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Rezension des Buches „Social Credit Rating“

Von Bernd H. Eckhardt | 8.Januar 2021

Wer Beziehungen zu China hat, wird sich mit dem Thema Social Credit System (SCS) beschäftigen müssen. Und es wird weltweit Auswirkungen geben, auch wenn das Gesamtsystem in anderen Ländern mit anderen Gesellschaftssystemen nicht in dieser Stringenz einführbar sein dürfte. Das neue im Springer Verlag von Dr. Oliver Everling herausgegebene Buch „Social Credit Rating: Reputation und Vertrauen beurteilen ist ein guter Einstieg in die Überlegungen und Anforderungen des SCS.

Ab 2020 müssen sich nicht nur Privatpersonen, sondern auch Firmen in der Volksrepublik einem Social Credit System unterstellen. Die Anreize sind deutlich gesetzt: Höhere SCS-Werte können zu niedrigeren Steuersätzen, besseren Kreditbedingungen, einem leichteren Marktzugang und mehr Möglichkeiten für öffentliche Aufträge führen. Niedrigere SCS-Werte führen zum Gegenteil und können im Extremfall bedeuten, dass ein Unternehmen auf schwarze Listen gesetzt wird.

Der eingangs in Englisch verfasste Teil des mit fast 700 Seiten sehr umfassenden Buches ist wichtig. Es gibt drei Systeme für Finanzen, Handel und Verwaltung, die ausführlich beschrieben werden. Die historische Einordnung erfolgt dann in deutscher Sprache zum Ende des ersten Teils.

Teil II dann wieder in Englisch beschreibt in verschiedenen Artikeln die Systemimplementierung und die regionalen Teilsysteme, die zu einem Zentralen Plan, also einem Gesamtrechtssystem verdichtet werden. Dabei werden lokale Pilotprojekte beleuchtet. Westliche Reaktionen auf das SCS werden zum Abschluss von Teil II dann in Deutsch dargestellt.

Teil III zeigt in Deutsch das Spannungsfeld der europäischen und insbesondere deutschen Rechtslage mit dem chinesischen SCS. Das Ende von Teil III geht auf Influencer Marketing ein, was nicht nur im Zusammenhang mit SCS interessant ist.

Zum Verständnis Chinas trägt Teil IV bei, in dem die durchaus unterschiedliche Geschäftsethik beleuchtet wird, die das SCS System zumindest ermöglicht, möglicherweise in Teilen sogar notwendig gemacht hat.

Das zumindest in Deutschland aktuell überall wiederzufindende Thema Nachhaltigkeit wird in Teil V bedient. In Teil VI ist der in Englisch verfasste Teil interessant, der die wirtschaftlichen Aspekte des SCS aufzeigt; Teil VII in Deutsch geht auf betriebswirtschaftliche Aspekte ein.

Der Ausblick in Teil VIII beschäftigt sich mit der unterdessen oft gestellten Frage, welches System denn nun überlegen ist, das chinesische System des Staatskapitalismus oder das liberale System, das wir kennen. Dazu passt ein Bonmot eines deutschen Vorstandsmitgliedes eines großen Finanzdienstleisters, der statuierte: „Ich bin aus Effizienzgründen überzeugter Anhänger der Diktatur, aber nur wenn der Diktator auch erschossen wird, wenn er die Freiheiten des Einzelnen über Gebühr und zu seinem Vorteil einschränkt.“ Die griechische Demokratie ließ im Gefahrenfall Diktatoren zu, aber nur für maximal zwei Jahre.

Ausführliche Literaturverzeichnisse runden das Bild des Werkes ab. Zeit geplagte Unternehmensführer und Investoren werden die Abstracts lesen und bei Bedarf Mitarbeiter eine Checkliste zur Vorgehensweise erstellen lassen. Solche „Kochrezepte“ enthält das Buch nicht, kann es aufgrund seines Ansatzes, seines Hintergrundes, wohl auch nicht liefern.

Bernd H. Eckhardt ist Diplom-Mathematiker, in Wuppertal geboren, hat in Göttingen (Deutschland) Mathematik wirtschaftswissenschaftlicher Richtung und Jura studiert und danach in Asien und Europa in der Versicherungswirtschaft gearbeitet. Zuletzt war er während 17 Jahren Vorstandsmitglied in der börsennotierten BHW Gruppe (Bank, Bausparkasse, Versicherung). In der BHW Lebensversicherung AG,BHW Pensionskasse AG,BHW Rückversicherung S.A. und der BHW Invest S.a.r.L. leitete er die Vorstandsressorts Kapitalanlage, Mathematik, Öffentlichkeitsarbeit, Personal, Rechnungswesen und Vertrieb. Aktuell gehört das ehemalige Beamtenheimstättenwerk BHW zur Postbank, die von der Deutschen Bank übernommen wurde. Bernd H. Eckhardt ist heute Eigentümer einer sich mit der Beratung Insti tutioneller Anleger und vermögender Privatkunden befassenden Firma, Eigentümer der Web-Seite www.Investors-Office.com und Vorsitzender des Verwaltungsrates und CEO einer auf die Kapitalanlage ausgerichteten Aktiengesellschaft mit Holdingfunktion.

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