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QE-Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte
Von Dr. Oliver Everling | 19.Mai 2015
Moritz Kraemer, Chief Rating Officer der Sovereign Ratings Group von Standard & Poor’s Ratings Services, spricht auf dem „NPL Forum 2015″ des Frankfurt School Verlags über „Quantitative Easing – Auswirkungen auf Europas Finanzmärkte“. „Die EZB hat erst im März begonnen. Wir glauben daher, dass die Zinsen auf niedrigem Niveau bleiben werden“, folgert Kraemer aus der Struktur der Marktteilnehmer, insbesondere solchen, die „sichere und liquide“ Titel halten müssen.
Kraemer sieht für den Euro voraus, als Weltwährung an Terrain zu verlieren. Der Euro bleibe aber die Nummer Zwei. „Vor dem Renminbi braucht sich die Euro noch lange nicht zu fürchten“, urteilt Kraemer.
Vier Gegenwinde werden auch weiterhin das Wachstum in Europa schwächen. Weder Geld-, noch Fiskalpolitik könne den Wachstumsprozess stimulieren. „Wenn es möglich wäre, mit Fiskalpolitik Wachstum zu schaffen, müssten ja gerade die Schuldnerstaaten wie Griechenland das größte Wachstum gezeigt haben. Das Gegenteil ist aber regelmäßig der Fall.“
Kraemer kommt auf den „demografischen Gegenwind“ zu sprechen. Die „Dependency Ratio“ oder „Abhängigenquote“ ist definiert als (Junge plus Alte)/(15-64jährige). Die Quote stabilisiere sich weltweit, während sie in Europa und in Japan deutlich, ähnlich aber auch in den USA nach oben gehe. Die Langzeitarbeitslosigkeit verstärke die demografischen Herausforderungen. In der Eurozone insgesamt sei die langfristige Arbeitslosigkeit auf rund 6 % der Bevölkerung angestiegen. Drei oder mehr Jahre Arbeitslosigkeit betreffe in Spanien z.B. inzwischen mehr als eine Million Menschen, zitiert Kraemer die Statistik.
Kraemer warnt davor, dass sich Globalisierung und Spezialisierungsgewinne verlangsamen. „Über wenige Dinge sind sich Ökonomen so einig wie darüber, dass durch Arbeitsteilung und Spezialisierung Wohlstandsgewinne realisierbar sind.“ Es sei daher kein Zufall, dass vor der Krise starkes Wirtschaftswachstum mit noch stärkerem Wachstum des Welthandels einherging. „Es ist mein Verdacht, dass die Eurozone durch den Verlust an Globalisierung und Spezialisierung noch weiter an Wachstum verlieren wird.“
Einen dritten Punkt sieht Kraemer in den schwächelnden Produktivitätszuwächsen. In Spanien habe man nach Reformen einen Anstieg der Produktivität gesehen. „Im Bausektor sei die Produktivität pro gearbeiteter Stunde besonders niedrig. Da dieser Sektor in Spanien zusammengebrochen sei, hat sich rechnerisch ein Produktivitätsschub ergeben.“ In Italien nehme die Produktivität sogar noch ab, da Arbeitsplätze vor allem in weniger produktiven Bereichen geschaffen würden. „Die Menschen haben nicht vergessen, was sie vorher wussten oder konnten, sondern werden vermehrt in weniger produktiven Tätigkeiten eingesetzt.“
„Die Investitionstätigkeit bleibt niedrig.“ Von den Investitionen gehen daher zurzeit keine Impulse für mehr Wachstum in Europa aus. Monopole, Arbeitsmarktreformen, Bildungspolitik usw. sind Stichworte, denen Kraemer Bedeutung für die Verbesserung der Wachstumsbedingungen in Europa beimisst. Kraemer bemerkt die Verteilungswirkungen, die von QE für Vermögensbesitzer ausgehe. „Wir brauchen viel mehr nationalen Willen, um die notwendigen Veränderungen herbeizuführen“, fordert Kraemer.
Wer sich also auf die Entwicklung der Staatsschulden und die Stabilisierung des Finanzmarktes konzentriere, übersehe die eigentlichen Herausforderungen, die zu den Symptomen geführt haben, die mit QE bekämpft werden.
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