Bau der digitalen Welt: Deutsche Bank, aber Postbank mit „digitaler Minute“

Von Dr. Oliver Everling | 3.Juli 2024

Elisabeth Atzler, Bankenkorrespondentin des Handelsblattes, stellte auf der Handelsblatt Tagung „Zukunft Retail Banking“ Dr. Dominik Hennen vor, den Head of Personal Banking bei der Deutschen Bank. Hennen erklärte eingangs, dass „Kunden Digitalisierung und Convenience in allen Kanälen verlangen“, und hob die Notwendigkeit hervor, die aktuelle Strategie an neue Herausforderungen anzupassen. Er betonte, dass „geopolitische Unsicherheit bleibt präsent und Klimawandel wird zunehmend spürbar“. Dies seien neue Faktoren, die die strategische Ausrichtung beeinflussen.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist der demografische Wandel. Hennen führte aus, dass „die Demografie sich wandelt, die Gesellschaft altert“ und dies Auswirkungen auf die Finanzplanung vieler Menschen hat. In diesem Zusammenhang wurde auch die Problematik der Altersvorsorge angesprochen: „Die Lücke in der Rentenvorsorge öffnet sich weiter“. Diese Entwicklungen erfordern innovative Lösungen und Anpassungen im Banking-Sektor.

Hennen beschrieb die Vision einer „digitalen Bank mit persönlichem Touch: Postbank mobile-first und DB digital und physisch“. Diese duale Ausrichtung soll sicherstellen, dass sowohl digitale als auch physische Kanäle optimal genutzt werden. Die Positionierung der Postbank im sogenannten Sweet Spot ist dabei ein zentrales Ziel. Er erläuterte, dass die Postbank zu einer „mobile-first Community-Bank, einfach und bequem“ entwickelt werde. Trotz des Trends zur Digitalisierung besucht immer noch ein Viertel der Menschen die Filiale, während der Rest bereits auf andere Kommunikationswege umgestiegen ist.

Die Deutsche Bank wird als führende Bank für anspruchsvolle Privatkunden positioniert. Hennen legte auf der Tagung einen besonderen Fokus auf die Postbank. Er erklärte, dass in 320 Filialen der Postbank massiv investiert werde, wobei der Schlüssel in einer hervorragenden mobilen App mit digitalen Prozessen, Services und Produkten liege. Die Einführung der Videoberatung sei ein bedeutender Schritt, um eine flexible, digitale Anlaufstelle für den Beratungsbedarf entlang der gesamten Produktpalette zu bieten. Das bedeutet, dass physische und digitale Kanäle in der App zusammenlaufen und der Kunde entscheidet über seinen Bedarf.

Im Zentrum des Angebots steht die Postbank mobile App. Diese bietet Transparenz über die finanzielle Situation der Kunden, einen einfachen Zugang zu Services und Produkten sowie breite Funktionalitäten entlang des gesamten Angebots. Zudem wird Gamification genutzt, um die Kunden-Journey zu engagieren und eine Verbindung zwischen Online- und Offline-Welten herzustellen.

Hennen skizzierte auch die Herausforderungen in zwei wesentlichen Aufgabenbereichen: „Begleitung von Kunden auf ihrem Weg hin zur Mobile-First Bank“ und „Qualifizierung von Mitarbeitern bei der digitalen Transformation“. Als „digitale Minute“ bezeichnete Hennen das Gespräch des Beraters mit dem Kunden, in dem der Kunde die wesentlichen digitalen Möglichkeiten persönlich erklärt bekommt. Dies unterstreicht die Bedeutung einer individuellen und gleichzeitig digitalen Kundenbetreuung.

Insgesamt verdeutlichte Dr. Dominik Hennen auf der Handelsblatt Tagung, wie die Deutsche Bank und die Postbank sich strategisch aufstellen, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden und dabei sowohl digitale als auch persönliche Kundenbedürfnisse zu erfüllen.

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Zinsausblick: Geldpolitik verliert die Dominanz

Von Dr. Oliver Everling | 25.Juni 2024

Die US-Präsidentschaftswahl und die Zinsentscheidungen der Notenbanken dürften das Marktsentiment im zweiten Halbjahr beeinflussen, schreiben die Kapitalmarktexperten in ihrem Halbjahresausblick. Allerdings seien beide hinsichtlich des Ausgangs aber kaum zu prognostizieren. Zudem sei vor allem die kurzfristige Marktreaktion auf ein bestimmtes Ergebnis weit weniger klar als häufig unterstellt. „So reizvoll politische oder monetäre Wetten auch scheinen mögen, die makroökonomischen Entwicklungen sind auch in der zweiten Jahreshälfte einmal mehr verlässlichere Ratgeber für Investoren“, hält Dr. Johannes Mayr, Chefvolkswirt des unabhängigen Vermögensverwalters Eyb & Wallwitz, im Ausblick für das zweite Halbjahr fest.

