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Rechtfertigung einer Europäischen Rating Stiftung
Von Jian Ren | 13.November 2011
"Warum brauchen wir eine Europäische Ratingagentur?" Dieser Frage geht Dr. Markus Krall auf einer Assetmanagement-Konferenz der Landesbank Hessen-Thüringen und der Helaba Invest in Frankfurt am Main nach. Krall ist Partner der Unternehmensberatung Roland Berger.
Krall skizziert die aktuelle Situation: Die kommerziellen Ratingagenturen hatten einen wesentlichen Anteil an der Krise. Krall betont, dass die Untersuchungen von Roland Berger darauf zielten, die Ursachen der Krise zu verstehen und nicht Gründe für eine europäische Ratingagentur zu finden.
Seine Diagnose: Zur Krise kam es durch eine Reihe mikroökonomischer Fehlanreize und Probleme, die in der gegenwärtigen Konfiguration der Ratingagenturen wurzeln und wie folgt zusammengefasst werden können: Monopolstruktur, Interessenkonflikte, Haftungslücke, Qualitätsprobleme, Ratingphilosophie, regulatorische Diskrepanz und "Heimatbias".
Zur Frage der Monopolstruktur skizziert Krall nicht nur die Marktanteile der führenden Ratingagenturen, die sich rund 95 % des Marktes teilen und dabei auf nur zwei Agenturen rund 80 % konzentrieren, sondern auch über eine große Schnittmenge gemeinsamer Aktionäre verfügen. Aus dieser Struktur ergebe sich ein systemisches Konzentrationsrisiko und eine monopolistische Preisbildung.
Ratingagenturen haben mit Interessenkonflikten zu arbeiten. Der erste Interessenkonflikt liegt im Bezahlmodell, macht Krall klar. Der zweite Interessenkonflikt liegt in dem Erbringen weiterer Dienstleistungen. Während der erste Interessenkonflikt nach wie vor aktuell sei, sei der zweite Interessenkonflikt durch die inzwischen in Kraft getretene Regulierung abgeschwächt worden.
Ein weiteres Problem sieht Krall in einer Haftungslücke. Rating sei als "Meinung" praktisch nicht mit rechtlichen Mitteln angreifbar, insbesondere könnten Anleger von den jedermann zugänglichen Ratings keine Schadensersatz- oder sonstige Ansprüche gegen die Ratingagenturen herleiten.
Die Qualitätsprobleme bei den US-Agenturen liegen nach Feststellungen von Roland Berger in den Methoden, Prozessen und Ansätzen. So sei beispielsweise die Missachtung des Konjunkturzyklus evident. Krall stellt in Frage, ob allein die US-amerikanische Ratingphilosophie Gültigkeit beanspruchen dürfe.
Ein weiteres Problem liegt in der regulatorischen Diskrepanz, da Ratings nämlich die Grundlage für Regulierung bilden. Die Ratings sind aber selbst nicht reguliert. Die darin liegenden Widersprüche sucht Krall mit seinem Modell aufzulösen.
Der "Heimatbias" ist in der Kritik an US-amerikanischen Ratingagenturen wie Standard & Poor’s und Moody’s bereits seit vielen Jahren ein Thema. "Der Ratingansatz basiert auf dem US-Modell", sagt Krall mit Blick auf die US-Agenturen.
Seine Schlussfolgerung: Diese Probleme rechtfertigen eine Initiative zur Umgestaltung der Branche, um gleich mehrere Ziele zu erreichen. Krall spricht von mehr Transparenz, weniger systemischem Risiko und Abschaffung der Monopolrente, welche die Kapitalmarktteilnehmer (Emittenten und Investoren) gegenwärtig zahlen. Lösungsvorschlag: Durch Etablierung einer global operierenden Europäischen Ratingagentur in Form einer von der Industrie gegründeten Stiftung, einen extrem transparenten operativen Konzept und der Einführung eines neuen Investorenbasierten Bezahlsystems zur Beseitigung des Interessenkonflikts.
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