. Der Kernmarkt umfasst Emittenten, die mehr als ein Rating für ihre Produkte oder sich selbst anstreben. Dieser größere Markt wird fast ausschließlich von den drei größten Ratingagenturen geteilt.
Die zugehörigen branchenweiten Herfindahl-Hirschman-Index (HHI)-Werte liegen durchweg auf einem Niveau, das normalerweise als „hochkonzentriert“ gelten. Der ESMA-Artikel stellt eine Simulationsübung für alternative Rechtsvorschriften vor, die den Wettbewerb auf den EU-Märkten um Ratings fördern sollen. Die Verschärfung der gesetzlichen Anforderungen zur Nutzung kleiner Ratingagenturen bei der Suche nach einem zusätzlichen Rating für ein Produkt oder einen Emittenten ist mit einer durchschnittlichen Verringerung der Gesamtkonzentration der EU-CRA-Branche um etwa 40 bis 55 % verbunden, was zu nicht mehr „hochkonzentrierten“ HHI-Werten führt – so die Wettbewerbssicht.
Ob mit einer geringeren Konzentration des Ratingmarktes auch eine Verbesserung der analytischen Qualität der Ratings, ihrer Evidenz und Treffgenauigkeit verbunden ist, wurde im Rahmen der vorgelegten Studie nicht untersucht.
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