An den internationalen Finanzmärkten werden die Wahlszenarien und Folgen intensiv diskutiert. In den Kursen sind bisher aber kaum Sorgen vor einem Trump-Sieg abzulesen. „Das hat gute Gründe. Zum einen ist ein Wahlsieg alles andere als sicher. Alles deutet auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hin, Ausgang völlig ungewiss. Zum anderen halten die wirtschaftspolitischen Pläne einer möglichen neuen Trump-Administration nicht nur negative Impulse für die Finanzmärkte bereit. Dabei könnte sich die Wirkung nach Regionen und Assetklassen deutlich unterscheiden“, schreibt Mayr. Auf der Gewinnerseite könnten kurzfristig vor allem US-Aktien stehen. Denn US-Unternehmen dürften von der Aussicht auf niedrigere Steuersätze, einen erneuten Abbau von Regulierung und einer Senkung der Energiekosten profitieren. Auf der Verliererseite könnten neben US-Staatsanleihen vor allem europäische Assets stehen. Für beide dominieren die Risiken durch die geplanten restriktiven Maßnahmen im Bereich Handels- und Migrationspolitik sowie durch einen Druck in Richtung noch expansiverer Geld- und Fiskalpolitik. „Wenn Trump in seiner ersten Amtszeit eines gezeigt hat, dann, dass er durchaus für Überraschungen sorgen kann, im Negativen wie im Positiven“, fasst Mayr zusammen. „Ein Anstieg der wirtschaftspolitischen Unsicherheit scheint deshalb die einzige Gewissheit für einen möglichen Wahlsieg Trumps.“

Die Dominanz der Geldpolitik für die Finanzmärkte hat seit dem Erreichen der Zinsplateaus bereits deutlich abgenommen. Und das dürfte Johannes Mayr zufolge auch im zweiten Halbjahr so bleiben, solange sich das zyklische Bild von Wirtschaft und Inflation nicht grundsätzlich verändert. Ein Soft-Landing in den USA und eine einsetzende Erholung in Europa bleiben für Eyb & Wallwitz das Basisszenario. Global dürften die Notenbanken zwar schrittweise die monetären Konditionen etwas lockern. Aktuell rechnet Eyb & Wallwitz mit nicht mehr als 1-2 Zinsschritten der Fed bis Jahresende. Das neue Normal dürfte bei etwa 3,5-4% in den USA liegen, im Euro-Raum wird die Landezone für den Leitzins nach 3-4 Zinsschritte bis Jahresende bei etwa 2,5-3% erwartet. Dabei sollten sich mittelfristig orientierte Investoren nicht zu sehr auf ein genaues Timing der Zinspfade fokussieren, dies gelinge äußerst selten. „Außerdem ist die Überraschung ein zentrales Element der Wirkweise von Geldpolitik“, führt Mayr aus.

Der Münchener Vermögensverwalter rät Anlegern im zweiten Halbjahr ihren Blick auf die Verschiebungen im Konsum- und Investitionsverhalten zu lenken. Im Konsumbereich zeichne sich eine Verschiebung von Marktmacht entlang der Wertschöpfungskette weg vom Hersteller der Produkte, hin zum Einzelhändler mit direktem Zugang zu den Kundendaten, ab. „Dabei spielen neben der Substitution von teureren Markenprodukten auch der geringere Anstieg der Lohnkosten im Einzelhandel und die Rolle als Gatekeeper zum Kunden eine Rolle. Davon profitieren gerade auch die Online- und Offline-Monopolisten in den USA, von Amazon bis Walmart. Diese Entwicklung dürfte mit dem verstärkten Einsatz von KI noch zunehmen“, prognostiziert Dr. Ernst Konrad, Geschäftsführender Gesellschafter und Lead Portfoliomanager von Eyb & Wallwitz.

Der Investitionszyklus befindet sich in den USA und Europa derzeit am Tiefpunkt, gebremst durch den Straffungskurs der Notenbanken. Mit Blick auf das zweite Halbjahr ist eine Erholung zu erwarten. Diese könnte in den USA – trotz rascherer Zinssenkungen in Europa – durch die starken Gewinnanstiege und der höheren Finanzierungskraft deutlich stärker ausfallen. „Anders als in Europa dürften die Investitionen in den USA deshalb der Treiber der konjunkturellen Erholung im zweiten Halbjahr werden. Dabei könnte der Technologiesektor in die Rolle des „Cycle-Makers“ für die US-Wirtschaft schlüpfen“, so Chefvolkswirt Mayr. Denn Investitionen und Innovationen, gerade im Bereich KI, dürften entlang der Wertschöpfungskette vielen Wirtschaftsbereichen zugutekommen.

„Insgesamt dürfte das makroökonomische Bild im zweiten Halbjahr positiv auf die Finanzmärkte wirken. In diesem Umfeld bleiben die Prinzipien von Joseph Schumpeter, die uns bei der Aktienanlage leiten, ein verlässlicher Ratgeber für die Auswahl von Wirtschaftsbereichen und Geschäftsmodellen“, fasst Konrad zusammen. Sein Augenmerk gilt vermehrt dem bislang weniger beachteten Zweig der Industrie- und Infrastrukturwerte. Diese hätten sich von einem mehr oder weniger zyklischen Sektor zu einem mittelbaren Profiteur der „KI-Revolution“ emanzipiert. Im Gegensatz zu den „Pure Plays“ aus der Technologie ist die Kursentwicklung des Industriesektors hinter der Gewinnentwicklung zurückgeblieben und auch die Gewinnmarge bewegt sich „nur“ auf durchschnittlichem Niveau. „Gerade vor dem Hintergrund von möglicherweise zu euphorischen Erwartungen an das Potential von KI halten wir dieses Segment für attraktiv und haben dessen Anteil in unseren Produkten entsprechend aufgestockt“, führt Konrad aus.

