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Perspektiven für die Anlagemärkte

Von Dr. Oliver Everling | 29.September 2014

„Das überwölbende Problem der Welt ist das Papiergeld“, sagt Dr. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH, auf der FERI Herbsttagung am Frankfurter Flughafen. „Die Konjunktur bricht jetzt nicht sofort ein, aber die überzogenen Wachstumsphasen vor der Krise werden ausbleiben. Die Regierungen gehen zu markt- und damit wachstumsschädlichen Politiken über“, warnt Polleit. Er skizziert, dass zum Beispiel der Anstieg der Häuserpreise belege, dass sich die Fehler wiederholen.

„Der schuldengetriebene Boom ist die Plattform, auf der wir uns weiterbewegen“, warnt auch Dr. Heinz-Werner Rapp, Chief Investment Officer der FERI AG, und kommt auf die Erfahrungen aus Japan zu sprechen. „Man hat keine echt expansive Geldpolitik gemacht, nicht wirklich expansive Impluse gegeben“, sagt Rapp mit Blick auf Japan. Das habe der ohnehin schwachen Wirtschaft das Genick gebrochen. „Bewegen wir uns in eine Phase Abenomics hin?“, sorgt sich Rapp.

„Eine Irrlehre ist es, dass die Vermehrung des Geldes eine Volkswirtschaft reicher machen würde. Eine Euro-Rettungspolitik ist natürlich Quatsch. Das ist lediglich eine Umverteilungspolitik. Wer das Geld in Umlauf bringe, habe Vorteile, allen voran die Banken“, sagt Polleit. Ein ungedecktes Papiergeldsystem führe unweigerlich dazu, dass der Wert des Geldes stets weiter sinke. Das Deflationsziel werde hochgeschoben, ein oder zwei Prozent Inflation werden nun schon als Deflation bezeichnet. „Das war früher anders“, erinnert sich Polleit an die Zeit, als er Zentralbanken noch für „etwas Gutes“ hielt. Die Zentralbanken werden in den nächsten Jahren unser Geld kaputtmachen. Gold sei das ultimative Zahlungsmittel, daher sei darin eine Portfolioversicherung zu sehen. „Ich glaube nicht, dass sich das Papiergeldsystem normalisiert.“

Dr. Tobias Schmidt, Sprecher des Vorstands der FERI EuroRating Services AG, kommt auf die Aufkäufe von Staatsanleihen zu sprechen. Frank Hagenstein, Chief Investment Officer der Deka Investment GmbH, spricht von der Liquidität, die im System anzulegen sei. Bei den Staatsanleihen gebe es ja schon heute sehr enge Spreads.

Rapp sieht im kreditgetriebenen Boom (Stichwort „dumb German money“), wie er von Banken unter Staatskontrolle ausgelöst wurde, die Ursache für den Kollaps. Das Bankensystem bekomme zurzeit von der EZB seine Überlebensgarantie. „Die Bankenstresstests waren keine echten“, warnt Rapp und sieht keine Sanierungs- und Aufräummechanismen. Überschuldung überschatte auch heute noch alles: „Eine spannende Situation, die nicht leicht aufzulösen sein wird.“

Polleit gibt zu bedenken, dass die Amerikaner so schlau waren, Kredite mehr über Märkte zu handeln und daher rechtzeitig an deutsche Landesbanken abzugeben. Die Fehlkonstruktion des Bankensystems in Europa sieht Polleit als tiefere Ursache für die krisenhafte Entwicklung.

Hagenstein weist darauf hin, dass sich der italienische Staat nicht länger hätte finanzieren können, wenn der EZB-Präsident Draghi nicht mit Aufkäufen eingesprungen wäre. In den meisten Emerging Markets seien die Kurs-Gewinn-Verhältnisse oben, daher sehe er diese Märkte attraktiv. Aber ganz wichtig sei eine Beruhigung bei den Währungen.

Polleit sieht dennoch keine guten Zeiten für Rentenpapiere. „Das ist ein kartelliertes Vorgehen weltweit. Da wird es keine auskömmliche Rendite für Anleger geben können“, führt Polleit näher aus. Indem Draghi seine Landsleute unterstützt, erfolgt stillschweigend eine Umverteilung von Vermögen. Polleit kommentiert themenorientierte Anlageprodukte, wie sie von der Finanzbranche immer wieder in den Vordergrund gestellt würden. Preis versus Wert sei dabei doch die entscheidende Frage. Das sollte doch der dominante Ansatz sein, argumentiert Polleit. Manche fahren zum Beispiel die Bond-Quote auf Null. „Ich finde es schwer zu prognostizieren, wo der Aktienmarkt insgesamt hingeht,“ sagt Polleit, „daher kommt es auf die Betrachtung einzelner Werte an.“

Rapp räumt ein, dass es für Anleger immer weniger Alternativen gibt. Unkontrolliert klettere man auf der Risikotreppe immer weiter nach oben. „Da beneide ich im Moment niemanden, der Entscheidungen treffen muss. 4 % werden kaum noch erreichbar sein.“ Draghi habe seinen Hilferuf an die Politik gesendet. „Diese glaube aber u.a., Draghi habe damit den Bau von weiteren Autobahnen oder ähnliches gemeint.“ Tatsächliche gehe es Draghi aber um Strukturveränderungen. Wenn man Keynes’sche Programme zünden wolle, müsse man auch neue Finanzierungswege gehen.

Dr. Ute Geipel-Faber, Geschäftsführerin der Invesco Real Estate GmbH, glaubt in Japan zu sehen, dass die Sterilisation der Geldpolitik prozyklisch gewirkt habe. Logistikimmobilien seien attraktiv, da der eCommerce dazu führe, dass man mit den Logistimmobilien noch näher am Kunden sei muss. Den langfristigen Trend sieht Geipel-Faber hier intakt. Büros und auch Hotels können interessant sein, in den vergangenen drei Jahren hätten Hotelimmobilien eine hohe Rendite abgeworfen. In Deutschland sei eine Aktienkultur einfach nicht vorhanden, sagt Geipel-Faber. Darin sieht sie einen Grund für die geringe Nachfrage nach Immobilienaktien.

Themen: Aktienrating, Anleiherating, Hotelrating, Immobilienrating | Kommentare deaktiviert für Perspektiven für die Anlagemärkte

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