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Schildbürgerstreich beim CESR

Von Dr. Oliver Everling | 26.August 2009

In Artikel 11 „General and periodic disclosures“ der EU Verordnung für Ratingagenturen wird verlangt, dass anerkannte Ratingagenturen die von ihnen erteilten Ratings in ein Zentralregister melden müssen. Die Lobbyisten der US-Agenturen sorgen nun dafür, dass das Zentralregister zu einem für sie kostenlosen Marketinginstrument zu ihren Gunsten umfunktioniert und das CESR zum Werbeboten der Amerikaner degradiert wird. Dem Ziel, das Vertrauen in Agenturen und ihre Ratings durch mehr Transparenz wiederherzustellen, wird die geplante Umsetzung schon deshalb nicht gerecht, da nicht mehr Transparenz geschaffen wird.

Zurzeit wird die Gesetzesformulierung von den Beamten so ausgelegt, dass sie lediglich die ohnehin schon jahrelang öffentlich verfügbaren Berichte allenfalls leicht modifiziert einsammeln und de facto ohne jede Einzelfallkontrolle publizieren. Die von CESR anzufertigenden Berichte können natürlich nur als Zusammenfassungen verstanden werden („summary information“). Daraus wird nun aber gefolgert, dass die Ratingagenturen selbst diese Zusammenfassungen anfertigen, so dass niemand die Möglichkeit erhalten soll, die Primärdaten zu kontrollieren. Dies ist den US-Agenturen besonders wichtig, da nur die Überprüfung im Einzelfall Schwächen ihrer Ratingsysteme offenzulegen vermag.

Im Falle von Insolvenzen werden Daten von den US-Agenturen mit dem Argument gelöscht, dass der Emittent nicht mehr am Markt präsent und damit irrelevant sei. Gerade aber die Schadenfälle machen die unterschiedliche Qualität der Analysen der Ratingagenturen deutlich und sind für z.B. die Wissenschaft u.a. wertvolle Fallbeispiele, um systematischen Fehlern nachzugehen. Wie z.B. am Fall FlowTex bewiesen werden kann, werden unbequeme Informationen aus den Datenbanken gelöscht, wie auch politisch gewollte Einflussnahmen im Sinne der US-Regierung umgesetzt werden, wie z.B. im Zusammenhang mit der Bush-Politik gegenüber den Ländern der „Achse des Bösens“.

Der Aufwand der Berichterstattung nach den von CESR ventilierten Standards spielt den US-Agenturen zu, da diese die Berichtsformate ohnehin schon verwenden, während sich kleinere Agenturen erst einen Mitarbeiterstab leisten müssten, um die Anforderungen richtig zu verstehen und umzusetzen. So genannte Event-Studien sind nur möglich, wenn lückenlos Ratinghistorien vorhanden sind. Bleibt die Auswahl der der Öffentlichkeit präsentierten Ratinghistorien jedoch allein in der Hand der Ratingagenturen, ändert sich nichts am Status Quo, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sein konnte.

Würden dagegen alle erteilten Ratings ins Zentralregister eingemeldet, würde damit jede rückwirkende Manipulation verhindert und eine objektive Vergleichsbasis geschaffen: Wer hat wann für wen welches Rating nach welcher Skala mit welchem Ausblick erteilt. Das Zentralregister könnte den KSA-Banken die notwendigen Ratings für die Kalkulation der Eigenmittelunterlegung in rechtsverbindlicher Form liefern. Bei eventuellen Rechtsstreitigkeiten über Zeitpunkt usw. eines Ratings würde der Zentralspeicher maßgebend sein können.

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