Er weist darauf hin, dass die Korrelation zwischen Aktien- und Anleihekursen aktuell so hoch wie seit 30 Jahren nicht mehr ist. Das mache die Suche nach alternativen Diversifikationsmöglichkeiten umso wichtiger. Traditionell böten sich Rohstoffe, u.a. in Form von Gold, aber auch Aktien aus dem Energiesektor, an. Eyb & Wallwitz hat in den vergangenen Monaten ihre Portfolios entsprechend ergänzt. Konrad hält das Potenzial für Multi-Asset-Fonds für weitaus attraktiver, als es in der aktuellen Diskussion erscheint: „Die hohen Festgeldsätze in Europa sind bereits rückläufig, und der „Sockelertrag“ aus Anleihen ist deutlich höher als noch vor einigen Jahren.“ An den Aktienmärkten werde es auch in Zukunft immer wieder zu Rücksetzern kommen, bei anhaltender Dynamik bei den Unternehmensgewinnen seien aber weiterhin auch Kursgewinne zu erzielen. Im Anleihensegment bevorzugt Eyb & Wallwitz eine mittlere Duration im Euro-Raum gegenüber den USA, sieht aber auch die Notwendigkeit, sich wegen der aktuellen politischen Turbulenzen in Frankreich für höhere Schwankungen zu wappnen.

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Wirtschaftliche Herausforderungen in der Eurozone: Implikationen für Ratings in einem unsicheren Umfeld

Von Dr. Oliver Everling | 25.Juni 2024

In der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Eurozone und Deutschlands, die von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL, analysiert wird, manifestieren sich erhebliche Herausforderungen und Potenziale, die weitreichende Implikationen für Ratings unterschiedlichster Art haben könnten. Mumm beschreibt die wirtschaftliche Entwicklung als schleppend: „Die Wirtschaft in der Eurozone und in Deutschland kommt nur sehr langsam voran.“ Besonders die Industrie zeigt Schwächen, wie die jüngsten Schnellschätzungen der HCOB-Einkaufsmanagerindizes und der ifo-Geschäftsklimaindex belegen, die beide Rückschläge verzeichneten.

Eine der schwerwiegendsten wirtschaftlichen Folgen dieser Entwicklung ist der Stellenabbau und der Anstieg der Insolvenzen, der laut Mumm „auf ein Zehnjahreshoch“ gestiegen ist. Dies unterstreicht die zunehmende wirtschaftliche Unsicherheit und könnte zu einer Herabstufung der Kreditratings von Unternehmen führen, die in diesen schwierigen Zeiten weniger robust sind.

Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch positive Signale, wie die sinkenden Einkaufs- und Verkaufspreise, die „den Inflationsdruck in der Eurozone weiter nachlassen“ lassen sollten. Dies könnte die Europäische Zentralbank zu weiteren Leitzinssenkungen veranlassen, die die Finanzierungsbedingungen verbessern und somit die Ratings von Schuldnern positiv beeinflussen könnten.

Der Dienstleistungssektor zeigt ein differenzierteres Bild. Obwohl auch hier die Stimmung auf niedrigen Niveaus ist, wird zumindest eine Produktionsausweitung erwartet. Dies deutet darauf hin, dass bestimmte Sektoren der Wirtschaft möglicherweise resilienter sind und sich schneller erholen könnten, was wiederum deren Ratings stärken könnte.

Die Hoffnungen richten sich laut Mumm auch auf den privaten Konsum, der durch steigende Realeinkommen und eine verbesserte Stimmung infolge der Fußball-Europameisterschaft angekurbelt werden könnte. Ein solcher Aufschwung im Konsumverhalten könnte sich positiv auf die Ratings von Unternehmen im Einzelhandel und verwandten Sektoren auswirken.

In diesem komplexen Umfeld sind die bevorstehenden wirtschaftlichen Daten aus den USA, insbesondere die PCE-Preisdaten für Mai, von besonderem Interesse. Sie „könnten die Zinssenkungserwartungen an die US-Notenbank Fed neu befeuern“ und damit potenziell den Aktienmärkten Anschub geben. Solche globalen Wechselwirkungen sind entscheidend, um die vollen Implikationen für Ratings zu verstehen und prognostizieren, da sie direkt die Marktstimmung und die Investitionsdynamik beeinflussen können.

Zusammenfassend zeigt sich, dass die wirtschaftliche Lage in der Eurozone und Deutschland zahlreiche Herausforderungen, aber auch Chancen bietet, die eine sorgfältige Analyse und Bewertung erfordern, um die Auswirkungen auf die Ratings von Unternehmen, Branchen und sogar Ländern vollständig zu erfassen.

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Die Rolle der Ratingagenturen in Frankreichs Wirtschaftskrise

Von Dr. Oliver Everling | 24.Juni 2024

In seinem jüngsten CIO View hat Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, die aktuelle wirtschaftliche Situation Frankreichs vor den überraschend angesetzten Parlamentswahlen analysiert. Viebigs Einschätzungen werfen ein Licht auf die vielfältigen Herausforderungen, mit denen das Land konfrontiert ist, und betonen insbesondere die Rolle der Ratingagenturen in diesem Kontext.

Viebig beschreibt, wie die unerwartet angesetzten Parlamentswahlen die Kapitalmärkte stark beeinflussen. Er weist darauf hin, dass Umfragen ein mögliches Erstarken des rechten Wahlbündnisses Rassemblement National (RN) unter Marine Le Pen prognostizieren, was die Unsicherheit an den Märkten erhöht und zu deutlichen Kursverlusten und einem Anstieg der Renditeunterschiede zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen geführt hat.

Trotz dieser politischen Turbulenzen hebt Viebig hervor, dass sich die französische Wirtschaft in den letzten Jahren relativ gut entwickelt hat. Während andere europäische Länder ebenfalls mit den Nachwirkungen der Finanzkrise von 2008 und der Corona-Pandemie zu kämpfen hatten, habe sich Frankreich besser erholt als Deutschland. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert für 2024 ein Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent für Frankreich, im Vergleich zu nur 0,2 Prozent für Deutschland.

