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Scope Ratings entscheidend

Von Dr. Oliver Everling | 27.Oktober 2024

Im aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs zur Greensill-Bank betont das Gericht die zentrale Rolle von Ratingagenturen bei der Beurteilung der Kreditwürdigkeit von Banken. Der Fall, bei dem eine bayerische Gemeinde infolge der Insolvenz der Greensill-Bank erhebliche finanzielle Verluste erlitt, hob die Verantwortung und Rolle der Finanzdienstleister sowie die Bedeutung der Ratings von anerkannten Agenturen hervor.

Die Klägerin, eine bayerische Gemeinde, argumentierte, dass sie bei ihren Anlagen auf die Beratung und Marktkenntnis des Finanzdienstleisters vertraut habe und davon ausgegangen sei, dass nur sichere Anlageoptionen vermittelt würden. In diesem Zusammenhang verwies die Klägerin auf verschiedene Medienberichte, die schon Monate vor der Insolvenz über mögliche Risiken bei der Greensill-Bank spekulierten und von einer Überprüfung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) berichteten.

Trotz dieser Berichte empfahl der Finanzdienstleister der Gemeinde weiterhin Anlagen bei Greensill und stützte sich dabei auf das Rating der Bank von Scope Ratings, das sich zum Anlagezeitpunkt noch auf Investment-Grade-Niveau befand. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass Finanzdienstleister auf aktuelle Bewertungen einer anerkannten Ratingagentur vertrauen dürfen, solange keine konkreten Hinweise vorliegen, die deren Aussagekraft infrage stellen. Er stellte fest, dass Ratingagenturen fundierte, systematische Analysen durchführen und ihre Bewertungen regelmäßig aktualisieren. Dies gewährleiste, dass die Agenturen die wesentlichen Entwicklungen auf dem Markt zeitnah berücksichtigen und somit eine verlässliche Grundlage für Investitionsentscheidungen bieten.

Im Urteil stellte der BGH fest, dass Finanzdienstleister nicht verpflichtet sind, zusätzliche Nachforschungen anzustellen oder Berichte in der Wirtschaftspresse zu verfolgen, sofern das Rating einer renommierten Agentur keinen Anlass zur Besorgnis gibt. In diesem Fall, so das Gericht, wären zusätzliche Recherchen nur erforderlich gewesen, wenn die Agentur selbst Zweifel an der Kreditwürdigkeit der Greensill-Bank angedeutet oder das Rating gravierend herabgestuft hätte. Medienberichte allein, die nicht auf überprüfbaren und konkreten Tatsachen beruhen, seien für die Risikoeinschätzung nicht maßgeblich. Die Klägerin konnte somit nicht beweisen, dass der Finanzdienstleister gegen eine Pflicht zur sorgfältigen Prüfung verstoßen hatte, da er das Rating der Greensill-Bank korrekt mitteilte und die darin enthaltene Beurteilung für verlässlich hielt.

Das Gericht entschied, dass die Verantwortung für die Einschätzung der Bank anhand des Ratings bei der Gemeinde lag, zumal diese über geschäftserfahrenes Personal in der Kämmerei verfügte. Das Urteil stärkt damit die Position der Finanzdienstleister, die auf die Aktualität und Sorgfalt der Ratingagenturen vertrauen können, solange keine konkreten Hinweise auf die Unzuverlässigkeit des Ratings vorliegen. Für zukünftige Investitionen stellt das Urteil eine klare Richtlinie dar: Solange ein Rating von einer anerkannten Agentur keine Bedenken aufwirft, ist ein Finanzdienstleister berechtigt, dieses als maßgebliche Grundlage für Empfehlungen zu nutzen.

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