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Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating
Von Dr. Oliver Everling | 3.Juni 2008
„Hohe Kapitalrenditen gibt es nur auf Kosten anderer“ und „Die meisten, die das Börsenspiel mitspielen, verlieren.“ Solche für manchen Teilnehmer überraschende Sätze fielen beim jüngsten Frankfurter Symposion der Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating über das Thema „Sustainability als Gestaltungsprinzip für die Rahmenordnungen von Finanz- und Gütermärkten.“ Hinter dem etwas drögen Programmtitel verbirgt sich relativ Brisantes. Ausgehend von den Horrormeldungen über entfesselten Kapitalismus, grenzenlose Globalisierung und ihre Folgen, um den Globus vagabundierendes Kapital und moralfreien Shareholder-Value arbeitet die Gruppe aus Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen seit 15 Jahren an einem Konzept der Nachhaltigkeit im Finanzwesen.
Nach Meinung der Konferenz müssen dringend die Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geändert werden: Wer Kosten auf die Allgemeinheit abwälzt, Fachbegriff „externalisiert,“ verstößt gegen das Nachhaltigkeitsziel – dem müssen beide Gesetze vorbeugen. Gefordert wird eine doppelte Generalklausel für alle einschlägigen Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene: Wettbewerb soll nur dann als schutzwürdig gelten, wenn er ökologisch, sozial und kulturell nachhaltig ist.
Vor allem gilt das aber, so die vom Symposion verabschiedete Abschlusserklärung, für die internationalen Finanzmärkte. Dringend geboten seien Transparenz und Risiko-Kontrolle. Das Finanzkapital müsse wieder in die alte Sozialbindung zurückgeführt werden, aus der es zum Nachteil vieler befreit worden sei. Das gehe nur durch harte Kontrollen. Einige der Forderungen im einzelnen:
Kontrolle und Offenlegung der Risiken für alle großen Akteure am Finanzmarkt, auch Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften, sowie Einrichtung einer wirksamen internationalen Aufsicht; Eingrenzung der grenzenlosen Geldschöpfungsmöglichkeiten: Hinreichende Eigenkapitalunterlegung; von Krediten selbst an erstklassige Staaten, von Firmenübernahmen und dem Kauf von Derivaten; Verhinderung von Geschäften außerhalb der Bilanz durch strengere Bilanzierungsregeln, bzw. strikte Unterwerfung derselben unter die Bankaufsicht; Einführung einer Transaktionssteuer für spekulative Kurzzeit-Kapitaltransfers; persönliche Haftung der Finanzakteure; Entmythologisierung der von der Finanzmarktindustrie behaupteten Renditechancen. Vor allem kleine Investorinnen und Investoren verlieren an den Finanzmärkten mehr Geld als sie gewinnen.
Oben auf dem Forderungskatalog der Konferenz steht die Forderung, ins Aktiengesetz eine Nachhaltigkeitsverpflichtung hineinzuschreiben, mit welcher die Gesellschafter „zur gleichrangigen Berücksichtigung der Produktivkräfte Arbeit und Natur verpflichtet“ werden, die „zusammen mit dem Kapital“ die Wertschöpfung hervorbringen. Zudem seien „Aktionäre und Arbeitnehmer gleich zu behandeln.“ Vorstände müssten auf nachhaltiges Wirtschaften verpflichtet werden. Die Kapitaleigner seien aufzurufen, bei Geldanlagen ethisch-ökologische Maßstäbe anzulegen und die nichtfinanziellen Leistungen der Unternehmen ebenso hoch zu bewerten wie die finanziellen, fordern Prof. em. Dr. Johannes Hoffmann und Prof. em. Dr. Gerhard Scherhorn aus der Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating. Das nachhaltige Wachstum entwickelter Volkswirtschaften werde linear sein, hohe Kapitalrendite werde zur Ausnahme. Und nicht zuletzt wurde betont, dass es für Deutschlands Glaubwürdigkeit im Antikorruptionskampf notwendig sei, dass der Bundestag endlich die UN-Konvention gegen Korruption ratifiziert und dafür die Strafvorschrift zur Abgeordnetenbestechung erweitert.
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