Ein Hauptproblem bleibt jedoch die hohe Staatsverschuldung. Seit der Corona-Pandemie ist das Budgetdefizit auf 5,5 Prozent gestiegen und die Schuldenquote erreichte 2023 110,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Diese Zahlen liegen deutlich über den im Maastricht-Vertrag festgelegten Grenzen, was den Handlungsspielraum der Regierung einschränkt. Gleichzeitig fordert die Bevölkerung angesichts finanzieller Nöte ein stärkeres staatliches Engagement, was politische Parteien wie das Rassemblement National ausnutzen, indem sie großzügige Sozialversprechen machen.

In diesem Kontext gewinnt die Rolle der Ratingagenturen an Bedeutung. Viebig stellt fest, dass Frankreich seit längerem unter deren Beobachtung steht. Die Ansetzung von Neuwahlen hat die Aufmerksamkeit der Kreditanalysten weiter auf die Staatsfinanzen gelenkt. Moody’s bewertete die Situation am 10. Juni 2024 mit der Warnung, dass die Neuwahlen die Risiken für die Haushaltskonsolidierung erhöhen. Derzeit wird Frankreich von Moody’s mit der Note Aa2 bewertet, während Fitch und Standard & Poor’s ein etwas schwächeres Rating von AA- vergeben. Standard & Poor’s hat Frankreichs Bonitätsnote erst im vergangenen Monat gesenkt.

Die Einschätzungen der Ratingagenturen beeinflussen maßgeblich die Finanzmärkte und die Kreditkosten eines Landes. In Zeiten politischer Unsicherheit neigen sie dazu, die Risiken stärker zu betonen, was die Situation für die betroffenen Länder weiter verschärfen kann. Dies zeigt sich in der deutlichen Zunahme der Rendite französischer Staatsanleihen und der Ausweitung der Zinsdifferenz zu deutschen Bundesanleihen.

Ratingagenturen werden oft dafür kritisiert, dass ihre Bewertungen prozyklisch wirken und wirtschaftliche Probleme verstärken können, anstatt zur Stabilisierung beizutragen. Ihre Entscheidungen basieren auf komplexen Modellen und zahlreichen Variablen, aber die genaue Methodik bleibt oft intransparent, was zu Misstrauen und Kritik führt. In Frankreichs aktuellem Fall könnte die strenge Bewertung durch die Ratingagenturen dazu beitragen, die wirtschaftlichen Herausforderungen weiter zu verschärfen, indem sie die Finanzierungskosten erhöhen und das Vertrauen der Investoren beeinträchtigen.

Die wirtschaftliche Situation Frankreichs ist komplex und von zahlreichen internen und externen Faktoren beeinflusst. Die anstehenden Parlamentswahlen und die hohe Staatsverschuldung stellen erhebliche Herausforderungen dar. Die Rolle der Ratingagenturen in diesem Kontext ist besonders kritisch zu betrachten, da ihre Bewertungen die finanziellen Bedingungen eines Landes erheblich beeinflussen können. Es bleibt abzuwarten, wie Frankreich mit diesen Herausforderungen umgehen wird und welche Maßnahmen ergriffen werden, um das Vertrauen der Investoren zu sichern und die Staatsfinanzen zu stabilisieren. Prof. Viebigs Analyse unterstreicht die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanzpolitik, um die wirtschaftliche Stabilität in turbulenten Zeiten zu gewährleisten.

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Die Zukunft der EU in einer geopolitischen Neuordnung: Herausforderungen und Chancen

Von Dr. Oliver Everling | 11.Juni 2024

Die Welt erlebt eine geopolitische Neuordnung, ausgelöst durch die Rivalität zwischen den USA und China. Die Rolle der Europäischen Union (EU) in der Weltwirtschaft und -politik des 21. Jahrhunderts steht auf dem Spiel. Die EU muss entweder als bedeutender globaler Akteur auftreten oder riskiert, eine Nebenrolle zu spielen.

Axel D. Angermann, Chef-Volkswirt der FERI Gruppe, analysiert die wirtschaftlichen Entwicklungen und beeinflusst die Multi-Asset-Strategie der FERI. Er hat langjährige Erfahrung in der Makroanalyse und begann seine Karriere beim Max-Planck-Institut für Ökonomie und beim Verband der chemischen Industrie. Angermann studierte Volkswirtschaftslehre in Berlin und Bayreuth.

Europa steht vor drei zentralen Herausforderungen, schreibt Angermann: Es muss seine Verteidigungsfähigkeit sicherstellen, im globalen Kontext einheitlich auftreten und wirtschaftliche Dynamik zurückgewinnen. Die EU-Wirtschaft wächst seit der Finanzkrise 2008 langsamer als die der USA.

Hier seine Analyse im Einzelnen: Die Welt befindet sich in einem Prozess der geopolitischen Neuordnung, angetrieben durch die strategische Großmachtrivalität zwischen den USA und China. Das Ergebnis dieses Prozesses ist noch ungewiss. Die Europäische Union steht jedoch vor der konkreten Frage, welche Rolle der „alte“ Kontinent in der Weltwirtschaft und -politik des 21. Jahrhunderts einnehmen will und kann. Dabei gilt: Entweder tritt die EU einheitlich als bedeutender globaler Akteur auf, oder sie und ihre Mitgliedsstaaten spielen künftig bestenfalls eine Nebenrolle.

„Drei zentrale Themen werden in den kommenden Jahren darüber entscheiden,“ so Angermann, „ob die EU ihrem Anspruch, die globale Ordnung mitzugestalten, gerecht werden kann. Erstens muss Europa seine eigenen Angelegenheiten selbständig regeln können und insbesondere seine Verteidigungsfähigkeit sicherstellen, was derzeit nicht der Fall ist. Zweitens muss die EU im globalen Kontext als einheitlicher Akteur auftreten, ihre Interessen definieren und mit einer Stimme vertreten. Dies erfordert einen weiteren Souveränitätsverzicht der Nationalstaaten in außenpolitischen Fragen und eine Änderung der Entscheidungsmechanismen innerhalb der EU, weg vom Einstimmigkeitsprinzip. Drittens muss Europa wieder zu wirtschaftlicher Dynamik finden, da dies die Voraussetzung für globalen Einfluss ist. Seit der Finanzkrise 2008 ist die Wirtschaft in der EU nur halb so stark gewachsen wie die der USA, was den Handlungsbedarf deutlich macht.“

Auf die neue Kommission und ihre Präsidentin (oder ihren Präsidenten) warten deshalb nach der Europawahl wirtschaftspolitisch große Herausforderungen. „Das fängt mit einer ehrlichen Bestandsaufnahme an. Das suggestive Beschwören eigener Größe und Stärke, ohne dass substanzielle Verbesserungen geschehen, wird die anderen globalen Akteure immer weniger beeindrucken. Prioritäten sollten eine stärkere Wachstumsdynamik sowie eine höhere Innovationsfähigkeit haben. Vor allem müssen Wege gefunden werden, wie gesellschaftlich notwendige Ziele erreicht werden können, ohne die wirtschaftliche Substanz zu gefährden. Das betrifft vor allem die Klimaschutzziele: Im globalen Kontext ist eine wirksame Begrenzung der CO2-Emissionen nur realistisch, wenn Europa hierfür Lösungen entwickelt, die für andere globale Akteure attraktiv und nachahmenswert sind.“

Für die EU-Kommission bedeutet dies, folgert Angermann, das Verhältnis zwischen europäischer Koordination und nationalen Lösungsansätzen neu zu bestimmen. Einige Themen sollten auf europäischer Ebene geregelt, andere besser dem Wettbewerb der europäischen Unternehmen oder nationalstaatlichen Strategien überlassen werden. In diesem Zusammenhang werden auch eigene Finanzierungsquellen und gemeinschaftliche Schulden der EU diskutiert. Letzteres kann in bestimmten Bereichen sinnvoll oder notwendig sein, steht aber im Spannungsverhältnis zu hohen nationalen Schulden und der daraus resultierenden Gefahr neuer Finanzkrisen im Euroraum. Insgesamt sollte die EU-Kommission stärker auf marktwirtschaftliche Anreize und ein innovationsfreundliches Klima setzen, da sich die gerade zuletzt anschwellende Flut kleinteiliger Verordnungen und Richtlinien als Irrweg erwiesen hat.

„Bedauerlicherweise spielten all diese Fragen im Wahlkampf für das Europäische Parlament so gut wie keine Rolle“, bedauert Angermann. „Es bleibt zu hoffen, dass die notwendigen Diskussionen nach der Wahl geführt und geeignete Lösungen gefunden werden.“

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Insolvenz! Wie geht es für Immobilieneigentümer, Pflegende und Bewohner weiter?

Von Dr. Oliver Everling | 10.Juni 2024

Ines Löwentraut und ihr Team sind seit fast 20 Jahren darauf spezialisiert, Einrichtungen durch die schwierige Phase der Insolvenz zu begleiten und ihnen eine Perspektive für die Zukunft zu bieten. Avivre Consult, das Beratungsunternehmen unter ihrer Leitung, bietet einen umfassenden Service, der von der Analyse der aktuellen Situation über die Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs bis hin zur Suche nach neuen Betreibern reicht. In Zusammenarbeit mit renommierten Fachkanzleien und durch den Einsatz erfahrener Interim Manager sorgt Avivre Consult dafür, dass betroffene Einrichtungen nicht nur ihre Krise meistern, sondern auch langfristig erfolgreich restrukturiert werden.

Avivre Consult erstellt zunächst eine Bestands- und Potentialanalyse, im Anschluss wird ein priorisierter Maßnahmenkatalogs erstellt und umgesetzt. Ebenso zur Insolvenzberatung wird die Koordination von Mitarbeitenden, Bewohnern, Angehörigen, Heimaufsicht, Banken, Kostenträgern und Presse übernommen.

Parallel erfolgt die Suche nach einem neuen bonitätsstarken Betreiber. Je nach Sachlage wird versucht, den Betrieb aufrecht zu erhalten, um eine Restrukturierung folgen zu lassen. Avivre Consult arbeitet in der Insolvenzbegleitung mit renommierten Fachkanzleien zusammen und kann so die Themen wie Miet- und Pachtvertrag, Pflegesatzverhandlungen und beispielsweise Übernahme von Leasingverträgen abdecken.

Bezüglich des Qualitätsmanagement wird eine IST-Analyse von Strukturen und Ressourcen sowie eine SOLL-Analyse erstellt. Es folgt ein Quick Check der Pflegeorganisation mit den Schwerpunkten Prozessoptimierung, Bewertung des aktuellen QM-Systems (System Audit) mit Analyse und Empfehlungen, eine simulierte Qualitätsprüfung/Auditierung sowie die Erstellung von Maßnahmepaketen mit Priorisierung.

Nachfolgend wird eine SWOT-Analyse erstellt, die Belegungsentwicklung, Umsatzentwicklung, Personalkosten-Entwicklung, Entwicklung der operativen Kosten, Anteile der Kostenarten an den Gesamtkosten und EBITDAR Entwicklung aufzeigt. Ebenfalls wird das Krisen-/Risikomanagement des Bestands mit Fokus auf den Pflegekräften bewertet und ggf. Interviews mit dem Pflegepersonal geführt.

Der Betrieb kann währenddessen interimistisch durch Einsatz eines Interim Manager von Avivre Consult weiterlaufen. Hier werden die Themen wie Stellung der Geschäftsführung, Übernahme von Finanzleitung und Einführung von digitalisierungs- und zukunftsorientierten Maßnahmen im Betrieb abgedeckt. Der Abschluss des Prozesses beinhaltet die Implementierung neuer Pflege- und Betreuungskonzepte sowie die Begleitung bei Verhandlungen von ggf. Investoren, Käufern oder Betreibern.

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Forderungen im Zukunftsbild eines nachhaltigen Finanzsystems

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juni 2024

Das „Zukunftsbild eines nachhaltigen Finanzsystems 2034″ des Sustainable Finance-Beirats der Bundesregierung skizziert eine ehrgeizige Vision für die Transformation des deutschen Finanzsektors. Viele der darin beschriebenen Ziele und Maßnahmen sind ambitioniert und könnten einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten. Dennoch gibt es einige Forderungen, die aufgrund von gegenwärtigen Realitäten und Herausforderungen als unrealistisch eingestuft werden können:

Vollständige Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in alle Finanz- und Unternehmensentscheidungen: Die Forderung, dass alle Finanzdienstleistungen und -produkte transparente, nachvollziehbare und verantwortungsvolle Nachhaltigkeitsmerkmale aufweisen sollen, ist sehr ambitioniert. Angesichts der Komplexität und Vielfalt der Finanzprodukte sowie der unterschiedlichen Prioritäten und Kapazitäten der Finanzinstitute könnte die vollständige Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in jede Entscheidung bis 2034 schwer zu erreichen sein. Besonders kleinere und mittelständische Unternehmen könnten Schwierigkeiten haben, die notwendigen Ressourcen und das Know-how aufzubringen, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Internationale Harmonisierung und standardisierte Berichterstattung: Der Bericht postuliert eine umfassende Harmonisierung und Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung auf internationaler Ebene. Obwohl dies wünschenswert wäre, stellt es eine erhebliche Herausforderung dar, da unterschiedliche Länder und Regionen unterschiedliche regulatorische Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Interessen haben. Eine einheitliche globale Norm dürfte bis 2034 unrealistisch sein, insbesondere wenn politische und wirtschaftliche Spannungen weiter zunehmen.

Volle Transparenz und Vergleichbarkeit aller Nachhaltigkeitsdaten: Die Vision, dass Nachhaltigkeitsdaten in der gleichen Qualität, Aktualität und Breite wie Finanzkennzahlen verfügbar sind, ist sehr anspruchsvoll. Die Erhebung und Validierung umfassender, zuverlässiger und vergleichbarer Nachhaltigkeitsdaten stellt eine erhebliche technische und logistische Herausforderung dar. Zudem fehlt es derzeit an einheitlichen Standards und zuverlässigen Datenquellen, was die Umsetzung dieser Forderung bis 2034 erschwert.

Global wettbewerbsfähiger, digitaler und moderner Finanzsektor: Die Forderung, dass Deutschland bis 2034 einen global wettbewerbsfähigen, digitalen und modernen Finanzsektor entwickelt, der internationale Kapital- und Arbeitsplätze anzieht, mangelt an Evidenz. Angesichts der schnellen technologischen Entwicklungen und der starken Konkurrenz anderer Finanzzentren weltweit könnte es schwierig sein, diesen Anspruch vollständig zu erfüllen. Zudem könnten regulatorische Hürden und der Mangel an qualifiziertem Personal die Umsetzung behindern.

Signifikante Investitionsanreize für soziale Bereiche durch Steuerpolitik: Die Forderung, dass speziell für Investitionen in soziale Bereiche wie bezahlbares Wohnen, Bildung, Pflege und Medizin signifikante Investitionsanreize geschaffen werden, ist politisch und finanziell herausfordernd. Solche Maßnahmen erfordern umfangreiche staatliche Ressourcen und könnten auf erheblichen Widerstand stoßen, insbesondere in Zeiten knapper öffentlicher Mittel und wirtschaftlicher Unsicherheiten.

Insgesamt zeigt das Zukunftsbild einen optimistischen und inspirierenden Weg für ein nachhaltiges Finanzsystem, jedoch müssen einige der Forderungen realistisch angepasst werden, um den bestehenden und zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden.

Darüber hinaus könnte das „Zukunftsbild eines nachhaltigen Finanzsystems 2034″ als übermäßig regulierungsintensiv und staatlich gelenkt kritisiert werden. Mit Blick auf die Bedeutung individueller Freiheit und Marktmechanismen ist zu argumentieren, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen zu einer übermäßigen Einmischung des Staates in private Wirtschaftstätigkeiten führen.

Die umfassende Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in alle Finanz- und Unternehmensentscheidungen, die Forderung nach globaler Harmonisierung und standardisierter Berichterstattung sowie signifikante staatliche Investitionsanreize müssen als Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit und Marktflexibilität gesehen werden.

Mehr Mut bedarf es, stattdessen auf die Fähigkeit freier Märkte vertrauen, Innovationen und nachhaltige Lösungen auf natürliche Weise hervorzubringen, ohne die Notwendigkeit umfassender staatlicher Eingriffe. Ein freier Markt, angetrieben durch freiwillige Entscheidungen und Wettbewerb, wird effizienter und dynamischer auf die Herausforderungen der Nachhaltigkeit reagieren, als ein stark reguliertes und zentral gesteuertes System.

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Erneut Unruhe bei Grenke AG

Von Dr. Oliver Everling | 7.Juni 2024

Die Grenke AG steht erneut im Fokus der Finanzaufsicht BaFin. Am 20. Februar 2024 erging ein Bescheid der BaFin, der die Grenke AG verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Geschäftsorganisation den Anforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) entspricht. Diese Entscheidung basiert auf den Ergebnissen einer Sonderprüfung, die im Wesentlichen im dritten Quartal 2023 durchgeführt wurde. Die Prüfung hatte Mängel in mehreren Bereichen der Geschäftsorganisation offenbart, darunter die gruppenweite Geschäfts- und Risikostrategie, das Risikoklassifizierungsverfahren, die Messung der Adressenausfallrisiken sowie Prozesse zur Kreditgewährung und -bearbeitungskontrolle.

Die BaFin hat angeordnet, dass Grenke AG Maßnahmen ergreifen muss, um die festgestellten Mängel zu beheben und kontinuierlich über den Stand der Mängelbereinigung zu berichten. Diese Anordnung ist inzwischen bestandskräftig und stellt eine weitere Entwicklung in der Serie von Herausforderungen dar, denen sich Grenke seit 2021 stellen muss. Über Grenke musste wiederholt berichtet werden.

Bereits 2021 geriet die Grenke AG in die Schlagzeilen, als die BaFin eine Sonderprüfung aufgrund von Bilanzunregelmäßigkeiten und Vorwürfen der Bilanzmanipulation einleitete. Diese Untersuchung führte zu erheblichen Turbulenzen und zwang das Unternehmen, umfassende interne Reformen einzuleiten. Die damals festgestellten Mängel betrafen insbesondere die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Finanztransaktionen sowie die Einhaltung von regulatorischen Vorgaben.

Gemäß § 25a Absatz 1 KWG muss eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation sicherstellen, dass Institute und Gruppen die gesetzlichen Bestimmungen einhalten und betriebswirtschaftlich notwendige Maßnahmen ergreifen. Ein zentrales Element hierbei ist ein angemessenes und wirksames Risikomanagement. Die Institute müssen über eine gruppenweite Risikosteuerung verfügen, die den Anforderungen des KWG gerecht wird.

Sollte die BaFin feststellen, dass eine Geschäftsorganisation Mängel aufweist, kann sie gemäß § 25a Absatz 2 Satz 2 KWG einschreiten und die Behebung dieser Mängel anordnen. Diese Möglichkeit hat die BaFin im aktuellen Fall bei der Grenke AG genutzt.

Die Anordnung der BaFin verdeutlicht die fortlaufende Notwendigkeit einer strengen Überwachung und Anpassung der internen Strukturen bei der Grenke AG. Das Unternehmen steht vor der Herausforderung, die festgestellten Mängel zeitnah und umfassend zu beheben, um den Anforderungen der Finanzaufsicht gerecht zu werden und weiteres Vertrauen bei Investoren und Kunden zurückzugewinnen.

Die Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und die kontinuierliche Berichterstattung an die BaFin werden entscheidend dafür sein, wie sich die Grenke AG in den kommenden Monaten entwickelt. Es bleibt abzuwarten, ob das Unternehmen die notwendigen Reformen erfolgreich umsetzen kann und somit die Grundlage für eine stabile und regelkonforme Geschäftstätigkeit schafft.

Die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass die Grenke AG weiterhin unter intensiver Beobachtung steht und die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation strikt einhalten muss. Dies ist nicht nur im Interesse der Finanzaufsicht, sondern auch für die nachhaltige Stabilität und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens von entscheidender Bedeutung.

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Heißes Wachstum: Kühle Köpfe planen Europas Datenzukunft

Von Dr. Oliver Everling | 6.Juni 2024

40 % der weltweiten Rechenzentren befinden sich in Nordamerika, hauptsächlich in den USA. „Da auf Westeuropa derzeit nur 26 % dieser globalen Kapazität entfallen, sollte man für Europa Wachstum erwarten“, schreibt Guillaume Chieusse, Portfoliomanager für europäische Aktien bei ODDO BHF, in einem aktuellen Marktkommentar. Die Elektrifizierung und Anwendungen der künstlichen Intelligenz seien schließlich auch hier auf dem Vormarsch.

Die meisten Rechenzentren befinden sich derzeit in wenig regulierten Märkten, in denen es möglich ist, Strom von Kernkraftwerken zu beziehen und wo Baugenehmigungen unkomplizierter erteilt werden. „Wir erwarten, dass die Wachstumsprognosen mittelfristig zweistellig ausfallen werden, unterstützt durch den stark wachsenden Bedarf an Daten“, sagt Chieusse. Der Rückgang der Leerstandsquote auf 2-3 % in den USA und Europa ist ein weiterer Beleg für die strukturell steigende Nachfrage, da zusätzliche Kapazitäten praktisch ohne Verzögerung absorbiert werden. Überlegungen zur Datensouveränität werden eine zusätzliche Nachfrage nach lokalisierten Rechenzentren auslösen, insbesondere in europäischen Ländern, in denen die Daten den Gesetzen und Vorschriften des Landes unterliegen, in dem sich das Rechenzentrum befindet.

Die europäische Stromnachfrage ist seit dem Verbrauchshöchststand von 2008 um 10 % gesunken. Können Rechenzentren und insbesondere KI- Rechenzentren zu einer Trendwende beitragen? KI-Rechenzentren sind nachweislich deutlich energieintensiver als herkömmliche Rechenzentren. „Der Strombedarf von Rechenzentren wird besonders stark wachsen in Ländern mit erschwinglicher und reichlich vorhandener Grundlaststromversorgung wie Spanien, Frankreich und den nordischen Ländern sowie Ländern wie Irland, Großbritannien und Deutschland, die bereit sind den in ihnen ansässigen großen Finanzdienstleistungs- und Technologieunternehmen, fiskalische Anreize zu bieten“, fasst der Portfoliomanager von ODDO BHF zusammen. Rechenzentren machen jedoch nur 1 % der weltweiten Stromnachfrage im Jahr 2023 aus. Makrotrends wie die zunehmende Elektrifizierung und Entwicklungen in der künstlichen Intelligenz könnten in erster Linie Treiber der Rückkehr der europäischen Stromnachfrage sein.

„Da 45 % des Stromverbrauchs eines Rechenzentrums auf die Kühlung entfallen und KI-Workloads leistungsstarke Chips erfordern, die zusätzliche Wärme erzeugen, wird die Luftkühlung allmählich gegenüber effizienteren Flüssigkeitskühltechnologien an Bedeutung verlieren“, schätzt Guillaume Chieusse. Wenn die Leistungsdichte von Racks 30 kW übersteigt, wie es bei AI-Servern der Fall ist, kann die Luftkühlung die Arbeitstemperatur nicht mehr angemessen aufrechterhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Luft- komplett durch Flüssigkeitskühlung ersetzt werden muss, da herkömmliche Server nicht von heute auf morgen verschwinden werden und für andere Zwecke relevant bleiben. Bei der Flüssigkeitskühlung wird bis 2028 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 40 % erwartet. Bis dahin wird sie 30 % des gesamten Kühlungsmarktes ausmachen, verglichen mit derzeit 10 %.

Dieser beträchtliche Anteil des Stroms, der inhärent für die Kühlung verwendet wird, könnte die Implementierung von Rechenzentren in europäischen Ländern begünstigen, die ein gemäßigteres Klima aufweisen oder erschwinglicheren Strom produzieren können. Rechenzentren könnten auch in Zukunft in den großen Zentren angesiedelt werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Hyperscaler und Collocater günstigere Genehmigungsbedingungen, Stromzufuhr und Kühlungsbedingungen in weiteren Regionen finden werden. „Daher ist unserer Ansicht nach die Aktie von MUNTERS, die sowohl Luft- als auch Flüssigkeitskühlung anbietet, besonders gut positioniert, um von den zukünftigen Chancen zu profitieren“, fasst der Portfoliomanager von ODDO BHF zusammen, ohne damit jedoch eine Anlageempfehlung ausgesprochen zu haben.

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„GoldRevolution“ als Name der Rückkehr zum Goldstandard

Von Dr. Oliver Everling | 31.Mai 2024

Die kürzlich gestartete Plattform „GoldRevolution“ präsentiert sich als eine Rückkehr zum Goldstandard, speziell ausgerichtet auf Anleger, die sich vor Inflation schützen möchten, indem sie in physisches Gold investieren. Der Initiator, der sich als „Dr. Gold“ bezeichnet, hebt hervor, dass physisches Gold, frei von staatlichem Zugriff und flexibel über Grenzen hinweg bewegbar, eine sichere Form der Kapitalanlage sei. Dies kommt einem Versprechen der Unabhängigkeit und Sicherheit gleich, das in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit besonders attraktiv erscheint.

Allerdings wirft die Marketingstrategie von „GoldRevolution“, die stark auf die Ängste vor Enteignung und Geldentwertung setzt, Fragen auf. Die Betonung, dass Goldinvestitionen vor staatlichem Zugriff schützen und global mobil sind, kann den Eindruck erwecken, dass reguläre Finanzsysteme und -instrumente per se unsicher seien. Diese Darstellung vernachlässigt die Tatsache, dass auch Goldinvestitionen Risiken unterliegen, wie beispielsweise Preisvolatilität und Liquiditätsprobleme, die u.a. durch staatliche Gegenmaßnahmen ermöglicht werden.

Zudem verknüpft „GoldRevolution“ seine Finanzdienstleistungen mit einer ideologischen Ausrichtung, die stark libertäre und anti-staatliche Tendenzen fördert. Die Ablehnung von „politischer Korrektheit“ und die Kritik an nachhaltigen, ökologischen Ansätzen in der Finanzwelt könnten polarisierend wirken und das Bild einer exklusiven, ideologisch homogenen Gemeinschaft fördern. Diese Herangehensweise könnte potenzielle Investoren abschrecken, die eine neutralere oder inklusivere Haltung bevorzugen.

Die Versprechen von „GoldRevolution“, jederzeit und überall Zugang zu Gold zu ermöglichen und dieses in verschiedene Währungen oder sogar Kryptowährungen umwandeln zu können, suggerieren eine hohe Liquidität, die in der Realität nicht immer gegeben ist und daher Gegenstand spezieller Ratings sein können, als wie wahrscheinlich es angesehen werden kann, dass die Erwartungen der Anleger erfüllt werden können. Physisches Gold zu liquidieren kann komplex sein und ist oft mit Kosten verbunden, die in der Werbung der Plattform möglicherweise unterbewertet werden.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass „GoldRevolution“ zweifellos eine Nische im Finanzsektor bedient, die auf den Wunsch nach sicheren Anlageformen und einer kritischen Haltung gegenüber traditionellen Währungen aufbaut. Es ist jedoch wichtig, dass potenzielle Investoren sich umfassend informieren und alle Aspekte des Goldinvestments, einschließlich der ideologischen Ausrichtung der Plattform, kritisch hinterfragen, bevor sie sich darauf einlassen. Eine kritische und informierte Herangehensweise ist entscheidend, um finanzielle Entscheidungen zu treffen, die langfristig tragfähig sind.

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